Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 23.03.2017 betreffend Neuausrichtung der Fortbildung von Lehrkräften und Schulevaluation und Antwort des Kultusministers Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Welche Mittel stehen im Etat der Lehrkräfteakademie für Lehrerfortbildung und die Schulevaluation in Hessen zu Verfügung und wie setzt sich diese Summe zusammen? Im Etat 2017 der Hessischen Lehrkräfteakademie (LA) stehen insgesamt 7.951.200 € für die Leistung Lehrkräftefortbildung zur Verfügung. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Personalkosten 2.401.700 € Sachkosten 5.549.500 € Darüber hinaus sind im Etat 2017 für Lehrkräfte im Produkt Weiterbildung von Lehrkräften weitere 8.563.600 € geplant. Im Etat 2017 der LA stehen insgesamt 5.458.300 € für die Schulevaluation zur Verfügung. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Personalkosten 4.195.800 € Sachkosten 1.262.500 € Frage 2. Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten für die Teilnahme einer Lehrkraft an einer Fortbildung ? Die durchschnittlich geplanten Kosten für die Teilnahme einer Lehrkraft an einer Fortbildung betragen 96,97 €. Für die Kostenplanung lag die Zahl von 82.000 Teilnahmen vor. Frage 3. Für wie viele Schulen ist ein Schulberater in den Schulamtsbezirken tätig und wie viele Stunden in der Woche jeweils? (Bitte nach Schularten sowie für die einzelnen Schulämter und Regionen getrennt auflisten.) Aus der Ressource der LA stehen an den Standorten der Staatlichen Schulämter insgesamt 20 Stellen zur Verfügung. Im Sinne der Neuausrichtung der Schulevaluation können diese nach Abstimmung in den Kernteams an allen Schulformen zur Unterstützung der Schulentwicklung im Qualitätszyklus eingesetzt werden. Der Einsatz an einer Schule orientiert sich an dem durch die Schule formulierten Bedarf und kann entsprechend nicht pauschal beantwortet werden. Eingegangen am 5. Mai 2017 · Bearbeitet am 5. Mai 2017 · Ausgegeben am 10. Mai 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4729 05. 05. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4729 Die Verteilung der Stellen auf die Ämter sieht derzeit so aus: KV SÜD BOW 1 DADI 2 RTW 1 GGMTK 1 KV RHEIN-MAIN FFM 2 MMK 1 OF 1 KV NORD FD 2 HRWM 1 KS 1 SEWF 1 KV Mitte HTW 1 LDLW 1 MAR 1 GIVB 3 Frage 4. Für welche Aufgaben und Themenbereiche gibt es Schulberater in den Staatlichen Schulämtern und über welche Qualifikation verfügen sie? Die Schulberaterinnen und Schulberater der LA übernehmen für einzelne Schulen die folgende Aufgaben: Evaluation Selbstständiger Schulen (SES) und Selbstständiger Beruflicher Schulen (SBS), Schulberatung (auf Wunsch der Schule; zu einem Schwerpunkt der Schulentwicklung entlang des Qualitätszyklusses), Externe Evaluation eines schulischen Entwicklungsschwerpunktes auf Antrag der Schule. Schulberaterinnen und -berater sind im Bereich von Evaluation durch die LA (Dezernat Evaluation ) und im Bereich von Prozessberatung im Auftrag der LA qualifiziert worden. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es an den Staatlichen Schulämtern neben den Schulberaterinnen und -beratern (20 Stellen) zur Unterstützung der Unterrichts- und Qualitätsentwicklung an Schulen weitere Beratungsangebote gibt (Fachberatung, Unterrichtsentwicklungsberatung und Schulentwicklungsberatung), die im Bedarfsfall von den Schulen abrufbar sind. Frage 5. Gibt es Schulberater für Sonderaufgaben, wie etwa Lehrergesundheit, Hochbegabung, Demokratie und Toleranz; Krisenintervention und Mobbing? Schulberaterinnen und -berater der LA sind nicht beschränkt bzw. speziell ausgebildet für einzelne Bereiche, sondern beraten in einem breitem Themenspektrum je nach individuellen Bedürfnissen vor Ort. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 4 (letzter Abschnitt) sowie auf die Unterstützungsangebote der Schulpsychologie an den Staatlichen Schulämtern verwiesen. Frage 6. Gibt es einen Leitfaden für die Schulen zur (internen) Schulevaluation und wenn ja, welche konkreten Schritte sind darin wie vorgegeben? Auf der Homepage der LA ist ein entsprechender Leitfaden mit dem Titel "schulische Arbeitsprozesse mit Evaluation erfolgreich gestalten" hinterlegt. Darin sind fünf Evaluationsschritte benannt: 1. Bereiche auswählen und Ziele klären, 2. Methoden/Instrumente auswählen und deren Ablauf planen, 3. Daten sammeln und aufbereiten, 4. Daten analysieren und interpretieren, 5. Konsequenzen vereinbaren und Handlungsschritte planen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4729 3 Frage 7. Wie ist die durch externe Beraterinnen und Berater sowie Fortbildnerinnen und Fortbildner vorgesehene gezielte punktuelle Unterstützung und punktuelle Eingriffsbefugnis der Staatlichen Schulämter ausgestaltet? Die Neuausrichtung von Beratung und Fortbildung zielt auf die Bereitstellung eines am konkreten Bedarf und den Erfordernissen eigenverantwortlicher Schulen orientierten wirksamen Unterstützungs - und Beratungsangebots. Dieses orientiert sich am Qualitätszyklus der systematischen Schulentwicklung und kann von den Schulen zu unterschiedlichen Zeitpunkten angefordert werden . Das Fortbildungs- und Beratungsangebot konzentriert sich insbesondere auf prioritäre Themen, die aktuelle Herausforderungen aufgreifen und sich zudem an wichtigen bildungspolitischen Zielsetzungen orientieren. Die inhaltliche Ausrichtung umfasst das übergeordnete Ziel der individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler. Beraterinnen und Berater sowie Fortbildnerinnen und Fortbildner der Staatlichen Schulämter unterstützen die Schulen mit maßgeschneiderten Angeboten im Bereich der Unterrichts-, Schul- und Qualitätsentwicklung. So können Fachberaterinnen und Fachberater beispielsweise bei der Entwicklung eines schulischen Medienbildungskonzeptes unterstützend tätig werden, während Schulentwicklungsberaterinnen und -berater im Bereich der schulinternen Evaluation abrufbar sind. Darüber hinaus können bei Bedarf externe Evaluationen von der Schulleitung, Schulkonferenz oder Schulaufsicht im Rahmen von Zielvereinbarungen angefragt oder veranlasst werden. Frage 8. Welche Erfahrungen haben die Schulen bezüglich der Schulevaluation gesammelt und welche dieser Erfahrungen sind inwiefern in die Neuausrichtung eingeflossen? Bis 2016 hat jede Schule an zwei Runden externer Schulevaluation (Schulinspektion) teilgenommen . Somit wurden Erfahrungen zur externen Evaluation gesammelt. Ein zentraler Befund der landesweiten Auswertung hat ergeben, dass Schulen Unterstützung beim Aufbau eines Qualitätsmanagements und bei der internen Evaluation benötigen. Diesem Befund entsprechend wurde im Rahmen der Neuausrichtung die Schulberatung eingeführt, die Schulen bei genau diesen Herausforderungen individuell unterstützt. Um zu ermöglichen, dass Schulen im Sinne ihres Qualitätsentwicklungsprozesses einerseits weiterhin die Möglichkeit haben, eine externe Evaluation (im Sinne eines kritischen Außenblicks) in die Entwicklung einzubeziehen und gleichzeitig dabei unterstützt werden, ein internes Qualitätsmanagement auch mit internen Evaluationen aufzubauen, sieht das Konzept der Neuausrichtung zur Schulevaluation sowohl das Angebot vor, sich im Schulentwicklungsprozess beraten zu lassen (auch zur internen Evaluation), als auch die Möglichkeit, zu spezifischen Fragestellungen eine externe Evaluation zu beauftragen. Frage 9. Was sind die einheitlichen Qualitätsstandards, die sowohl für landesweite wie auch regionale Angebote gelten? Die Qualitätsstandards und Gestaltungsprinzipien für regionale wie auch landesweite Fortbildungs - und Beratungsangebote orientieren sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen, an Evaluationsergebnissen und Wirkungsanalysen. Ebenso fließen die Ergebnisse von Reflexionstagungen der Fortbildnerinnen und Fortbildner, Beraterinnen und Berater ein, Ergebnisse von Befragungen der zuständigen Dezernentinnen und Dezernenten in den Staatlichen Schulämtern sowie die Reflexionsergebnisse der für Fortbildung und Beratung zuständigen Verantwortlichen der Hessischen Lehrkräfteakademie und des Hessischen Kultusministeriums. Zur Qualitätsentwicklung von Fortbildungs- und Beratungsangeboten leisten darüber hinaus Kooperationen mit Universitäten sowie wissenschaftlich begleitete Pilotierungen von Fortbildungsangeboten und der Wissenstransfer aus den Universitäten in die Lehrkräftefortbildung einen wesentlichen Beitrag. Die Fortbildungen verfolgen das Ziel, Lehrerhandeln dauerhaft zu erweitern, den alltäglichen Unterricht zu verändern, insbesondere vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen, die in die Schule hineinwirken. Den teilnehmenden Lehrkräften soll ausreichend Gelegenheit gegeben werden, ihr konzeptuelles Verständnis zu vertiefen, neues Wissen aufzubauen, ihre Handlungsmuster zu verändern, diese zu erproben und darüber mit anderen Teilnehmenden und der Fortbildnerin/dem Fortbildner zu reflektieren. Damit wird das Ziel verfolgt, die Lehrkräfte in ihrer täglichen Unterrichtsarbeit so zu unterstützen, dass die Schülerinnen und Schüler davon profitieren - im Sinne individueller Förderung. Sowohl die regionalen als auch die landesweiten Fortbildungsangebote orientieren sich daher an folgenden Qualitätsanforderungen und Gestaltungsprinzipien: die Ziele der Fortbildung werden transparent gemacht, die Fortbildungsinhalte beziehen sich auf den alltäglichen konkreten Unterricht der Lehrkräfte (z.B. fallbasiertes und forschendes Lernen, Analyse von Lernergebnissen der Schülerinnen und Schüler) sowie auf das Curriculum, 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4729 der Fokus liegt auf dem Lernen und Verstehen der Schülerinnen und Schüler und ihrem "Eingebettetsein" in ihrer Lerngemeinschaft, die Fortbildungsveranstaltungen greifen die Vorerfahrungen und das Wissen der Teilnehmenden auf, wertschätzen die Teilnehmenden mit ihren Kompetenzen, erzeugen aber auch kognitive Dissonanzen mit bestehenden Konzepten und Vorstellungen von Unterricht, die Lehrkräfte erhalten Gelegenheit, an ihren eigenen Fragen zu arbeiten bzw. mit entsprechenden Fragestellungen ihren eigenen Unterricht zu reflektieren und, wenn möglich, zu erkunden , die Ergebnisse zu dokumentieren (z.B. durch Videographie) und erneut in die Fortbildung einzubringen (z.B. bei mehrtägigen Veranstaltungen), um Handlungsoptionen gemeinsam erarbeiten zu können, die Teilnehmenden erhalten professionelles Feedback, in den Fortbildungsveranstaltungen erhalten die Lehrkräfte sowohl Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch als auch zum Austausch mit dem Fortbildner/der Fortbildnerin, die Teilnehmenden erhalten Gelegenheit, durch einen entsprechenden Input und unterschiedliche verarbeitungsvariante teilnehmerorientierte Zugänge ihr Wissen zu erweitern und zu vertiefen, die Fortbildungsveranstaltungen ermöglichen selbstständiges und selbstorganisiertes Lernen mit großer Nähe zu den Unterrichtskontexten, die Fortbildungsformate sollten gut in den Berufsalltag zu integrieren sein und Vernetzung ermöglichen. Die Wirksamkeit von Fortbildung hängt nicht nur von Qualitätsstandards ab, sondern auch davon , wie das Gelernte nach der Fortbildung sinnvoll in schulische Prozesse eingebunden und von der Schulleitung wirkungsvoll unterstützt wird. Daher wird in der Ankündigung von Fortbildungsangeboten darauf hingewiesen, dass die Teilnahme im Team, gemeinsam mit Lehrkräften in Funktion (z.B. Schulleitung, Steuergruppe, Fachschaftsleitung, Fortbildungsbeauftragte /Fortbildungsbeauftragter) erwünscht ist. Frage 10. Wer wertet die Bilanzierungsbögen der Schulen aus und welcher Zeitraum ist für die Auswertung vorgesehen? Sofern hier gemeint ist, wer die Bilanzierungsbögen auswertet, die Schulen zur Unterstützung ihrer schulischen Qualitätsentwicklung zur Verfügung gestellt werden, ist es die Schule selbst, die diese Auswertung vornimmt. Dieser Prozess kann bei Bedarf und auf Antrag der Schule beim Staatlichen Schulamt durch Schulberatung unterstützt werden. Wiesbaden, 20. April 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz