Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 24.01.2017 betreffend Regelungen zum Personaleinsatz im Schulsport und Antwort des Kultusministers Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Welche Veränderungen beinhalten die Verwaltungsvorschriften für die Aufsicht im Schulsport (Amtsblatt 11/16) konkret im Unterschied zur vorherigen Regelung? Die Verwaltungsvorschriften für die Aufsicht im Schulsport (Sporterlass) vom 5. Oktober 2016 auf Basis des § 26 der Verordnung über die Aufsicht über Schülerinnen und Schüler (Aufsichtsverordnung - AufsVO) vom 11. Dezember 2013 (ABl. 2014 S. 2), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. August 2015 (ABl. S. 498), führen die Regelungen zum Schulsport näher aus, konkretisieren sie und machen sie damit handhabbar für die Alltagspraxis. Die grundsätzlichen Anforderungen an den Schulsport, etwa die Bedingungen für die Aufsichtsführung oder die Qualifikationsanforderungen an die Lehrkräfte, waren in der Aufsichtsverordnung bereits festgeschrieben . Frage 2. Bietet die Landesregierung zur Erlangung für alle in den Verwaltungsvorschriften jeweils geforderten Nachweise entsprechende Fortbildungen für Lehrkräfte an? Ja, die Landesregierung bietet über die Zentrale Fortbildungseinrichtung für Sportlehrkräfte des Landes (ZFS) Fortbildungsangebote für alle geforderten Nachweise an. Frage 3. Welche geforderten Nachweise können ausschließlich bei externen Trägern erworben werden? Die geforderten Qualifikations- und Fortbildungsveranstaltungen werden durch die ZFS konzipiert und veranstaltet. In einzelnen Sportarten gibt es Kooperationen mit den entsprechenden Sportfachverbänden, d.h. hier findet fachlich wie auch teilweise organisatorisch eine Zusammenarbeit unter der Leitung der ZFS statt. Aus diesem Grund gibt es grundsätzlich keine Nachweise, die ausschließlich über Fortbildungsteilnahme bei externen Anbietern erworben werden können. Ausnahmen sind die Nachweisanforderungen im Pferdesport und im Gerätetauchen, sofern diese als schulsportliche Veranstaltungen durchgeführt werden. Hier ist als Nachweis nur die C- Trainerlizenz des jeweiligen Fachverbandes zugelassen. Mit Pferdesport ist das sportliche Reiten , Voltigieren oder der Pferdefahrsport gemeint. Nicht betroffen von dieser Regelung sind der Besuch von Reitanlagen zum Kennenlernen von Pferden und Ponys sowie erste Reitversuche am geführten Tier. Unter Gerätetauchen fällt das Tauchen in Anlagen und Freigewässern mit technischer Ausrüstung. Nicht betroffen ist das Tauchen mit ABC-Ausrüstung ("Schnorcheln"). Frage 4. Insofern Kosten für die Erlangung dieser dringend benötigten Nachweise anfallen, wie stellt die Landesregierung sicher, dass Lehrkräfte diese nicht selbst tragen müssen? Die Teilnahmebeiträge sind über das Fortbildungsbudget der Schulen geltend zu machen. Die Steuerungsfunktion liegt im Rahmen der Personalentwicklungsplanung bei den Schulleitungen. Eingegangen am 15. März 2017 · Bearbeitet am 16. März 2017 · Ausgegeben am 17. März 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4442 15. 03. