Kleine Anfrage der Abg. Hofmann, Di Benedetto, Lotz und Müller (Schwalmstadt) (SPD) vom 29. März 2017 betreffend Personalnot in hessischen Justizvollzugsanstalten endlich beseitigen und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Ministerin der Justiz: Der hessische Justizvollzug verfügt über insgesamt 2.849,5 Stellen, von denen zum Stichtag 31. März 2017 76 Stellen aus allen Laufbahnzweigen, inklusive der im Haushalt 2017 neu geschaffenen Planstellen, frei waren. Die Stellenbesetzungsquote im hessischen Vollzug betrug zum genannten Stichtag 97,33 %. Damit waren lediglich 2,67 % aller verfügbaren Stellen nicht besetzt. Die von den Antragstellern kritisierte "Personalnot" aufgrund einer mangelnden Attraktivität der Stellen im hessischen Vollzug gibt es nicht. Vielmehr wurden mit dem Haushalt 2017 insgesamt 56 neue Stellen für den Justizvollzug bereitgestellt . Außerdem wurde die sogenannte Gitterzulage, die einen Ausgleich für die besonderen Belastungen der Arbeit im Justizvollzug schaffen soll, ab Anfang 2017 um rund 30 % erhöht . Weiterhin sind - vorbehaltlich der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers - Besoldungserhöhungen zum 1. Juli 2017 um 2 %, mindestens jedoch um 75 € und zum 1. Februar 2018 um weitere 2,2 % geplant. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Wie viel verdient ein hessischer Justizvollzugsbeamter bei der Eingangsbesoldung A 7 im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) im Vergleich zu den Nachbarbundesländern Bayern, Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz? Bitte aufschlüsseln nach jeweiligem Bundesland. Die Eingangsbesoldung der Beamtinnen und Beamten des Allgemeinen Vollzugsdienstes differiert in jedem Einzelfall. Sie bestimmt sich nach den individuellen Lebensumständen der Bediensteten und der in den Ländern üblichen Verfahrensweisen. Es ist daher nicht möglich, einen bestimmten festen Betrag für die Eingangsbesoldung je Bundesland anzuführen. Die Dienstbezüge werden anhand der festgesetzten Erfahrungsstufe und der Familienzuschlag auf Grundlage des Familienstandes bzw. der Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder ermittelt. Ebenso sind die Erschwerniszulagen aufgrund der periodischen Erfassung der jeweiligen Dienste zu ungünstigen Zeiten individuell zu ermitteln. Hinzu tritt die Sonderzahlung. Die Brutto-Bezüge der verschiedenen Dienstanfängerinnen und Dienstanfänger können sich daher auch innerhalb Hessens unterscheiden. Die im Rahmen der jeweiligen Landesgesetzgebung auf dem Gebiet der Besoldung festgelegten Besoldungstabellen können deshalb zwar einander gegenübergestellt, aber nicht für einen objektiven Vergleich herangezogen werden. Die Besoldungstabellen enthalten die Grundgehälter in den jeweiligen Erfahrungsstufen, die fester Bestandteil der Besoldung sind, aber nicht den Gesamtbesoldungsbetrag abbilden. Der Begriff des Grundgehaltes ist allerdings nicht mehr einheitlich definiert. Länder wie Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die Sonderzahlung (frühere Bezeichnung "Weihnachtsgeld ") in den monatlichen Grundgehaltsbetrag integriert und das Urlaubsgeld abgeschafft, während Hessen seinen Beamtinnen und Beamten die Sonderzahlung zusätzlich zu dem Grundgehalt in Höhe von 5 % der jeweiligen Monatsbezüge zahlt zuzüglich des jährlichen Festbetrags (frühere Bezeichnung "Urlaubsgeld") in Höhe von 166,17 €. Diese Beträge sind in Hessen im Eingegangen am 22. Mai 2017 · Bearbeitet am 23. Mai 2017 · Ausgegeben am 29. Mai 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4755 22. 05. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4755 Tabellenwert der Grundgehaltstabelle nicht enthalten und müssen folglich bei Besoldungsvergleichen auf die Tabellenwerte aufgeschlagen werden. Ebenso erfolgt der Aufstieg in jeweils nächsthöheren Stufen des Grundgehalts bis hin zur Endstufe in den Ländern in unterschiedlichen Zeitspannen. In Hessen wird die Endstufe der Besoldungsgruppe A 7 in der Regel nach 23 Dienstjahren erreicht, in den Ländern Bayern, Baden- Württemberg, Rheinland-Pfalz in der Regel nach 24 Dienstjahren. Die folgenden Tabellen weisen unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen jeweils zu den Stichtagen 1. Juli 2016 und 1. Juli 2017 für die Länder Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland -Pfalz und Hessen die maßgeblichen Beträge für die Besoldungsgruppe A 7 aus. Für die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen stehen die Beträge zum Stichtag 1. Juli 2017 unter dem Vorbehalt der jeweils gesetzlichen Regelungen. Tabelle Grundgehalt A 7 einschließlich Sonderzahlungen Stand 01.07.2016 Stufe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Hessen 2.205,20 2.246,14 2.308,63 2.405,58 2.500,38 2.595,18 2.666,29 2.738,46 RP 2.166,25 2.218,30 2.291,15 2.363,99 2.436,83 2.509,70 2.582,57 2.634,57 2.686,60 2.738,65 BW 2.229,28 2.283,38 2.359,12 2.434,87 2.510,57 2.586,30 2.662,08 2.716,12 2.770,23 2.824,34 BY 2.378,92 2.350,86 2.534,46 2.612,20 2.689,98 2.767,75 2.823,25 2.878,79 2.934,34 Tabelle Grundgehalt A 7 einschließlich Sonderzahlungen Stand 01.07.2017 Stufe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Hessen 2.283,95 2.324,89 2.387,38 2.484,33 2.579,13 2.673,93 2.745,04 2.817,21 RP 2.241,25 2.293,30 2.366,15 2.438,99 2.511,83 2.584,70 2.657,57 2.709,57 2.761,60 2.813,65 BW 2.299,82 2.253,82 2.429,40 2.505,00 2.580,55 2.656,13 2.731,75 2.785,69 2.839,69 2.893,69 BY 2.458,29 2.536,06 2.613,83 2.691,58 2.769,35 2.847,12 2.902,62 2.958,16 3.013,71 Wie sich aus der Tabelle ergibt, liegen die Grundgehälter einschließlich der Sonderzahlungen in der Besoldungsgruppe A 7 in Hessen über den Bezügen in Rheinland-Pfalz und in einigen Stufen auch über den Beträgen von Baden-Württemberg. Allerdings ist in Hessen die Stellenzulage für den Dienst in den Justizvollzugsanstalten ab dem 1. Januar 2017 insgesamt um über 34 € monatlich erhöht worden. Soweit bekannt, ist diese Stellenzulage in Rheinland-Pfalz und Baden- Württemberg nicht erhöht worden. Daher stehen die Verdienstmöglichkeiten von Beamtinnen und Beamten in Hessen den Verdienstmöglichkeiten ihrer statusrechtlich vergleichbaren rheinland -pfälzischen und baden-württembergischen Kolleginnen und Kollegen nicht nach. Neben der geplanten Besoldungserhöhung kann Hessen jedoch auch mit einer guten Beförderungsstruktur im Justizvollzug aufwarten. Die Verweildauer der hessischen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes in der Besoldungsgruppe A 7 HBesG ist in der Regel relativ gering , weshalb sich auch insoweit allein aus der Gegenüberstellung der Grundgehaltstabellen im Eingangsamt kein realistisches Bild ergibt. Frage 2. Warum werden Justizvollzugsbeamte bei der Eingangsbesoldung im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) in Hessen schlechter bezahlt als in den Nachbarbundesländern? Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamte in Hessen werden in der Eingangsbesoldung im Allgemeinen Vollzugsdienst besser bezahlt als in den Rheinland-Pfalz; ihre Bezahlung liegt annähernd gleich auf mit Baden-Württemberg oder übersteigt diese in einzelnen Stufen. Eine Einheitlichkeit der Beamtenbesoldung ist bereits seit Umsetzung der Föderalismusreform nicht mehr gegeben. Frage 3. Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass durch die bessere Eingangsbesoldung in den Nachbarbundesländern eine Ausübung des Berufs in Hessen immer weniger attraktiv wird und eine Abwanderung in andere Bundesländer stattfindet? Falls ja, wie versucht sie den Beruf insbesondere aufgrund der zum Teil fatalen Personalsituation in den hessischen Justizvollzugsanstalten attraktiver zu gestalten? Die Eingangsbesoldung der Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamten in Hessen liegt nachweislich gleichauf oder sogar über der Besoldung in den Nachbarländern. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4755 3 Die Gründe für eine Abwanderung in andere Bundesländer als auch für "Zuwanderungen" nach Hessen sind in der Regel familiärer und nicht monetärer Natur. Bei der Zielgruppe für den Berufszweig Allgemeiner Vollzugsdienst handelt es sich um Menschen, die in der Regel bereits einen Beruf erlernt und oftmals durch ihre Familie örtlich gebunden sind. Ein Wechsel des "Heimatbundeslandes" aufgrund vermeintlich besserer Verdienstmöglichkeiten wäre ein seltener Einzelfall. Frage 4. Wie plant die Landesregierung die offensichtlich unzureichenden Maßnahmen zur Personalgewinnung zu erweitern? Die Maßnahmen zur Personalgewinnung sind keineswegs unzureichend. Die Frequenz und die Bandbreite der umfangreichen Werbemaßnahmen für den Justizvollzug wurden bereits Mitte des vergangenen Jahres - als sich die Schaffung neuer Stellen im Haushalt 2017 abzeichnete - nochmals verstärkt. Für die Bewerbergewinnung und -betreuung wurde ein neues Sachgebiet beim H.B. Wagnitz-Seminar - Dienstleistungszentrum für den hessischen Justizvollzug - eingerichtet , welches sich neben den originär zuständigen Justizvollzugsanstalten mit der Akquise von Personal und mit der Bindung der Interessierten bis zu deren Einstellung befasst. Das neu gegründete "Team Personalgewinnung" unterstützt die Justizvollzugsanstalten, vakante bzw. neue Stellen im Justizvollzug in sämtlichen Regionen zügig und nachhaltig zu besetzen. Die Bewerberverfahren wurden neu organisiert und können dadurch beschleunigt abgewickelt werden. Der hessische Justizvollzug präsentiert sich neben den üblichen Publikationen in den Printmedien und der Radiowerbung auch auf Ausbildungsmessen und Jobbörsen sowie in den sozialen Netzwerken. Im Jahr 2016 wurden doppelt so viele Eignungstestverfahren durchgeführt wie im Jahr zuvor. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist an der hohen Stellenbesetzungsquote ablesbar. Auf die Vorbemerkung der Ministerin der Justiz wird ergänzend Bezug genommen. Frage 5. Plant die Landesregierung mit Blick auf die hohen Mieten im Rhein-Main-Gebiet eine Ballungsraumzulage ? Falls ja, wann? Falls nein, warum nicht? Die Landesregierung plant keine Ballungsraumzulage. Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichten würde, einen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04, zitiert in "Jurion" RS 2007, 11130, Rn. 37ff). Auch eine aktuelle Pflicht zur Einführung einer Ballungsraumzulage zum spezifischen Ausgleich für erhöhte Lebenshaltungskosten besteht nicht, sofern sich die Dienstbezüge auch in Ballungsräumen als angemessen erweisen. Derzeit entsprechen die den Beamtinnen und Beamten gewährten Bezüge auch im Ballungsraum Frankfurt und Umgebung dem Alimentationsgrundsatz. Gleichwohl sind im Rahmen der Besoldungsanpassungen im Jahr 2016 und - geplant im Rahmen der Besoldungsanpassung 2017 - die Grundgehälter bis einschließlich zur Besoldungsgruppe A 10 und überwiegend bis zur Besoldungsgruppen A 11 durch die Anpassung im Umfang von Mindestbeträgen überproportional erhöht worden. Zusätzlich gewährleisten diverse Sonderzuschläge im Hessischen Besoldungsgesetz, die zusätzlich zum Grundgehalt bzw. zu den Anwärterbezügen geleistet werden können, die Gewinnung von qualifizierten Beamtinnen und Beamten auch unter Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten. Frage 6. Hält die Landesregierung die durch die Berichterstattung in der Hessenschau vom 20. März 2017 bekannt gewordenen Leistungseinschränkungen aufgrund der Personalnot in den hessischen Justizvollzugsanstalten für hinnehmbar? Falls ja, warum? Falls nein, was unternimmt sie dagegen? Die von den Antragstellern kritisierte "Personalnot" aufgrund einer mangelnden Attraktivität der Stellen im hessischen Vollzug gibt es nicht; insoweit wird auf die Vorbemerkungen der Ministerin der Justiz verwiesen. Zeitliche Einschränkungen bei den Besuchstagen o.ä. sind hauptsächlich auf schwankende Belegungssituationen zurückzuführen. Sind in einer JVA weniger Gefangene als zulässig untergebracht, ist das Vorhalten des bei Vollbelegung kalkulierten Zeitfensters zur Erbringung der Leistungen nicht erforderlich. Es ergeben sich also keine Leistungseinschränkungen für den einzelnen Gefangenen, sondern es entsteht lediglich eine Reduzierung des zeitlichen Rahmens, in dem alle Leistungen sachgerecht erbracht werden können. Soweit in Einzelfällen Personalfehlbestände auftreten, sind diese in den seltensten Fällen auf Probleme bei der Personalgewinnung zurückzuführen. Im Übrigen arbeitet die Landesregierung mit Hochdruck daran, vakante bzw. neue Stellen im Justizvollzug zügig zu besetzen. Hinsichtlich der dazu ergriffenen Maßnahmen wird auf die Antwort zu Frage 4. verwiesen. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4755 Frage 7. Wann ist mit der Besetzung der laut Berichterstattung knapp 80 freien Stellen zu rechnen? Wie viele dieser Stellen sind zur Absenkung der bereits im Koalitionsvertrag festgelegten Reduzierung der Wochenarbeitszeit gedacht und warum erfolgen die Einstellungen zum Ausgleich der Wochenarbeitszeitreduzierung erst jetzt? Zum Stichtag 31. März 2017 waren insgesamt 76 Stellenanteile in allen Berufsgruppen zur Wiederbesetzung verfügbar. In dieser Zahl sind auch die erst im Haushalt 2017 zur Verfügung gestellten Stellen enthalten. Für die zum 1. August 2017 festgelegte Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden wurden im Haushalt 2017 30 Planstellen für den allgemeinen Vollzugsdienst ausgebracht. Die Stellenbesetzungsverfahren werden kontinuierlich durchgeführt. Mit der Personalgewinnung für die freien Stellen wurde bereits Ende des vergangenen Jahres begonnen, die Einstellungen erfolgen sukzessive im ersten Halbjahr 2017. Die neuen Stellen sollen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Arbeitszeitreduzierung im Sommer dieses Jahres besetzt sein. Frage 8. Wie viele der Personalneueinstellungen scheiden innerhalb der Probezeit wieder aus? Über die Anzahl der Kündigungen von Arbeitnehmern während der Probezeit wird keine Statistik geführt. Die Justizvollzugsbehörden haben insoweit von keinen besonderen Problemen berichtet , sodass sich der Anteil von neu eingestellten Arbeitnehmern, welche während der Probezeit kündigen, auf einen geringen Prozentsatz beschränken dürfte. Wiesbaden, 10. Mai 2017 Eva Kühne-Hörmann