Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 16.03.2017 betreffend Ausländer im Fahndungsbestand INPOL und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Wie viele Ausländer waren im Polizei-Fahndungssystem INPOL-neu bzw. POLAS jeweils in den Jahren 2015, 2016 und im ersten Quartal 2017 zur Fahndung ausgeschrieben? Bitte Angabe der jeweiligen Gesamtzahl zum 1. jedes Kalendermonats sowie Aufschlüsselung der Herkunftsländer soweit möglich und bekannt. Die Anzahl der Personenfahndungen im polizeilichen Fahndungsbestand in INPOL und in POLAS variiert aufgrund der Einstellungen und Löschungen permanent. Zum Stichtag 31.12. eines jeden Jahres erfolgt durch das BKA eine Erhebung, deren Zahlen für statistische Vergleiche herangezogen werden. Die Anzahl der gelöschten Fahndungen ist nicht nachvollziehbar. Fragestellungen, die zurückliegende Jahre betreffen, können daher nur dann beantwortet werden , wenn die angefragten Daten seinerzeit erhoben und gesichert wurden. Darüber hinaus entspricht die Anzahl der Fahndungsausschreibungen nicht der exakten Anzahl der Personen, da zu einer Person mehrere Ausschreibungen vorliegen können. Erstmalig für das Jahr 2016 liegt eine Auswertung des INPOL-Fahndungsbestandes zu ausländischen Tatverdächtigen und Zeugen vor, die von hessischen Dienststellen erfasst wurden. Es sind hierbei alle Fahndungsausschreibungen unabhängig vom Fahndungszweck umfasst. Die Fahndungen können aus folgenden Anlässen eingestellt worden sein: Festnahme, Aufenthaltsermittlung , Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen, Festnahme aufgrund Haft- /Unterbringungs-/Abschiebehaftbeschluss, Feststellung der Identität, Entnahme DNA-Probe, Ingewahrsamnahme, Polizeiliche Beobachtung, Polizeiliche Beobachtung (SIS-Priorisierung gem. Art 36 RB), Sicherstellung von Führerscheinen, Durchsetzung eines Fahrverbots, Gezielte Kontrolle, Gezielte Kontrolle (SIS-Priorisierung gem. Art. 36 RB), Kontrolle soweit nach Polizeirecht zulässig, Festnahme aufgrund einer Zurückschiebungsverfügung. Für den Stichtag 20.03.2017 erfolgte anlassbezogen eine entsprechende Recherche. Hessen (31.12.2016) Gesamt 36.949 Rumänien 3.842 Albanien 2.437 Türkei 2.390 Serbien 2.172 Polen 1.677 Algerien 1.648 Kosovo 1.494 Marokko 1.462 Bulgarien 1.149 Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik) 1.086 Eingegangen am 6. Juni 2017 · Bearbeitet am 7. Juni 2017 · Ausgegeben am 9. Juni 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4687 07. 06. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4687 Hessen (Stichtag 20.03.2017) Gesamt 37.277 Rumänien 3.847 Albanien 2.508 Türkei 2.355 Serbien 2.188 Algerien 1.734 Polen 1.699 Marokko 1.501 Kosovo 1.479 Bulgarien 1.156 Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik) 1.096 Frage 2. Wie viele der in diesem Zeitraum in den Verbundsystemen erfassten Ausländer hatten jeweils einen direkten Hessenbezug (bspw. letzter bekannter Wohnort, Einstellung in den Fahndungsbestand durch eine hessische Behörde, Kriminalakten führende Dienststelle, Haftdaten)? Die in den Tabellen in der Antwort zu Frage 1 aufgeführten Fahndungsausschreibungen sind von hessischen Polizei-, Ausländer- und Justizbehörden veranlasst worden. Darüber hinaus sind nicht quantifizierbare Hessenbezüge im Sinne der Anfrage gegeben, wenn Tatverdächtige und Zeugen zwar nicht von hessischen Behörden zur Fahndung ausgeschrieben werden, aber ihren Wohnsitz in Hessen haben oder nach Ausschreibung zur Fahndung einen Wohnsitz in Hessen nehmen. Da die Fahndung jeweils nur an einen Personendatensatz geknüpft werden kann, ergibt sich aus dem Datum “Wohnsitz“ alleine noch kein Fahndungsanlass für hessische Dienststellen . Frage 3. Wie viele der in diesem Zeitraum erfassten Ausländer waren bzw. sind deshalb zur Fahndung ausgeschrieben, weil sie abgeschoben werden sollen bzw. sich ihrer