Kleine Anfrage der Abg. Irmer, Banzer, Caspar, Dietz, Hofmeister, Kasseckert, Klein (Freigericht), Lannert, Reul, Tipi, Wallmann, Wiegel (CDU) vom 14.03.2017 betreffend Infraschall durch Windkraftanlagen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Als Infraschall bezeichnet man Luftschallwellen unterhalb des menschlichen Hörbereiches. Infraschall liegt definitionsgemäß zwischen 0,1 und 20 Hz (Hertz), tieffrequenter Schall unterhalb von 100 Hz. Infraschall umgibt uns tagtäglich, er hat natürliche Quellen wie die Meeresbrandung oder stark böigen Wind und künstliche wie Turbinen, Pumpen, Verkehrsmittel, Lautsprechersysteme und Windenergieanlagen. Bei der Beurteilung von Infraschall wird nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen die Wahrnehmungsschwelle als Bezugsgröße genommen. Da die Wahrnehmungsschwelle des Menschen deutlich höher liegt als die in Messreihen ermittelten Immissionswerte in der Umgebung von Windenergieanlagen, ist eine Gesundheitsgefährdung nach den derzeitigen Erkenntnissen der Wissenschaft auszuschließen. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse bzgl. der Belastung von Menschen durch Infraschall aus welchem Jahr existieren aktuell? DIN 45680 Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft (Entwurf 2013) Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall Umweltbundesamt 2014 Windenergieanlagen – Beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit? Bayrisches Landesamt für Umwelt 2014 Faktenpapier Windenergie und Infraschall Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung 2014 Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen - Bericht über Ergebnisse des Messprojekts Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg LUBW 2016 Mögliche gesundheitliche Effekte von Windenergieanlagen Positionspapier des Umweltbundesamt Nov. 2016 Die aktuellen Ergebnisse der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden- Württemberg und des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2016 lassen sich wie folgt zusammenfassen : Die Infraschallpegel in der Umgebung von Windkraftanlagen liegen bei den durchgeführten Messungen auch im Nahbereich - bei Abständen zwischen 120 m und 300 m - deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle. Eingegangen am 19. April 2017 · Bearbeitet am 19. April 2017 · Ausgegeben am 21. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4679 19. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4679 In 700 m Abstand von den Windenergieanlagen war bei den Messungen zu beobachten, dass sich beim Einschalten der Anlage der gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert oder nur in geringem Umfang erhöht. Der Infraschall wurde im Wesentlichen vom Wind erzeugt und nicht von den Anlagen. Nach aktueller Studienlage liegen dem Umweltbundesamt keine Hinweise über chronische Schädigungen vor, die vor dem Hintergrund einer tragfähigen Wirkungshypothese in einen Zusammenhang mit einer Infraschallemission von Windenergieanlagen gebracht werden könnten. Nach Einschätzung des Umweltbundesamtes stehen daher die derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Infraschall einer Nutzung der Windenergie nicht entgegen. Frage 2. Welche Berechnungen liegen der Erfassung von Infraschall zugrunde? Die Infraschallemissionen von Windenenergieanlagen werden gemessen und nicht berechnet. Prognosen über die Lärmemissionen von Windenenergieanlagen oberhalb von 20 Hertz werden entsprechend der Regelungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, Anhang 2.3 vorgenommen. Frage 3. Auf welche Mess- und Berechnungsmethoden greift man zurück? Regelungen zur Messung und Berechnung tieffrequenter Geräusche finden sich in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm, Kapitel 7.3 und A.1.5) sowie in der Norm DIN 45 680 - Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft . Die Schallausbreitungsrechnung erfolgt nach der DIN E ISO 9613-2 und den Hinweisen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) zum Schallimmissionsschutz bei Windenergieanlagen. Bei der Messung von Infraschallimmissionen (< 20 Hz) wird die internationale Norm ISO 7196 "Acoustics - Frequency-weighting characteristic for infrasound measurements" angewendet. Frage 4. Aus welchem Jahr stammen diese Berechnungen und auf welche Windenergieanlagen/-typen in welcher Höhe sind sie ausgelegt? Die bei der Messung und Berechnung verwendeten Regelungswerke stammen aus folgenden Jahren: TA Lärm ...................................................................................... 1998 DIN 45 680 ..................................................................... 1997 sowie 2013 (Entwurf) ISO 71961995 DIN E ISO 9613-2 .......................................................................... 1999 Hinweise der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) zum Schallimmissionsschutz ................................. 2005 bei Windenergieanlagen Die DIN E ISO 9613-2 geht von Schallquellen mit einer maximalen Höhe von 30 Metern aus. Da derzeit errichtete Windenergieanlagen Nabenhöhen von bis zu 130 m erreichen, werden die LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windenergieanlagen aktuell überarbeitet. Mit einer Veröffentlichung ist im 2. Halbjahr 2017 zu rechnen. Wiesbaden, 4. April 2017 Priska Hinz