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4442 Frage 5. Wie viele Nachweise im Sinne der genannten Verwaltungsvorschriften wurden in den Jahren 2015 und 2016 jeweils von hessischen Lehrkräften erworben? (Bitte aufgeteilt nach staatlicher Trägerschaft und externer Trägerschaft) Im angefragten Zeitraum wurden über die ZFS für Lehrkräfte des Landes Hessen die nachfolgenden Nachweise erbracht: Jahr 2015: Insgesamt 2.164 Nachweise, davon 2.124 über Veranstaltungen der ZFS und 40 über Veranstaltungen von externen Kooperationspartnern der ZFS. Jahr 2016: Insgesamt 2.337 Nachweise, davon 2.291 über Veranstaltungen der ZFS und 45 über Veranstaltungen von externen Kooperationspartnern der ZFS. Dazu kommen eine große, nicht bekannte Zahl an erworbenen Nachweisen über die universitären Ausbildungen der Sportlehrkräfte sowie der Erwerb der C-Trainerlizenzen in allen Sportarten über die Fachverbände. Frage 6. Wie hoch ist die Anzahl der tatsächlich erteilten Sportstunden in den jeweiligen Jahrgangsstufen? (Darstellung bitte auch nach Schulformen und der jeweiligen prozentualen Unterrichtsabdeckung) Die Anzahl der erteilten Stunden ergibt sich aus Anlage 1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Beantwortung der Frage Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I an allgemeinbildenden Schulen sowie Pflichtunterricht (Unterrichtsstunden, die nach der Verordnung über die Stundentafeln für die Primarstufe und Sekundarstufe I vom 5. September 2011 (ABl. S. 653), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 27. Oktober 2015 (ABl. S. 582), vorgesehen sind) im Fach Sport berücksichtigt wurden. Bezüglich der Unterrichtsabdeckung, unterteilt nach Jahrgangsstufen und Schulformen, ist zu erwähnen, dass sich die Stundentafel nicht streng auf Schulformen, sondern teilweise auch auf Schultypen bezieht. So gilt für die Kooperativen Gesamtschulen eine bildungsübergreifende Stundentafel, für Grund-, Haupt und Realschulen eine bildungsganggetrennte Stundentafel. Aus diesem Grund wurde bei der Beantwortung der Frage eine kombinierte Schulform/Schultyp-Untergliederung gewählt. Außerdem sieht die Stundentafel im Fach Sport in der Regel stufenübergreifende Kontingentstunden vor. Um diese Angaben stufenbezogen darzustellen, wurden die Kontingentstunden auf die einzelnen Stufen anteilsmäßig "umgelegt" und somit eine künstliche, stufenbezogene Sollstundenzahl ermittelt. Daraus ergeben sich gewisse Schwankungen bei der Unterrichtsabdeckung , da die Verteilung in der Praxis nicht notwendigerweise gleichmäßig erfolgt. (Beispiel: Für die Realschule sind in den Stufen 8 bis 10 insgesamt 7 Sportstunden vorgesehen. Daraus ergeben sich rechnerisch 2,33 Stunden pro Stufe, die als Soll für die Unterrichtsabdeckung herangezogen wurden.) Frage 7. Wie viele Sportstunden wurden in den beiden vorausgegangenen Schuljahren jeweils fachfremd erteilt? (Darstellung bitte in absoluten Zahlen sowie prozentual nach Schulformen) Der Anteil der fachfremd erteilten Stunden ergibt sich aus Anlage 2. Frage 8. Wie beurteilt die Landesregierung den Sachverhalt, dass insbesondere an Grundschulen und Förderschulen in der Regel nur wenige ausgebildete Sportlehrkräfte vorhanden sind, die aber auch meist noch Klassenlehrerfunktion übernehmen und somit Schwierigkeiten entstehen können, den Sportunterricht an allen Schulen in allen Klassen abzudecken? Die Landesregierung hat die Qualifikationsanforderungen zur Erteilung von Sportunterricht in der Aufsichtsverordnung geregelt. Daraus geht die Position hervor, dass