Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 16.06.2014 betreffend Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 zur 5. Jahrgangsstufe an Hessens Gymnasien und kooperativen Gesamtschulen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Kultusministers: Seit der Änderung des Hessischen Schulgesetzes durch Gesetz vom 5. Juni 2008 (GVBl. I S. 761) können schulformbezogene (kooperative) Gesamtschulen zwischen einer 5-jährigen oder 6- jährigen Organisation des Gymnasialzweigs wählen. Durch Gesetz vom 18. Dezember 2012 (GVBl. S. 645) wurde diese Möglichkeit auch für die Gymnasien und deren Organisation der Mittelstufe eröffnet. Zugleich wurde festgelegt, dass eine Organisationsänderung ab dem Schuljahr umgesetzt wird, das dem Beschluss der Schulkonferenz folgt, beginnend jeweils mit der Jahrgangsstufe 5. Weiterhin wurden aus den Jahrgangsstufen 5 bis 7 der Schulen Forderungen laut, mit in die Organisationsänderungen einbezogen zu werden. Dementsprechend wurde durch die neueste Änderung des Hessischen Schulgesetzes vom 22. Mai 2014 die Möglichkeit zur Einbeziehung auch der Jahrgänge 5, 6 und 7 geschaffen, soweit der verfassungsrechtlich gewährleistete Grundsatz des Vertrauensschutzes das zulässt. An kooperativen Gesamtschulen (KGS) sind grundsätzlich folgende Organisationsformen möglich : a) KGS ohne Förderstufe, der Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweig beginnen mit der Jahrgangsstufe 5, b) KGS mit Förderstufe, der Hauptschul- und Realschulzweig beginnen mit der Jahrgangsstufe 7, der Gymnasialzweig mit der Jahrgangsstufe 5, c) KGS mit Förderstufe, der Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweig beginnen mit der Jahrgangsstufe 7. Bei der Beantwortung der nachfolgenden Fragen können die Schulen der Variante c (insgesamt 24 Schulen) nicht berücksichtigt werden, da an diesen der Gymnasialzweig erst in der Jahrgangsstufe 7 beginnt und somit eine Anmeldung für eine gymnasiale Eingangsklasse in der Jahrgangsstufe 5 nicht möglich ist. Langfristig hat die Landesregierung das Ziel gemeinsam mit den Schulträgern ein angemessenes Angebot sowohl von G8 als auch G9 an hessischen Schulen flächendeckend zu ermöglichen. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Eltern haben ihre Kinder, die derzeit die vierte Klasse einer Grundschule besuchen, als Erstwahl für das Schuljahr 2014/2015 an einem Gymnasium oder für den Gymnasialzweig einer kooperativen Gesamtschule angemeldet? (Bitte differenziert darstellen nach Schulform) Von den Schülerinnen und Schülern, die derzeit die vierte Jahrgangsstufe einer Grundschule besuchen , wurden als Erstwahl von ihren Eltern für die Jahrgangsstufe 5 des Schuljahres 2014/15 insgesamt 16.081 Schülerinnen und Schüler an einem Gymnasium und 6.405 Schülerinnen und Schüler für den Gymnasialzweig einer kooperativen Gesamtschule angemeldet. Eingegangen am 4. August 2014 · Ausgegeben am 6. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/506 04. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/506 Frage 2. Wie viele dieser Schulen werden zum Schuljahr 2014/2015 in der Jahrgangsstufe 5 über ein rei- nes G9-Angebot verfügen? Im Schuljahr 2014/15 wird an 67 Gymnasien und 102 kooperativen Gesamtschulen in der Jahrgangsstufe 5 ein G9-Angebot bestehen. Frage 3. Wie viele dieser Schulen werden zum Schuljahr 2014/2015 in der Jahrgangsstufe 5 über ein rei- nes G8-Angebot verfügen? Im Schuljahr 2014/15 wird an 24 Gymnasien und 9 kooperativen Gesamtschulen in der Jahrgangsstufe 5 ein G8-Angebot bestehen. Die Schulen, die am Schulversuch zum Parallelangebot G8/G9 teilnehmen, sind in diesen Angaben nicht enthalten. Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 4. Wie viele dieser Schulen werden zum Schuljahr 2014/2015 in der Jahrgangsstufe 5 sowohl G8 als auch G9 in der kommenden 5. Jahrgangsstufe anbieten? Derzeit ist für Schulen ein Parallelangebot von G8 und G9 nur im Rahmen eines Schulversuchs möglich. Dieser ist derart ausgestaltet, dass die Jahrgangsstufen 5 und 6 zum verkürzten gymnasialen Bildungsgang (G8) zählen und eine Bildung von einzelnen G8- und G9-Klassen erst ab der Jahrgangsstufe 7 erfolgt. Ab dem Schuljahr 2014/15 werden insgesamt 16 Gymnasien und 2 kooperative Gesamtschulen an dem Schulversuch teilnehmen. Frage 5. Wie viele Eltern, die für ihr Kind als Erstwahl ein G9-Angebot in Klasse 5 wünschen, werden dieses absehbar nicht erhalten? Nach derzeitiger Prognose werden für das Schuljahr 2014/15 insgesamt ca. 339 Schülerinnen und Schüler, deren Eltern als Erstwahl ein G9-Angebot wünschen, dieses in der Jahrgangsstufe 5 des Schuljahres 2014/15 nicht erhalten. Frage 6. Wie viele Eltern, die für ihr Kind als Erstwahl ein G8-Angebot in Klasse 5 wünschen, werden dieses absehbar nicht erhalten? Unerfüllte G8-Wünsche sind derzeit nicht bekannt. Frage 7. Sieht die Landesregierung in allen Schulträgerbezirken eine Wahlfreiheit zwischen beiden Ange- boten gegeben? Gemäß § 77 Abs. 1 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) ist die Wahl des Bildungsgangs nach dem Besuch der Grundschule Sache der Eltern. Wird der gewählte Bildungsgang sowohl schulformbezogen (z.B. Gymnasium, kooperative Gesamtschule) als auch integriert (IGS) angeboten, können die Eltern zwischen beiden Formen wählen (vgl. § 77 Abs. 1 HSchG). Ein darüber hinausgehendes Wahlrecht, z.B. in Bezug auf bestimmte Schulformen oder eine bestimmte Schule , besteht nicht. Folglich ist auch ein Anspruch auf eine bestimmte zeitliche Organisation des Bildungsgangs (G8, G9) nicht ableitbar. Über diesen rechtlichen Anspruch der Eltern auf Wahl des Bildungsgangs hinausgehend beabsichtigt die Landesregierung, gemeinsam mit den Schulträgern zu einem bedarfsgerechten G8- und G9-Angebot zu kommen. Der entsprechende Diskussions- und Entscheidungsprozess in Bezug auf den Verbleib bei G8, einen Wechsel zu G9 oder die Teilnahme am Schulversuch zum Parallelangebot G8/G9 ist noch nicht an allen Schulen abgeschlossen und somit eine abschließende Einschätzung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Frage 8. In welchen Schulträgerbezirken sieht die Landesregierung Schwierigkeiten eine Wahlfreiheit zwischen beiden Angeboten zu gewährleisten? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Frage 9. Werden den Familien die vollen Fahrtkosten zu einem G9-Gymnasium oder einer Kooperativen Gesamtschule, die G9 anbietet, erstattet, auch wenn ein G8-Gymnasium oder eine Kooperative Gesamtschule, die nur G8 anbietet, näher liegt? Gemäß § 161 Abs. 5 Ziffer 3 HSchG werden die Beförderungskosten für den Besuch der nächstgelegenen, aufnahmefähigen Schule übernommen, deren Unterrichtsangebot es der Schülerin oder dem Schüler ermöglicht, den gewünschten Abschluss am Ende der Mittelstufe (Sekundarstufe I) ohne Schulwechsel zu erreichen. Der Entscheidung der Eltern entsprechend gilt Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/506 3 dabei als nächstgelegen entweder die Schule, in der der gewählte Bildungsgang der Mittelstufe schulformbezogen, oder diejenige Schule, in der er schulformübergreifend angeboten wird. Bei G8 und G9 handelt es sich nicht um unterschiedliche Bildungsgänge, sondern um unterschiedliche zeitliche Organisationen des gymnasialen Bildungsgangs. Folglich erlangt die Frage, ob die jeweilige Schule über ein G8- oder G9-Angebot verfügt, im Kontext der rechtlichen Bestimmungen für die Übernahme der Beförderungskosten keine Relevanz. Wiesbaden, 23. Juli 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz