Kleine Anfrage der Abg. Faeser, Merz und Roth (SPD) vom 14.03.2017 betreffend Abschiebehaft und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie viele Plätze für Abschiebungshaft stehen dem Land Hessen zur Verfügung? Frage 2. Wie viele Abschiebehaftplätze stehen Hessen in welchen anderen Bundesländern zur Verfügung? Wie viele werden davon derzeit in Anspruch genommen? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet : Über spezielle Hafteinrichtungen verfügen lediglich die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg (derzeit aus Brandschutzgründen geschlossen), Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein -Westfalen und Rheinland-Pfalz. Seit 2014 erfolgt die Unterbringung hessischer Abschiebungshäftlinge zum größten Teil in der Landeseinrichtung für Asylbegehrende und Ausreisepflichtige in Ingelheim (Rheinland-Pfalz), aber auch in vergleichbaren Einrichtungen in Büren (Nordrhein-Westfalen), Langenhagen (Niedersachsen), Eisenhüttenstadt (Brandenburg) und in Mühldorf am Inn (Bayern). Derzeit leisten Baden-Württemberg, Brandenburg, Nordrhein- Westfalen und Rheinland-Pfalz den hessischen Ausländerbehörden Amtshilfe. Ein festes Kontingent für hessische Haftfälle wird derzeit mit Rheinland-Pfalz verhandelt. Die Regierungspräsidien berichten monatlich rückwirkend die Zahl der in Haft genommenen ausreisepflichtigen Drittstaatsangehörigen. Im ersten Halbjahr 2017 wurden insgesamt 124 und zuletzt im Juni 2017 23 Ausländerinnen und Ausländer in den vorgenannten speziellen Hafteinrichtungen inhaftiert. Frage 3. In wie vielen Fällen wurden in den letzten fünf Jahren vollziehbar ausreisepflichtige Personen in Abschiebehaft genommen? Im Jahr 2013 sind 140, im Jahr 2014 162 und im Jahr 2015 insgesamt 129 vollziehbar ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige inhaftiert worden. Im Jahr 2016 betrug die Zahl 208. Im Jahr 2017 wurden bisher 124 Personen inhaftiert (Stand Ende Juni 2017). Frage 4. In wie vielen Fällen konnten Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig waren, aufgrund fehlender Abschiebehaftplätze nicht in Abschiebehaft genommen werden? Hierzu liegt keine statistische Erfassung vor. Solche Fälle wurden dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport jedoch nicht nur vereinzelt berichtet. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung der Zahl vollziehbar ausreisepflichtiger in den kommenden Jahren? Angesichts der Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen insbesondere in den Jahren 2015 und 2016, der nach wie vor recht hohen Ablehnungsquote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der häufig angestrengten Asylstreitverfahren vor den hessischen Verwaltungsgerichten ist davon auszugehen, dass die Zahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen kurzund mittelfristig steigen wird. Eingegangen am 2. August 2017 · Bearbeitet am 3. August 2017 · Ausgegeben am 4. August 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4684 02. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4684 Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Entwicklung der Zahl in Abschiebehaft zu nehmender Personen? Kurz- und mittelfristig wird auch die Zahl der zu inhaftierenden Personen proportional zur Zahl aller ausreisepflichtigen Personen steigen. Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung den Bedarf an Abschiebehaftplätzen im Verhältnis zum derzeitigen bzw. zukünftigen Bedarf? Die Abschiebungshaft ist als ultima ratio zur Durchsetzung der Ausreisepflicht bei Personen, die sich nicht an geltende Gesetze halten und sich ihrer Ausreisepflicht widersetzen, ein wichtiges und unverzichtbares Instrument. Seitens der Landesregierung wurde entschieden, möglichst rasch eine eigene spezielle Hafteinrichtung zu schaffen, wozu eine Umnutzung der JVA Limburg, der ehemaligen Jugendarrestanstalt Friedberg sowie der JVA Kassel, Zweiganstalt Kaufungen, in Betracht kommt. Für die Bewertung, welcher Standort sich am besten eignet, sind für die Landesregierung insbesondere die geografische Lage in Hessen, die Entfernung zum Flughafen Frankfurt am Main, die Verfügbarkeit, die Anzahl der verfügbaren Haftplätze, der Umfang etwaig erforderlicher Umbaumaßnahmen, die zu erwartenden Kosten für eine Inbetriebnahme und die künftigen personellen Bedarfe ausschlaggebend. Mit der unmittelbar bevorstehenden Änderung des Aufenthaltsgesetzes wird zudem die Möglichkeit eröffnet, die Abschiebungshaft im Fall von Ausländern, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, in Justizvollzugsanstalten zu vollziehen. Von dieser Möglichkeit wird in Hessen Gebrauch gemacht werden. Wiesbaden, 14. Juli 2017 In Vertretung: Werner Koch