Sportunterricht grundsätzlich nur von fachkundigen Lehrkräften erteilt werden darf. Da die Landesregierung aber von einem punktuellen personellen Engpass in den genannten Schulformen weiß, gibt es eine praktikable Ausnahmeregelung. Diese besagt, dass Lehrkräfte im Sportunterricht "fachfremd" eingesetzt werden können, wenn sie über Kenntnisse und Erfahrungen im Sport verfügen. Dieser Anforderung können Lehrkräfte und Schulleitung begegnen, indem die Schule in der Personalentwicklung einen notwendigen wie auch hinreichenden Akzent auf die Fortbildung des fachfremd eingesetzten Personals legt. Die Möglichkeiten dazu sind mehrschichtig und reichen vom Nachweis der langjährig erworbenen Unterrichtserfahrung im Sport über die Teilnahme an einzelnen Fortbildungen oder die Teilnahme an der landeseigenen modularen Qualifizierungsreihe zum Unterrichten im Fach Sport bis hin zum Erwerb der allgemeinen Übungsleiterlizenz. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4442 3 Entscheidend ist, dass der Unterricht von Lehrkräften erteilt wird, die sich der fachlichen Anforderungen des Sportunterrichts bewusst sind und die ihre Professionalität im Sinne des Erhalts sowie der Erweiterung ihrer Unterrichtskompetenz planvoll und zielgerichtet sicherstellen. Im Übrigen ist die Landesregierung der Auffassung, dass im Rahmen des Sportunterrichts vom Klassenlehrerprinzip, wonach die Klassenlehrerin bzw. der Klassenlehrer überwiegend in der eigenen Klasse unterrichtet, abgewichen werden sollte, sofern die Lehrkraft über keine entsprechende Ausbildung für das Unterrichtsfach Sport verfügt. Frage 9. An wie vielen Schulen wird Schwimmunterricht in der Grundschule nicht angeboten? Eine Umfrage auf der Ebene der Staatlichen Schulämter hat ergeben, dass zurzeit an insgesamt 85 Grundschulen in Hessen kein Schwimmunterricht angeboten werden kann. Ein Sonderfall ist dabei der Bereich des Staatlichen Schulamts Weilburg, wo zurzeit an insgesamt 28 Schulen kein Schwimmunterricht angeboten wird. Dies ist überwiegend dadurch begründet , dass das Kreishallenbad in Weilburg abgerissen wurde und augenblicklich neu gebaut wird und kein Ersatz bereit steht. Im Bereich des Staatlichen Schulamts Heppenheim können 25 und im Bereich des Staatlichen Schulamts Hanau 15 Grundschulen keinen Schwimmunterricht anbieten. Dabei ist weniger der Mangel an qualifiziertem Personal der Grund, sondern ebenfalls die nicht vorhandenen (Hallen-) Bäder. Weiterhin besteht ein Zeitproblem bei der An- und Abreise zu den Bädern, die für abgelegene Schulen nur schwer zu erreichen sind. Frage 10. Durch welche Maßnahmen stellt die Landesregierung zukünftig sicher, dass allen Kindern bis zur 4. Klasse das Schwimmen im Rahmen des Sportunterrichts in der Schule beigebracht werden kann? Zunächst wird auf die Ausführungen der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 19/1536, Frage 6, hingewiesen. Die Landesregierung ist tätig durch: Qualifizierung von ausreichend vielen Lehrkräften, die Schwimmunterricht erteilen dürfen. Fortbildung der Schwimmlehrkräfte zum Erhalt und zur Erweiterung ihrer Qualifikation. Erhalt des Schwimmunterrichts als verbindlicher Bestandteil im Schulsport. Sicherstellung von Beratungsleistungen über die Fachberatung Sport an den Staatlichen Schulämtern in Kooperation mit dem Hessischen