Kleine Anfrage der Abg. Greilich (FDP) vom 02.06.2014 betreffend "Pakt für den Nachmittag" und Gewährleistung von qualitativ hochwertigen Betreuungsangeboten und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: Die Landesregierung hat im Rahmen der kleinen Anfrage betreffend Betreuungsangebote an hessischen Grundschulen und Realisierung des Pakts für den Nachmittag (Drs. 19/177) darauf hingewiesen, dass in den vergangenen Wochen und Monaten Gespräche zwischen dem Hessischen Kultusminister und den kommunalen Spitzenverbänden geführt und im Mai 2014 Eckpunkte vereinbart werden sollten. Vorbemerkung des Kultusministers: In der am 19. Mai 2014 stattgefundenen Tagung mit den Schul- und Kulturausschüssen der Kommunalen Spitzenverbände wurde die Einführung eines Pilotverfahrens für das Schuljahr 2015/16 vereinbart, das im Schuljahr 2014/15 vorbereitet wird. Thematisch ging es um die Vorstellung von Eckpunkten zur Bewerbung als Pilotschulträger für den Pakt für den Nachmittag . Für die Interessenbekundung wurde als Frist der 15. Juni 2014 vereinbart. Die Schulträger haben darum gebeten, dass das Hessische Kultusministerium die Piloten auswählt. Die folgenden Bewerbungskriterien wurden vorgestellt und besprochen: Bedarf und Nachfrage in den Schulträgerbereichen, die baulichen Voraussetzungen an den geplanten Schulstandorten, die voraussichtlichen Kosten, die bei einer Aufnahme des Schulträgers in das Pilotprojekt entstünden , die aktuelle Zahl der Grundschulen im Ganztagsprogramm des Landes, die existierenden Konzepte der einzelnen Schulträger zum Ausbau ganztägig arbeitender Grundschulen und die Bereitschaft eine Ganztagsschulgesellschaft als Träger durch den einzelnen Schulträger zu gründen - soweit nicht eine solche bereits existiert. Außerdem wurde eine regionale Berücksichtigung der Regionen Nord-, Mittel-, Südhessen und Rhein- Main- Gebiet seitens des Hessischen Kultusministeriums vorgeschlagen, um möglichst alle Regionen Hessens am Pilotprojekt zu beteiligen und eine ausgewogene Verteilung zu beachten. Bis Ende Juli soll die Entscheidung fallen , wer als Pilotschulträger ausgewählt wird. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit ein Betreuungsangebot an hessischen Grundschulen (bitte aufgelistet nach Schulträgern) und wie lange erfolgt dort die Betreuung? Bisher liegen zu den Betreuungsangeboten an hessischen Grundschulen in den einzelnen Schulträgerbezirken keine belastbaren Daten vor. Die Struktur der Betreuungen durch die unterschiedlichen Träger sieht sehr unterschiedlich aus und lässt sich derzeit nicht in einer einheitlichen Matrix darstellen. Dies soll sich mit dem durch die Landesregierung angestrebten Pakt für den Nachmittag ändern. Im Rahmen des Paktes für den Nachmittag ist eine schrittige Vorgehensweise in diesem Feld mit den einzelnen Schulträgern und dort wiederum mit den einzelnen Schulen und deren diversen Betreuungsmodellen vorgesehen, so dass sich eine Antwort auf diese Frage voraussichtlich erst am Ende der Legislatur mit belastbaren Daten für ganz Hessen hinterlegen lässt. Eingegangen am 4. August 2014 · Ausgegeben am 6. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/453 04. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/453 Frage 2. Wie hoch ist prozentual die Betreuungsquote an den hessischen Grundschulen (aufgelistet nach Standorten)? Auch zu dieser Frage liegt dem Kultusministerium derzeit kein belastbares Zahlenmaterial vor (vgl. Antwort zu Frage 1). Nach ersten Rückmeldungen aus Gesprächen mit einigen Schulträgern liegt ein deutliches Stadt-Land-Gefälle vor, d.h. in den Ballungsräumen Frankfurt und Rhein-Main, Stadt und Landkreis Kassel, Stadt und Landkreis Gießen sowie in den südhessischen Gebieten liegt die derzeitige Betreuungsquote bei etwa 70 % der Grundschulkinder mit steigender Tendenz. In den ländlichen Gebieten Hessens deutet sich eine langsamere Entwicklung an. Frage 3. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, in wie weit der Bedarf abgedeckt werden kann und wie viele zusätzliche Angebote notwendig wären, um den Bedürfnissen gerecht zu werden? Zu dem jetzigen Zeitpunkt ist noch keine Aussage möglich. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 und 2 verwiesen. Frage 4. Welchen Zeitplan und Maßnahmenkatalog verfolgt die Landesregierung, um den Pakt für den Nachmittag gemeinsam mit den Kommunen, Schulen, Vereinen und Kirchen auf den Weg zu bringen? Folgender Zeitplan und Maßnahmenkatalog ist in Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden vorgesehen und wurde auf der gemeinsamen Sitzung des Hessischen Städte- und Landkreistages sowie des Hessischen Städte- und Gemeindebundes vorgestellt: Juni 2014 ..................... Interessenbekundungen seitens der Schulträger Juli 2014 ..................... Auswahl von Pilot-Schulträgern für das Schuljahr 2015/16, Konstituierung der Steuergruppe zur Vorbereitung und Begleitung des Pilot-Durchgangs September 2014 ............. Beginn der Arbeitsphase der Steuergruppe November 2014 ............. Bericht der Steuergruppe an die kommunalen Spitzenverbände Frühjahr 2015 ............... Unterzeichnung der Vereinbarungen zum Pakt für den Nachmittag mit den am Pilotverfahren teilnehmenden Schulträgern September 2015 ............. Beginn des Pilotverfahrens im Pakt für den Nachmittag, regelmäßige Treffen der Steuergruppe als Begleitung November 2015 ............. Bericht der Steuergruppe an die kommunalen Spitzenverbände Im Schuljahr 2015/16 ...... Auswertung des Pilotverfahrens und Vorbereitung der Vereinbarungen mit den anderen hessischen Schulträgern Frühjahr 2016 ............... Unterzeichnung der Vereinbarungen zum Pakt für den Nachmittag mit anderen hessischen Schulträgern 2016/2017 .................... Ausdehnung des Paktes für den Nachmittag in die Fläche Frage 5. Von welchem finanziellen Mehrbedarf und welchem Mehrbedarf an Stellen geht die Landesre- gierung für die Realisierung ihrer Zielsetzung aus, alle Grundschulen auf freiwilliger Basis in das Ganztagsschulprogramm des Landes aufzunehmen und an fünf Tagen in der Woche bis 14.30 Uhr ein Betreuungsangebot im Rahmen des "Pakts für den Nachmittag" zu realisieren (aufgeschlüsselt nach finanziellen Mehrbedarf für die Aufnahme in das Ganztagsschulprogramm, dem Betreuungsangebot und insgesamt) und in welcher Höhe prognostiziert die Landesregierung in ihrer derzeitigen Planung die Beteiligungskosten der Kommunen? Das Land geht bisher in einer modellhaften Rechnung von einer durchschnittlichen Grundschule von 180 Kindern und einer durchschnittlichen Versorgung im Profil 1 an fünf Tagen der Woche zur freiwilligen Teilnahme mit 1,7 Stellen aus. Die jeweilige Größe einer Schule soll über einen Schülerfaktor abgebildet werden. Die vom Land bereit gestellten Ressourcen sollen in Stellen und in Geld zum Einsatz kommen. Zusätzlich sollen die über den kommunalen Finanzausgleich vorgehaltenen Zuschussmittel für Betreuungsangebote in Höhe von derzeit insgesamt 6,5 Mio. € in den Pakt für den Nachmittag einfließen. Frage 6. Wird die Landesregierung eine flächendeckende Betreuung an fünf Tagen in der Woche bis 14.30 Uhr auch dann bereitstellen, wenn seitens der Kommunen nicht die finanziellen Mittel und notwendigen Ressourcen für eine Betreuung von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr zur Verfügung gestellt werden? Die Landesregierung geht davon aus, dass diese Fragestellung im Pilotverfahren mit den Schulträgern gemeinsam geklärt wird. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/453 3 Frage 7. Welche Kriterien sollten nach Auffassung der Landesregierung einem pädagogisch sinnvollen und qualitativ hochwertigen Betreuungsangebot zugrunde liegen und welche beruflichen Qualifikationen werden an das betreuende Personal gestellt? Es gelten die in der Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen genannten Kriterien des Qualitätsrahmens für das Profil 1. Zudem gelten die Standards, die den bisherigen Betreuungsangeboten zugrunde liegen. Die bestehenden Einrichtungen und gewachsenen Strukturen vor Ort werden angemessen berücksichtigt, auch was das betreuende Personal betrifft. Frage 8. Sollen die schulischen Angebote und die Betreuungsangebote am Nachmittag miteinander ver- zahnt werden, um die Förderung der Schülerinnen und Schülern von Anfang an nach einem einheitlichen Konzept zu gewährleisten? Ja, die Grundschulen, die in einem Schulträgerbezirk in den Pakt für den Nachmittag gehen, müssen ein an den jeweiligen Grundschulstandort und seine Gegebenheiten angepasstes pädagogisches Konzept zur Verzahnung von Ganztags- und Betreuungsangeboten vorlegen. Dabei ist das Konzept an den Kriterien des Qualitätsrahmens der Richtlinie auszurichten und soll die Gegebenheiten vor Ort einbeziehen. Daher wird kein einheitliches Konzept vorgegeben. Frage 9. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um ein qualitativ und pädagogisch hochwertiges Bildungs- und Betreuungsangebot sicherzustellen, in dem eine Hausaufgabenbetreuung integriert ist, die es ermöglicht, dass die Kinder und Jugendlichen mit fertigen Hausaufgaben nach Hause gehen und so am Nachmittag Freizeit für Vereine, ehrenamtliches Engagement oder Entspannung haben? Die Landesregierung stellt ein qualitativ und pädagogisch hochwertiges Bildungs- und Betreuungsangebot sicher, indem sie die Anträge und Konzepte der Schulen und Schulträger auf der Grundlage der Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen inhaltlich umfassend prüft. Sie unterstützt sowohl die Konzepterstellung als auch die Ganztagsschulentwicklung durch kontinuierlich stattfindende Fortbildungsveranstaltungen der Serviceagentur "Ganztägig lernen" und durch die Arbeit der sogenannten Ganztagsgeneralisten und Ganztagsschulfachberatungen an den Staatlichen Schulämtern in Hessen. Frage 10. Wäre es nach Auffassung der Landesregierung pädagogisch sinnvoller, den Schwerpunkt des Ganztagsschulprogramms auf die Grundschulen zu legen und diese bei der Umwandlung in Ganztagsschulen im Profil 2 und 3 zu unterstützen, anstatt dort den angekündigten "Pakt für den Nachmittag" zu realisieren? Grundsätzlich liegt der Schwerpunkt der Landesregierung in der derzeitigen Legislatur auf der Entwicklung der Grundschulen. In den Anträgen der Schulträger ist dieser Schwerpunkt bereits seit einigen Jahren festzustellen. Der Pakt für den Nachmittag bezieht sich in erster Linie auf die Weiterentwicklung von Grundschulen, die bereits im Profil 1 arbeiten bzw. auf die Grundschulen , die derzeit noch nicht im Ganztagsprogramm des Landes sind. Mit dem Pakt für den Nachmittag wird das erste Mal in Hessen versucht, die Grundschulen und die Betreuungsstrukturen und Einrichtungen rund um eine Grundschule zusammen zu führen, anstatt beiderseitige Ziele und Aufgaben zur Bildung, Erziehung und Betreuung weiterhin nebeneinander her zu denken und zu finanzieren. Die Weiterentwicklung oder Umwandlung von Grundschulen der Profile 2 und 3 auf freiwilliger Basis ist weiterhin unbenommen, abhängig von den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Wiesbaden, 23. Juli 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz