Kleine Anfrage Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 12. Juni 2017 betreffend Betreiber Windenergieanlagen mit Sitz in Hannover und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Trifft es zu, dass Ende 2013 ein Betreiber von Windenergieanlagen mit Geschäftssitz in Hannover ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) auf Errichtung und Betrieb von 4 (ursprüngliche Planung: 6) Windkraftanlagen (WKA) in 61200 Wölfersheim, Gemarkung Wohnbach, Flur 6, Flurstücke 62 und 66; Flur 7, Flurstück 9 sowie Flur 9, Flurstücke 5, 6, 14 und 35 beim zuständigen Regierungspräsidium Darmstadt beantragt hat? Ja. Mit Antrag vom 19.12.2013 wurde die Errichtung von sechs Windenergieanlagen (WEA) von der Fa. LENPower GmbH (Hannover) beantragt. Mit Schreiben vom 27.08.2014 teilte die Fa. NWind GmbH (Hannover) mit, dass ihr die mehrheitlichen Unternehmensanteile übertragen wurden und sie das Projekt im Wesentlichen weiter führen wird. Der Antragsgegenstand wurde danach auf vier WEA reduziert. Frage 2. Trifft es weiter zu, dass das Regierungspräsidium Darmstadt mit Bescheid von Anfang Mai 2017 die Errichtung dieser v. g. WKAs hauptsächlich aus - denkmalschutzrechtlichen (Burgruine Münzenberg) und - naturschutzrechtlichen (Großvogelvorkommen - u.a. Rotmilan und Wespenbussard) Gründen abgelehnt hat? Ja. Der Ablehnungsbescheid trägt das Datum 04. Mai 2017. Frage 3. Welche denkmalpflegerischen Belange und mit welcher Begründung widersprechen einer Errichtung der o. g. WKA? Die im Rahmen der fachlichen Beteiligung des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz beteiligten Denkmalschutzbehörden - untere Denkmalschutzbehörde und Landesamt für Denkmalpflege Hessen - versagten Ihre Zustimmung zu dem Vorhaben, da aus ihrer Sicht eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung im visuellen Erscheinungsbild von Burg und Stadt Münzenberg vorliegt, die einer Genehmigung des Vorhabens entgegen steht. Auch die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten teilt diese Beurteilung. Die Genehmigungsbehörde hat sich der Auffassung der Denkmalschutzbehörden angeschlossen und entschieden, dass das Interesse an einem unbeeinträchtigten Erscheinungsbild der Burg Münzenberg sehr hoch einzustufen ist und dem öffentlichen Interesse an Maßnahmen zum Schutz des Klimas überwiegt. Die Abwägung, die zu diesem Ergebnis geführt hat, kann auch im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Bedeutung der Gesamtanlage Münzenberg als Kulturdenkmal herangezogen werden. Vor diesem Hintergrund war auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht von einer erheblichen Beeinträchtigung des öffentlichen Belangs "Denkmalschutz" auszugehen und das Vorhaben folglich auch bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig . Frage 4. Welche naturschutzrechtlichen Belange und mit welcher Begründung widersprechen einer Errichtung der o.g. WKA? Die Prüfung der naturschutzrechtlichen Belange hat ergeben, dass dem beantragten Vorhaben die Verbotsvorschriften des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegenstehen. Hiernach ist es verboten, Eingegangen am 2017 · Eilausfertigung am 1. Januar 2017 · Ausgegeben am 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5005 17. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5005 wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. In einem vorgelegten Fachgutachten wurde nachgewiesen, dass Rotmilane regelmäßig den Bereich des geplanten Windparks überfliegen würden. Durch den Betrieb der beantragten Anlagen wären die Tiere einem Tötungsrisiko ausgesetzt, das signifikant über demjenigen liegt, dem sich Vögel dieser Spezies ansonsten im Naturraum ausgesetzt sehen. Die vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen bestanden in der Schaffung von Ablenkflächen, der für Rotmilane unattraktiven Gestaltung der Gefahrenzone um jede einzelne WEA, der temporären Abschaltung der WEA bei Bodenbearbeitung, Ernte oder Mahd und der Überlegung, auf die Errichtung einzelner Anlagen zu verzichten. All diese Vorschläge reichen bei diesem Vorhaben indes nicht aus, um Kollisionen wirksam ausschließen zu können. Im Gefahrenbereich der einzelnen Anlagen finden - gutachterlich belegt - überwiegend Transferflüge des Rotmilans statt, nur in geringerem Umfange Nahrungsflüge. Aufgrund der räumlichen Situation im Umfeld der WEA besteht nicht die Möglichkeit, Ablenkflächen in ausreichendem Umfang zu schaffen, um transferflugbedingte Kollisionen zu vermeiden. Mehrere Brutpaare der Art weisen zudem dort eine regelmäßige Raumnutzung auf. Eine für Rotmilane unattraktive Gestaltung der Gefahrenzone wäre zwingende Voraussetzung, Rotmilanflüge und damit mögliche Kollisionen in diesem Bereich zu vermeiden. Eine entsprechend weitreichende Änderung der Landnutzungsform um die WEA - z.B. durch umfangreiche Gehölzanpflanzungen - sind in dem dazu erforderlichen Umfang in der Standortgemeinde nicht umsetzbar. Frage 5. Welche sonstigen Gründe führten ggf. noch zur Ablehnung des Antrages auf Errichtung der o.g. WKA? Die Ersatzgeldberechnung für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes war fehlerhaft ermittelt, hätte aber nach einer entsprechenden Korrektur einer Genehmigung nicht entgegengestanden. Die Standortgemeinde Wölfersheim hatte das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben aus verschiedenen Gründen versagt. Ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde kann ersetzt werden. Da aufgrund der fehlenden rechtlichen Voraussetzungen in den Bereichen Denkmalund Naturschutz (Frage 3 und 4) eine Genehmigung ohnehin nicht möglich war, erübrigte sich eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens. Frage 6. Welche Gründe gibt es, das Vorranggebiet 10501sachlicher Teilplan, Erneuerbare Energien Entwurf 2016, Regionaler Flächennutzungsplanung, weiterhin im sachlichen Teilplan - Erneuerbare Energien - aufzuführen, wenn doch die Errichtung von WKA im Rahmen eines BImSchG- Verfahrens in diesem Gebiet wohl aus denkmalpflegerischen und naturschutzrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist? Frage 7. Hat hier das Regierungspräsidium Darmstadt seinen neuesten Kenntnisstand aus dem aktuellen Genehmigungsverfahren im sachlichen Teilplan - Erneuerbare Energien - noch nicht nachgeführt oder wann und wie soll hier der Teilplan dem aktuellen Kenntnisstand angepasst werden? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Regionalversammlung Südhessen und die Verbandskammer des Regionalverbandes Frankfurt RheinMain haben bereits im Dezember 2016 den Sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE), Entwurf 2016 beschlossen. Dieser befand sich vom 3. April 2017 bis zum 14. Juli 2017 in der Offenlage. Der Ablehnungsbescheid für die geplanten Windenergieanlagen in Wölfersheim /Wohnbach erging erst Anfang Mai 2017. Er konnte also noch nicht im TPEE, Entwurf 2016 berücksichtigt werden. Das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens der Windenergieanlagen wird in die Abwägung der Stellungnahmen aus der Offenlage einfließen. Wiesbaden, 8. August 2017 In Vertretung: Dr. Beatrix Tappeser