Kleine Anfrage des Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 01.03.2017 betreffend Faktencheck zur Plenardebatte über die Haushaltspolitik und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen der Debatte zur Haushaltspolitik (CDU-Setzpunkt vom 22. Februar 2017) erklärte der Finanzminister sinngemäß, dass aus den bereinigten Einnahmen in Höhe von 5,1 Mrd. € in den Jahren 2014, 2015 und 2016 etwa 2,7 Mrd. € für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aufgewandt wurden. Da gesteigerte bereinigte Einnahmen automatisch zu einer Beteiligung der Kommunen führten, mussten weitere knapp 1,2 Mrd. € abgezogen werden. Wenn man dies zusammenzähle, komme man auf knapp 4 Mrd. €. Für das Frühstück blieben also knapp 1 Mrd. € übrig. Dazu käme bei einem Defizit im Jahr 2016 von 950 Mio. € ein Einnahmeüberschuss von 750 Mio. €. Aus dieser 1 Mrd. € seien also 1,6 Mrd. € geworden. Damit habe die Landesregierung über die 5 Mrd. € hinaus am Ende sogar 600 Mio. € eingespart. Dies sei die Wahrheit. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Laut Präsentation des Finanzministers zum Jahresabschluss 2016 vom 31. Januar 2017 wurden in den Jahren 2014 - 2016 rund 2,377 Mrd. € für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen ausgegeben. Allein im Jahr 2016 hat die Landesregierung vom Bund dafür 645 Mio. € erstattet bekommen. a) Wie hoch waren die Ausgaben für Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen , die in den Jahren 2014 - 2016 anfielen? Die Ausgaben für Flüchtlinge i.e.S., d.h. die Ausgaben für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen, beliefen sich auf 157,3 Mio. € im Jahr 2014, auf 592,1 Mio. € im Jahr 2015 sowie auf 1.627,3 Mio. € im Jahr 2016. In der Summe ergeben sich damit die bereits in der Frage genannten 2,377 Mrd. €. b) Wie hoch waren die zusätzlichen Einnahmen, die der Bund zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beigesteuert hat? Zur Bewältigung des hohen Zustroms an schutzbedürftigen Personen stellte der Bund dem Land Hessen in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt zusätzliche Einnahmen in Höhe von 824 Mio. € zur Verfügung (davon knapp 795 Mio. € für den Flüchtlingsbereich i.e.S.). Damit entfällt rund ein Siebtel der Gesamtmehreinnahmen des Landes in den Jahren 2013 bis 2016 auf zusätzliche flüchtlingsbezogene Leistungen des Bundes. c) Wie berechnen sich die vom Finanzminister vorgerechneten 2,7 Mrd. € Mehrausgaben für den Zeitraum 2014 - 2016? In dem unter Buchst. a ausgewiesenen Betrag sind noch nicht die Ausgaben enthalten, die das Land außerhalb des Asylbereichs i.e.S., etwa im Bildungs- oder Arbeitsmarktbereich, für die Betreuung und Integration der Flüchtlinge zur Verfügung gestellt hat. Allein im Soll 2016 waren hierfür rd. 226 Mio. € vorgesehen. Hinzu treten die finanziellen Mittel , die außerhalb des Flüchtlingsbereichs i.e.S. bereits in den Jahren 2014 und 2015 zur Bewältigung des hohen Flüchtlingszustroms in Anspruch genommen wurden, sodass sich die flüchtlingsbezogenen Mehrausgaben des Landes in den Jahren 2014 bis 2016 in der von Herrn Staatsminister Dr. Schäfer genannten Größenordnung von 2,7 Mrd. € bewegen. Eingegangen am 5. April 2017 · Ausgegeben am 7. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4598 05. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4598 Frage 2. Laut Präsentation des Finanzministers zum Jahresabschluss 2016 vom 31. Januar 2017 wurden in den Jahren 2014 - 2016 tatsächlich rund 1,2 Mrd. € zusätzlich in den Kommunalen Finanzausgleich (KFA) gezahlt. a) Wie hoch waren die zusätzlichen Ausgaben für den KFA in den Jahren 2014 - 2016 verglichen mit der Basis 2013? Die zusätzlichen Ausgaben im Kommunalen Finanzausgleich - jeweils im Vergleich zum Ist- Wert des Jahres 2013 in Höhe von rund 3.758 Mio. € - betrugen im Jahr 2014 rd. 248 Mio. €, im Jahr 2015 rd. 311 Mio. € und im