Kleine Anfrage der Abg. Di Benedetto, Merz, Roth und Rudolph (SPD) vom 08.03.2017 betreffend Burka-Verbot im öffentlichen Dienst in Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Im öffentlichen Bereich werden die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich durch Tarifvertrag geregelt. Das Land Hessen hat daher mit den Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifeinigung vom 3. März 2017 ein Verbot der Gesichtsverhüllung vereinbart. Im Bedarfsfall kann zukünftig auf der Grundlage einer klaren tariflichen Bestimmung eine Gesichtsverhüllung bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug verboten werden. Insbesondere mit Blick darauf, dass im Jahr 2011 eine Arbeitnehmerin der Stadt Frankfurt die Absicht hatte, ihren Dienst mit Burka anzutreten, möchte das Land Hessen für den Landesbereich - sollte ein vergleichbarer Fall eintreten - mit dem tariflichen Vollverschleierungsverbot für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sorgen Frage 1. Wie viele Fälle hat es in den letzten fünf Jahren im öffentlichen Dienst in Hessen gegeben, bei denen weibliche Beschäftigte a) während der Dienstzeit Burka getragen haben oder b) angegeben haben, demnächst während der Dienstzeit Burka tragen zu wollen (bitte nach a) und b) und Jahren getrennt angeben)? Die Fragen 1 a) und 1 b) werden gemeinsam beantwortet. Dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport sind in den letzten fünf Jahren keine Fälle des Tragens einer Burka während der Dienstzeit oder eine entsprechende Ankündigung durch Beschäftigte des Landes Hessen oder der hessischen Kommunen bekannt geworden. Frage 2. Wie viele der Fälle nach Frage 1 betrafen den Landesdienst, wie viele Bundesbehörden, wie viele kommunale Behörden (bitte ebenfalls nach a) und b) der Frage 1 und Jahren aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Frage 3. Welche rechtlichen Möglichkeiten hat das Land, Tarifbeschäftigten das Tragen der Burka zu verbieten ? Derzeit wird in der Rechtswissenschaft vertreten, dass die Vollverschleierung, selbst wenn sie sich im konkreten Fall dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zuordnen lässt, Tarifbeschäftigten sowohl gesetzlich als auch tarifvertraglich verboten werden kann. Das Bundesverfassungsgericht statuierte in seiner 2003 ergangenen Entscheidung zum Kopftuchverbot grundsätzlich einen Gesetzesvorbehalt auch für schrankenlos ausgestaltete Grundrechte. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Entscheidung zum Beamtenrecht erging, während für Tarifbeschäftigte in der rechtswissenschaftlichen Literatur mit überzeugender Begründung auch eine andere Auffassung vertreten wird, der mit der vereinbarten Regelung gefolgt wurde. Aufgrund der Tarifautonomie ist hiernach für die Tarifbeschäftigten eine tarifvertragliche Regelung vorzugswürdig. Das Bundesverfassungsgericht hatte über eine solche Regelung bislang nicht zu entscheiden. Eingegangen am 24. April 2017 · Bearbeitet am 25. April 2017 · Ausgegeben am 28. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4627 24. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4627 Frage 4. Aus welchem Grund hat das Land auf die Regelung im Tarifvertrag bestanden? Das Land Hessen hat nicht auf die tarifvertragliche Regelung des Verbots der Vollverschleierung bestanden. Dieses wurde vielmehr gleichberechtigt mit einer Vielzahl anderer Themen (wie z.B. der Anpassung des Urlaubsrechts an die EuGH-Rechtsprechung) im Rahmen der Tarifpflege in die Entgeltrunde 2017 eingebracht; seine Vereinbarung mit den Gewerkschaften ist als Teil des Gesamtabschlusses erfolgt. Wiesbaden, 4. April 2017 Peter Beuth