Kleine Anfrage der Abg. Alex (SPD) vom 01.03.2017 betreffend Suizidprävention im Alter und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Im Rahmen der jährlich zusammengestellten Todesursachenstatistik (Auswertung der Leichenschauscheine ) wird als Todesursache auch die "vorsätzliche Selbstbeschädigung" nachgewiesen. Das aktuellste verfügbare Ergebnis stammt aus dem Kalenderjahr 2015 (s. Anlage). Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Chef der Hessischen Staatskanzlei und dem Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst wie folgt: Frage 1. Wie viele Suizide verzeichnete das Land Hessen in den Jahren 2012 bis 2016 insgesamt und nach Jahren aufgeschlüsselt? Im Jahr 2015 wurden 772 Suizide als Todesursache der hessischen Verstorbenen nachgewiesen. Das ist die Größenordnung, die auch in den letzten vier Jahren zu verzeichnen war (im Durchschnitt 2012 bis 2015 jährlich 785 Suizide). Frage 2. Welchen Anteil an diesen Suiziden hatten jeweils Frauen und Männer ab 60 Jahren bzw. ab 80 Jahren (bitte nach Jahren aufschlüsseln sowie in absoluten Zahlen und in Prozent an der Gesamtzahl der Suizide angeben)? Suizide werden mehr von Männern (im Durchschnitt 2012 bis 2015: 74 %) als von Frauen (26 %) begangen. 2015 gab es 357 Suizide bei Verstorbenen im Alter ab 60 Jahren, das waren 46 % der Suizide. Auch dabei war die Quote der männlichen Verstorbenen (73 %) höher als die der weiblichen Verstorbenen (27 %). 108 Suizide sind im Jahr 2015 für Verstorbene im Alter ab 80 Jahren registriert worden, auch in dieser Altersgruppe überwogen die Suizide von Männern (80 %). Die Suizide der Verstorbenen im Alter ab 80 Jahren haben aktuell einen Anteil von 14 % an allen Suiziden . Die Anzahl und auch die Anteile sind in den letzten Jahren relativ konstant. Frage 3. Wie viele der Fälle nach Frage 2 betreffen Personen, die im eigenen Haushalt lebten, wie viele Personen in Pflegeheimen? Die Suizide werden in der Todesursachenstatistik nur nach dem Ort des Ereignisses erhoben und nachgewiesen. Die Situation, ob die/der Suizidverstorbene im eigenen Haushalt lebte oder ein Alten-/Pflegeheim besuchte, ist nicht direkt abzuleiten. Ein Indiz könnte der Ereignisort "zu Hause" zu sein, da hier das private Umfeld abgefragt wird und Wohnheime explizit ausgenommen sind. Im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2015 wurde für das Altersklientel der 60- bis unter 80-jährigen Suizidtoten zu 61 % als Ereignisort "zu Hause" angegeben, bei den 80- jährigen und älteren waren es sogar 76 %. Für einen sehr geringen Anteil wurden als Ereignisort Wohnheime oder Wohnanstalten (wozu neben Alten- und Pflegeheimen z.B. auch militärische Unterkünfte und Strafvollzugsanstalten gehören) angegeben. Das ist aus Datenschutzgründen nicht in anhängender Tabelle aufgeführt: Bei den 60- bis unter 80-Jährigen lag der Anteil unter 1 %, bei den 80-Jährigen und älteren bei unter 3 %. Insgesamt wurden in den letzten vier Jahren im Durchschnitt nur 5 Suizidfälle für das Altersklientel ab 60 Jahren unter der Rubrik Wohnheime oder Wohnanstalten angegeben. Eingegangen am 11. April 2017 · Ausgegeben am 12. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4597 11. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4597 Frage 4. Welche Aussage kann die Landesregierung bezüglich einer möglichen Dunkelziffer bei nicht auf den ersten Blick deutlichen Suiziden machen (Nahrungs- und Flüssigkeitsverzicht, unzureichende oder überdosierte Medikamenteneinnahme, gefahrsuchende Lebensführung, Suchtmittelmissbrauch , Verwahrlosung)? Hierzu liegen der Hessischen Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5. Gibt es ein hessisches Suizidpräventionskonzept und wie wird es umgesetzt? Es existiert bislang kein hessisches Suizidpräventionskonzept. Frage 6. Welche Rolle spielt die Suizidprävention im Bereich des Studiums "Soziale Arbeit" an hessischen Hochschulen? Die Hochschulen gestalten die Studiengänge im Bereich der Sozialen Arbeit eigenständig. Einheitliche inhaltliche Vorgaben für die Ausgestaltung der einschlägigen Studiengänge gibt es - wie in nahezu allen übrigen Bereichen - nicht. Hierdurch wird für die Hochschulen die Möglichkeit einer eigenständigen Profilierung der Studienangebote ermöglicht. Die inhaltliche Überprüfung der Studiengänge erfolgt im Rahmen der Studiengangakkreditierung, bei der auch die Frage eine zentrale Rolle spielt, inwieweit das Studienangebot berufsqualifizierend ist. Soweit im Rahmen eines Studiengangs der Sozialen Arbeit eine staatliche Anerkennung erworben werden soll, sind die einschlägigen Vorgaben des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Heilpädagoginnen und -pädagogen sowie Kindheitspädagoginnen und -pädagogen (SozAnerkG) zu beachten. Weder das SozAnerkG noch informelle Leitlinien wie der einschlägige Qualifikationsrahmen oder das Kerncurriculum der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit sehen ausdrücklich die Berücksichtigung der Suizidprävention vor. Insoweit erfolgt eine Behandlung der Thematik im Rahmen des Studiums hochschulindividuell und eher im Zusammenhang mit potenziell suizidauslösenden Problemsituationen. Frage 7. Welche Hilfs- und Beratungsangebote stehen speziell für ältere Suizidgefährdete und ihre Angehörige in Hessen zur Verfügung (jeweils nach Regionen) und wie werden sie durch das Land mit welcher jährlichen Summe gefördert? Es existiert eine Reihe von allgemeinen Hilfsangeboten, die auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention aufgelistet sind (https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote /adressen). Eine explizite Förderung der Suchtprävention für ältere Menschen gibt es nicht. Wiesbaden, 3. April 2017 In Vertretung: Dr. Wolfgang Dippel Anlage Hessisches Statistisches Landesamt III D1 Anlage Suizide in Hessen 2012 bis 2015 darunter im Alter von ... b is .. unter Jahren und Ort des Ereignisses 60 bis unter 80 Jahren 80 u n d älter Jahr Suizide insgesamt männlich weiblich Ort des Ereignisses Ort des Ereignisses zusammen in% männlich in % weiblich in% zu Hause" Sonstiger zusammen in % männlich in % weiblich in % zu Hause" Sonstiger zusammen männlich weiblich zusammen männlich weiblich zusammen männlich weiblich zusammen männlich weiblich 2012 762 570 192 223 29,3 169 22,2 54 7.1 125 93 32 98 76 22 104 13,6 70 9,2 34 4.5 78 53 25 26 17 9 2013 809 591 218 237 29,3 177 21,9 60 7.4 150 119 31 87 58 29 110 13,6 76 9,4 34 4.2 93 60 33 17 X X 2014 797 591 206 256 32,1 182 22,8 74 9,3 153 105 48 103 77 26 103 12,9 78 9.8 25 3.1 73 55 18 30 23 7 2015 772 575 197 249 32,3 173 22,4 76 9,8 163 112 51 86 61 25 108 14.0 86 11.1 22 2,8 79 62 17 29 24 5 1) zu Hause = Hausgrundstück, Wohnhaus (ohne Wohnheime), Garage, Garten am Wohnhaus, Hof am Wohnhaus, Zufahrtsweg zum Wohnhaus, Swimmingpool im Privathaus oder -garten.