Kleine Anfrage des Abg. Rentsch (FDP) vom 03.04.2017 betreffend komplexe Frühförderung in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie hat sich die komplexe Frühförderung in Hessen seit dem Jahr 2006 im Hinblick auf die Anzahl der Inanspruchnahmen insgesamt entwickelt? Bitte differenzieren nach § 5 (1), Punkt 1, 2 und 3 der Frühförderungsordnung. Frage 2. Wie hat sich die komplexe Frühförderung seit dem Jahr 2006 im Bereich der unter § 5 (1) Punkt 3 der FrühV, Heilmittel, aufgelisteten einzelnen Therapien entwickelt? Bitte nach den einzelnen Therapieformen differenziert darstellen. Die Fragen 1 und 2 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Gesetzliche Leistungen wie die zur medizinischen Rehabilitation nach § 5 Frühförderungsverordnung werden bei den im Rahmen der Kommunalisierung sozialer Hilfen erfassten Berichtsdaten seitens der Landesregierung nicht erfasst. Die Berichtsdaten zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres geben aber Aufschluss über die Anzahl der Kinder in der allgemeinen Frühförderung : 2006: 5.340 Kinder 2007: 7.036 Kinder 2008: 6.796 Kinder 2009: 7.049 Kinder 2010: 6.868 Kinder 2011: 5.925 Kinder 2012: 5.968 Kinder 2013: 6.578 Kinder 2014: 6.423 Kinder 2015: 6.518 Kinder Die Zahlen zum Stichtag 31.12.2016 liegen erst Mitte 2017 vor. Den Berichterstattungen der Gebietskörperschaften ist der Grund für den Anstieg oder Rückgang der Kinderzahl nicht zu entnehmen. Als möglicher Grund kann angenommen werden, dass aufgrund des erneuten Hinweises vom 02.03.2011 an die Vereinbarungspartner, nur Kinder mit Komplexleistungen nach § 30 SGB IX zu erfassen, die Kinderzahl um die Kinder mit nur pädagogischer bzw. nur therapeutischer Leistung bereinigt wurde. Die speziellen Frühförderstellen für sinnesgeschädigte Kinder sind erst im Jahr 2012 in die Vereinbarung zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung - FrühV) aufgenommen worden. Sie erbringen ab 2013 die Komplexleistung interdisziplinäre Frühförderung. Die Anzahl der Komplexleistungskinder wird in der Jahresstatistik des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, die veröffentlicht wird, nicht erfasst. Den Frühförder- bzw. Frühberatungsstellen liegen hierzu ebenfalls keine Daten vor und müssten nachträglich manuell bei den betroffenen Familien bzw. den Ärzten und Therapeuten erhoben Eingegangen am 12. Mai 2017 · Bearbeitet am 15. Mai 2017 · Ausgegeben am 18. Mai 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4769 12. 05. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4769 werden, was im Rahmen der gesetzten Frist zur Beantwortung der Fragen nicht möglich und auch nicht mit vertretbarem Aufwand zu leisten ist. Die Verbände der Krankenkassen in Hessen teilten auf Anfrage mit, dass ihnen eine Differenzierung der Ausgaben leider nicht möglich wäre, da die von den Frühförderstellen beauftragten zugelassenen Heilmittelerbringer als Kooperationspartner meist unter einem Institutionskennzeichen verschiedene Leistungsarten abrechnen. Auf Grund des vertraglich vereinbarten Förderund Behandlungsplans (gem. Frühförderverordnung - FrühV) ließe sich aber feststellen, dass fast ausschließlich logopädische und ergotherapeutische Therapien erfolgen. Aus der stetig steigenden Anzahl der teilnehmenden zugelassenen Heilmittelerbringer könnte abgeleitet werden, dass eine flächendeckende Versorgung in Hessen gesichert ist. Die Kommunalen Spitzenverbände teilten auf Anfrage mit, dass ihnen hierzu keine Angaben möglich wären. Frage 3. Wird das neue Bundesteilhabegesetz die Umsetzung der komplexen Frühförderung beeinflussen? Wenn ja, bitte die einzelnen Veränderungen begründen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht eingeschätzt werden, ob und wie das neue Bundesteilhabegesetz die komplexe Frühförderung beeinflussen wird. Frage 4. Wird künftig die Vergütung der Leistungserbringer im Bereich der Heilmittel weiterhin nach der Heilmittelverordnung erfolgen? Auf Grund der "Vereinbarung zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung Behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder" zwischen dem Hessischen Landkreistag, dem Hessischen Städtetag sowie den Landesverbänden der Krankenkassen/ Krankenkassen in Hessen erfolgt die Vergütung der erbrachten medizinisch-therapeutisch Leistungen entsprechend der mit den jeweiligen Berufsverbänden niedergelassenen Therapeuten abgeschlossenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. Auch vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen (stetig wachsende Zahl der Kooperationspartner - siehe Beantwortung zur Frage 2) wird seitens der Verbände der Krankenkassen in Hessen weiterhin an der dargestellten Vergütungsanbindung festgehalten. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Vergütung der Leistungserbringer im Heilmittelbereich im Hinblick auf die zusätzlichen Aufgaben, die mit der komplexen Frühförderung verbunden sind? Auf eine pauschale Aufteilung der Kosten wurde bei Abschluss der hessischen Vereinbarung zur Umsetzung der Frühförderverordnung bewusst verzichtet und der jeweilige leistungsrechtliche Bezug des SGB V und des SGB XII für die Kostenträger beibehalten. Dies erschien für einen flächendeckenden systemisch-kooperativen Ansatz mit flexiblen Strukturen eher geeignet, was sich im Laufe der Zeit grundsätzlich bestätigt hat. Es bestehen Probleme bei der Finanzierung der Eingangsdiagnostik, der Verpflichtung zur Kooperation von Therapeutinnen und Therapeuten und der finanziellen Absicherung der interdisziplinär besetzten Frühförderstellen, denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderstellen, die kooperierenden Therapeutinnen und Therapeuten und Ärztinnen und Ärzte mit großem Engagement zum Wohle der betroffenen Kinder in der Praxis begegnen. Die Landesmittel und die Mittel des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zur Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit unterstützen hierbei maßgeblich. Die Kostenträger haben gemeinsam zusätzliche flexible Lösungen zum Wohle der Kinder und ihrer Familien geschaffen, z.B. die hessenspezifische Lösung, um behinderte Kinder in Schulen und Kindertagesstätten medizinisch-therapeutisch zu versorgen. Frage 6. Plant die Landesregierung eine erneute Evaluation der komplexen Frühförderung und wenn ja, wann? Eine erneute Evaluation der komplexen Frühförderung ist im Nachgang des im Juli 2011 gemeinsam mit der Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung in Hessen e.V. (VIFF) geförderten und von der Arbeitsstelle für Sonderpädagogische Schulentwicklung und Projektbegleitung am Institut für Sonderpädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main durchgeführten Projektes "Viele Systeme - eine Leistung. Umsetzungsschwierigkeiten und Lösungsansätze. Abschlussbericht zur Evaluation der interdisziplinär erbrachten Komplexleistung Frühförderung in Hessen" derzeit nicht geplant . Wiesbaden, 8. Mai 2017 In Vertretung: Dr. Wolfgang Dippel