Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 18.04.2017 betreffend A 44 Bergshäuser Brücke bei Kassel und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die Berghäuser Brücke überspannt die Fulda zwischen dem Autobahnkreuz Kassel-West und dem Autobahndreieck Kassel-Süd und wird stark frequentiert. Seit einiger Zeit ist hier eine Baustelle eingerichtet. In Fahrtrichtung Osten steht baustellenbedingt nur eine Fahrspur zur Verfügung. Dies führt zu erheblichen Staus auf der A 44. In der Folge nehmen die Umgehungsverkehre deutlich zu, wovon insbesondere die Stadt Kassel betroffen ist. Ende 2016 wurde bekannt, dass der Bund der sogenannten Südvariante für den Neubau der Brücke (deren Abriss bereits 2009 beschlossen worden sei) zugestimmt habe. Der Brückenneubau soll nach Süden (Höhe OT Dennhausen) verschoben werden, so dass auch das Dreieck Kassel-Süd als Anbindung der A 44 zur A 7 umgebaut werden muss. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Bergshäuser Brücke im Zuge der A 44 besteht aus einem Nordüberbau (Fahrtrichtung Dortmund) und einem Südüberbau (Fahrtrichtung zur A 7). Der Nordüberbau wurde 1962 fertiggestellt , der Südüberbau 1971. Beide Überbauten sind vollständig aus Stahl hergestellt. Fachgutachter haben die Brücke untersucht und festgestellt, dass der Stahl wegen der hohen Intensität der Belastung durch den Verkehr, insbesondere durch die Lkw, Ermüdungserscheinungen zeigt. An den jetzigen Problemen mit dem Zustand der Bergshäuser Brücke zeigt sich exemplarisch, warum der Grundsatz "Sanierung vor Neubau" so dringend nötig ist. In der Vergangenheit wurde dem Bestandsnetz zu wenig Beachtung geschenkt. Im Ergebnis führt dies insbesondere bei den Bauwerken dazu, dass Ersatzbauten nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht wurden und es jetzt zu Nutzungseinschränkungen der Bestandsbauten kommt, weil diese den Belastungen insbesondere des Schwerverkehrs nicht mehr gewachsen sind. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Aus welchen Gründen wurde die aktuelle Baustelle eingerichtet? Bei der momentanen Verkehrsführung handelt es sich nicht um eine Baustelle, sondern um eine dauerhafte Verkehrslenkung bis zur Fertigstellung eines Ersatzbauwerks. Diese wurde erforderlich , um die Bergshäuser Brücke zu entlasten, weitere Schäden zu vermeiden und in Verbindung mit den vorgesehenen Verstärkungsmaßnahmen an den Brückenüberbauten, die im Jahr 2018 beginnen sollen, die Sicherheit und die Funktionstüchtigkeit der Brücke bis zur Fertigstellung des neuen Bauwerks zu gewährleisten. Frage 2. Seit wann sind der Landesregierung und ihren Behörden die Ursachen bekannt? Aufgrund festgestellter Schäden und konstruktiver Defizite wurde bereits im Jahr 2007 eine statische Nachrechnung bezüglich der Tragfähigkeit durchgeführt, 2008 erfolgten Verstärkungsmaßnahmen am Haupttragsystem. Die gutachterlichen Empfehlungen, die zu den Anfang 2017 ergriffenen Maßnahmen führten, lagen der Fachverwaltung Hessen Mobil Ende 2016 vor. Frage 3. Wann werden die aktuellen Baumaßnahmen beendet sein? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eingegangen am 6. Juni 2017 · Bearbeitet am 6. Juni 2017 · Ausgegeben am 9. Juni 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4783 06. 06. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4783 Ein Zeitpunkt für die Fertigstellung der vorgesehenen Verstärkungsmaßnahmen an den Brückenüberbauten kann derzeit noch nicht genannt werden. Frage 4. Ab wann wird die Brücke wieder vierstreifig befahrbar sein? Die bestehende Brücke wird bis zu ihrem Rückbau nicht mehr vierstreifig befahrbar sein. Frage 5. Welche alternativen Umleitungsstrecken stehen zur Verfügung, um die Anliegergemeinden und die Innenstadt von Kassel nicht durch den zusätzlichen Verkehr aufgrund des baustellenbedingten Staus zu belasten? Hessen Mobil hat frühzeitig eine Stauwarnanlage und eine dynamische Umleitung bei Stau geplant und umgesetzt. Ziel ist es, den Umleitungsverkehr vollständig auf der Autobahn zu belassen , um das nachgeordnete Netz nicht zu belasten. Der