Kleine Anfrage der Abg. Dr. Neuschäfer und Weiß (SPD) vom 05.06.2014 betreffend Errichtung einer Pflegekammer in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. In welchen Bundesländern gibt es seit wann Pflegekammern oder sind Pflegekammern in der Planung? Frage 2. Liegen aus Bundesländern, die bereits eine Pflegekammer eingeführt haben, Erfahrungsberichte vor? Wenn ja, mit welchem Tenor? Die Fragen 1 und 2 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Derzeit gibt es in keinem Bundesland eine (Landes-)Pflegekammer. Konkrete Pläne zur Einführung einer Pflegekammer gibt es in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Frage 3. Welche vergleichbaren internationalen Modelle (Nursing Councils bzw. Boards of Nursing etc.) sind der Landesregierung bekannt? Frage 4. Welche Erfahrungen mit diesen internationalen Modellen sind relevant für die Planung von Pfle- gekammern in deutschen Bundesländern? Die Fragen 3 und 4 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Umfangreiche Kenntnisse über internationale, mit der Regelung von Berufszulassung und Berufsausübung betrauten Körperschaften liegen vor. In der Diskussion über die Vor- und Nachteile einer Pflegekammer können diese Modelle allerdings nur Anregungen geben, da eine direkte Vergleichbarkeit aufgrund unterschiedlicher Strukturen der Gesundheitssysteme, der Ausbildung in den Pflegeberufen und historischen Entwicklungen nicht möglich ist. Frage 5. Welche Vor- und Nachteile sieht die Landesregierung in der Einrichtung von Pflegekammern? Die Befürworter einer Pflegekammer führen die Vorteile an, die bei anderen Kammerberufen gesehen werden. Dies sind im Wesentlichen die Erhöhung der Berufsqualifikation durch eine Verbesserung der Aus- und Weiterbildung, eine stärkere Unabhängigkeit aufgrund der Selbstverwaltung des Berufsstands sowie eine wirksamere Interessenvertretung der Kammerangehörigen . Übertragen auf die Pflegeberufe ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass der mit der "Ausbildungs - und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege" und der "AltenpflegeAusbildungs - und Prüfungsverordnung" bundesrechtliche Vorschriften bestehen, die eine umfassende und Qualitätsanforderungen erfüllende Ausbildung gewährleisten. Die Qualität und die Inhalte der Weiterbildung von Pflegekräften sind in den Bundesländern durch Weiterbildungsund Prüfungsordnungen ausführlich geregelt. Hinsichtlich der Interessenvertretung der Berufsgruppe der Pflegenden ist zu berücksichtigen, dass diese auch durch die bestehenden mitgliederstarken Pflegeverbände wahrgenommen wird. Eingegangen am 18. Juli 2014 · Ausgegeben am 24. Juli 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/476 18. 07. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/476 Der Nachteil der Einrichtung einer Pflegekammer ist vor allen Dingen in der Pflichtmitgliedschaft der Berufsangehörigen und der damit verbundenen Pflicht zur Errichtung von Mitgliedsbeiträgen zu sehen. Nach Auffassung der Landesregierung stellt die Pflichtmitgliedschaft einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Berufsgruppe der Pflegenden dar. Vor dem Hintergrund der genannten Argumente steht die Einrichtung einer Pflegekammer außer Verhältnis zu den verbleibenden Vorteilen einer Pflegekammer. Frage 6. Inwiefern war/ist das bereits 2007 vom Hessischen Sozialministerium veröffentlichte Positions- papier des Fachbeirats Pflege zur Einrichtung einer Pflegekammer in Hessen Grundlage der Debatte um die Einrichtung einer Pflegekammer? Frage 7. Wurde/Wird - wie ursprünglich im Positionspapier des Fachbeirats Pflege vorgesehen - eine Diskussion mit den Berufsangehörigen der Pflege bezüglich der Einrichtung einer hessischen Landespflegekammer geführt? Wenn ja, welche Personen bezog/bezieht die Landesregierung in die Diskussion mit ein? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 6 und 7 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Als Fazit des im Juni 2007 veröffentlichten Positionspapiers spricht sich der Fachbeirat Pflege für die Einrichtung einer Pflegekammer in Hessen aus und bezeichnet dies als eine "logische und absolut notwendige Konsequenz". Stellungnahmen der Fachverbände benennen als wesentliches Argument für die Einrichtung einer Pflegekammer das angebliche Fehlen von fachlicher Expertise in der Politik und damit verbundene Defizite in der Weiterentwicklung des Pflegeberufes . Dieser Argumentation kann nach Auffassung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration nicht gefolgt werden. Hier bietet der mit Erlass vom 12. Februar 1996 eingerichtete Fachbeirat Pflege den Akteuren ausreichend Möglichkeit, sich im Rahmen von Gesetzgebung , Qualitätsstandards, Möglichkeiten der Anerkennung usw. zu beteiligen. Das Thema Pflegekammer war auch im weiteren zeitlichen Verlauf immer wieder Gegenstand der Sitzungen des Fachbeirats, zuletzt am 6. März 2013. Auch auf Nachfrage äußerte keines der anwesenden Mitglieder des Fachbeirates den Wunsch oder die Forderung nach einer Pflegekammer in Hessen. Frage 8. Wird die Landesregierung eine Initiative zur Errichtung einer Pflegekammer ergreifen? Wenn ja, wie begründet sich die Entscheidung (Diskussion mit den Berufsangehörigen der Pfle- ge, empirische Untersuchung etc.) und welche Personen wird die Landesregierung dabei einbeziehen ? Hessen wird unter Beteiligung der Betroffenen die Einführung einer Pflegekammer, in der alle Pflegeberufe berufsständisch organisiert werden, prüfen. Die Entwicklungen in anderen Bundesländern werden beobachtet. Wiesbaden, 17. Juli 2014 Stefan Grüttner