Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 13.03.2017 betreffend digitale Bildung und Antwort des Kultusministers Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der "digitalen Bildung" insbesondere an den hessischen Schulen bei und in welchen Maßnahmen spiegelt sich diese Auffassung wieder? Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche macht es erforderlich, Schülerinnen und Schüler mit Kompetenzen auszustatten, die sie an einer digitalisierten Gesellschaft und Arbeitswelt erfolgreich teilhaben lassen. Der Aufbau dieser Kompetenzen in allen Fächern ist demzufolge zu einem integralen Bestandteil des Bildungsauftrages von Schule geworden. In diesem Zusammenhang stellen die Wissensvermittlung über und der kritisch-reflexive Umgang mit digitalen Medien sowie das große Potential von digitalen Medien zur Entwicklung und zum Einsatz neuer Lehr- und Lernprozesse und zur noch besseren individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern zentrale Herausforderungen für Schule dar. Dem Thema Medienbildung und dem Einsatz von digitalen Medien in schulischen Lernprozessen wird vor diesem Hintergrund in Hessen ein hoher Stellenwert eingeräumt. Sie werden als prioritäre Aufgaben im Bereich der Fortbildungs- und Beratungsmaßnahmen für Schulen umgesetzt . Dazu zählen u.a. die Maßnahmen des Jugendmedienschutzes und die Nutzung insbesondere digitaler Medien und virtueller Lernräume für die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Die langjährige Medieninitiative Schule@Zukunft, die gemeinsam mit den Schulträgern die Digitalisierung von Schule befördern soll, hat hierfür ebenfalls eine wichtige Basis gelegt. Frage 2. Wie bewertet die Landesregierung die KMK-Strategie "Bildung in der digitalen Welt" und welche konkreten Schritte zur Umsetzung im hessischen Bildungssystem werden ggf. bis wann eingeleitet ? Die KMK-Strategie stellt einen verbindlichen und umfassenden Handlungsrahmen dar, mit welchem den Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich begegnet werden kann. Sie definiert zentrale Handlungsfelder, in welchen Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Aufbau von digitalen Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern sowie bei Lehrkräften nachhaltig zu fördern. Dementsprechend prüft die Landesregierung derzeit, in welchen Bereichen die Vorgaben der Strategie in Hessen bereits umgesetzt sind und in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht. Mit den Maßnahmen zur Medienbildung, die im Rahmen der Medieninitiative Schule@Zukunft in den vergangenen Jahren in den Bereichen IT-Infrastruktur, pädagogischer IT-Support, Lehrerbildung und innovativen Schulprojekten umgesetzt wurden, wurde eine gute Ausgangsbasis für eine weitergehende Anpassung des Lehrens und Lernens im Kontext der Digitalisierung an den hessischen Schulen geschaffen. Auch die bestehenden Kooperationsstrukturen mit den hessischen Schulträgern sowie mit externen Partnern wie den Landesmedienanstalten tragen dazu bei, die Vorgaben der KMK-Strategie schrittweise umzusetzen. Zudem wurde die Hessische Lehrkräfteakademie damit beauftragt, Fortbildungskonzepte zu entwickeln, mit denen die Medienkompetenz an Schulen über das bisherige Maß hinaus gefördert werden kann. Eingegangen am 19. April 2017 · Bearbeitet am 19. April 2017 · Ausgegeben am 21. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4653 19. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4653 Frage 3. Welche Konzepte zur schulischen Erprobung und Umsetzung digitaler Bildung gibt es derzeit in Hessen und welche Projekte werden durch die Landesregierung in welcher Art und Weise unterstützt ? Die Hessische Lehrkräfteakademie entwickelt fortlaufend innovative Projektkonzeptionen zur Bildung mit digitalen Medien für interessierte Schulen mit dem Ziel, die gewonnenen Erkenntnisse allen Schulen zur Verfügung zu stellen. Zu nennen sind u.a. kompetenzorientiertes Unterrichten mit digitalen Medien, der Einsatz von Lernplattformen, der Einsatz von Tablets im Unterricht, Arbeiten mit ePortfolios in Unterricht und Lehrerbildung oder der Einsatz von pädagogischen Schulverwaltungsnetzwerken. Weiterhin steht den Schulen über die Fachberatung Medienbildung an den Staatlichen Schulämtern eine Prozessbegleitung zur Verfügung, die sie bei der Entwicklung schulspezifischer Medienbildungskonzepte unterstützt. Frage 4. Welche Ausstattung (Technik, Netzwerke, Medien u.a.) steht den Schulen zur digitalen Unterstützung des Unterrichts derzeit zur Verfügung, welche Ausstattung wird für erforderlich gehalten , um die Zielsetzung zu realisieren und in welchem Rahmen erfolgt die Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Schulträgern? Die technische Ausstattung und Infrastruktur der Schulen ist Aufgabe der Schulträger. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig: den jeweiligen finanziellen Rahmenbedingungen der Schulträger , den pädagogischen Konzeptionen der Schulen und dem Stand der Breitbandanbindung der Schulen. Um landesweit eine vergleichbare IT-Bildungsinfrastruktur zu befördern, unterstützt das Land die Schulträger finanziell bei der IT-Ausstattung der Schulen im Rahmen der Medieninitiative Schule@Zukunft. Eine wichtige Voraussetzung für das Lernen mit digitalen Medien ist die Breitbandanbindung der Schulen. Im Rahmen der Digitalstrategie Hessen legt das Land seit dem letzten Jahr den Fokus bei der Unterstützung der Breitbandanbindung auf Schulen, um die Rahmenbedingungen für mobiles, plattformgestütztes Lernen gemäß der KMK-Strategie zu schaffen. Das HKM und die Lehrkräfteakademie stehen mit den IT-Verantwortlichen der Schulträger in einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu Fragen der IT-Ausstattung der Schulen mit dem Ziel, die IT-Infrastrukturen schulträgerübergreifend weiterzuentwickeln und anzugleichen. Für die Schaffung einer nachhaltigen IT-Bildungsinfrastruktur ist weiterhin ein gemeinsames Vorgehen mit den Schulträgern erforderlich. Da die digitalen Technologien einem rasanten Wandel unterliegen, wird es in Zukunft auch darauf ankommen, Möglichkeiten für den Einsatz von privaten digitalen Endgeräten von Schülerinnen und Schülern zu prüfen. Frage 5. Wie werden Schulen finanziell und/oder organisatorisch darin unterstützt, die technische Infrastruktur an den Schulen an einen zeitgemäßen und technisch einwandfreien Stand anzupassen und diese zu warten? Auf die Antwort auf Frage 4 wird verwiesen. Die Landesregierung unterstützt den Ausbau einer landesweit vergleichbaren IT-Ausstattung an Schulen durch finanzielle Zuwendungen an die Schulträger im Rahmen der Medieninitiative Schule@Zukunft. Darüber hinaus können Schulen und Schulträger in Fragen der technischen Anforderungen für den Aufbau eines pädagogischen Netzwerkes und die Einrichtung von digitalen Medien und Lernumgebungen auf die landesweiten Fortbildungs- und Beratungsangebote der Hessischen Lehrkräfteakademie zurückgreifen. Die Staatlichen Schulämter bieten zusätzlich regional bedarfsgerechte Fortbildungs- und Beratungsmaßnahmen an. Für den schulinternen pädagogischen IT-Support stehen den Schulen Mittel im Umfang von insgesamt 4,7 Mio. Euro im Rahmen des Schulbudgets zur Verfügung. Frage 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Lehrerinnen und Lehrer zur pädagogisch -didaktischen Nutzung im Rahmen der Aus- und Weiterbildung zu befähigen und welchen Änderungsbedarf sieht sie hinsichtlich des bisherigen Konzepts? Durch die Hessische Lehrkräfteakademie wird bereits eine Vielzahl von qualitativ hochwertigen Fortbildungs- und Schulungsmöglichkeiten für die hessischen Lehrkräfte im Umgang mit und zum pädagogischen Einsatz von digitalen Medien im Unterricht angeboten, z.B. zum Einsatz von Lernplattformen oder zu Maßnahmen des Jugendmedienschutzes, wie die landesweite Fortbildungsreihe "Jugendmedienschutzberater/in an Schulen". Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4653 3 Darüber hinaus bieten die Staatlichen Schulämter bedarfsgerechte regionale Fortbildungsmaßnahmen an. Medienpädagogische Fortbildungsangebote können von Lehrkräften zusätzlich bei den hessischen Medienzentren wahrgenommen werden. Außerdem bestehen vertraglich gestützte Kooperationen des HKM mit den Landesmedienanstalten Hessischer Rundfunk (hr) und Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR), in deren Rahmen medienpädagogische Fortbildungsangebote für Lehrkräfte umgesetzt werden, wie z.B. die Medientage für Lehrkräfte des hr oder Projekte zum Medienschutz für Kinder und Jugendliche der LPR, etwa das Projekt InternetABC für den Grundschulbereich. Diese Qualifizierungsmaßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass Lehrkräfte durch Medienpädagogen bzw. Medienexperten mit dem kompetenten Einsatz von digitalen Medien vertraut gemacht werden. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Phasen der Lehrerbildung werden im Rahmen einer Steuergruppe auf Ebene der Lehrkräfteakademie Maßnahmen der Medienkompetenzförderung von Lehrkräften als Bestandteil der einzelnen Ausbildungsphasen abgestimmt. Mit allen hessischen Universitäten bestehen Kooperationsverträge zu phasenübergreifenden fächerintegrativen Aus- und Fortbildungsprojekten mit digitalen Medien. Seit diesem Jahr haben die hessischen Lehrkräfte die Möglichkeit, ihre in den einzelnen Ausbildungsphasen erworbenen Kompetenzen in einem phasenübergreifenden Portfolio Medienbildungskompetenz zu dokumentieren . In der Steuergruppe erfolgt ein Austausch darüber, wie die Lehrerbildung perspektivisch anzupassen ist und inwieweit vorhandene Formate verändert und neue Formate der Aus- und Fortbildung geschaffen werden können, die den zukünftigen Anforderungen an eine flächendeckende Lehrkräftequalifizierung zum Aufbau von Medienbildungskompetenz noch stärker gerecht werden. Frage 7. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung hinsichtlich der Schaffung und Bereitstellung eines "virtuellen Lehrerzimmers", einer Schul-/Bildungscloud und einer digitalen Schulverwaltung ? Vorhandene Strukturen und Angebote für digitale Lernumgebungen in Hessen, wie eine pädagogische Schulverwaltungssoftware, die den Schulen seitens der Lehrkräfteakademie kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, oder der Hessische Bildungsserver, der für Schulen u.a. eine Moodle-basierte Lernplattformfunktion bereitstellt, müssen überprüft, gegebenenfalls angepasst bzw. erweitert werden, um zukünftigen Anforderungen an ein flächendeckendes digitales Lehren und Lernen an Schulen nachhaltig gerecht werden zu können. Hierbei sind auch technische Schnittstellen zu den Lösungen anderer Länder zu prüfen. Frage 8. Welche Schulen wurden mit welchem genauen Zweck in den letzten fünf Jahren durch die Medieninitiative Schule@Zukunft in den letzten fünf gefördert und welcher Stellenwert wird der Initiative in Zukunft beigemessen? Die Medieninitiative Schule@Zukunft leistet seit 2001 einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Medienbildung an hessischen Schulen. Sie ist als Gemeinschaftsinitiative mit den hessischen Schulträgern angelegt und verfolgt folgende Ziele: Verbesserung der IT-Ausstattung der Schulen einschließlich des technischen und pädagogischen Supports, Maßnahmen zur Verstärkung der Medienkompetenz in allen Phasen der Lehrerbildung, Unterricht mit neuen Lehr- und Lernmethoden und Verbesserung der Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Im Rahmen der Medieninitiative leistet das Land an die Schulträger einen finanziellen Unterstützungsbeitrag zur IT-Ausstattung der Schulen. Durch diese freiwillige Leistung will das Land dazu beitragen, dass landesweit eine vergleichbare und angemessene IT-Ausstattung der Schulen erreicht wird, die den aktuellen technischen Anforderungen entspricht. Insofern werden nicht nur einzelne Schulen im Rahmen der Initiative gefördert, sondern Ziel ist es, dass in den Kommunen alle Schulen von der IT-Infrastruktur profitieren. Daneben fließt ein Teil der Ressourcen der Medieninitiative in die Fortbildung der hessischen Lehrkräfte im Bereich der Medienbildung und in innovative Projektarbeit. Die mit der Medieninitiative geschaffenen Kooperationsstrukturen mit den Schulträgern stellen eine gute Basis für die Umsetzung der KMK-Strategie dar. In einer Evaluation wird derzeit überprüft, in welcher Weise Anpassungen vorgenommen werden müssen, um die Vorgaben der KMK-Strategie bestmöglich umsetzen zu können. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4653 Frage 9. Wo sieht die Landesregierung bspw. die didaktisch-pädagogischen aber auch datenschutzrechtlichen Grenzen und welche Maßnahmen werden getroffen, um diese einzuhalten oder Barrieren zu beseitigen? Digitale Medien machen allein noch keinen qualitativen Mehrwert für den Unterricht aus, sondern sie müssen stets einer pädagogischen Konzeption folgen, um Potenziale für das selbstständige Lernen, für individuelle Förderung und inklusive Bildung zu entfalten. Dies bedarf der Gestaltung neuer Lehr- und Lernszenarien, damit digitale Medien sinnvoll zum Einsatz gebracht werden können. Die Unterstützungsmaßnahmen der Hessischen Lehrkräfteakademie und die Beratungsangebote der Staatlichen Schulämter helfen Schulen bei der Weiterentwicklung und Erprobung entsprechender Unterrichtskonzepte. Durch die Bildung schulischer Netzwerke auf Ebene der Staatlichen Schulämter wird der Austausch zwischen den Schulen über gelingende Praxis beim Unterricht mit digitalen Medien zudem systematisch befördert. Der Einsatz digitaler Medien und Lernmaterialien erfordert auch die Klärung verschiedener rechtlicher Fragestellungen in den Bereichen des Datenschutzes und des Urheberrechts. Diese können nicht allein auf Landesebene herbeigeführt werden, sondern hier bedarf es eines länderübergreifenden Austauschs mit dem Bund, u.a. um gesetzliche Anpassungen, etwa im Urheberrecht , zu erzielen. Im Rahmen der laufenden Abstimmungsprozesse auf KMK-Ebene zur Umsetzung der KMK-Strategie wird zu diesen Fragestellungen ein Austausch mit dem Bund geführt . Frage 10. Wie viele Fach-/Schulberater, die z.B. im Rahmen der Lehrerfort- und -weiterbildung, als IT- Fachberater für Jugendmedienschutz an Staatlichen Schulämtern tätig sind und viele Lehrkräfte, die an den Schulen gesondert mit den Aufgaben der Medienkompetenz betraut sind, gibt es derzeit in Hessen und über welche Qualifikationen verfügen diese? Jede Schule verfügt über IT-Beauftragte, die die Kollegien in Fragen der IT-Ausstattung und Medienbildung beraten, unterstützen und entlasten. Die Lehrkräfteakademie bietet fortlaufend Qualifizierungsangebote für die schulischen IT-Beauftragten an. Auch die Datenschutzbeauftragten der Schulen sind mit der Beratung der Schulen im Kontext des Einsatzes von digitalen Medien befasst. An allen Staatlichen Schulämtern steht ein Fachberater bzw. eine Fachberaterin für Fragen der Medienbildung zur Verfügung und unterstützt Schulen bei der Implementierung von schulspezifischen Medienbildungskonzepten. Ergänzend können auf Ebene der Staatlichen Schulämter weitere Beratergruppen, wie die Schul- oder die Unterrichtsentwicklungsberaterinnen bzw. -berater, in den schulischen Beratungsprozess zur Medienbildung einbezogen werden. Im Bereich des Jugendmedienschutzes stehen den Schulen hessenweit ein Landeskoordinator und ein Referentenpool von vier Personen zur Unterstützung von Schulen in allen Fragen des Jugendmedienschutzes zur Verfügung. Für die landesweiten Fortbildungs- und Beratungsmaßnahmen sowie die Projektarbeit an den Schulen stehen in der Lehrkräfteakademie weitere 6,6 Stellen, verteilt auf eine Vielzahl abgeordneter Lehrkräfte mit einschlägiger medienpraktischer Expertise, zur Verfügung. Diese unterstützen Schulen landesweit im Rahmen einer Koordinatoren- bzw. Multiplikatorentätigkeit. Wiesbaden, 4. April 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz