Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 24.03.2017 betreffend Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und Auswirkungen auf die Mühlen im Bereich der Flüsse Lüder und Altefeld und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Die Gemeinde Großenlüder hat mit dem Land Hessen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der WRRL geschlossen und dadurch die Möglichkeit einer Förderung für die vorgesehenen Maßnahmen erhalten. Ausgenommen von der Förderung sind die Eigentümer und Bereiche, wo das sog. Wasserrecht bei dem jeweiligen Eigentümer der Mühle liegt. Es handelt sich im Bereich der Lüder und der Altefeld überwiegend um kleine Mühlen, deren Überschüsse durch die Stromproduktion im unteren vierstelligen Eurobereich liegen. Die Eigentümer der Mühlen sind nun auch gefordert, die WRRL zu erfüllen und durchgängig zu machen. Dabei entstehen Kosten im hohen fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich. Diese Kosten sind durch die Nutzung der Mühlen nicht annähernd zu amortisieren. Die Mühlen gerade in der Gemeinde Großenlüder sind prägend für die Ortsbilder und haben historische Wurzeln. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Das Land Hessen ist bemüht, Synergien zwischen der Wasserrahmen- (WRRL) und der Flora- Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie zu nutzen und finanziert entsprechende Maßnahmen daher zu 100 %. Der in der Vorbemerkung des Fragestellers angesprochene öffentlich-rechtliche Vertrag mit der Gemeinde Großenlüder beinhaltet eine Summe von ca. 1,2 Mio. € zur Umsetzung von kommunalen Synergiemaßnahmen der WRRL- und der FFH-Richtlinie. Neben wasserwirtschaftlichen werden gleichrangig naturschutzfachliche Ziele verfolgt. In Großenlüder gibt es sechs betriebene Mühlen, die sich alle an der Lüder im Privatbesitz befinden . Die ca. 16 km Gewässerlauf der Lüder im Gemeindegebiet Großenlüder sind derzeit aufgrund von Ausleitungen und Stauhaltungen auf über der Hälfte der Gesamtstrecke wesentlich beeinträchtigt. Auf mindestens 5 km sind privat betriebene Mühlen hierfür ursächlich. Durch einen weiteren Betrieb der Wasserkraftanlagen wie bisher, mit fehlender Durchgängigkeit und temporär trockenfallenden Ausleitungsstrecken, ist der gute ökologische Zustand nach WRRL nicht erreichbar. Auch für die Erreichung der Erhaltungsziele im FFH-Gebiet "Lüder mit Zuflüssen ", wie die Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen, insbesondere der Groppe und des Bachneunauges, ist ein Rückbau der Stauanlagen der Mühlen notwendig. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister für Wissenschaft und Kunst wie folgt: Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Mühlen in Hessen auf ihren kulturellen Wert? Mühlen gehören in vielen älteren Siedlungen zu den stadtbildprägenden Bauten. Daher weiß die Landesregierung um ihren kulturellen Wert und versucht, ihren Erhalt zu unterstützen. Gleichwohl können Mühlen als Einzeldenkmal oder im Kontext eines Gebäudeensembles nur dort geschützt und den denkmalschutzrechtlichen Vorschriften entsprechend saniert werden, wo die vorhandene Umgebung in Abstimmung mit sonstigen zu beachtenden öffentlich-rechtlichen Belangen dies zulässt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der kulturelle Wert von Mühlen auch ohne eine wasserwirtschaftliche Nutzung erhalten bleiben kann. Eingegangen am 17. Mai 2017 · Bearbeitet am 18. Mai 2017 · Ausgegeben am 24. Mai 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4750 17. 05. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4750 Frage 2. Welchen Beitrag leisten Mühlen für die Stromerzeugung in Hessen? Statistisch findet der Begriff "Mühlen" keine Verwendung, stattdessen wird der Energieträger "Wasserkraft" ausgewiesen. Im Jahr 2015 hat die Stromerzeugung aus Wasserkraft einen Anteil in Höhe von 2,6 % an der Bruttostromerzeugung in Hessen. Erfasst werden in der amtlichen Statistik Pumpspeicherkraftwerke mit und ohne natürlichen Zufluss sowie Speicherwasserkraftwerke und Laufwasserkraftwerke mit einer Nennleistung ab 1 Megawatt. Der Anteil der Stromerzeugung von Mühlen lässt sich nur näherungsweise über eine Schätzung auf Basis der erzeugten Strommengen von EEG-geförderten "kleinen Wasserkraftanlagen" (bis 500 kW) bestimmen. Der Anteil liegt danach bei unter 0,5 % der Bruttostromerzeugung in Hessen. Frage 3. Welche technischen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dass die Mühlen die Anforderungen der WRRL zu vertretbaren Investitionssummen erfüllen können? Die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie sind im Wasserhaushaltsgesetz festgeschrieben, besonders seien hier §§ 33 - 35 WHG genannt. Die Abgabe des Mindestwassers gemäß § 33 WHG ist relativ einfach mit einer entsprechenden Öffnung im Wehr herzustellen. Die Abgabe des Mindestwassers führt zu einer Änderung der Wasserführung mit geringerer Stromerzeugung und somit zu deutlichen Mindereinnahmen gegenüber der jetzigen Nutzungspraxis ohne eine entsprechende Abgabe ins Mutterbett des Gewässers . Da es sich bei allen sechs Anlagen im Gemeindegebiet um unterschlächtige bzw. mittelschlächtige Wasserräder handelt, ist zudem für jeden Einzelfall zu prüfen, inwieweit eine Abstiegsmöglichkeit gegeben und der Fischschutz (§ 35 WHG) gewährleistet ist. Falls dies nicht der Fall ist, sind entsprechende Rechen mit Abstiegsmöglichkeit (z.B. Horizontalrechen) nachzurüsten. Die Herstellung der aufwärtsgerichteten Durchgängigkeit (§ 34 WHG) wird voraussichtlich die größten Investitionskosten verursachen. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche von verschieden Faktoren wie z.B. Flächenverfügbarkeit, Fallhöhe usw. abhängig sind. Üblicherweise kommen technische Fischpässe (z.B. ein Schlitzpass) oder Umgehungsgerinne zum Einsatz . Frage 4. Wie fördert die Landesregierung die Mühlen in Hessen, damit diese die Umsetzung der WRRL wirtschaftlich leisten können? Es gibt in Hessen kein eigenes Förderprogramm für private Mühlenbetreiber bei der Umsetzung von WRRL-Maßnahmen. Sollte es aus fachlicher Sicht notwendig sein, die durch den Betrieb der Mühlen verursachten Beeinträchtigungen am Gewässer durch Umbaumaßnahmen zu minimieren bzw. rückgängig zu machen, ist eine Förderung über das Landesprogramm "Gewässerentwicklung und Hochwasserschutz " (Staatsanzeiger Nr. 7 vom 13. Februar 2017, Seite 238 ff.) möglich. Hierzu muss die gewässerunterhaltungspflichtige Kommune einen Antrag bei der zuständigen Wasserbehörde stellen und die Fördermittel gemäß Nr. 3.2 der obigen Richtlinie mit einem Bescheid an die Mühlenbetreiber weiterleiten. Frage 5. Plant die Landesregierung die Mühlen für deren Erhalt in das Förderprogramm zu integrieren? Dies ist bereits durch die Möglichkeit der Weiterleitung der kommunalen Fördermittel an Dritte gemäß Nr. 3.2 der Förderrichtlinie erfolgt. Frage 6. Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. Wiesbaden, 8. Mai 2017 Priska Hinz