Kleine Anfrage des Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 01.03.2017 betreffend 2017 - Hessen lebt Respekt und Antwort des Chefs der Staatskanzlei Vorbemerkung des Fragestellers: Anfang Februar dieses Jahres hat die Hessische Landesregierung mitgeteilt, dass sie das Jahr 2017 unter das Motto "Hessen lebt Respekt" stellen werde und eine entsprechende Kampagne durchführen wolle. Hierzu hat u.a. Ministerpräsident Volker Bouffier dem Wiesbadener Kurier (9. Februar 2017) ein Interview gegeben und Ziele und Maßnahmen angesprochen. Vorbemerkung des Chefs der Staatskanzlei: Die Hessische Landesregierung hat das Jahr 2017 zu einem "Jahr des Respekts" ausgerufen, um dem Respekt und Zusammenhalt in der Gesellschaft einen besonderen Stellenwert zu geben und beides zu stärken. Der respektvolle Umgang miteinander und die Rücksichtnahme aufeinander sind zwei wichtige Eckpfeiler des guten Zusammenlebens. Der gegenseitige Respekt ist unverzichtbarer Teil unserer Werteordnung und trägt zu ihrer Verwirklichung bei. Das Bewusstsein und aktive Handeln für diese wesentliche Verabredung unserer Gesellschaft gilt es zu stärken und zu fördern. Die Kampagne "Hessen lebt Respekt" ist hierzu thematisch breit angelegt und will über konkrete Projekte alle gesellschaftlichen Bereiche abdecken. Geworben werden soll insbesondere für Toleranz und Hilfsbereitschaft im Alltag, Rücksichtnahme im Verkehr, Fairness im Sport, Respekt in den sozialen Medien, Wertschätzung der Arbeit von Polizei und Rettungskräften , Ehrenamtlichen und hinsichtlich der Integration von Flüchtlingen. Die Kampagne soll helfen, die Grundregeln eines guten Zusammenlebens zu stärken, einen Beitrag für den Zusammenhalt in der Gesellschaft leisten und das vielfältige, bürgerschaftliche Engagement für Respekt, Toleranz, Demokratie und Gemeinsinn sichtbar machen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welchen Jahren zuvor hat die Landesregierung ähnliche Jahreskampagnen unter einem bestimmten Motto durchgeführt? Die Kampagne reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen der jüngsten Zeit, die in dieser Form bisher nicht vorhanden waren. Beispielhaft sind die Entgrenzung und Enthemmung in den digitalen Medien zu nennen. Das Jahr des Respekts will einen gesellschaftlichen Prozess hin zu mehr Respekt befördern. Dazu werden Projekte auf unterschiedlichsten Ebenen und in verschiedenen Bereichen durchgeführt, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Thematik befördern . Insofern ist die Kampagne singulär. Frage 2. Hatte die Landesregierung für 2017 weitere Themen zur Auswahl und warum hat sie sich für das Thema Respekt entschieden, gab es zuvor auch entsprechende empirische Untersuchungen? Angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen der Flüchtlingsaufnahme wurde im "Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts " insbesondere auch auf die Vermittlung grundlegender Werte und Regeln des Zusammenlebens und des Respekts ein besonderes Augenmerk gelegt. Dies greift die Respekt- und Werte- Kampagne auf, die durch den Hessischen Landtag in den Haushalt 2017 aufgenommen wurde. Gleichzeitig knüpft die Respekt-Kampagne an eine allgemein zu beobachtende, zunehmende Rücksichtslosigkeit im Alltag, ein rauer werdendes Klima in der öffentlichen Debatte bis hin zu Enthemmung und Hass, extreme, gegen andere gerichtete Einstellungen und eine wachsende Gewaltbereitschaft an. Empirisch belegt ist dies u.a. durch eine rauere Debattenkultur in den sozialen Medien (siehe u.a. die repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts zu "Ethik im Netz Eingegangen am 4. April 2017 · Ausgegeben am 7. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4600 04. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4600 und Hate Speech", Juni 2016), ein aggressives Verkehrsverhalten (siehe u.a. die Studie "Verkehrsklima in Deutschland 2016" der Unfallforschung der Versicherer/GDV), die zunehmende Zahl von Angriffen auf Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrangehörige, die zunehmende Brutalität bei Streitigkeiten im persönlichen Umfeld oder Übergriffen bei Großveranstaltungen (Fußballspiele u.a.). Diesen vielfältigen Erscheinungsformen der Respektlosigkeit will die Hessische Landesregierung mit ihrer Haltung, mit ihrer Politik und der Kampagne "Hessen lebt Respekt" entgegentreten. Frage 3. Welche konkreten Maßnahmen sind für das Jahr 2017 geplant, der MP spricht in dem Interview u.a. von "Orte des Respekts" und von "Menschen des Respekts"? Gibt es weitere derartige Reihen? Das Landesprogramm "Orte des Respekts" fördert geeignete Bildungs-, Beteiligungs- und Begegnungsprojekte von gemeinnützigen Vereinen und Initiativen, die der Respekt-Vermittlung dienen. Die Förderrichtlinien sind im Netz abrufbar unter: https://www.hessen-lebtrespekt .de/projekte/orte-des-respekts. Gemeinsam mit dem Medienpartner Verlagsgruppe Rhein Main (VRM) sollen Menschen in Hessen in den Mittelpunkt gestellt werden, die durch ihr beispielhaftes Verhalten Respekt, Achtsamkeit und Rücksichtnahme vorleben. Ihre Geschichte wird sowohl in der redaktionellen Berichterstattung der Tageszeitungen als auch auf der Webseite zum Jahr des Respekts erzählt und einige dieser Bürgerinnen und Bürger werden mit der Auszeichnung "Menschen des Respekts" durch die Landesregierung gewürdigt. Im Projektbereich "Respekt im Sport" kooperiert das Land mit dem Landessportbund und der Sportjugend Hessen, um die Respektvermittlung als einen Baustein in die Aus- und Fortbildung von Trainern, Übungsleitern und Aktiven einzubeziehen. Auch die Multiplikatoren, die sich in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Regierungspräsidiums Gießen bei Sportangeboten für Flüchtlinge engagieren, werden mit einbezogen und die dortigen Sportangebote verstärkt. Im Themenbereich "Verkehr" folgt eine Plakatkampagne mit dem Bündnis "Sicher unterwegs in Hessen", bei der entlang hessischer Landesstraßen über einen Zeitraum von mehreren Monaten für eine achtsamere Fahrweise geworben wird. Die Verkehrsverbünde RMV, NVV und VRN bringen geeignete Werbeflächen in Bahnen und Bussen für ein gemeinsames Motiv zur Rücksicht im ÖPNV ein. Einen weiteren Themenschwerpunkt setzt die Respekt-Kampagne beim Thema Integration. Als Fortsetzung der Kampagne "Löwen im Herz - Hessen integriert" des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration wird eine Dialogreihe mit regionalen Veranstaltungen initiiert. Diese sollen sichtbar machen, dass es überall im Land Menschen gibt, die sich für die Integration engagieren oder sich selbst erfolgreich integriert haben. Zu den Projekten für Schülerinnen und Schüler zählt das Medienprojekt "Respekt heißt für mich …". Unterstützt vom Kultusministerium, dem Justizministerium, dem Landespräventionsrat und dem Deutschen Filminstitut werden Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I ihre Vorstellung von Respekt und einem guten Zusammenleben in Videos erarbeiten. Auf die Zielgruppe junger Menschen der Sekundarstufe II ist das Projekt "Respekt digital" im Bereich "Soziale Medien" ausgerichtet. Gemeinsam mit der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) wird mit Jugendlichen in fünf regionalen Workshops das Thema Hass in den sozialen Netzwerken thematisiert und eine Online-Kampagne erarbeitet. Weitere Projekte folgen unter Beteiligung unterschiedlichster gesellschaftlicher Institutionen, die sich an der Kampagne beteiligen wollen. Ministerpräsident Bouffier hat hierzu in der Pressekonferenz am 8. Februar 2017 ausdrücklich eingeladen. Auch in weiteren Programmen und Initiativen der Hessischen Landesregierung und der Fachressorts wird der Jahresschwerpunkt seinen Niederschlag finden. Informationen zur Kampagne und den Projekten sind der Webseite www.hessen-lebt-respekt.de zu entnehmen. Frage 4. Dem Interview ist zu entnehmen, dass die Landesregierung Medienpartner hat, bei der Vorstellung waren auch weitere Vertreter gesellschaftlicher Gruppen anwesend, wie ist bzw. wird die Beteiligung der Zivilgesellschaft außer über Partner organisiert, wer kann mitmachen, wer wurde bzw. wird gefragt usw.? Als Kooperationspartner der Projekte sind bisher die Verkehrsverbünde RMV, VRN und NVV, die Initiative "Sicher unterwegs in Hessen" mit seinen Bündnispartnern (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, der ADAC Hessen-Thüringen, der TÜV Hessen, die Deutsche Verkehrswacht Hessen und der Radiosender HR3), der Landessportbund Hessen und die Sportjugend Hessen sowie die Landesanstalt für den privaten Rundfunk und neue Medien beteiligt. Medienpartner sind die Verlagsgruppe Rhein Main und Hit Radio FFH. Diese wurden für die Mitwirkung angesprochen und gewonnen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4600 3 Die Initiative ist auf eine breite Beteiligung angelegt und lädt auch andere gesellschaftliche Institutionen und Medien ein, sich im Sinne der Kampagne zu beteiligen. Außerdem bietet insbesondere das Förderprogramm "Orte des Respekts" gesellschaftlichen Institutionen und Initiativen vielfältig die Möglichkeit einer Zuwendung für ein Projekt im Rahmen der Kampagne zur Unterstützung der Zielsetzung. Frage 5. Wo ressortieren die operative Koordinierung und Arbeit, wie viele Mitarbeiter der Landesregierung bzw. von zugekauften Agenturen etc. beschäftigen sich ganz oder teilweise mit der Kampagne , von geistiger Planung bis hin zur handwerklichen Durchführung? Die Steuerung der Respekt-Kampagne ressortiert in der Hessischen Staatskanzlei. Hierzu wurde eine Steuerungsgruppe unter der Leitung von Herrn Staatssekretär Bußer (Sprecher der Landesregierung ) gebildet, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatskanzlei aus unterschiedlichen , organisationsrelevanten Bereichen angehören. Sie stehen dem Projekt überwiegend nur stundenweise zur Verfügung. Die Steuerungsgruppe hat eine Vollzeit tätige Mitarbeiterin und eine Sachbearbeiterin sowie einen freien Mitarbeiter auf Honorarbasis nach Bedarf. In Teilen einbezogen in die Umsetzung sind zudem die Kollegen des Pressereferates und der Internetredaktion . Hinzu kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Ressorts, die in die Abstimmung und Umsetzung von Teilprojekten einbezogen sind. Für die gestalterische Umsetzung wurde nach Durchführung einer Ausschreibung die Agentur Metropress beauftragt, für den Bereich der Online-Medien die Agentur INIT. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort in die Umsetzung der Kampagne involviert sind, obliegt dem Ermessen der Auftragnehmer und entzieht sich der Kenntnis der Landesregierung. Frage 6. Welche Kosten plant die Landesregierung für die Tätigkeiten aus Frage 5, bitte aufgeteilt nach eigenen Personal- und sonstigen Kosten und Kosten für Dritte? Für die Respekt- und Werte-Kampagne wurden im Haushalt 2016 für vorbereitende Maßnahmen 150.000 € und im Haushalt 2017 insgesamt 650.000 € eingestellt (500.000 € im operativen Buchungskreis, 150.000 € im Förderbuchungskreis). Die Personalkosten sind aufgrund der unterschiedlichen Stundenanteile und Anforderungen sowie der Anteile aus allgemeinen Aufgabenbereichen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die im Rahmen der auch sonst zu leistenden Tätigkeiten erfolgen, nicht im Einzelnen bezifferbar. Frage 7. Werden die Mitglieder der Landesregierung auch selbst das Prinzip des Respekts bei der täglichen Arbeit beachten, z.B. bei der zeitnahen und inhaltlichen Beantwortung von mündlichen, kleinen und großen Anfragen über die persönliche Anwesenheit in Ausschüssen und den Plenarsitzungen bis hin zu Wortbeiträgen? Und sollte der Respekt einmal gefehlt haben, was werden die Mitglieder der Landesregierung unternehmen (siehe FAS vom 26. Februar zu Äußerungen des MP), um eigenen Ansprüchen gerecht zu werden? Der gegenseitige Respekt im Miteinander, sei es im alltäglichen Zusammenleben oder im politischen Bereich, ist das Fundament einer friedlichen, demokratischen Gesellschaft. Deshalb ist das Prinzip des Respekts eine Grundtugend, die jeder Mensch, ob er Mitglied einer politischen Institution (Regierung, Parlament, Verwaltung) oder Teil der Gesellschaft und ihrer unterschiedlichen Bereiche (Familien, Betriebe, Schulen, Kirchen und Vereine u.a.) ist, als erstrebenswerte Grundnorm anerkennen und mit Leben erfüllen soll. Wenn die Initiative mit dazu beiträgt, entsprechende Fragen, wie die vorliegenden hervorzurufen und so für das Thema sensibilisiert , dann zeigt sich, dass sie bereits jetzt schon in erfreulicher Weise wirkt. Wiesbaden, 3. April 2017 Axel Wintermeyer