Jahr 2016 rd. 661 Mio. €. Die kumulierten Mehrausgaben des Landes in den Jahren 2014 bis 2016 beliefen sich damit auf etwas über 1,2 Mrd. €. b) Von welchen Steigerungen wurde in der Mittelfristigen Finanzplanung von 2013 für den Zeitraum 2014 - 2016 ausgegangen? In der Mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 wurde - jeweils gegenüber dem Ansatz des Jahres 2013 in Höhe von rund 3.821 Mio. € - von zusätzlichen Ausgaben in Höhe von rd. 217 Mio. € im Jahr 2014, von 213 Mio. € im Jahr 2015 und von 346 Mio. € im Jahr 2016 ausgegangen. c) Wie hoch waren die tatsächlichen Mehrausgaben im Vergleich zur Mittelfristigen Finanzplanung von 2013? Die Ist-Ausgaben im Kommunalen Finanzausgleich lagen im Jahr 2013 um rund 62 Mio. € und im Jahr 2014 um rd. 32 Mio. € unter den Ansätzen der Mittelfristigen Finanzplanung. Demgegenüber überstiegen die Ist-Ausgaben die Planwerte um 36 Mio. € im Jahr 2015 und um 253 Mio. € im Jahr 2016. Frage 3. Wie viel Geld wurde im Zeitraum 2014 - 2016 über die Planung des Abbaupfades hinaus in die Senkung der Nettoneuverschuldung bzw. die Schuldentilgung investiert? Der Abbaupfad der Mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 sah in den Jahren 2014 bis 2016 eine schrittweise Rückführung der Nettokreditaufnahme von 1.084 Mio. € im Jahr 2014 über 850 Mio. € im Jahr 2015 auf 600 Mio. € im Jahr 2016 vor. Die tatsächliche Nettokreditaufnahme des Landes in diesen Jahren lag mit 890 Mio. € im Jahr 2014, 360 Mio. € im Jahr 2015 und einer Nettotilgung in Höhe von 200 Mio. € im Jahr 2016 deutlich unter den Zielvorgaben des Abbaupfades. Im Ergebnis hat das Land damit in den Jahren 2014 bis 2016 knapp 1,5 Mrd. € weniger an Krediten aufgenommen, als in der Mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 eingeplant war. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass Herr Staatsminister Dr. Schäfer im Rahmen der parlamentarischen Debatte nicht auf die Absenkung der Nettokreditaufnahme, sondern auf die Veränderung des Finanzierungssaldos abgestellt hat, wobei er sich in der Plenardebatte ausschließlich auf die Veränderung des Finanzierungssaldos im Jahr 2016 bezog. Werden im Sinne des Fragestellers die Ist-Werte der Jahre 2014 bis 2016 den entsprechenden Ansätzen der Mittelfristigen Finanzplanung gegenübergestellt, dann belaufen sich die Haushaltsverbesserungen in den Jahren 2014 bis 2016 auf fast 2,4 Mrd. €. Frage 4. Wie kommt der Finanzminister vor dem Hintergrund der Zahlen aus Frage 1 bis 3 zu dem Schluss, das Land habe 600 Mio. € eingespart? Vorab ist festzustellen, dass sich die bereinigten Mehreinnahmen in Höhe von 5,1 Mrd. € im Vergleich zur Mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 bei einer Betrachtung der Jahre 2013 bis 2016 ergeben. Bei dieser Betrachtungsweise ergibt sich das folgende Bild: Bereinigte Einnahmen 2013 bis 2016 (einschl. Einnahmen für Asyl) + 5.085 ./. Mehrbedarf Asyl 2.332 davon: Ausgaben Asyl i.e.S. 2014 bis 2016: 2.377 Mio. € + Ausgaben für Asyl i.e.S. im Jahr 2013: 74 Mio. € + Ausgaben für Asyl i.w.S. (nur Soll 2016): 226 Mio. € ./. in MFP 2013 bis 2017 enthaltene Vorsorge: 345 Mio. € ./. Mehrbedarf Kommunaler Finanzausgleich (siehe Antwort zu Frage 2) 194 = Zwischensumme 2.559 ./. Verbesserung Finanzierungssaldo 2013 bis 2016 3.349 = Verbleibende Haushaltsverbesserung [ (-) = Einsparung] -790 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4598 3 In Summe verbleibt bei dieser Betrachtungsweise ein Entlastungsbetrag in Höhe von knapp 800 Mio. €. Dieser Wert liegt damit über der von Herrn Staatsminister Dr. Schäfer im Rahmen der parlamentarischen Debatte überschlägig genannten Größenordnung in Höhe von 600 Mio. €. Die Kernaussage von Herrn Staatsminister, Hessen habe die in den Jahren 2013 bis 2016 auftretenden Mehreinnahmen nicht "verfrühstückt", wird dadurch mehr als bestätigt. Wiesbaden, 23. März 2017 Dr. Thomas Schäfer