Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 21.02.2017 betreffend Einstufung der Burg Ronneburg durch das Landesamt für Denkmalpflege und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers: Die Burg Ronneburg im Main-Kinzig-Kreis ist der Inbegriff einer Höhenburg. Sie dominiert von einem steilen Basaltkegel aus die Landschaft, insbesondere durch ihren Bergfried mit seinem markanten Turmhelm aus der Renaissancezeit. Seit dem Jahre 2000 wird die Kernburg von dem Verein "Freunde der Ronneburg e.V." betreut, der das Burgmuseum unterhält und viele kulturelle Veranstaltungen organisiert. Dienstags bis sonntags hat das Burgmuseum außerhalb der Wintermonate täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Die gut erhaltene Burg Ronneburg ist ein touristisches Ziel überregionaler Bedeutung. Neben dem umfangreichen Jahresprogramm kommen insbesondere zu Großveranstaltungen wie den mittelalterlichen Burgfestspielen , dem historischen Ostermarkt, dem Ritterturnier zu Pfingsten, der Walpurgisnacht mit mittelalterlichem Markt am 1. Mai und dem folgenden Wochenende sowie zum historischen Weihnachtsmarkt jährlich mehr als 120.000 Besucherinnen und Besucher über die Landesgrenzen hinweg. In einer Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege für den Regionalverband FrankfurtRheinMain wurde die Burg Ronneburg der Kategorie "B" zugeordnet, wodurch in Bezug auf Windvorrangflächen ein Prüfradius von 2 Kilometern um die Burg Ronneburg näher zu betrachten ist. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Das angesprochene Kategorisierungssystem wurde von der AG Städtebau der Vereinigung der Denkmalpfleger der Bundesrepublik Deutschland (VdL) für die Bewertung von voraussichtlichen Auswirkungen der Windkraftanlagen auf Kulturdenkmäler entwickelt. Die entwickelten Kriterien haben mittlerweile auch Eingang in die einschlägige Fachliteratur gefunden (vgl. Kleine -Tebbe in: Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Auflage 2017, Teil H, RdNr. 321). Die AG Städtebau der VdL hatte hinsichtlich der Raumwirksamkeit bzw. der visuellen Empfindlichkeit von Kulturdenkmälern 5 Stufen vorgeschlagen, von denen überwiegend drei (A bis C) für die Planung von Windenergieanlagen von Bedeutung sind. Je nach Eingruppierung ist in gewissen Wirkungsräumen der Denkmäler tendenziell von einer visuellen Beeinträchtigung durch hinzutretende Anlagen ausgegangen worden. Daraus ergaben sich abgestufte Prüfradien bezogen auf eine Höhe der Windkraftanlagen von 200 m. Diese Prüfradien sollten laut Empfehlung der AG Städtebau, der sich das Landesamt für Denkmalpflege Hessen seinerzeit angeschlossen hat, pauschaliert für die Denkmäler der Stufe C 6 km, für die der Stufe B 10 km und für die der Stufe A 20 km betragen. Dabei ging es dezidiert nicht darum, Pufferzonen mit Ausschlusswirkung für Windkraftanlagen festzuschreiben, sondern lediglich um Festlegung der Bereiche, innerhalb derer die optischen Auswirkungen der Windkraftanlagen auf landschaftsprägende Kulturdenkmäler untersucht werden sollten. Die o.g. Stufen betreffen somit ausschließlich die sog. Objekt-Raum-Beziehung von Kulturdenkmälern . Über die kulturhistorische Bedeutung von Denkmälern sagen sie nichts aus, zumal im hessischen Denkmalschutzrecht nach obergerichtlicher Rechtsprechung keine Einteilung von Kulturdenkmälern in mehr oder weniger wertvolle existiert (so HessVGH, Urteil v. 28. November 1984 - 11 UE 139/84 -, juris). Erst recht steht die Einordnung eines Kulturdenkmals in eine der o.g. Stufen in keinem Zusammenhang mit dessen etwaiger touristischer Attraktivität. Die Burg Ronneburg ist in kulturhistorischer Hinsicht ein herausragendes Kulturdenkmal in Hessen und entsprechend im Denkmalverzeichnis des Landes erfasst. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Eingegangen am 16. Mai 2017 · Bearbeitet am 17. Mai 2017 · Ausgegeben am 24. Mai 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4564 16. 05. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4564 Frage 1. Wann wurde die in der Vorbemerkung genannte Stellungnahme erstellt? Die Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen (LfDH) wurde am 6. Mai 2014 im Rahmen der Beteiligung des Landesamtes gemäß § 6 Abs. 2 und 3 Hessisches Landesplanungsgesetz (HLPG) i. v. m. § 10 Raumordnungsgesetz (ROG) anlässlich der Aufstellung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien und des Regionalen Flächennutzungsplans für das Gebiet des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain abgegeben. Frage 2. Welche Kriterien und Operationalisierungen sind Grundlage der Stellungnahme? Es handelte sich um eine denkmalfachliche Stellungnahme zur Frage der Betroffenheit der Belange der Baudenkmalpflege durch die Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergieanlagen . Rechtliche Grundlage waren die Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der Kulturdenkmäler (HDSchG) in der Fassung vom 5. September 1986 (GVBI. I S. 270), insbesondere dessen § 16 Abs. 2. In fachlicher Hinsicht operierte das LfDH bei der Frage der Bewertung von voraussichtlichen Auswirkungen der Windkraftanlagen auf Kulturdenkmäler mit den in der Vorbemerkung beschriebenen Kriterien der AG Städtebau der VdL. Frage 3. Wie begründet die Landesregierung die Einstufung der Burg Ronneburg in die Kategorie "B"? Der Stufe B werden Kulturdenkmäler mit weiträumigen Beziehungen und Raumwirkungen zugeordnet . Bei der Burg Ronneburg handelt es sich um eine weithin sichtbare Höhenburg mit aufragendem Bergfried, die das nach ihr benannte Ronneburger Hügelland beherrscht. Auch im Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler (Dehio, Hessen II) wird das Objekt beschrieben als "Große Anlage auf weithin sichtbarer Basaltkuppe" und ist durch einen Stern besonders gekennzeichnet . Frage 4. Welche Baudenkmäler wurden ihrer Bedeutung nach der Kategorie "A" zugeordnet? Der Stufe A werden Kulturdenkmäler mit sehr weitreichenden Beziehungen zugeordnet, die für die Kulturlandschaft besonders prägend sind, eine besonders exponierte Lage aufweisen, freistehend sind, eine dominante Wirkung entfalten sowie Anlagen von besonderer Größe, die dadurch sehr weithin sichtbar sind (bis zu 20 km). Dieser Kategorie ist z.B. die Burg Münzenberg zuzuordnen, deren weitläufige Burgruine mit den beiden hoch aufragenden Rundtürmen eine wichtige Landmarke in der umgebenden Kulturlandschaft ist. Prägend ist hier der Bezug zwischen dominierender, wehrhafter Burganlage und der unterhalb gelegenen kleinteiligen Siedlungsstruktur mit typischer Dachlandschaft. Frage 5. Welche Kriterien erfüllen jeweils die der Kategorie "A" zugeordneten Baudenkmäler, welche nicht auf die Ronneburg zutreffen? (Bitte die einzelnen Baudenkmäler jeweils vergleichend der Burg Ronneburg gegenüberstellen.) Wie in den Vorbemerkungen dargestellt, dient das Kategorisierungssystem der Bewertung von voraussichtlichen Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Kulturdenkmäler. Eine Einstufung erfolgt also grundsätzlich nur dann, wenn konkrete Planungen von Windenergieanlagen in der Umgebung von Kulturdenkmälern vorliegen. Dies war im Umfeld der Burg Münzenberg der Fall und führte zu der Einstufung in die Kategorie A. Im Vergleich zur Burg Ronneburg sind hier durch Größe und Dominanz der Anlage in Verbindung mit der Topografie Auswirkungen in einem weiteren Umfeld anzunehmen, was die abweichende Einstufung rechtfertigt. Beispiele für weitere Objekte, die bereits in der Kategorie A eingestuft wurden, sind die Veste Otzberg oder das Schloss Johannisberg in Geisenheim. Auch hier gab jeweils die Summe aus den zu beurteilenden Aspekten wie bauliche Gestaltung, Größe des Bauwerks und die umgebende Landschaft den Ausschlag für die Einstufung. Frage 6. Welche Kriterien müssten erfüllt sein, um die Burg Ronneburg der Kategorie "A" zuzuordnen? Da die Einstufung auf tatsächlichen Gegebenheiten wie der topografischen Lage und der Größe des Objekts und der Eigenart seines landschaftlichen Umfelds beruht, kann eine Neueinstufung grundsätzlich nur dann vorgenommen werden, wenn sich an diesen tatsächlichen Gegebenheiten etwas verändert. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4564 3 Frage 7. Ist die Landesregierung bereit zu prüfen, ob eine Zuordnung der Burg Ronneburg zur Kategorie "A" zu rechtfertigen ist? Eine Prüfung ist seitens des LfDH als zuständige Denkmalfachbehörde bereits erfolgt. Anlass für eine erneute Prüfung besteht nicht, da sich an den tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere an der städtebaulichen Situation des Kulturdenkmals, seit 2014 nichts geändert hat. Im Rahmen der Einzelfallprüfung bei der Zulassung von Windkraftanlagen können die mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb verbundenen optischen Auswirkungen selbstverständlich gesondert untersucht werden, falls die Höhe der Windkraftanlagen und damit ihre Raumwirksamkeit zukünftig weiter zunehmen würde. Frage 8. Bis wann kann eine solche Prüfung erfolgen? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Wiesbaden, 3. Mai 2017 Boris Rhein