Schwimmverband und der DLRG Hessen. Damit leistet die Landesregierung ihren Anteil zu der flächendeckenden Sicherstellung des Schwimmunterrichts. Wiesbaden, 2. März 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz Anlagen Anlage 1 Kleine Anfrage 19/4442 Schülerwochenstunden und Unterrichtsabdeckung im Fach Sport (als reiner Pflichtunterricht) im Schuljahr 2016/2017 in der Primar- und Sekundarstufe I an öffentlichen allgemeinen Schulen Schulform/Schultyp Stufe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Schülerwochenstunden Förderstufe 5.479 5.860 Grundschule - flexibler Schulanfang 10.684 12.748 Grundschule/ Grundschulzweig 129.110 137.681 152.649 146.306 Gymnasium / Gymnasialzweig 33.936 29.941 31.568 17.493 4.091 2.920 Gymnasium / Gymnasialzweig (verkürzter gymnasialer Bildungsgang) 12.713 13.707 8.543 17.359 21.954 Hauptschule in einer Lerngruppe mit erhöhtem Praxisbezug 324 1.117 Hauptschule/ Hauptschulzweig 2.426 2.602 5.461 5.714 5.718 742 Mittelstufenschule 1.193 1.633 1.719 Mittelstufenschule mittlerer Bildungsgang 1.084 976 1.004 Mittelstufenschule praxisorientierter Bildungsgang 798 584 Realschule/ Realschulzweig 9.415 10.086 13.157 13.569 13.879 13.997 Schulformbezogene (kooperative) Gesamtschule 39.328 36.887 36.098 35.723 32.186 20.594 Schulformübergreifende (integrierte) Gesamtschule 25.528 25.722 24.418 24.779 21.825 17.640 Unterrichtsabdeckung Förderstufe 82,5% 80,7% Grundschule - flexibler Schulanfang 95,1% 95,7% Grundschule/ Grundschulzweig 95,1% 95,9% 98,0% 96,7% Gymnasium / Gymnasialzweig 100,0% 94,3% 90,4% 83,0% 104,5% 100,8% Gymnasium / Gymnasialzweig (verkürzter gymnasialer Bildungsgang) 94,4% 89,2% 98,4% 91,2% 75,7% Hauptschule in einer Lerngruppe mit erhöhtem Praxisbezug 98,8% 92,9% Hauptschule/ Hauptschulzweig 86,9% 81,6% 76,4% 85,7% 74,8% 99,5% Mittelstufenschule 67,9% 84,4% 73,6% Mittelstufenschule mittlerer Bildungsgang 79,0% 80,0% 100,0% Mittelstufenschule praxisorientierter Bildungsgang 83,3% 80,0% Realschule/ Realschulzweig 83,0% 80,0% 75,9% 95,4% 85,2% 85,0% Schulformbezogene (kooperative) Gesamtschule 91,8% 83,0% 80,5% 75,8% 97,0% 97,5% Schulformübergreifende (integrierte) Gesamtschule 83,0% 82,0% 87,4% 82,8% 75,0% 99,1% Quelle: Hessisches Kultusministerium Anlage 2 KA 19/4442 Fachfremd erteilte Sportunterrichte in der Sekundarstufe I an öffentlichen allgemeinen Schulen Schulform/Schultyp 2015/2016 2016/2017 Stunden fachfremd Förderstufe 112 124 Gymnasium / Gymnasialzweig 227 308 Gymnasium / Gymnasialzweig (verkürzter gymnasialer Bildungsgang) 125 74 Hauptschule/ Hauptschulzweig 191 205 Mittelstufenschule 26 17 Mittelstufenschule mittlerer Bildungsgang 10 10 Mittelstufenschule praxisorientierter Bildungsgang 6 13 Realschule/ Realschulzweig 443 338 Schulformübergreifende (integrierte) Gesamtschule 476 387 Anteil fachfremd Förderstufe 6,8% 7,4% Gymnasium / Gymnasialzweig 3,7% 3,9% Gymnasium / Gymnasialzweig (verkürzter gymnasialer Bildungsgang) 2,6% 2,2% Hauptschule/ Hauptschulzweig 8,1% 9,2% Mittelstufenschule 8,3% 4,8% Mittelstufenschule mittlerer Bildungsgang 7,8% 4,8% Mittelstufenschule praxisorientierter Bildungsgang 6,7% 10,3% Realschule/ Realschulzweig 6,8% 5,4% Schulformübergreifende (integrierte) Gesamtschule 7,8% 6,4% Quelle: Hessisches Kultusministerium 4442_Anlagen.pdf Anlage_1(14) Anlage_2(15)