Kleine Anfrage des Abg. Eckert (SPD) vom 17.05.2017 betreffend "Digitale Dörfer" - Konzepte für die Digitalisierung des ländlichen Raums und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: In Rheinland-Pfalz soll das seit zwei Jahren existierende Projekt "Digitale Dörfer" das Leben in ländlichen Regionen wieder attraktiv machen. In Kooperation mit dem Frauenhofer Institut in Kaiserslautern werden digitale Dienste in den ländlichen Regionen getestet. Mittlerweile gibt es auch in Bayern Versuchsprojekte im Bereich Digitalisierung des ländlichen Raums. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Am 8. März 2016 wurde im Rahmen einer Regierungserklärung im Hessischen Landtag die Strategie Digitales Hessen vorgestellt. Hessen begreift die Digitalisierung als Gestaltungsaufgabe und als Chance für ressourcensparende Produktion, saubere Energieversorgung, nachhaltige Mobilität, für mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit, mehr Teilhabe, für breiten Wohlstand . Der Grundgedanke der Strategie Digitales Hessen ist, dass die Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern der Allgemeinheit sowie der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger dienen muss. Übergeordnete Ziele der Strategie Digitales Hessen sind: 1. Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie demografischer Wandel, Klimaveränderung und Energiewende, 2. Sicherung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung und guter Arbeitsbedingungen, 3. Stärkung der Innovationskraft Hessens und Platzierung in der Spitzengruppe europäischer Technologiestandorte. Im Rahmen der Umsetzung der Strategie Digitales Hessen wurde am 01. April 2017 im Hessischen Wirtschaftsministerium das Referat Digitalisierung geschaffen. In einem weiteren Schritt erfolgt der Aufbau der Geschäftsstelle Digitales Hessen bei der Hessen Trade & Invest GmbH. Die Geschäftsstelle Digitales Hessen ist der zentrale Ansprechpartner im Rahmen der Strategie Digitales Hessen und damit die zentrale Kommunikations- und Vernetzungsplattform für die Digitalisierung in Hessen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Hessischen Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie steht die Landesregierung zum rheinland-pfälzischen Projekt "Digitale Dörfer"? Welche Ideen und Erkenntnisse könnte das Projekt nach Ansicht der Landesregierung für den ländlichen Raum in Hessen bringen? Die Veränderungen im Rahmen der digitalen Transformation und des digitalen Wandels sind vielfältig. Digitalisierung umfasst alle Lebensbereiche. Sie beschleunigt Kommunikationsflüsse, macht Wissen zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar und vernetzt Menschen ebenso wie Maschinen . Durch die automatisierte Auswertung von Daten werden völlig neue Anwendungen ermöglicht. Digitale Technologien können vielfältig angewandt werden und einen Beitrag leisten , um das Leben in ländlichen Gebieten attraktiver zu gestalten. Entsprechend breit ist das Themenspektrum. Es reicht von der Versorgung mit Lebensmitteln und der medizinischen Ver- Eingegangen am 17. Juli 2017 · Bearbeitet am 18. Juli 2017 · Ausgegeben am 21. Juli 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4901 17. 07. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4901 sorgung über die Sicherung der Erreichbarkeit bis hin zur Gestaltung von Wohnraum und kulturellen Angeboten. Auf Digitalisierung basierende neue Angebote schaffen Wertschöpfung, neue Märkte und ermöglichen neue Geschäftsmodelle - auch für den ländlichen Raum. Das rheinland-pfälzische Projekt "Digitale Dörfer" ist im Sommer 2015 gestartet. Ziel ist die Untersuchung des Potenzials der Digitalisierung für den Wandel ländlicher Regionen in Rheinland -Pfalz. "Digitale Dörfer" umfasst allgemein Projekte und Maßnahmen, die durch Digitalisierung zur Sicherung der Daseinsvorsorge und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts im ländlichen Raum beitragen und damit die Entwicklungschancen für den ländlichen Raum verbessern sollen. Im Einzelnen verbindet das Projekt auf einer einheitlichen digitalen Plattform die herkömmliche Nachbarschaftshilfe mit einem Online-Shop-System für Nahversorgung und regionale Produkte sowie einem Online-Bonussystem zur Belohnung der freiwilligen Dienstleister. Interessant ist die Frage der Übertragbarkeit des Konzepts auf andere Gemeinden und der mit der Hinterlegung der jeweiligen Angebote in der "BestellBar" verbundene Anpassungsaufwand. An Erkenntnissen interessieren daher insbesondere die Frage der Transportabilität, der hierzu anfallenden Anpassungskosten und die Mitwirkung der Bevölkerung. Die Anzahl der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger als Nachfrager von kommerziellen Angeboten, wie nachbarschaftlichen Hilfsangeboten in der "TauschBar", wie auch die Anzahl und thematische Breite der angebotenen Nachbarschaftshilfen in der "TauschBar" können Aufschluss darüber geben, ob nachbarschaftliche Unterstützung durch Digitalisierung beflügelt werden kann. Für eine Übertragung auf hessische Regionen wäre auch von Interesse, in welchem Umfang die teilnehmenden regionalen Anbieter zum Beispiel durch höhere Umsätze und Zugewinn an Kunden profitiert haben. Von besonderem Interesse dürfte auch sein, wie die verschiedenen Altersgruppen die Bedienbarkeit der digitalen Instrumente bewertet. Frage 2. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung mithilfe digitaler Lösungen dem demografischen Wandel in Verbindung mit der wachsenden Landflucht im ländlichen Raum entgegen zu wirken? Es ist ein landespolitisches Ziel, die ländlichen Räume Hessens als attraktive Wohn-, Wirtschafts - und Erholungsräume zu erhalten. Digitale Technologien können dabei unterstützen und die Attraktivität der ländlichen Regionen erhöhen, indem sie beispielsweise den ländlichen Raum mit den wirtschaftlichen Zentren verbinden. In der Strategie Digitales Hessen wird für das vernetzte Anwendungsfeld "Digitaler ländlicher Raum" insbesondere abgehoben auf: den Ausbau von Telearbeit auf Basis ausgebauter Breitbandnetze, intelligente Einkaufsmöglichkeiten (z.B. Integration von Vor-Ort- und Online-Einkauf), gemeindeübergreifende Versorgungsketten für Güter und Postdienste, eine digital vernetzte Gesundheitsversorgung und Pflege (Telemedizin, Vernetzung von Praxen und Kliniken, Pflege-Assistenzsysteme) und intermodale Verkehrslösungen (ÖPNV, Sammeltaxen, Mitfahrbörsen). Die Erschließung ländlicher Gebiete mit Breitband dient als infrastrukturelle Basis für "Digitale Dörfer". Die Landesregierung setzt sich daher besonders dafür ein, dass gerade der ländliche Raum mit hochleistungsfähigen Breitbandanschlüssen versorgt wird und hat den Breitbandausbau in den Entwurf des hessischen Landesentwicklungsplans (LEP) aufgenommen (vgl. aktuelle 3. Änderung des LEP 2000). Mit den Maßnahmen der Landesregierung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in Hessen wurde auch in den ländlichen Räumen bereits ein guter Stand im Bereich der Versorgung mit schnellem Internet erreicht. Bis Ende 2018 soll eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen von mindestens 50 Mbit/s erreicht sein. Der ländliche Odenwaldkreis gehört mit einer Abdeckung von knapp 93 % zu den zwei am besten mit 50 Mbit/s versorgten Landkreisen Deutschlands (neben dem Hochtaunuskreis mit 95,8 %). Im Nordhessen-Cluster sind fünf Landkreise zum gemeinsamen Breitbandausbau organisiert (Hersfeld-Rotenburg, Werra- Meißner, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Kassel). Das 2015 bei der EU notifizierte Projekt ist eines der größten dieser Art in Europa (Volumen: 128,3 Mio. Euro) und Träger des European Broadband Award 2015. Damit ist die Grundlage für die Nutzung digitaler Technologien im Rahmen von innovativen Projekten bereits heute in weiten Teilen des ländlichen Raums gelegt. Zudem können zur Vermarktung verfügbarer Immobilien und Bauflächen Marketingmaßnahmen wie Onlineportale zum Baulücken- und Freiflächenmanagement gefördert werden. Gezielte Online -Applikationen z.B. für Bürgerbus- und Mitfahr-Angebote sind ebenfalls förderfähig. Die Digitalisierung im Bereich des Marketings landtouristischer Angebote erhöht deren Verbreitung und Verfügbarkeit. Insgesamt tragen diese Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen bei und erhöhen die Attraktivität des ländlichen Lebensraums. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4901 3 Im Rahmen des Kompetenznetzes Vitale Orte 2030 finden Praxisforen zu Themen statt, die den ländlichen Raum besonders in den Fokus nehmen. Bisher wurden bereits Themen wie ärztliche Versorgung, Versorgung mit Waren und Dienstleistungen, Kultur und Integration behandelt. In diesem Jahr stehen Baukultur und Mobilität im Vordergrund. In vielen Fällen ist Kommunikation und Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher und ehrenamtlicher Basis ohne die elektronischen Medien nicht mehr vorstellbar. Für das nächste Jahr sollen digitale Anwendungsmöglichkeiten in den Vordergrund gerückt und in einem eigenen Praxisforum behandelt werden. Frage 3. Plant die Landesregierung Pilotprojekte ähnlich der "Digitalen Dörfer", um die Möglichkeit neuester digitaler Technologien und deren Anwendungen in der Praxis als auch im virtuellen Labor darzustellen und weiterzuentwickeln? Wenn ja, ab wann? Wenn nein, warum nicht? Ein Themenschwerpunkt der Geschäftsstelle Digitales Hessen und auch ein Ziel für den ländlichen Raum ist es, vorhandene und gute Lösungen zu vernetzen, Impulse zu geben und anhand von guten Beispielen aufzuzeigen, welche Möglichkeiten und Chancen digitale Technologien den ländlichen Regionen des Landes eröffnen. Die im Rahmen der Strategie Digitales Hessen geplanten Projekte beleuchten dabei auch Aspekte des ländlichen Raums. So z.B. das Projekt Gigabit Region Rheingau-Taunus 2015-2025. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Frage 4. Welche Hessischen Institute und Forschungseinrichtungen beschäftigen sich mit digitalen Lösungen für den ländlichen Raum? Wie werden diese seitens des Landes Hessen unterstützt und gibt es bereits praxisbezogene Pilotprojekte? Wenn ja, welche sind das? In Hessen befasst sich eine Reihe von Forschungseinrichtungen mit digitalen Lösungen für den ländlichen Raum. Diese sind aktuell überwiegend im Bereich Ambient Assisted Living/AAL (Anlage 1) angesiedelt. In praxisbezogenen Pilotprojekten werden Lösungen für die Herausforderungen , denen die ländlichen Gebiete gegenüberstehen, erprobt. Es wird in Erwägung gezogen , die dort gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse auf ländliche Räume zu übertragen. Weitere Projekte befinden sich in der Planung und Prüfung (Anlage 2). Es sei darauf hingewiesen, dass die hohe Dynamik des digitalen Wandels der Aktualisierung und ggf. Anpassung von Projekten bedarf. Als Beispiel kann das Pilotprojekt "Digitales Mittelhessen" aus der Strategie Digitales Hessen genannt werden. Dessen ursprünglich thematisch etwas breiterer Projektansatz (digitale regionale Lösungen und Mehrwertdienste) wurde inzwischen dahin gehend weiterentwickelt, dass der Schwerpunkt nun auf "WLAN für Mittelhessen" (Arbeitstitel) gerichtet ist. Dabei handelt es sich aktuell um ein Kooperationsprojekt der fünf mittelhessischen Landkreise Limburg- Weilburg, Lahn-Dill, Marburg-Biedenkopf, Gießen und Vogelsbergkreis (organisatorisch dem Regionalmanagement Mittelhessen GmbH zugeordnet) im Rahmen der Interkommunalen Zusammenarbeit . Das Konzept für die mittelhessische WLAN-Versorgung wird dabei auf Grundlage einer abgestimmten Bedarfserhebung erstellt und enthält die Entwicklung einer einheitlichen Lösung in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht. Bei erfolgreicher Umsetzung des Projekts sollen alle 101 Kommunen in Mittelhessen davon profitieren können. Als zweites Beispiel für die große Themenvielfalt der Digitalisierung im ländlichen Raum kann ein weiteres Projekt außerhalb des Bereichs Infrastruktur genannt werden. Dabei forcieren die Regionalmanagement Mittelhessen GmbH und das dort angesiedelte Netzwerk Bildung (Mitglieder sind Vertreter von Bildungsinstitutionen der Region) die Kompetenzerlangung der Bevölkerung im Bereich Digitalisierung. Ziel ist die Schaffung von strukturellen Voraussetzungen, um Pilotprojekte im Bereich Medien-und Vermittlungs-Kompetenz zu beginnen. Erste Schritte zu einer "Kompetenzregion Bildung 4.0" wurden nach Angaben des Regionalmanagements Mittelhessen bereits gemacht. Es besteht zudem über die Förderung von Innovationen und Zusammenarbeit in der Landwirtschaft und in ländlichen Gebieten grundsätzlich die Möglichkeit, praxisbezogene Pilotprojekte auch im Bereich der Digitalisierung der ländlichen Räume zu fördern. Nähere Informationen sind auf der Internetseite des HMUKLV zu finden, unter: https://umwelt.hessen.de/landwirtschaft/foerderung-der-innovation-und-zusammenarbeit. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4901 Frage 5. Welche Fördermöglichkeiten gibt es für hessische Dörfer und ländliche Regionen für die Anwendung und Erprobung digitaler Technologien in den Bereichen Mobilität und Logistik, Infrastruktur und Gebäudemanagement sowie neuer Arbeitsmodelle für den ländlichen Raum? Wie viele Mittel stellt das Land Hessen hierfür zur Verfügung? Die Förderangebote der Dorf- und Regionalentwicklung umfassen Vorhaben in den Bereichen Mobilität (Nahmobilität, Bürgerbus), Leerstands- und Flächenmanagement und Existenzgründung /Arbeitsplatzschaffung. Zwar sind diese Angebote nicht an digitale Technologien gebunden , diese können allerdings eingesetzt und auch gefördert werden. Neben den vorgenannten und in Ziffer 4 erwähnten Fördermöglichkeiten sind Förderungen vornehmlich in den Richtlinien des Landes Hessen zur Förderung der ländlichen Entwicklung verankert . Sie basieren auf dem "Entwicklungsplan für den Ländlichen Raum 2014-2020" des Landes Hessen (ELER-Fonds). Dabei sind implizit auch solche Projekte adressiert, die auf digitalen Technologien als Basis aufbauen oder bei denen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden können. Weitere Fördermöglichkeiten ergeben sich über: a) Ländliche Regionalentwicklung (LEADER) LEADER ist eine EU-Förderstrategie zur Mobilisierung und zur Umsetzung der Entwicklung in ländlichen Gemeinschaften. Für Hessen wurden u.a. die Ziele formuliert, den demografischen Wandel aktiv zu gestalten, Bildungsbedarfe zu ermitteln und zu erfüllen, Modelle der Grundversorgung zu entwickeln und umzusetzen, Modelle zum Erhalt und der Entwicklung einer bedarfsgerechten Versorgungsinfrastruktur zu entwickeln und umzusetzen, die Zusammenarbeit in Handel, Handwerk und Gewerbe zu intensivieren sowie neue Produkte, Vermarktungswege und Dienstleistungen für die Land- und Forstwirtschaft zu fördern. Konkret gefördert werden können: Gründung und Entwicklung von Kleinstunternehmen mit Schaffung von Arbeitsplätzen, Gründung und Entwicklung von touristischen Kleinstunternehmen, Ausgaben für Projekte der öffentlichen Daseinsvorsorge mit einnahmeschaffender bzw. erwerbswirtschaftlicher Orientierung, Sonstige investive und nicht-investive Projekte, Vorbereitung und Umsetzung von Kooperationsprojekten. b) Dorfentwicklung Ziel ist es, die Dörfer als attraktive, lebendige Lebensräume zu erhalten und zu gestalten. Die Ortskerne sollen gestärkt und eine zukunftsfähige Wohn- und Lebensqualität erhalten werden. Konkret gefördert werden können kommunale Investitionen in die lokale Basisinfrastruktur und Vorhaben der öffentlichen Daseinsvorsorge ehrenamtlicher und bürgerschaftlicher Initiativen. Zur lokalen Basisinfrastruktur werden zum Beispiel gezählt: Einrichtungen zur Versorgung oder zur Betreuung, Einrichtungen des Kultur- und Gemeinschaftslebens sowie zur Erhaltung und Gestaltung der Siedlungsstruktur und des Erscheinungsbildes. Beispielhaft für bürgerschaftliche Initiativen werden organisierte Nachbarschaftshilfen, Hol- und Bringdienste, Tauschbörsen sowie Initiativen zur mobilen Versorgung oder für soziale und kulturelle Einrichtungen benannt. c) Weitere Mit dem Projekt "Ab in die Mitte! Die Innenstadt-Offensive Hessen" fördert das Land gemeinsam mit Partnern aus dem öffentlichen Bereich und der privaten Wirtschaft (Public Private Partnership) neue Impulse für lebendige und attraktive Innenstädte und Ortszentren. Im ländlichen Bereich sind Mittelzentren genauso aufgefordert, sich zu bewerben, wie kleinere Gemeinden . Mit dem Projekt soll das Augenmerk der Öffentlichkeit auf die Attraktivität der Zentren gelenkt werden. "Ab in die Mitte!" will eine breite Öffentlichkeit schaffen für beispielhafte kommunale Konzepte und Strategien für die nachhaltige Stärkung und Entwicklung der Innenstädte und Stadtteilzentren. Adressiert werden implizit auch solche Projekte, die die Steigerung der Attraktivität der Innenstädte mit der Anwendung digitaler Technologien verbinden. Aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) werden im gesamten Land Maßnahmen in folgenden Bereichen gefördert: Stärkung von Forschung, technischer Entwicklung und Innovation, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Gründungsförderung, Förderung der Bestrebungen zur Verringerung der CO2-Emissionen in allen Branchen der Wirtschaft, - Nachhaltige Stadtentwicklung. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4901 5 Breitbandförderung Der Breitbandausbau in Hessen wird über das vom Land kofinanzierte Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau gefördert. Kommunen und Landkreise können Förderanträge für ihre Ausbauprojekte stellen. Damit sollen unterversorgte Gebiete einen Netzzugang von mindestens 50 Mbit pro Sekunde erhalten. Anträge werden anhand transparenter Kriterien (Scoring) bewertet . Staatliche Mittel sollen dort eingesetzt werden, wo sie besonders dringend benötigt werden und der Ausbau besonders schwierig ist. Ländliche Regionen mit geringer Einwohnerdichte werden im Scoring-Modell bevorzugt. Daneben werden zur Erhöhung der Breitbandversorgung ländlicher Räume in Hessen eine Reihe von Förder- und Finanzierungsmaßnahmen aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes zur Verfügung gestellt. So z.B. aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), der Landeskofinanzierung zur Bundesbreitbandförderung, der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) oder aus dem Darlehens- und Bürgschaftsprogramm der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank). Beratungsangebote bestehen über das Breitbandbüro Hessen bei der Hessen Trade & Invest GmbH, durch die landesfinanzierten regionalen Breitbandberater und auch unmittelbar durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Begleitend werden Informationen, wie z.B. der Leitfaden "Öffentliche WLAN-Netze in Kommunen " (https://www.breitband-in-hessen.de/mm/Leitfaden_WLAN_final.pdf), an die Kommunen weitergegeben. Zu den Maßnahmen der Landesregierung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in Hessen wird auch auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Richtlinien des Landes Hessen zur Innovationsförderung (Stand 8. Dezember 2016). Ziel der Technologie- und Innovationspolitik des Landes Hessen ist es, den Strukturwandel in der Wirtschaft durch Modernisierung zu meistern. Hierzu unterstützt das Land Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie deren Einführung, Einrichtungen der Technologieinfrastruktur und des Technologietransfers. Die Fördergebiete der Bund-Länder Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur" sowie die Vorranggebiete für die Förderung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE-Vorranggebiete) werden besonders berücksichtigt. Die Richtlinien des Landes Hessen zur Innovationsförderung sehen auch eine gesonderte Förderung digitaler Technologien in Zusammenhang mit Mobilität vor. Richtlinien des Landes Hessen zur Förderung von Innovation und Zusammenarbeit in der Landwirtschaft und in ländlichen Gebieten (Stand 16. Dezember 2015). Über die Europäische Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Zusammenarbeit " (EIP-Agri) sollen durch die Unterstützung von Operationellen Gruppen (OG) Innovationen in den Bereichen Landwirtschaft, Gartenbau, Weinbau, Nahrungsmittelkette, Forst und den Akteuren im ländlichen Raum gefördert werden (z.B. im Rahmen von Landwirtschaft 4.0/smart farming aber auch durch Vorhaben, die den Klima- und Umweltschutz positiv befördern ). Insbesondere soll eine schnellere und stärkere Überleitung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis realisiert werden. Dies soll zur Stärkung der Verbindung zwischen Praxis, Forschung und Innovation führen. Kernziel ist die Zusammenarbeit von Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie weiterer Partner mit der Praxis zur Entwicklung und Umsetzung innovativer Problemlösungen. ÖPNVG (Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen) Nach diesem Gesetz sind die Landkreise, kreisfreien Städte und die Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Insofern kann jegliche finanzielle Zuwendung des Landes für den ÖPNV auch eine Unterstützung digitaler Mobilitätsanwendungen im ländlichen Raum bedeuten, da die drei in Hessen tätigen Verkehrsverbünde die zugewiesenen Mittel im Rahmen der mit dem Land geschlossenen Finanzierungsvereinbarung eigenverantwortlich bewirtschaften. Im Einzelfall gibt es aber für digitale Technologien im ÖPNV auch zusätzliche gesonderte finanzielle Unterstützungen durch das Land. Zu benennen wäre hier z.B. die Finanzierung der für die alternativen Bedienformen "Mobilfalt" im Bereich des NVV sowie "Garantiert mobil" im Verbundgebiet des RMV erforderlichen digitalen Buchungsplattformen. Diese beiden Mobilitätspilotprojekte werden derzeit nur in ländlich geprägten Gebieten angeboten. Als weiteres Beispiel zusätzlicher Förderung kann die im Zusammenhang mit dem Schülerticket Hessen erfolgende finanzielle Unterstützung zur Schaffung der Nutzungsmöglichkeit elektronischer Tickets auch in den ländlichen Räumen Nord- und Südhessens benannt werden. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4901 12. Hessischer Fördertag der WIBank: Die Kommune von morgen - Zukunft für Hessen Am 14. September 2017 lädt die WIBank zu ihrem 12. Hessischen Fördertag nach Wiesbaden ein. Gemeinsam mit Kommunen, Institutionen und Unternehmen soll hier über zukünftige Herausforderungen für hessische Kommunen diskutiert werden. Das Land Hessen stellt für den Auf- und Ausbau digitaler Infrastrukturen auch für den ländlichen Raum Fördermittel wie unten stehend Verfügung. Details sind in der Breitbandförderrichtlinie des Landes Hessen vom 08.08.2016 geregelt, abrufbar im Internet unter: https://www.breitband-in-hessen.de/mm/Breitbandrichtlinie_Hessen.pdf sowie im Merkblatt der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen zum Darlehen für den Breitbandauf - und ausbau in Hessen, abrufbar im Internet unter: https://www.wibank.de/blob/wibank/306080/c92d6c13df016cff6ced86bd398f2f42/merkblattbreitbanddarlehen -data.pdf. Programm/Finanzierungsinstrument Fördervolumen Förderzeitraum (von - bis) ELER - Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums 32 Mio. € 2014 bis 2020 GAK - Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz 763.300 € jährlich 2014 bis 2018 GRW - Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" i.d.R. 450.000 € jährlich 2014 bis 2020 Landesförderung Breitbandinfrastrukturausbau - Kofinanzierung zur Bundesbreitbandförderung (Infrastrukturausbau) ca. 36,2 Mio. € (Mittelkontingent aus dem FP 26 für investive Maßnahmen ) 01.01.2016 bis 31.12.2020 (Geltungsdauer der Breitbandförderrichtlinie des Landes Hessen vom 08.08.2016) Darlehen für den Breitbandauf- und ausbau in Hessen (Breitbanddarlehensprogramm) 350 Mio. € bis 31.12.2015 Wiesbaden, 7. Juli 2017 Tarek Al-Wazir Anlagen KLA Drs. 19-4901 Anlage 1 Hessische Forschungseinrichtungen, die sich mit digitalen Lösungen für den ländlichen Raum beschäftigen, sind zum Beispiel: a) Darmstädter Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Zusammenarbeit mit der Firma AHS Assisted Home Solutions GmbH aus Weiterstadt: Projekt Wohn- und Quartierzentrum Weiterstadt (WoQuaZ): Im 22 Wohneinheiten umfassenden WoQuaZ werden Seniorinnen und Senioren mittels intelligenter Technik in der Wohnung unterstützt. Dazu sind die Appartements mit Sensoren ausgestattet, die regelmäßig unter anderem Rauch, Luftfeuchtigkeit oder Bewegung messen und Wasser oder den Herd eigenständig abschalten, sollten diese unkontrolliert laufen. Das Wohnquartier beherbergt zudem ein öffentliches Café, einen Physiotherapeuten und einen Friseursalon und ist in die umliegende Nachbarschaft gesellschaftlich eingebunden. Das barrierefreie Haus verfügt über ein ausgeklügeltes Hilfssystem, das beispielsweise auch Stürze der Bewohnerinnen und Bewohner mit Bodensensoren erkennen kann und im Notfall eine Alarmkette in Gang setzt. Mit der intelligenten Technik korrigiert es dezent die kleinen Fehler der Bewohnerinnen und Bewohner und unterstützt so deren Selbstständigkeit im Alter. Das Konzept ist beispielhaft für eine dem Menschen helfende Digitalisierung, die auf diese Art auch bei den Herausforderungen des demografischen Wandels unterstützen kann. b) University for Applied Sciences Frankfurt, Fachbereich 4 Soziale Arbeit, Prof. Barbara Klein, Leiterin der Forschungsgruppe "Assistive Technologien" Forschungsprojekt / LOEWE-Projekt, (HA-Projekt-Nr.: 410/14-10): Gesund, sicher und mobil mit Technik und Serviceerbringung. Prävention – Telecare – Digital Health (GSMTS). Das Projekt beschäftigt sich mit Wearables, die am Körper getragen werden und das Präventionsverhalten positiv beeinflussen sollen. Es handelt sich um ein Folgeprojekt zu dem vorrausgegangenen LOEWE-Projekt Feldtest Altersgerechte Assistenzsysteme in der Wohnungswirtschaft. c) Evangelische Hochschule Darmstadt, Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IZGS), Prof. Michael Vilain, Forschungsprojekte: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Entwicklung hybrider Geschäftsmodelle zur Stärkung innovativer ambienter Lebensstrukturen im Alter (ENGESTINALA), 09/2013 - 12/2016. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Zuhause eigenständig leben im Alter (ZELIA), 01/2015 - 12/2016. Europäische Union, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): EMOTION-AAL Integrated Preventive AAL Concept for the Aging Society in Europe's Rural Areas, 07/2009 - 06/2012. d) Technische Hochschule Mittelhessen (THM), Gießen , Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Prof. Dr.-Ing. Diethelm Bienhaus AAL meets IoT. Das Projekt befasst sich mit der Integration von Komponenten des Internets der Dinge und AAL-Systemen (Altersgerechte Assistenzsysteme). KLA Drs. 19-4901 Anlage 2 Praxisbezogene Pilotprojekte a) Car-Sharing in Schönstadt – digitales Buchungssystem für Fahrzeuge LEADER-Förderung des Projekts „schöner mobil“, getragen vom Verein „Gemeinsam unterwegs“ http://www.schoenstadt.net/index.php/elektromobilitaet/schoener-mobil http://www.schoenstadt.mobilesdorf.de/index.php b) NVV-Mobilfalt Verknüpfung von Individualverkehr und ÖPNV zur Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum, Projektträger: Nordhessischer Verkehrsverbund (NVV) und Werra-Meißner-Kreis, finanziert durch das Land Hessen. http://www.mobilfalt.de/ueber-mobilfalt/ c) Garantiert mobil Verknüpfung von Individualverkehr und ÖPNV zur Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum, Projektträger: OREG, Odenwald Regionalgesellschaft, finanziell unterstützt durch das Land Hessen. https://www.odenwaldmobil.de/nahverkehr/garantiert-mobil/ d) Fairfahrt Dienst zur Organisation von Mitfahrgelegenheiten, Projektträger: Stadt Romrod, Vogelsbergkreis, Durchführung als Praxisprojekt des Modellvorhabens „Langfristige Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur https://fairfahrt.de/ e) Netzwerk für die Seniorenversorgung unter Nutzung altersgerechter Assistenzsysteme (AAL) Die LEADER-Region Hersfeld-Rotenburg hat sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk für die Seniorenversorgung unter Nutzung altersgerechter Assistenzsysteme (AAL) aufzubauen. Digitale Technologien werden so bei der Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels genutzt. f) Land.Digital Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt mit der aktuellen Bekanntmachung "Land.Digital" die innovative Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien in ländlichen Räumen. Die Förderung erfolgt im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE). Bis zum 14. Juli 2017 können Projektskizzen eingereicht werden. http://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen- Auftraege/Kompetenzzentrum-Laendliche- Entwicklung/LandDigital/LandDigital_node.html Weitere in der Vorprüfphase befindliche mögliche Projekte: a) „Digitales Archiv“; Inhalt: archivieren historischer Dokumente der örtlichen Gegebenheiten im Interesse der Region; Vorlage durch: Zweckverband Mittleres Edertal. b) „Blumen und Zierpflanzen für den ländlichen Raum“; Inhalte: neue Absatzmärkte für regionale Gärtnereien erschließen; Vorlage durch: Unternehmen im Bereich Blumen- und Zierpflanzenmarkt, Frankfurt am Main. c) „Wirtschaft digital“; Inhalt: Vernetzung von Wirtschaftsunternehmen; Vorlage durch: Wirtschaftsförderung der Stadt Alsfeld. 4901_Anlagen.pdf KLA 4901 - Anlage 1 KLA 4901 - Anlage 2