Kleine Anfrage des Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 01.03.2017 betreffend neues Entschuldungsprogramm Kommunen und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Der hessische Städte- und Gemeindebund hat u.a. durch seinen Geschäftsführenden Direktor bei dpa am 30. Januar 2017 ein neues Entschuldungsprogramm für Kommunen gefordert. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, als gedachte zweite Stufe nach dem Kommunalen Schutzschirm nunmehr ein Entschuldungsprogramm für die hessischen Kommunen vorzulegen, da die Altlasten der Kommunen weiterhin vorhanden sind? Die Verschuldungssituation der hessischen Kommunen ist weiterhin äußerst heterogen. Der aktuellen Schuldenstatistik des Hessischen Statistischen Landesamtes, welche die Schulden der Kernhaushalte der hessischen Gemeinden und Gemeindeverbände am 31. Dezember 2015 enthält (Abruf am 7. März 2017 unter: https://statistik.hessen.de/sites/statistik.hessen.de /files/Schulden_Kernhaushalte_Gemeinden_Gemeindeverbaende_je_Einwohner.xls), ist zu entnehmen , dass sich die Schulden einschließlich Kassenkredite je Einwohner in einer Bandbreite zwischen 64 € (Stadt Eschborn und Gemeinde Wabern) und 10.415 € (Stadt Bad Karlshafen) bewegen. Für die Kassenkredite liegt die Spannweite zwischen null € (138 Kommunen; ohne Landeswohlfahrtsverband) und 3.823 € (Stadt Bad Karlshafen). Hinzu kommen die Schulden der Eigenbetriebe und Eigengesellschaften. Kassenkrediten stehen in aller Regel keine Vermögenswerte gegenüber, Investitionskrediten hingegen schon. Daher ist ein Entschuldungsprogramm für "die hessischen Kommunen" nicht vorstellbar. Es muss vielmehr darum gehen, die Kommunen in die Lage zu versetzen, die Schulden, denen keine Vermögenswerte gegenüberstehen - was nicht ohne Weiteres mit dem Stand der Kassenkredite zu einem bestimmten Stichtag gleichzusetzen ist - auf ein vertretbares Maß zurückzuführen. Wie "problematische Schulden " identifiziert werden können, welcher Betrag an Kassenkrediten als tolerabel erscheint, ob und in welchem Zeitraum unterschiedlich hoch verschuldete Kommunen ihre Verbindlichkeiten auf ein vertretbares Maß reduzieren können sowie ob und in welchen Fällen hierbei aufsichtliche Vorgaben oder auch Hilfen aus dem Landesausgleichsstock oder dem Landeshaushalt erforderlich sein können, wird derzeit in der Arbeitsgruppe "Optimierung der Finanzaufsicht" des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport erörtert. Dort sind neben dem Innen- und Finanzressort die Kommunalen Spitzenverbände und die Überörtliche Prüfung Kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof vertreten. Unter anderem anhand der Ergebnisse der Arbeitsgruppe wird sich die Landesregierung ein Bild von der Notwendigkeit eines weiteren Entschuldungsprogramms machen. Frage 2. Wie möchte die Landesregierung dem Problem insbesondere der Altlasten in Form hoher Kassenkredite begegnen und wie hoch wird die finanzielle Beteiligung des Landes Hessen noch im Jahre 2017 und den drei folgenden Jahren jeweils sein? Im Haushaltsplan des Landes sind für das Haushaltsjahr 2017 keine Mittel für ein weiteres Entschuldungsprogramm neben dem Kommunalen Schutzschirm eingeplant. Dasselbe gilt für die mittelfristige Finanzplanung. Außerhalb der konzeptionellen Überlegungen zum Abbau finanzieller kommunaler Altlasten kann Kommunen, die in ihren geprüften Jahresrechnungen der Vorjahre unvermeidbare Fehlbeträge ausweisen, mit Zuweisungen aus dem Landesausgleichsstock im Rahmen der jeweils verfügbaren Mittel geholfen werden. Eingegangen am 19. April 2017 · Bearbeitet am 19. April 2017 · Ausgegeben am 21. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4599 19. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4599 Frage 3. Wird der Vorschlag des HSGB unterstützt, wie bei dem kommunalen Schutzschirm mit jeder einzelnen Kommune in Hessen ein eigenständiges Angebot hinsichtlich der Ausgestaltung des Abbaupfades zu verhandeln und zu vereinbaren und die Freiwilligkeit der kommunalen Entscheidung zu beachten? Während 2013 nur knapp 30 % der 426 hessischen Städte und Gemeinden mit einem ausgeglichenen Haushalt planten, erreichten im Jahr 2015 bereits über die Hälfte der Kommunen wieder den gesetzlich geforderten Haushaltsausgleich. Im Jahr 2016 planten bereits rund 65 % aller hessischen Kommunen ihren Haushalt ohne neue Defizite. Im Haushaltsjahr 2017 können nach vorsichtiger Schätzung schon fast 90 % dieses Ziel erreichen. Jede Stadt und Gemeinde hat bereits nach der Hessischen Gemeindeordnung (GemO) und der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) die Aufgabe, ihren Haushalt im ordentlichen Ergebnis regelmäßig auszugleichen, ihre regulären Tilgungsraten für Investitionskredite selbst zu erwirtschaften und mit erzielten Überschüssen die aufgelaufenen Kassenkreditbestände abzubauen. Dasselbe gilt nach der Hessischen Landkreisordnung (HKO) für die Kreise. Ob es zur Lenkung des aufsichtlichen Ermessens detaillierterer allgemeiner Regelungen bedarf, wird ebenfalls in der oben genannten Arbeitsgruppe diskutiert. Der Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden findet derzeit noch statt. Die Überlegungen der Landesregierung sind daher noch nicht abgeschlossen. Frage 4. Plant die Landesregierung, insbesondere die Landkreise zu zwingen, auch auf Kosten dann nicht zu senkender Kreisumlagen die Kassenkredite auf Kosten der kreisangehörigen Gemeinden zu reduzieren ? Die gesetzliche Verpflichtung zum Abbau von Altfehlbeträgen trifft auch die Kreise (§ 92 Abs. 4 HGO i.V.m. § 52 Abs. 1 HKO). Die besondere Problemlage der Zurückführung der Verschuldung bei Umlageverbänden, insbesondere bei Landkreisen, wurde in der Arbeitsgruppe diskutiert. Auch hierzu findet der Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden derzeit noch statt. Die Überlegungen der Landesregierung sind daher noch nicht abgeschlossen. Wiesbaden, 1. April 2017 Dr. Thomas Schäfer