Kleine Anfrage der Abg. Faulhaber (DIE LINKE) vom 06.07.2017 betreffend und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Kultusminister wie folgt: Frage 1. Welche Standorte werden aktuell im Rahmen der Erstaufnahme genutzt? Die folgenden Standorte werden aktuell als Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 AsylG genutzt: Gießen I, Rödgener Straße, Gießen II, Meisenbornweg, Neustadt, Rotenburg, Büdingen, Kassel-Calden, Kassel-Niederzwehren, Darmstadt, Michaelisstraße, Hanau. Zudem befindet sich eine Außenstelle am Flughafen Frankfurt zur Durchführung des Verfahrens bei Einreise auf dem Luftwege gemäß § 18a AsylG. Frage 2. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zuweisung an die jeweiligen Standorte der Erstaufnahme? Grundsätzlich erfolgt die Verlegung nach der Maßgabe, die vorhandenen Kapazitäten der Standorte möglichst gleichmäßig zu nutzen. Dabei wird auf besondere Bedürfnisse der Personen geachtet. Schwangere Frauen und Familien mit Kindern im jüngeren Alter werden hauptsächlich am Standort Darmstadt, Michaelisstraße, untergebracht. Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen werden überwiegend in die Außenstelle Rotenburg verlegt. Frage 3. Wie viele Schutzsuchende sind aktuell (bzw. zum letztmöglichen Stichtag) an den jeweiligen Standorten untergebracht? Am 26. Juni 2017 war die folgende Personenanzahl an den genannten Standorten untergebracht: Standort Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner Gießen I, Rödgener Straße 990 Gießen II, Meisenbornweg 128 Neustadt 109 Rotenburg 146 Büdingen 171 Eingegangen am 25. Juli 2017 · Bearbeitet am 26. Juli 2017 · Ausgegeben am 28. Juli 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4982 25. 07. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4982 Kassel-Calden 149 Kassel-Niederzwehren 90 Darmstadt, Michaelisstraße 177 Hanau 233 Außenstelle Frankfurt-Flughafen 48 Insgesamt 2.241 Frage 4. Wie viele Personen befinden sich aktuell (bzw. zum letztmöglichen Stichtag) länger als sechs, neun bzw. zwölf Monate in den Einrichtungen der Erstaufnahme? Bitte getrennt nach Herkunftsländern und Zeiträumen darstellen. Die folgende Anzahl von Personen ist am 26. Juni 2017 länger als sechs, neun sowie zwölf Monate in den Einrichtungen der Erstaufnahme untergebracht: Herkunftsstaat Anzahl der Personen mit Aufenthalt länger als sechs Monate Anzahl der Personen mit Aufenthalt länger als neun Monate Anzahl der Personen mit Aufenthalt länger als zwölf Monate Albanien 18 14 20 Bosnien und Herzegowina 0 1 1 Republik Kosovo 12 0 11 Serbien 3 5 3 Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien 5 1 6 Montenegro 2 0 0 Ghana 1 0 0 Darüber hinaus sind zwei marokkanische Staatsangehörige, zwei algerische, vier eritreische, drei pakistanische, sechs russische Staatsangehörige sowie ein türkischer und ein äthiopischer Staatsangehöriger länger als sechs Monate in den Einrichtungen der Erstaufnahme wohnhaft gemeldet. Ein algerischer, ein äthiopischer, ein eritreischer sowie ein irakischer Staatsangehöriger sind länger als neun Monate in den Einrichtungen der Erstaufnahme wohnhaft gemeldet. Ein marokkanischer, ein algerischer, ein afghanischer, ein somalischer Staatsangehöriger sowie eine Person mit ungeklärter Staatsangehörigkeit sind länger als zwölf Monate in den Einrichtungen der Erstaufnahme wohnhaft gemeldet. Frage 5. Wie viele der in Frage 4 genannten Personen sind sogenannte Dublin-Fälle? Keine der in Frage 4 genannten Personen wird in der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen als sogenannter Dublin-Fall geführt. Die Durchführung des Dublin-Verfahrens obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Frage 6. Sofern Personen, die nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a AsylG) stammen, sich länger als sechs Monate in Einrichtungen der Erstaufnahme befinden: Wie erklärt sich die Landesregierung ihren Aufenthalt angesichts der zeitlichen Beschränkung des Aufenthaltes nach § 47 Abs. 1 AsylG? Die Landesregierung erklärt sich den Aufenthalt in der Erstaufnahme insbesondere mit unmittelbar bevorstehenden Zuweisungsterminen. So überschreitet bei 13 der unter Frage 4 genannten Personen, die nicht Staatsangehörige eines sicheren Herkunftsstaates sind, die Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung zwar geringfügig die sechsmonatige Frist des § 47 Absatz 1 AsylG, die Personen haben jedoch bereits einen zeitnahen Zuweisungstermin, an dem sie aus der Erstaufnahmeeinrichtung in eine Kommune verteilt werden. Bei anderen steht die Ausreise aus dem Bundesgebiet unmittelbar bevor, weil sie kurz vor dem Ablauf der sechsmonatigen Frist einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt haben oder weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchgeführt werden. Darüber hinaus führen längere Abwesenheitszeiten einiger der genannten Personen zu einem insgesamt langen Zeitraum, in dem die Personen in der Erstaufnahmeeinrichtung gemeldet sind. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4982 3 Frage 7. Wie viele Personen, die sich aktuell (bzw. zum letztmöglichen Stichtag) länger als sechs, neun bzw. zwölf Monate in den Standorten der Erstaufnahme befinden, sind minderjährig? Bitte getrennt nach Zeiträumen darstellen. 