Kleine Anfrage der Abg. Eckert und Grüger (SPD) vom 03.06.2014 betreffend Dioxin belastete Hühnereier in Braunfels-Tiefenbach und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Durch die neuen Untersuchungsergebnisse bei Hühnereiern sowie weitere Presseveröffentlichungen stellen sich rund um das Thema Woolrec Fragen hinsichtlich der Verfahrensweise der zuständigen Fachbehörden in der Vergangenheit. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Seit wann ist der Landesregierung im Zusammenhang mit Woolrec in Braunfels-Tiefenbach be- kannt, dass dort neben den künstlichen Mineralfasern auch Emaille-Abfälle, Filterstäube und ähnliches mehr verarbeitet wurden? Im Zusammenhang mit dem Dringlichen Berichtsantrag der SPD, Drucksache 18/6004, hat das Regierungspräsidium Gießen Ende August/Anfang September 2012 dem damaligen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter anderem berichtet, welche Abfälle im Einzelnen bei der Woolrec GmbH verarbeitet werden durften. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 12. September 2012 hat die damalige Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen ergänzenden Bericht zu diesem Dringlichen Berichtsantrag abgegeben. Diesem Bericht sind die Abfälle zu entnehmen, die bei der Woolrec GmbH zugelassen waren. Die betreffenden Abfälle aus der Emaille-Industrie sind dort ausdrücklich erwähnt. Frage 2. War der Landesregierung bekannt, auf Grund welchen Gutachtens die Verarbeitung der vorge- nannten Stoffe durch das RP Gießen genehmigt wurde? Wenn ja, seit wann? Ja, auch dazu wurde dem Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 12. September 2012 berichtet. Es handelt sich um zwei gutachterliche Stellungnahmen des Instituts für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Justus-Liebig Universität Gießen vom 17. August und 7. September 2004. Bereits in der Anlage zur Antwort der Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 2. Juli 2012 auf die Kleine Anfrage, Drucksache 18/5394, waren die Gutachten aufgelistet, die zwischen September 2002 bis September 2006 zur Herstellung von "Woolit" und seinem Einsatz in der Ziegelindustrie gefertigt wurden. Die gutachterlichen Stellungnahmen für den Einsatz verschiedener Glas-/Emaillematerialien vom 17. August und 7. September 2004 sind in der Anlage ebenfalls aufgeführt. Dass diese Gutachten dem Regierungspräsidium Gießen vorliegen, war dem damaligen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz seit April 2012 bekannt. Frage 3. Ist die Landesregierung bereit, frühere Aussagen im Umweltausschuss des Hessischen Landtages zur möglichen Entstehung von Dioxinen in Braunfels-Tiefenbach durch den Betrieb von Woolrec zu korrigieren bzw. klarzustellen? Falls ja, welche und in welcher Form? Falls nein, weshalb nicht? Die amtierende Landesregierung hat sich dazu im Umweltausschuss des Hessischen Landtages bislang nicht geäußert. Sie sieht derzeit keinen Anlass, Aussagen der früheren Landesregierung zu diesem Thema zu korrigieren oder klarzustellen. Eingegangen am 25. Juli 2014 · Ausgegeben am 30. Juli 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/464 25. 07. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/464 Frage 4. Warum wurden seitens des Landeslabors im Frühjahr 2013 zwar Hühnereiern in Tiefenbach Proben entnommen, diese jedoch nicht anschließend ausgewertet? Der Landesbetrieb Landwirtschaft (LLH) - nicht der Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) - hat im Rahmen eines Beratungsauftrags des Regierungspräsidiums Gießen am 3. Juli 2013 und 23. September 2013 in Abstimmung mit der IG Tiefenbach auf ausgewählten Grundstücken insgesamt 25 Obst- und Gemüseproben genommen, die vom Institut Fresenius untersucht wurden. Dabei gab es keine auffälligen Schadstoffwerte, weder bei Dioxinen noch bei dioxinähnlichen PCB, PCP oder Schwermetallen. Dem LLH wurden damals zwar auch Eier mitgegeben, diese wurden jedoch in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Gießen nicht untersucht, da man sich bei dieser Untersuchung auf Schadstoffbelastungen in Pflanzen und Gartenerzeugnissen, also eher auf einen möglichen flächenhaften Schadstoffeintrag, konzentriert hat. Für Dioxinbelastungen in Eiern sind mehrere Ursachen möglich, so dass entsprechende Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf einen eventuellen flächenhaften Schadstoffeintrag nicht belastbar sind. Frage 5. Wann beabsichtigt die Landesregierung, endlich den Forderungen der Anwohner nachzukom- men und in Braunfels-Tiefenbach Fichtennadeln und Hühnereier im Hinblick auf eine mögliche Dioxinbelastung zu beproben? Eine Beprobung von Hühnereiern aus einer privaten Haltung wurde Mitte Juni 2014 durch die zuständige Behörde des Lahn-Dill-Kreises veranlasst (Abteilung für Veterinärwesen und Verbraucherschutz ). Eine Beprobung von Fichtennadeln ist angesichts der Ergebnisse der Bodenuntersuchungen des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG) vom 6. November 2012 und 27. März 2013 nicht erforderlich, da die Maßnahmenwerte für Dioxine in der BundesBodenschutzverordnung nicht annähernd erreicht werden. Auch der Untersuchungsbericht des LHL vom 1. November 2012 (Untersuchung von Obst, Salat, Gras und Boden) sowie der des Instituts Fresenius vom 2. September 2013 zeigen, dass die Auslösewerte für Dioxine und dioxinähnliche PCB nicht überschritten werden. Ein weiterer Erkenntnisgewinn aus der Untersuchung von Fichtennadeln ist nicht zu erwarten. Frage 6. Seit September 2012 laufen gegen Beteiligte rund um den Betrieb Woolrec in Braunfels- Tiefenbach Ermittlungsverfahren. Wie ist der aktuelle Sachstand und bis wann kann, sofern noch nicht geschehen, mit dem Abschluss der einzelnen Verfahren gerechnet werden? Die Verfahren gegen Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Gießen wurden inzwischen ohne Auflagen eingestellt. Im Übrigen ist dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der Sachstand in den Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften Gießen und Limburg nicht bekannt. Frage 7. Hat die Landesregierung auf Grund der Beantwortung von Presseanfragen des Regierungspräsi- diums Gießen hinsichtlich der Dioxinbelastung von Hühnereiern entsprechende eigene Untersuchungen angeordnet, um die Ursache der Dioxinbelastung festzuhalten? Falls nein, weshalb nicht? Die Landesregierung hat keine Untersuchung von Hühnereiern angeordnet. Wie in der Antwort zur Frage 5 bereits ausgeführt, findet die Beprobung von Hühnereiern aus einer privaten Haltung derzeit durch die zuständige Behörde des Lahn-Dill-Kreises statt. Wiesbaden, 14. Juli 2014 Priska Hinz