Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 31.05.2017 betreffend Ortsumgehung Berndorf und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragestellerin: Schon weit unter einem Schalldruckpegel von 85 Dezibel kann Lärm krank machen - selbst dann, wenn er gar nicht als störend wahrgenommen wird. Lärm ist ein unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Der Krach löst Stressreaktionen aus, Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden verstärkt gebildet, was wiederum den Blutdruck steigen lässt, die Herzfrequenz beschleunigt und die Blutgerinnung aktiviert. Schätzungen zufolge sind allein etwa 4000 Herzinfarkte jährlich in Deutschland auf Straßenverkehrslärm zurückzuführen. Die Bürgerinitiative Berndorf kämpft seit Jahren für eine Ortsumgehung . Laut Lärmaktionsplan des Regierungspräsidiums Kassel führe Berndorf mit einer Lärmkennzahl von 438 nicht nur den Landkreis Waldeck-Frankenberg an, sondern liege noch mit Abstand vor Orten in den Kreisen Werra-Meißner und Schwalm-Eder. Berndorf sei der einzige Ort an der B 252 zwischen Rhoden und Marburg, für den es noch nicht einmal eine konkrete Trassenplanung gibt. Der Abschnitt ist im Bundesverkehrswegeplan mit dem Status "weiterer Bedarf mit Planungsrecht" versehen, Planungen müssen nun folgen, für die Umgehung kann konkretes Baurecht geschaffen werden. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Verkehrszahlen der von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) alle fünf Jahre bundesweit vorgenommenen Straßenverkehrszählung sollten in Bezug auf das Jahr 2015 im Sommer 2016 vorliegen. Die Veröffentlichung der Daten für Bundesstraßen in Hessen aus der Straßenverkehrszählung 2015 verzögert sich seitens der BASt jedoch aufgrund interner, vom Land Hessen nicht zu beeinflussender Schwierigkeiten bei der Hochrechnung und statistischen Absicherung der erhobenen Rohdaten. Ein Termin für die Veröffentlichung der ausstehenden Daten ist der Landesregierung nicht bekannt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Hessische Landesregierung die B 252 bezüglich des Verkehrsaufkommens und des Lärmpegels mit allen seinen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger? Frage 2. Inwiefern ist der Landesregierung bekannt, dass Berndorf im Lärmaktionsplan des Regierungspräsidiums Kassel mit der Lärmkennzahl die Spitze mit anführt, und welche Maßnahmen will sie ergreifen, um den Lärm zu verringern und die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Der Landesregierung liegen für die B 252 im Bereich Twistetal/Berndorf derzeit nur die offiziellen Verkehrszahlen aus der Straßenverkehrszählung 2010 vor, so dass nur auf dieser Grundlage eine Bewertung erfolgen kann. Der durchschnittliche tägliche Verkehr (DTV) belief sich danach im Jahr 2010 auf ca. 12.300 Kfz/Tag, der Lkw-Anteil betrug am Tag 10 % und während der Nachtzeit 15 %. Der Lärmaktionsplan Hessen, Teilplan Straßenverkehr für den Regierungsbezirk Kassel, ist am 21.03.2016 in Kraft getreten. Auf Grundlage der oben genannten Verkehrszahlen wurde für Twistetal/Berndorf im Rahmen dieses Plans eine zu Zwecken der Priorisierung von Lärmkonflikten hessenweit eingeführte Lärmkennziffer in Höhe von 438 ermittelt. Die Lärmkennziffer ist das Produkt aus der Höhe der berechneten Lärmpegel und der Anzahl an betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern. Je mehr Menschen von hohen Immissionspegeln betroffen sind, desto größer fällt der Wert der Lärmkennziffer aus und desto gravierender ist der Lärmkonflikt Eingegangen am 5. Juli 2017 · Bearbeitet am 6. Juli 2017 · Ausgegeben am 7. Juli 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4964 05. 07. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4964 einzustufen. Die Lärmaktionsplanung für den Regierungsbezirk Kassel wird auf Basis der Daten aus der Straßenverkehrszählung 2015 im Rahmen der Fortschreibung des Lärmaktionsplans Straßenverkehr im Herbst 2017 eine Neubewertung der Lärmkennziffer vornehmen. Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement hat im Jahr 2015 auf Grundlage der Daten aus der Straßenverkehrszählung 2010 eine Lärmberechnung vorgenommen. Im Ergebnis wird festgestellt, dass an 29 Gebäuden in der Nacht Überschreitungen des maßgeblichen Richtwerts der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) auftreten. Die Höhe der nächtlichen Richtwertüberschreitungen beträgt dabei jeweils mindestens 3 dB(A). Die zuständige Straßenverkehrsbehörde hat bislang von der Anordnung einer lärmbedingten Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h während der Nachtzeit auf der B 252 im Bereich von Twistetal/Berndorf aufgrund der zu erwartenden Daten aus der Straßenverkehrszählung 2015 abgesehen. Im Hinblick auf die im Jahr 2015 (unter Zugrundelegung der Verkehrszahlen 2010) festgestellte Anzahl und Höhe der Richtwertüberschreitungen während der Nachtzeit hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung nunmehr am 14.06.2017 das Regierungspräsidium Kassel aufgefordert, die zuständige Straßenverkehrsbehörde anzuweisen, unter sachgerechter Ermessensausübung eine Geschwindigkeitsbeschränkung aus Gründen des Lärmschutzes zwischen 22.00 und 6.00 Uhr in Twistetal/Berndorf anzuordnen . Frage 3. Wie hat die Landesregierung über die Projekte mit einer vordringlichen Bedarfseinstufung hinaus eine Priorisierung von der Bearbeitung von Maßnahmen mit der Einstufung "Weiterer Bedarf mit Planungsbedarf" vorgenommen? Der Anteil Hessens an den fest disponierten, also laufenden Projekten und den Projekten im vordringlichen Bedarf hat sich deutlich erhöht. Während auf Hessen im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003 ein Anteil von 7 % des Projektvolumens entfiel, ist der Anteil Hessens im BVWP 2030 auf 12 % angestiegen. Das Land wird sich deshalb bei der Bearbeitung von Bedarfsplanmaßnahmen an Bundesstraßen zunächst auf die planerisch fortgeschrittenen Projekte des vordringlichen Bedarfs konzentrieren, die eine zeitnahe Umsetzungsperspektive aufweisen und hierfür die Planungsmittel und Personalressourcen einsetzen. Der neue Bedarfsplan für Hessen enthält 79 Projekte mit einer vordringlichen Bedarfseinstufung . Die planerische und bauliche Umsetzung dieser vordringlichen Projekte hat zunächst Priorität vor der Bearbeitung von Maßnahmen mit der Einstufung "Weiterer Bedarf mit Planungsrecht ". Daher hat die Landesregierung keine Priorisierung von Maßnahmen mit der Einstufung "Weiterer Bedarf mit Planungsrecht" vorgenommen. Frage 4. Wie weit sind die Planungen für die Umgehung vorangeschritten? a) Wann erfolgt das Baurecht und gibt es bereits konkrete Vorstellungen zur Trassenführung? b) Wann kann der Ort Berndorf mit dem Bau sowie mit Fertigstellung der Umgehung der B 252 rechnen? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Für die Ortsumgehung Twistetal/Berndorf im Zuge der B 252 wird derzeit keine Planung durchgeführt. Daher gibt es auch keine fachlich abgesicherte Vorstellung für eine Trassenführung . Zeitpunkte für die Planungsaufnahme, die Baurechtschaffung, den Bau sowie die Fertigstellung können nicht genannt werden. Frage 5. Inwiefern und in welcher Form hat die Landesregierung auf das Anschreiben und die Initiativen, die von der Bürgerinitiative an das Verkehrsministerium gerichtet worden sind, reagiert? Die Landesregierung hat auf die E-Mail der Bürgerinitiative "B252 Berndorf" (Herrn Daniel S.) vom 31.01.2017 mit Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung vom 29.03.2017 geantwortet. In dem Schreiben hatte das Ministerium die Sachlage geschildert und um Verständnis gebeten, dass vor diesem Hintergrund an der für den 5. Mai 2017 geplanten Informationsveranstaltung kein Vertreter teilnimmt. Frage 6. Wie will die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass die Umgehung für Berndorf schnellst möglichst geplant und umgesetzt wird? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Wiesbaden, 26. Juni 2017 Tarek Al-Wazir