Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 06.04.2017 betreffend Klimaschutz in Hessen: umweltschädliche Subventionen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Zahlreiche in Deutschland gegebene Subventionen sind umweltschädlich und schädigen Klima, biologische Vielfalt oder Gewässer. Nach der letzten Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA)1, liegen die umweltschädlichen Subventionen in 2012 bei ca. 57 Mrd. €. Über 90 % dieser Subventionen belasten das Klima und konterkarieren so die deutsche Umsetzung des Klimaschutzabkommens von Paris. Der Vergleich der umweltschädlichen Subventionen der Jahre 2006,2008,2010 und 2012 zeigt, dass es in der Gesamtschau keinen Fortschritt beim Abbau umweltschädlicher Subventionen gab. 1 S.z.B. (03.02.2017) https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/umweltschaedliche-subventionenin -deutschland#textpart-1 (04 05.2017) Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Die Landesregierung weist darauf hin, dass die Ermittlung von umwelt- bzw. klimaschädlichen Subventionen auf Bundes- und Europaebene aus ihrer Sicht von erheblicher Bedeutung ist. Subventionen, welche die Kosten umweltschädlichen Verhaltens senken, stellen eine erhebliche Verzerrung des Marktgeschehens dar, widersprechen vielfach umweltpolitischen Zielen oder erschweren die Einhaltung rechtlicher Anforderungen. Sie sind daher als grundsätzlich korrekturbedürftig anzusehen. Einen Überblick über umweltschädliche Subventionen in Deutschland gibt die gleichnamige Veröffentlichung, die das Umweltbundesamt in aktualisierter Auflage 2016 herausgegeben hat. Die Landesregierung betont, dass sie in vielfacher Weise ihr Handeln an umwelt- bzw. klimafreundlichen Zielsetzungen ausrichtet. So hat die Landesregierung bereits 2009 das Projekt "CO2-neutrale Landesverwaltung" gestartet. Ziel ist, bis zum Jahr 2030 eine CO2-neutral arbeitende Landesverwaltung zu erreichen. Das Projekt ist im Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen angesiedelt. Die Projektstrategie folgt dem Dreiklang Minimieren - Substituieren - Kompensieren. Zunächst werden klimaschädliche Emissionen durch Effizienzmaßnahmen weitgehend vermindert, darüber hinaus werden fossile Energieträger zur Wärme- und Stromversorgung durch umweltfreundliche regenerative Energiequellen ersetzt. Nach Ausschöpfen aller technisch-wirtschaftlichen Maßnahmen werden die restlichen verbliebenen CO2-Emissionen durch Kompensationsmaßnahmen neutralisiert. Das Projekt ist vielfältig aufgestellt. So wurde zur Verbesserung der Energieeffizienz der hessischen Landesgebäude 2012 u.a. das mit 160 Mio. € ausgestattete CO2-Minderungs- und Energieeffizienzprogramm (kurz COME-Programm) zur energetischen Sanierung der Landesgebäude gestartet. Dadurch wird eine CO2-Minderung von 200.000 t (Bezogen auf einen Betrachtungszeitraum von 30 Jahren) erreicht. Die Umstellung der Landesliegenschaften auf den Bezug von klimaneutralem Ökostrom hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die CO2-Emissionen von ca. 470.000 t des Jahres 2008 um ca. 50 % auf ca. 240.000 t im Jahr 2014 reduziert werden konnten. Eingegangen am 19. Juli 2017 · Bearbeitet am 20. Juli 2017 · Ausgegeben am 21. Juli 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4775 19. 07. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4775 Weiterhin wird in diesem Zusammenhang auf den vom Kabinett verabschiedeten Integrierten Klimaschutzplan 2025 verwiesen, der die Klimaschutzziele der Landesregierung und Maßnahmen zu deren Erreichung klar definiert: Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 30 %, bis 2025 um 40 % und bis 2050 um mindestens 90 % (im Vgl. zum Basisjahr 1990) vermindert werden. Damit soll Hessen bis zur Jahrhundertmitte klimaneutral sein. Der Klimaschutzplan hat neben dem Klimaschutz auch die Anpassung an den Klimawandel im Blick. Auch im Rahmen der übrigen Baumaßnahmen des Landes Hessen und insbesondere des Hochschulbauinvestitionsprogramms HEUREKA erfolgt eine klimafreundliche Abwicklung. Es gelten die hohen energetischen Anforderungen der "Richtlinie energieeffizientes Bauen und Sanieren des Landes Hessen nach § 9 Abs. 3 des Hessischen Energiegesetzes" (StAnz. 2014, S.124). Die energetischen Anforderungen basieren auf dem Kabinettsbeschluss der Landesregierung vom 17.05.2010 "Strategie der Landesregierung für eine CO2-neutrale Landesverwaltung." So wird eine nachhaltige Campus-Entwicklung angestrebt und durch erhöhte Anforderungen bei der Energieeffizienz der Gebäude zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgas- Emissionen beigetragen. In Bezug auf Umwelt- und Naturschutz seien hier beispielhaft die Maßnahmen der Landesregierung zur Förderung der Ökologischen Landwirtschaft bzw. im Rahmen der regulären Agrarförderprogramme , zum Gewässerschutz oder zum Wohnungsbau sowie die im Rahmen des Kommunalinvestitionsprogrammes (KIP) vorgesehene Förderung der energetischen Sanierung von Einrichtungen der Schulinfrastruktur bzw. sonstiger Infrastrukturinvestitionen erwähnt. Mit den zunächst mit 140 Mio. € hinterlegten Maßnahmen des Integrierten Klimaschutzplans 2025 investiert die Landesregierung in eine klimaneutrale Zukunft. Dabei umfasst der Klimaschutzplan zahlreiche Maßnahmen im Bereich Information und Förderung, schafft Anreize beispielsweise im Bereich der effizienten Nutzung von Energie oder technischer Optimierungen von Beratungsprogrammen zur Energieeffizienz und den Ausbau von klimafreundlicher Mobilität über den ökologischen Hochwasserschutz und Förderprogramme zur Haus- und Hofbegrünung bis hin zu umfangreichen Bildungsmaßnahmen im Klimabereich. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister für Wissenschaft und Kunst wie folgt: Frage 1. Welche umweltschädlichen Subventionen werden in Hessen in welcher Höhe gegeben? Antwort bitte für die letzten fünf Jahre, aufgeschlüsselt nach den Sektoren Energie, Verkehr (Flugverkehr bitte gesondert ausweisen), Landwirtschaft, Forst, Wohnen, Industrie und Forschung. Die Landesregierung berichtet im Rahmen ihre Finanzhilfen-Berichterstattung regelmäßig ausführlich über die Entwicklung der Finanzhilfen des Landes. Zuletzt wurden im 19. Finanzhilfenbericht für die Jahre 2013 bis 2016 (vgl. Drucksache 19/2475) alle Förderungen des Landes ausgewiesen, die in den Fördermittelbuchungskreisen der hessischen Ressorts veranschlagt sind. Der im Finanzhilfenbericht zugrunde gelegte "Förderbegriff" ist hierbei weit gefasst. Danach zählen zu den Förderungen neben den Zahlungen auf Grund von Geldleistungsgesetzen, Zuwendungen nach den §§ 23 und 44 LHO sowie Billigkeitsleistungen nach § 53 LHO auch zweckgebundene abgabefinanzierte Fördermaßnahmen sowie sonstige Förderprogramme, die z.B. auf Grundlage von Verträgen gewährt werden. Im Finanzhilfenbericht wird für jedes Förderressort der jährliche Liquiditätsbedarf der Förderungen auf Leistungs- und Produktebene dargestellt. Daneben enthält der Bericht Informationen über die Mittelgeber (EU, Bund, Land), den Leistungsgrund sowie den Empfängerkreis. Schließlich wird bei einer Vielzahl von Leistungen eine Wirkungsanalyse durchgeführt, bei der die mit den Förderungen verbundenen Zielsetzungen sowie deren Erreichungsgrad im Berichtszeitraum näher erläutert werden. Insgesamt weist der 19. Finanzhilfenbericht für das Jahr 2016 (Soll)- Finanzhilfen mit einem Gesamtvolumen von rd. 4,2 Mrd. € aus, die in rd. 250 Produkten gebündelt sind. Der 20. Finanzhilfenbericht befindet sich derzeit - parallel zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2018/2019 - in der Erstellung. Die Landesregierung hat im Rahmen ihrer Berichterstattung keine Methode entwickeln lassen, nach der Finanzhilfen des Landes im Hinblick auf ihre Umwelteffekte bewertet und eingeordnet werden können. Die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder dem Umweltbundesamt entwickelten Kriterien können nicht 1:1 auf die Landesebene übertragen werden, da sich Zielgruppen und gesetzliche Grundlagen unterscheiden und Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4775 3 im Bund vor allem Steuervergünstigungen relevant sind, während auf Landesebene Fördermaßnahmen überwiegen. Frage 2. Welche dieser Subventionen sind klimaschädlich und richten sich in ihrer Wirkung gegen das Pariser Klimaschutzabkommen? Antwort bitte für die letzten fünf Jahre, unter Angabe der Höhe der Subventionen und aufgeschlüsselt nach den Sektoren Energie, Verkehr (Flugverkehr bitte gesondert ausweisen), Landwirtschaft, Forst, Wohnen, Industrie und Forschung. a) Wie hoch waren die Subventionen für die Kohlekraftwerke in Hessen? Angaben bitte für die letzten fünf Jahre, getrennt nach den Kraftwerken. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu Frage 2 a: Dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung sind keine hessischen Finanzhilfen für Kohlekraftwerke in Hessen bekannt. Frage 3. Werden Subventionen in Hessen auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft? Antwort bitte mit Begründung. Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) werden im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) geregelt. Das Gesetz benennt die konkreten Vorhaben, die eine UVP erforderlich machen, nicht die Finanzierungsform. Darüber hinaus wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. Frage 4. Welche hessischen Gesetze, Verordnung, Beschlüsse oder Maßnahmen haben umweltschädliche und insbesondere klimaschädliche Subventionen ausgelöst? Angaben bitte für die letzten fünf Jahre , unter Nennung der jeweiligen Höhe der Subventionen. Diese Frage lässt sich aufgrund ihrer Allgemeinheit nicht beantworten. Auf die obigen Ausführungen sowie auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. Frage 5. Welche Investitionen des Landes (unter Berücksichtigung von Investitionen, an denen sich das Land beteiligt hat) haben klimaschädliche Auswirkungen? Auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Bezüglich des Verkehrssektors weist die Landesregierung auf folgendes hin: Die Studie des Umweltbundesamtes über "Umweltschädliche Subventionen in Deutschland" (2016) führt aus, dass wesentliche Anteile der durch den Verkehr verursachten Umweltschäden auf die Flächeninanspruchnahme zurückzuführen sind. Demnach habe z.B. eine Investition in Verkehrswege eine nachteilige Wirkung auf Umwelt und Klima, weil durch sie Flächen verbraucht oder Verkehrsleistungen hin zum Pkw verlagert werden könnten (vgl. UBA 2016, S. 40 f.). Die Landesregierung vertritt hierzu die Position, dass diese Darstellung von klimaschädlichen Wirkungen durch den Verkehrswegebau in ihrer Pauschalität nicht ausreichend differenziert ist und es bei der Bewertung vor allem auf die mittel- bis langfristige Wirkung der jeweiligen Maßnahme ankommt. Eine trennscharfe Unterteilung in klimaschädliche und nichtklimaschädliche Investitionen ist daher in diesem Bereich nicht ohne Weiteres sinnvoll und wird von der Landesregierung auch nicht vorgenommen. So kann der Bau von Rad- oder Schienenwegen durchaus zunächst zu einer Belastung des Umwelthaushaltes führen, aber in der Folge klima- und umweltschonende Wirkungen entfalten, wenn durch das verbesserte Angebot mehr Personen statt auf das private Auto auf die Möglichkeiten des Umweltverbundes setzen. Durch die Fokussierung auf Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im Landesstraßenbau, kann die bestehende Infrastruktur ertüchtigt werden, ohne dass dafür immer neue Flächen verbraucht werden. Wenn die Sanierung zudem - wie dies in Hessen der Fall ist - zum Anlass genommen wird, das Radwegenetz an Landesstraßen auszubauen, so kann dies ebenfalls zur Reduzierung von klima- und umweltschädlichen Emissionen beitragen. Frage 6. Auf die Vergabe welcher Subventionen kann die Hessische Landesregierung Einfluss nehmen? Im Rahmen der Finanzhilfenberichte erfolgt eine Kennzeichnung der einzelnen Finanzhilfen nach Maßgabe der Rechtsgrundlage, auf deren Basis die Förderung gewährt wird. Grundsätzlich wird hierbei zwischen Förderungen auf Grund von europa-, bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen und auf Grund von vertraglichen Verpflichtungen und Verwaltungsvereinbarungen unterschieden. Zudem werden disponible EU- oder Bundesmittel sowie die freiwilligen Leistungen des Landes ausgewiesen. Die mit Abstand größten Einflussmöglichkeiten des Landes bestehen hierbei bei den freiwilligen Leistungen sowie - bei einem Verzicht auf die entsprechenden finanziellen Kofinanzierungsanteile - bei den disponiblen EU- und Bundesmitteln. Demgegenüber sind die Möglichkeiten einer 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4775 Einflussnahme durch das Land bei Förderungen, die auf bundes- oder europarechtlichen Vorgaben basieren, auf eine Beteiligung des Landes im Rahmen des jeweiligen Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat begrenzt. Frage 7. Welche Schritte unternimmt die Hessische Landesregierung, um den Abbau der umweltschädlichen Subventionen zu beschleunigen? Wesentliche Schwerpunkte der Landesregierung sind die Stärkung von Umwelt- und Klimaschutz . Insofern sind zahlreiche Handlungen der Landesregierung darauf ausgerichtet. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Frage 8. Bis wann müssen nach den Berechnungen der Hessischen Landesregierung klimaschädliche Subventionen vollständig abgebaut sein? Da die Fragestellung nicht auf ein konkretes Ziel hin formuliert ist, kann die Frage nur im Allgemeinen beantwortet werden. Nach einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) aus dem Jahr 2016 (Umweltbundesamt, Umweltschädliche Subventionen in Deutschland 2016) umfassten die umweltschädlichen Subventionen im Jahr 2012 in Deutschland rund 57 Mrd. €. Zu beachten ist allerdings, dass in der Studie nicht zwischen umwelt- und klimaschädlichen Subventionen differenziert wird. Die Studie umfasst auch keine Modelle, welche Auswirkungen der Abbau welcher klimaschädlichen Subventionen auf die Entwicklung der Treibhausgasemissionen hat. Zur Erreichung der Klimaziele aus dem Abkommen von Paris bedarf es im Allgemeinen eines weltweiten Abbaus von klimaschädlichen Subventionen. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 ihre Treibhausgasemissionen um 30 % und bis 2025 um 40 % zu reduzieren - im Vergleich zu 1990. Bis 2050 sollen die Treibhausgas- Emissionen um mindestens 90 % reduziert und Hessen damit klimaneutral werden. Da bis dahin verstärkt Finanzmittel für eine klimaneutrale Wirtschafts- und Lebensweise benötigt werden und jede Investition in fossile Energieträger oder ineffiziente Gebäude, Technologien, etc. diese Finanzmittel bindet, sind die klimaschädlichen Subventionen schnellstmöglich abzubauen. Auch im Paris-Abkommen haben sich die Staaten darauf verständigt, bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts Klimaneutralität zu erreichen. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) hat in seinem letzten, fünften, Sachstandsbericht den Abbau von klimaschädlichen Subventionen , z.B. für fossile Brennstoffe, als eine der Stellschrauben für effektiven Klimaschutz benannt . Wiesbaden, 7. Juli 2017 Priska Hinz