Ausreisepflicht entzogen haben ? Der aktuelle INPOL-Fahndungsbestand weist zum Stichtag 20.03.2017 für Hessen 12.166 von Ausländerbehörden veranlasste Fahndungen zur Festnahme, zur Ausweisung bzw. Abschiebung auf. Dabei handelt es sich zum einen um Fälle, in denen der Ausländer abgeschoben werden soll und sich dieser Maßnahme durch Untertauchen entzieht und zum anderen um Ausländer, die ausgereist sind oder abgeschoben wurden und zur Verhinderung der Wiedereinreise zur Festnahme ausgeschrieben wurden. Zu Anzahl der Fahndungsausschreibungen für Ausländerbehörden aus den Vorjahren liegen keine statistischen Angaben vor, eine retrograde Erhebung ist wie zu Frage 1 erläutert nicht möglich. Frage 4. Ist es zutreffend, dass auch bereits ausgereiste bzw. abgeschobene Ausländer im Fahndungsbestand von INPOL bzw. POLAS verbleiben, um für den Fall einer unerlaubten Wiedereinreise eine schnelle Reaktion zu ermöglichen? Falls ja: a) Wie viele Fälle betrifft dies? b) Werden in INPOL bzw. POLAS entsprechende Fälle zur Übersichtlichkeit und Gewährleistung der Aktualität des Datenbestandes kenntlich gemacht und wenn nicht, weshalb nicht? Ausschreibungen zur Festnahme mit dem Ziel der Verhinderung einer Wiedereinreise erfolgen sowohl durch die Ausländerbehörden als auch durch Justizbehörden. Letztere können gem. § 456a StPO (Absehen von Vollstreckung bei Auslieferung, Überstellung oder Ausweisung) zugleich mit dem Absehen von der Vollstreckung die Nachholung für den Fall anordnen, dass der Verurteilte zurückkehrt und hierzu einen Haftbefehl erlassen. Zu Frage 4 a: Hierzu besteht keine Auswertemöglichkeit, so dass keine Fallzahlen angegeben werden können. Zu Frage 4 b: Die bundesweit einheitlichen Erfassungskriterien für INPOL/POLAS beinhalten keine tiefergehenden Differenzierungs- und Analysemöglichkeiten im Sinne der Fragestellung. In INPOL/POLAS sind Fahndungen, die ausgereiste bzw. abgeschobene Ausländer betreffen, nicht spezifisch gekennzeichnet. Polizeilicher Bedarf an einer entsprechenden Kennzeichnung wird wegen des fehlenden kriminaltaktischen Mehrwerts nicht gesehen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4687 3 Frage 5. Werden Ausländer, deren Aufenthalt unbekannt ist, die sich der Abschiebung entziehen und/oder einer vollziehbaren Ausreisepflicht nicht nachkommen, grundsätzlich zur Fahndung ausgeschrieben ? Falls dies (in einem Teil der Fälle) nicht der Fall ist: a) Weshalb nicht? b) Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Ausländer zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung bei INPOL bzw. POLAS zur Fahndung auszuschreiben? Ausländer können nach § 50 Abs. 6 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn ihr Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 des Aufenthaltsgesetzes besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Ausreisepflichtige Ausländer, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, werden von den hessischen Ausländerbehörden grundsätzlich in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei ausgeschrieben. Eine Festnahmeausschreibung kommt aufgrund der Rechtsprechung zu § 50 Abs. 6 Aufenthaltsgesetz allerdings nur in Betracht, wenn auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebehaft zum Zeitpunkt der Ausschreibung gegeben sind. Frage 6. Wie viele Ausländer leben derzeit nach Schätzung der Landesregierung ohne Aufenthaltstitel - also illegal - in Hessen? Nicht alle Ausländer ohne Aufenthaltstitel halten sich illegal in Hessen auf. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie über eine Duldung verfügen. Mit Stand vom 28.02.2017 waren 10.463 Personen ohne Aufenthaltstitel in Hessen ausreisepflichtig im Ausländerzentralregister registriert. Nicht zuletzt aufgrund offener Grenzen in der Europäischen Union kann eine abschließende Zahl nicht genannt werden. Wiesbaden, 19. Mai 2017 Peter Beuth