Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 17.03.2017 betreffend geplante Änderung der Regelungen zur Aufbewahrung von Waffen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Derzeit wird im Bundestag (Drucks. 18/11239) und Bundesrat (Drucks. 61/17) der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften beraten, durch den unter anderem die Regelungen zur Aufbewahrung von Waffen verschärft werden sollen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung den aktuell diskutierten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Waffengesetzes in seinen einzelnen Änderungen, insbesondere bzgl. der geplanten Verschärfung der Aufbewahrungsregeln für Waffen? Die Landesregierung bewertet die geplanten Änderungen insgesamt positiv. Frage 2. Wie hat sich die Landesregierung im Bundesrat zu dem Gesetzentwurf (bislang) verhalten? Die Landesregierung hat die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 10. März 2017 (BR- Drucks. 61/17 (Beschluss)) und hierbei insbesondere den auf den Gesetzesantrag des Landes Hessen zur Verschärfung des § 5 Waffengesetz (BR-Drucks. 357/16) zurückgehenden Teil der Stellungnahme unterstützt. Frage 3. In welchem Umfang werden in Hessen (Privathaushalte, Gewerbe, Behörden) derzeit Schränke der aktuellen bzw. Schränke der womöglich zukünftig für Private erforderlichen Sicherheitsstufen zur Aufbewahrung von Waffen genutzt? Zahlen, in welchem Umfang Waffenschränke welcher Sicherheitsstufe in Hessen genutzt werden , liegen der Landesregierung nicht vor. Die Aufbewahrung von Waffen hat in Sicherheitsbehältnissen zu erfolgen, die den jeweils geltenden waffenrechtlichen Vorschriften entsprechen. Die hessischen Waffenbehörden überprüfen die vorschriftsmäßige Aufbewahrung. Frage 4. Inwieweit setzt sich die Landesregierung mit Blick auf die Änderung der Vorschriften für Sicherheitsbehältnisse für eine sogenannte Besitzstandswahrung für nach der bisherigen Rechtslage angeschaffte Sicherheitsbehältnisse ein? Die Landesregierung befürwortet die in Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe d des Gesetzentwurfs enthaltene Besitzstandsregelung für die Besitzer von Sicherheitsbehältnissen uneingeschränkt und hat ihre Unterstützung durch Zustimmung im Bundesrat zum Ausdruck gebracht. Frage 5. Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung für die öffentlichen und privaten Haushalte in Hessen, wenn es zu der geplanten Rechtsänderung bzgl. der Aufbewahrungsregeln mit bzw. ohne Besitzstandswahrung kommt, insbesondere mit welchen Mehrkosten für Jungjäger und Neuschützen ? Für den Erwerb neuer Sicherheitsbehältnisse, die nicht der Besitzstandsregelung unterfallen, werden von der Bundesregierung bundesweit Anschaffungskosten von jährlich 4,5 Millionen € veranschlagt. Unter der Annahme, dass die Anzahl der Waffenbesitzer in den nächsten Jahrzehnten annähernd konstant bleibt und unter Zugrundelegung des 18. Lebensjahres für den erstmaligen Erwerb und Besitz von Waffen sowie des 80. Lebensjahres als Beendigung des Waffenbesitzes, ist nach Einschätzung der Bundesregierung der Austausch von Sicherheitsbe- Eingegangen am 6. Juni 2017 · Ausgegeben am 9. Juni 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4696 06. 06. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4696 hältnissen unterhalb des Standards der DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 nach 62 Jahren abgeschlossen . Bei derzeit bundesweit 977.262 Waffenbesitzern entfällt nach diesen Annahmen jährlich bei rd. 15.000 Waffenbesitzern der Bestandsschutz für im Besitz befindliche Sicherheitsbehältnisse infolge des Todes oder altersbedingten Wegfalls des waffenrechtlichen Bedürfnisses. Durch neu hinzukommende Waffenbesitzer müssen jährlich rd. 15.000 Sicherheitsbehältnisse nach der DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 oder höher erworben werden, deren Preis rd. 300 € über dem Preis für ein Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufen A oder B nach VDMA 24992 liegt. Unter Zugrundelegung der vorgenannten Annahmen der Bundesregierung kann für Hessen jährlich mit rd. 1.200 neu hinzukommenden Waffenbesitzern gerechnet werden (Relation der derzeit 77.082 Waffenbesitzer in Hessen zu den bundesweit derzeit 977.262 Waffenbesitzern ), denen jeweils Mehrkosten bei der Anschaffung von Sicherheitsbehältnissen des angehobenen Aufbewahrungsstandards in Höhe von rd. 300 € entstehen. Frage 6. Inwieweit geht die Landesregierung davon aus, dass die geplante Verschärfung der Aufbewahrungsregeln den Jagd- und Sportverbänden die Nachwuchsgewinnung erschweren wird? Die Landesregierung geht nicht davon aus, dass die geplante Verschärfung der Aufbewahrungsregeln den Jagd- und Sportverbänden die Nachwuchsgewinnung erschweren wird. Frage 7. a) Wie viele Waffenschränke (Behältnisse im Sinne von § 36 Absatz 2 Waffengesetz) sind in den Jahren 2011 bis 2016 in Hessen bei Einbrüchen jährlich jeweils gewaltsam geöffnet worden? Bitte auch aufführen, wie die betroffenen Waffenschränke dabei jeweils klassifiziert waren (Norm VDMA 24992 Sicherheitsstufe A bzw. Sicherheitsstufe B, Norm EN 14450 Stufe S1 bzw. S2 oder Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 oder höher). b) Wie viele erlaubnispflichtige Schusswaffen wurden hierbei jeweils entwendet? Grundlage der Antwort sind Daten des kriminalpolizeilichen Meldedienstes. Hinsichtlich der Klassifizierung der betroffenen Waffenschränke liegen Daten nur für die Jahre 2014 und 2015 vor, da für diesen Zeitraum auf Veranlassung des Bundesministeriums des Innern eine aufwendige statistische Erhebung mittels Abfrage bei den Waffenbehörden erfolgte. 2011: a) Vier Fälle des gewaltsamen Aufbrechens. Weitere Angaben sind derzeit nicht möglich, da die Vorgänge im Vorgangsbearbeitungssystem bereits gelöscht wurden. b) Neun erlaubnispflichtige Schusswaffen wurden entwendet. 2012: a) Vier Fälle des gewaltsamen Aufbrechens. Tatobjekte waren in drei Fällen Waffenschränke und in einem Fall ein Wandtresor. b) Zehn erlaubnispflichtige Schusswaffen wurden entwendet. 2013: a) Sechs Fälle des gewaltsamen Aufbrechens von Waffenschränken. b) 18 erlaubnispflichtige Schusswaffen wurden entwendet. 2014: a) Insgesamt sechs Fälle, wobei in zwei Fällen ein gewaltsames Aufbrechen erfolgte und in vier Fällen die Waffenbehältnisse aufgeflext wurden. Klassifizierungen: 1. Möbeleinsatztresor H 1 E, Sicherheitsstufe B, 2. B-Schrank, ab 200 kg, Verankerung mit Innentresor, 3. A-Tresor mit B-Innenfach, 4. Hersteller "Format", Sicherheitsstufe B, VDMA 24992, 5. Stahlschrank, B, VDMA 24992, 6. Bei der Waffenbehörde lag kein Nachweis über die Art der Aufbewahrung vor. Die Tatortbefundaufnahme ergab, dass es sich um einen Standtresor handelt. b) 27 erlaubnispflichtige Schusswaffen, wovon 19 Schusswaffen bei einem Einbruchsdiebstahl zum Nachteil eines Schützenvereins entwendet wurden. 2015: a) Zwei Fälle (Aufbrechen bzw. Aufflexen). Klassifizierungen: 1. In einem gesonderten Waffenraum befanden sich ein Stahl- und ein Munitionsschrank. 2. Langwaffenschrank, ca. 90 kg aus Metall, Hersteller "Format". b) Zwei erlaubnispflichtige Schusswaffen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4696 3 2016: a) Drei Fälle: In zwei Fällen wurden die Tresore aufgebrochen, in einem Fall wurde das Tastenfeld des Zahlenschlosses abgeschlagen und durch Betätigen des Notfallsteckers konnte die Stahltür des Waffentresors geöffnet werden. b) Vier erlaubnispflichtige Schusswaffen. Die entwendeten Schusswaffen wurden in der Sachfahndung ausgeschrieben. Sollte eine dieser Waffen im Zuge polizeilicher Maßnahmen (z.B. bei Personenkontrollen, Wohnungsdurchsuchungen) sichergestellt werden, wird ein Ermittlungsverfahren gegen den illegalen Besitzer eingeleitet. Gemeinhin wird die Staatsanwaltschaft verfügen, dass die Waffe nach Abschluss der Ermittlungen an den Eigentümer ausgehändigt wird. Frage 8. Inwieweit hält die Landesregierung angesichts ihrer Erkenntnisse eine Änderung der bisherigen Rechtslage zur Aufbewahrung von Waffen in Sicherheitsbehältnissen für notwendig und welche konkreten Verbesserungen der Sicherheitslage verspricht sie sich davon? Aus Sicht der Landesregierung haben sich die 2003 in das Waffengesetz aufgenommenen Regelungen , wonach Waffen und Munition grundsätzlich in Sicherheitsbehältnissen aufzubewahren sind, insgesamt bewährt. Wie die Bunderegierung sieht auch die Landesregierung jedoch Anpassungsbedarf hinsichtlich der technischen Vorgaben zur sicheren Aufbewahrung von Waffen und Munition, die derzeit auf teils veraltete technische Normen verweisen. So schreibt § 36 Absatz 2 Waffengesetz in seiner geltenden Fassung unter anderem vor, dass erlaubnispflichtige Schusswaffen mindestens in einem der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandgrad 0 (Stand Mai 1997) entsprechenden oder gleichwertigen Behältnis aufzubewahren sind. Als gleichwertig gilt insbesondere ein Behältnis der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995). Diese Norm VDMA 24992 wurde bereits zum Jahresende 2003 vom Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau (VDMA) zurückgezogen, weil für ihre Beibehaltung als nationale Norm neben der europäischen Norm DIN/EN 1143-1 kein Raum mehr war. Seit dem wird diese Norm auch nicht mehr dem Stand der Technik angepasst. Sicherheitsbehältnisse, die nach diesem Zeitpunkt hergestellt wurden, sind nicht mehr als der VDMA-Norm entsprechend gekennzeichnet. Für Waffenbesitzer wie Waffenbehörden ist es daher in der Praxis teilweise sehr schwierig festzustellen , ob ein nicht gekennzeichneter Waffenschrank ein der Norm DIN/EN 1143-1 gleichwertiges Sicherheitsbehältnis ist und somit die erforderliche Öffnungs- und Aufbruchssicherheit gewährleistet . Die Landesregierung hält es für notwendig, durch die geplante Anpassung der waffenrechtlichen Aufbewahrungsstandards für Waffen und Munition an die technische Entwicklung eine Verbesserung der Öffnungs- und Aufbruchssicherheit von Sicherheitsbehältnissen zu gewährleisten. Den berechtigten Belangen der Besitzer von Sicherheitsbehältnissen, die nicht den neuen Anforderungen entsprechen, wird durch eine weit reichende Besitzstandsregelung Rechnung getragen. Wiesbaden, 29. Mai 2017 Peter Beuth