22 minderjährige Personen befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als sechs Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. Fünf minderjährige Personen befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als neun Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. 18 minderjährige Personen befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als zwölf Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. Frage 8. Wie viele Personen, die sich aktuell (bzw. zum letztmöglichen Stichtag) länger als sechs, neun bzw. zwölf Monate in den Standorten der Erstaufnahme befinden, sind im schulpflichtigen Alter? Bitte getrennt nach Zeiträumen darstellen. 9 Personen im schulpflichtigen Alter befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als sechs Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. Drei Personen im schulpflichtigen Alter befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als neun Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. elf Personen im schulpflichtigen Alter befanden sich zum 26. Juni 2017 länger als zwölf Monate in den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Regierungspräsidiums Gießen. Frage 9. Wie erfolgt die Beschulung von Kindern im schulpflichtigen Alter? Die Regelungen zur Schulpflicht sind in den §§ 56 bis 68 des Hessischen Schulgesetzes in der Fassung vom 14. Juni 2005 (GVBl. I S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Mai 2017 (GVBl. S. 50), enthalten. Die Schulpflicht in Bezug auf Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache ist ergänzend durch § 46 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) vom 19. August 2011 (ABl. S. 546), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. April 2014 (ABl. S. 234), geregelt. Schulpflichtig sind Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache demnach – unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit und dem Geburtsland – dann, wenn sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes oder von einer solchen befreit sind oder wenn ihr Aufenthalt ausländerrechtlich geduldet wird; Asylbewerberinnen und Asylbewerber sind dann schulpflichtig, wenn sie einer Gebietskörperschaft zugewiesen sind. Die Landesregierung erachtet hierbei die vorherrschende Praxis – die geflüchteten Kinder und Jugendlichen möglichst erst dann einer Schule zuzuführen, wenn sie einer Gebietskörperschaft zugewiesen worden sind – als sinnvoll, da für viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen in den hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen zunächst unklar ist, wie lange ihre Verweildauer dort anhält bzw. wie schnell eine Zuweisung in eine Gebietskörperschaft und damit ein Umzug erfolgt . Besucht ein Kind oder Jugendlicher bereits eine Schule während des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung, muss bei Zuweisung in eine Gebietskörperschaft sonst nach kurzer Verweildauer ein Schulwechsel erfolgen. Sowohl für die betroffenen Kinder und Jugendlichen als auch für die Schulen ist eine Beschulung während der Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung aufgrund dieser unklaren Verweildauer pädagogisch-psychologisch insofern eine hohe Belastung, als der Aufbau von Beziehungen für alle Beteiligten jederzeit beendet sein kann. Dass begonnene Lernprozesse nach kurzer Zeit wieder unterbrochen werden, stellt zudem in unterrichtsdidaktischer Hinsicht ein Problem dar. Nicht schulpflichtig, aber zum Schulbesuch berechtigt sind deshalb bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Schülerinnen und Schüler, die sich noch in den hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen befinden. Die Berechtigung zum Schulbesuch ist nach hessischer Rechtslage bereits ab dem ersten Tag des tatsächlichen Aufenthalts im Land Hessen gegeben. Um hier begründete Ansprüche auf Beschulung unter Berücksichtigung oben dargelegter pädagogischpsychologischer Überlegungen erfüllen zu können, wird angesichts der zu verzeichnenden Verteilung schulbesuchsberechtigter Kinder und Jugendlicher zum Beginn des Schuljahres 2017/18 eine zentrale Beschulungsmöglichkeit in der Erstaufnahmeeinrichtung Gießen, Rödgener Straße, installiert. Darüber hinaus ist eine dezentrale Einrichtung von Beschulungsmöglichkeiten innerhalb bestehender Intensivmaßnahmen unter Koordination durch die Aufnahme- und Beratungszentren und Sicherstellung einer validen und kontinuierlich aktualisierten Datengrundlage geplant. Die genauen Umsetzungsmodalitäten werden derzeit in enger Abstimmung mit den betroffenen Ressorts geprüft. Es wird darauf hingewiesen, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen bereits niedrigschwellige Angebote zur Sprachförderung als Integrationsmittel existieren. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4982 Frage 10. In welcher Form kommt die Erstaufnahmeeinrichtung ihrer Informationspflicht gem. § 47 Abs. 4 AsylG nach? Die Asylbewerber erhalten bei der Aufnahme eine schriftliche Belehrung nach § 47 Abs. 4 AsylG in ihrer Muttersprache und in deutscher Sprache, deren Empfang sie mit einer Unterschrift bestätigen. Wiesbaden, 17. Juli 2017 In Vertretung: Dr. Wolfgang Dippel