Kleine Anfrage der Abg. Löber, Gremmels, Lotz, Müller (Schwalmstadt), Siebel, Schmitt, Warnecke (SPD) vom 22.03.2017 betreffend Verknappung von Deponien und Deponiekapazitäten - insbesondere für Gießereirestsande und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Die deutsche Gießerei-Industrie ist eine Teilbranche der Metallindustrie und hat eine Schlüsselrolle als Zuliefererbranche für die meisten nachgelagerten Industriebereiche. Beim Gießen der Metalle entstehen, obwohl bereits heute etwa 95 % des Formstoffes - in der Regel Quarzsand - im Kreislauf verbleiben, Gießereirestsande, die teilweise auf Deponien abgelagert werden. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hat sich die Menge an Abfällen, die auf Deponien beseitigt werden, in den letzten zehn Jahren in Hessen verändert? (Bitte die Jahre einzeln und nach Art des Abfalls differenziert darstellen .) Die ausweislich der Abfallmengenbilanz des Landes Hessen im Zeitraum von 2007 bis 2015 auf Deponien beseitigten Abfallmengen sind der Anlage 1 zu entnehmen. Die Zahlen für das Jahr 2016 liegen noch nicht vor. Die vom Hessischen Statistischen Landesamt in Abstimmung mit dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie erstellten Abfallmengenbilanzen beschreiben die angefallenen Abfälle nach Art, Menge und Herkunft sowie ihre Verwertungs- und sonstigen Entsorgungswege . Hierbei handelt es sich vorrangig um Siedlungs- und Gewerbeabfallmengen, die den Entsorgungspflichtigen (Landkreise und kreisfreie Städte) in Hessen überlassen wurden und gefährliche Abfälle, deren Entsorgung entsprechend der Nachweisverordnung durch Abfallbegleitscheine dokumentiert ist. Das gesamte Aufkommen von Gewerbe- und Bauabfällen ist insbesondere bei den Baurestmassen deutlich größer. Nicht erfasst werden beispielsweise die unmittelbar an der Baustelle wieder verwendeten Bodenaushubmengen, die anlagenintern in den Produktionsprozess zurückgeführten Produktionsreste sowie die nicht gefährlichen Abfälle, die von gewerblichen Abfallerzeugern und -besitzern selbst entsorgt oder zur Verwertung an Dritte abgegeben werden. Dies betrifft auch Abfälle der Gießerei-Industrie, die in Hessen - soweit keine Verwertung oder interne Rückführung erfolgt - überwiegend auf betriebseigenen Deponien abgelagert werden. Diese Mengen werden von der jährlichen Abfallmengenbilanz nicht erfasst. Die Erhebung der deponierten Mengen dieser Herkunft erfolgt jeweils bei Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Hessen, also alle 5 bis 6 Jahre, für die werkseigenen Deponien der Firmen Buderus Edelstahl GmbH in Wetzlar-Eulingsberg, Buderus Guss GmbH in Breidenbach und Eisenwerk Hasenclever & Sohn GmbH in Battenberg. Die letzte Datenerhebung erfolgte für das Jahr 2012 mit insgesamt 68.528 Tonnen Altsanden. Ungeachtet dessen ist trotz der erheblichen Schwankungen in dem betrachteten Zeitraum im Jahr 2015 ein deutlicher Anstieg der Abfallmengen erkennbar, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zur Deponierung angedient worden sind. Dies kann darauf hin deuten, dass es Einschränkungen insbesondere bei der Verwertung der Bauabfälle gegeben hat. Ob sich dieser Trend für das Jahr 2016 bestätigt, wird erst zu beurteilen sein, wenn in der zweiten Jahreshälfte die Zahlen für dieses Jahr ausgewertet sind. Eingegangen am 26. April 2017 · Bearbeitet am 26. April 2017 · Ausgegeben am 28. April 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4715 26. 04. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4715 Frage 2. Welche Deponien gibt es in Hessen und wie hoch sind deren noch vorhandene Deponiekapazitäten ? (Bitte die vorhandenen Kapazitäten nach Art des Abfalls, insbesondere Gießereirestsande, differenziert darstellen.) Frage 3. Wie lange sind die Deponiekapazitäten in Hessen noch ausreichend, um den in den nächsten Jahren anfallenden Abfall zu entsorgen? Frage 4. Wie aktuell sind die für die Beantwortung der Anfrage zugrunde liegenden Daten zu Deponien und Deponiekapazitäten? Die Fragen 2, 3 und 4 werden wegen des engen Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. In Anlage 2 sind die in Hessen vorhandenen Deponien der Deponieklasse II gemäß Deponieverordnung mit dem vorhandenen Restvolumen und den Restlaufzeiten aufgelistet. Die zu Grunde liegenden Daten wurden im Zuge der letzten Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Hessen mit Stand 31.12.2012 erhoben. Grundsätzlich können auf diesen Deponien alle Abfälle abgelagert werden, die die Zuordnungskriterien der Deponieverordnung für die Deponieklasse II einhalten . Dem entsprechend können auch Gießereirestsande abgelagert werden. Deponiekapazitäten sind dafür aber nicht gesondert ausgewiesen. Speziell für Gießereiabfälle existieren in Hessen drei werkseigene Deponien und zwar der Eisenwerk Hasenclever & Sohn GmbH in Battenberg, der Buderus Edelstahl GmbH in Wetzlar- Eulingsberg, der Buderus Guss GmbH in Breidenbach sowie eine Deponie der HIM GmbH in Homberg/Ohm Nieder-Ofleiden. In Anlage 3 sind für diese Deponien Restvolumen und Restlaufzeiten aufgelistet. Auch diese Daten wurden im Zuge der letzten Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Hessen mit Stand 31.12.2012 erhoben. Frage 5. Welche alternativen Entsorgungs- und Verwertungswege sind bei einem weiteren Rückgang der Deponiekapazitäten möglich? Es ist Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und der Gießereien mit betriebseigenen Deponien, auf den Rückgang der Deponiekapazitäten mit vorausschauender Planung zu reagieren. Selbstverständlich hat aber eine Verwertung grundsätzlich Vorrang vor der Beseitigung . Neben der betriebsinternen Aufbereitung und Wiederverwendung ist auch eine Verwertung als Ersatzbaustoff, Schütt- oder Verfüllmaterial grundsätzlich möglich. Dies muss aber im Einzelfall unter Berücksichtigung der Schadstoffbelastungen und Einbauweisen beurteilt werden . Frage 6. Gibt es aktuell geplante Deponien oder geplante, neue Deponiekapazitäten in Hessen, um der Verknappung der Ablagerungskapazitäten entgegen zu wirken? In den Anlagen 2 und 3 sind die mit Stand 31.12.2012 bekannten Erweiterungspläne wiedergegeben . Diese haben sich wie nachfolgend beschrieben konkretisiert. Die Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW) planen am Standort der DK II-Deponie Dyckerhoffbruch (Gemarkung Biebrich) innerhalb der planfestgestellten Betriebsfläche folgende Erweiterungen : 1. Durch Änderung der bislang genehmigten Deponiekubatur des Deponieabschnittes III soll ein zusätzliches Ablagerungsvolumen von ca. 280.000 m³ entstehen. Das Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich im 2. Halbjahr 2017 beginnen. Aktuell liegt dem Regierungspräsidium Darmstadt ein Antragsentwurf zur Vorprüfung auf Vollständigkeit vor. 2. Durch Erweiterung der bestehenden Ablagerungsfläche des Deponieabschnittes III soll ein zusätzliches Ablagerungsvolumen von ca. 2 Mio. m³ zur Verfügung gestellt werden. Das hierfür erforderliche Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich im Jahr 2018 durchgeführt werden. Die ELW planen darüber hinaus, angrenzend zum planfestgestellten Standort der Deponie Dyckerhoffbruch , eine neue Deponie der Deponieklasse I mit einem Ablagerungsvolumen von ca. 3 Mio. m³. Für die DK II-Deponie Büttelborn beläuft sich das aktuelle Restvolumen der Deponiefelder 1 bis 5 auf 415.600 m³ mit einer Restlaufzeit bis 2030. Das Restvolumen der Deponiefelder 6 bis 10 beläuft sich auf 1.290.800 m³ bei gleicher Restlaufzeit. Für die betriebseigene Deponie Wetzlar-Eulingsberg der Buderus Edelstahl GmbH ergeben sich gegenüber den Angaben im Abfallwirtschaftsplan Hessen 2015 folgende Änderungen: Aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses vom 14.07.2016 für die Deponieerweiterung West beträgt das mit der Änderung genehmigte Deponievolumen 2.235.000 m³ (einschließlich des in Anlage 3 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4715 3 bereits genannten noch nicht ausgebauten Deponievolumens von 239.000 m³). Mit der genehmigten Erweiterung verlängert sich die Laufzeit dieser Deponie damit auf ca. 50 Jahre. Frage 7. Welche Auswirkungen sind durch die Ersatzbaustoffverordnung auf die Deponiekapazitäten in Hessen zu erwarten? (Bitte die Auswirkungen nach Art des Abfalls, insbesondere Gießereirestsande , differenziert darstellen.) Ausweislich der Begründung zum Referentenentwurf vom 06.02.2017 geht das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bei seiner Folgenabschätzung von einer Stoffstromverschiebung bei mineralischen Abfällen insgesamt von bundesweit 10 bis 13 Mio. Tonnen jährlich in Richtung Deponierung aus. Grundlage dafür sind die Ergebnisse eines Planspiels zur Abschätzung der Auswirkungen der Ersatzbaustoffverordnung auf Grundlage des 3. Arbeitsentwurfs der Verordnung. Besonders stark betrifft dies die Deponierung von Bodenaushub mit einer Zunahme von 7 bis 10 Mio. Tonnen jährlich. Aufgrund dieser Stoffstromverschiebung muss für Hessen bezogen auf die Angaben in Anlage 1 im Extremfall mit einer Verdopplung der Menge der zu deponierenden Abfälle gerechnet werden. Für Gießereirestsande wurde ausgehend von Daten, die unter anderem der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie zur Verfügung gestellt hat, im Planspiel abgeschätzt, dass von dem Gesamtaufkommen in Deutschland von 1,95 Mio. Tonnen im Jahr 2013 theoretisch 1,55 Mio. Tonnen gemäß Ersatzbaustoffverordnung verwertbar gewesen wären. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass der Anteil der für eine Verwertung nicht geeigneten Abfälle, gemessen an den Anforderungen der geplanten Ersatzbaustoffverordnung, 29 % statt 50 % betragen hätte. Dies würde bezogen auf das Jahr 2013 eine Verringerung der zu deponierenden Menge von 0,98 auf 0,40 Mio. Tonnen bedeuten. Ungewiss ist allerdings, ob für das Material, das im Planspiel überwiegend als "eingeschränkt verwertbar" bzw. "stark eingeschränkt verwertbar" eingestuft wurde, eine Nachfrage besteht. Welche Auswirkungen diesbezüglich auf Hessen zu erwarten sind, lässt sich aus dem Planspiel nicht ableiten. Frage 8. Welche Preissteigerungen für die Entsorgung von Abfällen - insbesondere für Gießereirestsande - auf Deponien sind durch die Verknappung der Deponiekapazitäten in den nächsten 10 Jahren zu erwarten? Bei einer angenommenen Stoffstromverschiebung von 10 bis 13 Mio. Tonnen in Richtung Deponierung rechnet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit für die Entsorgung von mineralischen Abfällen bezogen auf das Bundesgebiet mit Mehrkosten zwischen 150 Mio. € und 195 Mio. € pro Jahr. Aussagen zu Preissteigerungen bezogen auf Hessen sind nicht möglich. Gießereirestsande, die auf betriebseigenen Deponien abgelagert werden, dürften davon allerdings nicht betroffen sein. Wiesbaden, 11. April 2017 In Vertretung: Dr. Beatrix Tappeser Anlagen Anlage 1 Auf Deponien beseitigte Abfälle im Zeitraum 2007 bis 2015 (Tonnen/Jahr) Gewerbeabfälle Bauabfälle Gefährliche Abfälle Summe 2007 12.790 179.131 130.294 322.215 2008 20.474 53.112 125.780 199.366 2009 k.A.* k.A.* k.A.* k.A.* 2010 30.998 189.580 78.534 299.112 2011 60.405 226.880 154.465 441.750 2012 66.389 103.393 119.711 289.493 2013 32.153 108.071 140.920 281.144 2014 100.873 141.264 138.939 381.076 2015 151.289 309.042 219.879 680.210 * Für das Jahr 2009 wurde wegen einer Umstellung der Erhebung für Hessen keine Abfallmengenbilanz erstellt KA 19/4715 Anlage 2 Deponien der Deponieklasse II in Hessen Deponie Restvolumen (m3) Restlaufzeit (Jahre) Geplante Erweiterung (m3) Anmerkungen Dycherhoffbruch 1.359.000 7 2.400.000 Büttelborn 1.553.000 17 1.250.000 Bastwald 30.000 20 Aßlar 1.271.000 40 Beselich 600.000 20 Wabern 300.000 10 100.000 Kirschenplantage 213.000 23 Kalbach 170.000 15 bis 20 Am Mittelrück 210.000 10 bis 15 Deponietechnische Verwertung im Rahmen der Ablagerungsphase Diemelsee- Flechtdorf 37.000 8 Deponietechnische Verwertung im Rahmen der Ablagerungsphase Wicker 1.870.000 10 Deponietechnische Verwertung im Rahmen der Stilllegungsphase Brandholz 350.000 10 Deponietechnische Verwertung im Rahmen der Stilllegungsphase Hailer 315.000 5 bis 10 Deponietechnische Verwertung im Rahmen der Stilllegungsphase KA 19/4715 1 Anlage 3 Deponien für Gießereiabfälle in Hessen Deponie Restvolumen (m3) Restlaufzeit (Jahre) Geplante Erweiterung (m3) Anmerkungen Battenberg 61.000 5 Laut Betreiber ist Entsorgungssicherheit bis voraussichtlich 2030 gegeben Wetzlar- Eulingsberg 150.000 7 239.000 Restlaufzeit einschließlich der geplanten Erweiterung Breidenbach 625.000 21 Nieder-Ofleiden 2.400.000 30 KA 19/4715 4715_Anlagen.pdf drs4715 Anlage 1doc drs4715 Anlage 2 drs4715 Anlage 3