überregionale Verkehr in Fahrtrichtung Hannover/Frankfurt wird von der A 44 über das Autobahnkreuz (AK) Kassel-West auf die A 49 zum AK Kassel-Mitte und weiter in Richtung Hannover bzw. Frankfurt/M. geführt. Der überregionale Verkehr auf der A 7 aus Richtung Süden wird wie derzeit über das Autobahndreieck (AD) Kassel-Süd in Fahrtrichtung Dortmund geführt. Sollte eine Störung auftreten, wird der Verkehr auf der A 7 bis zum AK Kassel-Mitte und weiter über die A 49 zum AK Kassel-West geführt. In der Gegenrichtung, d.h. von der A 7 aus Norden in Richtung Dortmund, wird keine Umleitungsempfehlung notwendig, da weiterhin zwei Fahrstreifen zur Verfügung stehen. Frage 6. Wie ist der konkrete Planungsstand für den Neubau der "Berghäuser Brücke"? Der sechsstreifige Ausbau der A 44 zwischen dem AK Kassel-West und dem AD Kassel-Süd ist im aktuellen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf eingestuft. In diesem Streckenabschnitt liegt die Bergshäuser Brücke. Im Sommer 2015 hat Hessen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) als Baulastträger der Autobahnen eine Variantenuntersuchung mit einer Vorschlagsvariante, die eine südliche Verlegung der A 44 im Bereich der Bergshäuser Brücke vorsieht, vorgelegt. Im Dezember 2016 hat das BMVI der Vorzugsvariante zugestimmt. Der o.g. Ausbau der A 44 gehört zu den Maßnahmen, die von der Landesregierung in den Jahren 2017 bis 2021 mit Priorität behandelt werden. Der Abschnitt einschließlich der Bergshäuser Brücke wurde an die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs - und -bau GmbH) zur Bearbeitung übergeben. Diese wird nun die Vorplanung abschließen und mit der Erstellung der Entwurfsplanung beginnen. Frage 7. Wann ist mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und der Fertigstellung der Brücke zu rechnen? Nach Erstellung der Entwurfsplanung und der Genehmigungsplanung, schließt sich das Planfeststellungsverfahren an, in dem alle öffentlichen und privaten Belange gegeneinander abgewogen werden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss besteht die Möglichkeit der Klage. Eine belastbare Aussage zum Zeitpunkt eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses (Baurecht) und der Fertigstellung der Brücke kann derzeit noch nicht gegeben werden. Frage 8. Welche besonderen umweltrechtlichen und sonstigen Belange müssen berücksichtigt werden? Eine große Rolle spielt das Europäische Vogelschutzgebiet "4722-401 Fuldaaue um Kassel" als Wanderkorridor, Rastgebiet und Lebensraum für Vögel. Darüber hinaus werden Höhlenbäume als artenschutzrechtlich relevante Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu berücksichtigen sein. Als besondere Arten sind die Bechsteinfledermaus und der Grauspecht zu nennen. Die naturschutzrechtlichen Fragen werden als lösbar eingestuft. Ausschlaggebend für die Findung der Vorzugsvariante war der Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm und Luftschadstoffen, der nur bei dieser Variante in angemessener Weise zu wahren ist. Frage 9. Welche Auswirkungen ergeben sich durch den Brückenneubau und den notwendigen Umbau des Dreiecks Kassel-Süd für die Planungen und Baumaßnahmen der VKE 01 und der VKE 11 beim Weiterbau der A 44 von Kassel nach Eisenach (VDE Nr. 15)? Frage 10. Wurde der Neubau der Berghäuser Brücke bei den Planungen für die VKE 11, insbesondere in Hinblick auf die Bewertung alternativer Streckenführung, berücksichtigt und (wenn ja, in welcher Weise)? Die Fragen 9 und 10 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4783 3 Der Abschnitt VKE 01 ist nur im unmittelbaren Bereich des AD Kassel-Süd betroffen. Die planfestgestellten Rampenanpassungen von der A 44 Richtung Hannover sowie in die Gegenrichtung werden zunächst baulich zurückgestellt. Der Verkehrsfluss funktioniert auch mit den jetzigen Rampenführungen. Nördlich des AD Kassel-Süd kann die VKE 01 jedoch baulich umgesetzt werden. Der sechsstreifige Ausbau der A 44 zwischen dem AK Kassel-West und dem AD Kassel-Süd hat keine Auswirkungen auf den Neubau der A 44 in der VKE 11. Wiesbaden, 24. Mai 2017 Tarek Al-Wazir