Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 06.06.2014 betreffend rechtliche Verbindlichkeit von Regionalplänen in der Aufstellung und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Im Aufstellungsverfahren des Planungsbereichs Südhessen hat die Planungsbehörde bislang die Rechtsauffassung vertreten, dass der Regionalplan bereits durch die erste Offenlegung eine rechtliche Wirkung nach außen entfalte. Dies gelte auch im Hinblick auf die Ausschlusswirkung für mögliche Windkraftstandorte. An anderer Stelle wurden dazu von Seiten der Landesregierung andere Auffassungen vertreten, die von einer rechtlichen Verbindlichkeit der Regionalpläne in der Aufstellung nicht ausgingen. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die in der Vorbemerkung wiedergegebene Rechtsauffassung der oberen Landesplanungsbehörde für die Planungsregion Südhessen ist nicht bekannt. Nach § 8 Abs. 7 des Raumordnungsgesetzes (ROG) handelt es sich bei Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie um Ziele der Raumordnung. Ziele der Raumordnung werden mit dem Inkrafttreten des jeweiligen Raumordnungsplans wirksam. Nach § 4 Abs. 1 ROG sind sie bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Bei in Aufstellung befindlichen Zielen handelt es sich hingegen um sonstige Erfordernisse der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG). Diese sind lediglich zu berücksichtigen . Beim derzeitigen Stand der Aufstellungsverfahren der Teilregionalpläne Energie in den drei Planungsregionen (Nord-, Mittel- und Südhessen) ist es daher grundsätzlich noch möglich , Windkraftanlagen auch außerhalb der vorgesehenen Vorranggebiete zu genehmigen. Voraussetzung ist, dass die Windkraftanlagen öffentlichen Belangen nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Hessischen Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung im Hinblick auf die rechtlich verbindliche Wirksamkeit von in der Aufstellung befindlichen Regionalplänen und deren Teilplänen? Wie in der Vorbemerkung dargelegt, können in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung im Rahmen der Berücksichtigungspflicht bereits Rechtsfolgen entfalten. Soweit die Aufstellung der Regionalpläne bereits hinreichend fortgeschritten ist, können sie unter bestimmten Voraussetzungen Grundlage für eine befristete raumordnerische Untersagung nach § 14 Abs. 2 ROG sein. Ebenfalls können sie im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Windkraftanlage im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) als nicht benannter öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu prüfen sein. Frage 2. Welche Folgen hat nach Auffassung der Landesregierung diese Rechtsauffassung für Baugeneh- migungen von Windkraftanlagen in Bereichen, die künftig nicht in einer Windvorrangfläche liegen ? Über die genauen Folgen lässt sich keine generalisierende Aussage treffen. Bei im Außenbereich geplanten Windkraftanlagen, die nicht in einem in den Regionalplanentwürfen ausgewiesenen Vorranggebiet zur Nutzung der Windenergie liegen, ist im fachrechtlichen Genehmigungsverfahren insbesondere zu prüfen, ob eine hinreichend sichere Erwartung besteht, dass die künftige Zielfestlegung über das Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Vorgabe erstarken wird. Dies im Einzelfall zu prüfen, ist Aufgabe der zuständigen Genehmigungsbehörde. Eingegangen am 4. August 2014 · Ausgegeben am 7. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/485 04. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/485 Ebenso hat die zuständige obere Landesplanungsbehörde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens zu prüfen, ob gegebenenfalls eine Untersagung nach § 14 Abs. 2 ROG auszusprechen ist. Mit Inkrafttreten des jeweiligen Raumordnungsplans sind aufgrund der vorgesehenen Ausschlusswirkung außerhalb der Windvorranggebiete Genehmigungen von Windkraftanlagen nicht mehr zulässig. Frage 3. Welche Genehmigungen für Windkraftanlagen außerhalb der geplanten Vorrangflächen wurden seit der ersten Offenlegung im Planungsbereich Nordhessen erteilt? Die erste Offenlage des Teilregionalplans Energie Nordhessen erfolgte bis zum 14. Mai 2013. Gemäß dem Länderinformationssystem-Anlagen (LIS-A) sind seit Abschluss der Offenlage insgesamt 15 Windkraftanlagen genehmigt worden. Einige dieser Anlagen befinden sich auf der Grenze bzw. in unmittelbarer Nähe eines potenziellen Windvorranggebietes. Hierbei ist zu berücksichtigen , dass die Karte zum Entwurf des Teilregionalplans Energie die Inhalte im Maßstab 1:100.000 und damit nicht parzellenscharf darstellt. Zwei Anlagen in Sontra liegen außerhalb der potenziellen Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie. Frage 4. Welche Genehmigungen für Windkraftanlagen außerhalb der geplanten Vorrangflächen wurden seit der ersten Offenlegung im Planungsbereich Mittelhessen erteilt? Seit Abschluss der Offenlage des Teilregionalplans Energie Mittelhessen am 20. März 2013 ist für insgesamt 31 Windkraftanlagen eine Genehmigung erteilt worden. Davon liegen 8 Anlagen innerhalb der potenziellen Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie, zahlreiche Windkraftanlagen liegen auf der Grenze bzw. im Nahbereich der Windvorranggebiete. 12 Windkraftanlagen in der Gemarkung Schlitz sowie Anlagen in Mengerskirchen und eine Anlage in Schwalmtal liegen deutlich außerhalb von potenziellen Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie. Frage 5. Welche Genehmigungen für Windkraftanlagen außerhalb der geplanten Vorrangflächen wurden seit der ersten Offenlegung im Planungsbereich Südhessen erteilt? Von den 10 seit Ende der ersten Offenlage des Entwurfs des Teilregionalplans Südhessen (25. April 2014) genehmigten Windkraftanlagen befinden sich 9 Anlagen innerhalb der Windvorranggebiete des Entwurfs. Eine Anlage (Gemarkung Grebenroth, südwestlich 'Grauer Kopf') befindet sich knapp außerhalb des Vorranggebietes für Windenergienutzung. Wiesbaden, 15. Juli 2014 Tarek Al-Wazir