Kleine Anfrage der Abg. Faulhaber (DIE LINKE) vom 29.05.2017 betreffend Elfenbeinhandel in Hessen II und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie kontrollieren die Behörden die Einhaltung aller artenschutzrechtlichen Vorschriften? Die Regierungspräsidien werden zum einen auf Antrag Betroffener tätig, beispielsweise bei Beantragung der für die Vermarktung grundsätzlich erforderlichen EU-Bescheinigung. Zudem werden sowohl turnusmäßige als auch anlassbezogene Kontrollen und Überwachungen der bekannten Gewerbetreibenden und Privatleute bezüglich Elfenbein durchgeführt. Bei konkreten Verdachtsmomenten werden auch sonstige Personen oder Einrichtungen kontrolliert. Die Kontrolle der Gewerbebetriebe erfolgt durch mengenmäßigen Abgleich zwischen Buchführungsmengen , Lagerbestand und Restmaterial. Bei Privatbesitz erfolgt die Kontrolle durch Abgleich der Besitzdokumente mit dem Material. Es finden Kontrollen vor Ort statt, bei denen in Zweifelsfällen auch externe Gutachter hinzugezogen werden, z.B. zur Feststellung der Echtheit oder für die Altersbestimmung. Frage 2. Welche Buchführungs- und Prüfverfahren gibt es für das Elfenbeingewerbe, und wie häufig werden Kontrollen durchgeführt? Sämtliche Gewerbetreibende im Elfenbeinhandel trifft eine artenschutzrechtliche Pflicht zur Buchführung, aus der sich die Bestandsveränderungen erkennen lassen müssen. Abgeleitet aus den Erfahrungswerten in der Praxis werden alle Gewerbetreibenden im Turnus von ca. zwei Jahren oder bei konkretem Bedarf vor Ort durch die für Artenschutz zuständige obere Naturschutzbehörde (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 HAGBNatSchG) kontrolliert. Den Gewerbetreibenden wird zudem aufgegeben, jährlich Bestandsmeldungen einzureichen. Die Buchführung wird bei allen genannten Gelegenheiten jeweils auf Stimmigkeit kontrolliert. Darüber hinaus werden, soweit konkrete Hinweise oder Unstimmigkeiten vorliegen, anlassbezogene Kontrollen und Überprüfungen durchgeführt. Die Buchführung nach Anlage 4 BArtSchV wird als Plausibilitätskontrolle mit Rohmaterial, verarbeitetem Material und Verschnitt (Restmengen und Sägemehl) abgeglichen . Frage 3. Wie werden die Größe des Lagerbestandes an Elfenbein mit der Menge an Zu- und Abgängen verglichen? In der Buchführung nach Anlage 4 BArtSchV sind alle mengenmäßigen Zu- und Abgänge aufgeführt . Verluste durch die Verarbeitung werden durch Plausibilitätskontrollen oder Hochrechnungen erfasst bzw. abgeschätzt. Bei Unstimmigkeiten werden weitere Überprüfungen angesetzt und Nachweise durch die Gewerbetreibenden verlangt. Auf die Antworten zu Frage 1 und 2 wird ergänzend verwiesen. Frage 4. Welche Genehmigungen sind für den Verkauf und die Verarbeitung von Elfenbein zuständig und welche Behörden stellen diese aus? Für die Vermarktung von Elfenbeinteilen ist eine EU-Bescheinigung gemäß Art. 8 EU-VO 338/97 erforderlich, die durch die zuständige Behörde (obere Naturschutzbehörde bei den Re- Eingegangen am 4. August 2017 · Bearbeitet am 7. August 2017 · Ausgegeben am 9. August 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4945 04. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4945 gierungspräsidien) erstellt wird. Die EU-Bescheinigung ist ein formalisiertes, EU-weit einheitliches Dokument, das nur erteilt wird, wenn der Antragsteller den rechtmäßigen Besitz bzw. die legale Herkunft des Elfenbeins nachweist. Diese EU-Bescheinigungen werden von den Regierungspräsidien ausgestellt. Für die isolierte Verarbeitung von Elfenbein ist keine gesonderte artenschutzrechtliche Genehmigung erforderlich. Eine EU-Bescheinigung zum Verkauf wird einem Antragsteller aber auch bei Elfenbeinprodukten nur erteilt, wenn er nachweisen kann, dass er das Produkt rechtmäßig in Besitz hat und das Elfenbein aus legaler Herkunft stammt. Für die Erteilung von Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen für Elfenbein ist das Bundesamt für Naturschutz zuständig. Frage 5. Wie stellen Behörden sicher, dass die gesamte Produktionskette legal ist und können sie verarbeitete Elfenbeinstücke dem Rohmaterial zuordnen? Für Ein- und Ausfuhr sowie innergemeinschaftliche Vermarktung von Rohelfenbein oder Elfenbeinprodukten sind die unter 4. genannten Genehmigungen erforderlich. Um die Genehmigungen zu erhalten, muss der Antragsteller die legale Herkunft bzw. den rechtmäßigen Besitz des Elfenbeins nachweisen. Bei Rohelfenbein werden vom Bundesamt für Naturschutz Kennziffern vergeben, die in die Stoßzähne eingeprägt werden und die Kennzeichnung wird unter Ziffer 4 "Beschreibung" in die EU-Bescheinigung aufgenommen. Verarbeitet ein Gewerbetreibender Stoßzähne, so muss er dies im Rahmen seiner Buchführung und im Hinblick auf seinen Bestand vor Ort nachvollziehbar dokumentieren. Eine Genehmigung zum Verkauf wird nur dann erteilt, wenn die legale Herkunft und der rechtmäßige Besitz nachvollziehbar sind. In der Genehmigung wird Bezug auf die Nummer der EU-Bescheinigung genommen, aus deren zugehörigem Stoßzahn ein verarbeitetes Produkt hergestellt wurde. Frage 6. Wie können die Genehmigungsbehörden sicherstellen, dass es sich bei dem in Hessen verarbeiteten oder verkauften Elfenbein um legal erworbenes Material handelt und kein gewildertes Elfenbein eingeschleust wird? Die Legalität des Rohmaterials ist von den jeweiligen Besitzern über Herkunftsdokumente, ggf. Einfuhr- und/oder Vermarktungsgenehmigungen nachzuweisen. Die ursprünglich in Hessen vorhandenen Bestände wurden nach Unterschutzstellung der Elefanten bzw. des Elfenbeins gesammelt festgestellt und erfasst. Für danach neu hinzugekommenes Elfenbein siehe die Ausführungen unter 4. und 5. Frage 7. Wird der Elfenbein-Bestand im Besitz des Elfenbein-Gewerbes in Hessen regelmäßig erfasst? (Bitte aufschlüsseln wie häufig dies erfolgt und wie wird die vorhandene Menge verifiziert und überprüft wird) Die Erfassung der Elfenbeinmengen erfolgt über die Buchführung nach Anlage 4 BArtSchV. Auf die Antworten zu 1, 2, 3 und 6 wird ebenfalls verwiesen. Frage 8. Wie häufig werden in Hessen regelmäßige oder stichprobenartige Prüfungen an dem in der Elfenbeinindustrie verarbeitetem oder angebotenen Elfenbein durchgeführt, um das Alter und die Herkunft des Elfenbeins festzustellen und welche Methoden kommen hierbei zum Einsatz? Die Kontrolle von Gewerbebetrieben erfolgt ca. alle zwei Jahre (bei Bedarf häufiger). Zur Feststellung und Überprüfung hinsichtlich Herkunft des Elfenbeins siehe auch die Antworten unter 1, 2, 3 und 6. Nur bei Unregelmäßigkeiten in der Buchführung werden labortechnische Prüfungen durch Sachverständige veranlasst. Das Alter der Stoßzähne selbst wird nicht separat geprüft , sondern etwa nur dann, wenn es ausschlaggebend ist, um nachzuweisen, dass es aus der Zeit vor Unterschutzstellung stammt. In diesem Fall wird regelmäßig der Antragsteller einer Genehmigung verpflichtet, eine Altersbestimmung mittels einer geeigneten Analyse in Auftrag zu geben, falls sich das Alter nicht anders nachweisen lässt. Frage 9. Wie viele Betriebe, die Elfenbein importieren, exportieren, verarbeiten oder verkaufen gibt es in Hessen? Im Bereich des Regierungsbezirkes Kassel gibt es einen Gewerbetreibenden, der Elfenbein in größeren Mengen bearbeitet, handelt und EU-Bescheinigungen beantragt. Gewerbebetriebe (die Schmuck oder Fertigwaren verkaufen) sind dort nicht bekannt und werden nicht erfasst. Eine Erhebung des Regierungspräsidiums Darmstadt aus dem Jahr 2014 ergab für den Bereich des Regierungsbezirkes fünf verarbeitende Betriebe. Daneben existieren teilweise Kleinbetriebe, die noch verarbeitetes Elfenbein in der Verkaufsauslage führen, jedoch aktuell kein weiteres Elfenbein mehr verarbeiten. Im Jahr 2014 hatten 14 Händler bzw. verkaufende Betriebe im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Darmstadt eine sogenannte Grund-Vermarktungs- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4945 3 bescheinigung beantragt. Damit ist nur bei diesen Betrieben noch von einem möglichen Verkauf im normalen Geschäftsgang auszugehen. Darüber hinaus waren dem Regierungspräsidium noch Lagerbestände bei acht Betrieben bekannt, die sich jedoch teilweise bereits in der Abwicklung befanden oder bei denen kein Verkauf mehr im geregelten Geschäftsgang erfolgte. Zahlen zu Im- und Export liegen der Hessischen Landesregierung nicht vor. Frage 10. Wie viele Arbeitsplätze hängen direkt vom Elfenbein verarbeitenden Gewerbe ab? Im Regierungsbezirk Kassel hängt kein Arbeitsplatz ausschließlich von der Elfenbeinverarbeitung ab. Die betroffenen Arbeitsplätze sind nur in Anteilen mit der Elfenbeinverarbeitung verbunden . Genaue Daten hierzu liegen nicht vor. Im Regierungsbezirk Gießen sind keine Betriebe bekannt, die Elfenbein verarbeiten. Im Regierungsbezirk Darmstadt handelt es sich überwiegend um kleine bzw. aus Einzelpersonen bestehende Betriebe. Konkrete Zahlen zu Arbeitsplätzen liegen nicht vor. Wiesbaden, 21. Juli 2017 Priska Hinz