Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 28.06.2017 betreffend Pflegepersonal in Hessischen Krankenhäusern und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: In einer Veröffentlichung der Bertelsmann-Stiftung "SPOTLIGHT GESUNDHEIT" werden auf der Grundlage von unterschiedlichen Datenerhebungen Handlungsempfehlungen für den Krankenhauspflegebereich vorgestellt. Im Papier wird festgestellt, dass eine höhere Anzahl von Krankenhauspflegekräften die Versorgungsqualität erhöht und gleichzeitig das Risiko für Behandlungskomplikationen wie z.B. Infektionen senkt. Es wird darauf verwiesen, dass die Erfahrungen in anderen Ländern mit Mindestpersonalvorgaben sehr positiv waren. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet sie den von der Bertelsmann-Stiftung aufgezeigten Zusammenhang zwischen Komplikationen bei Krankenhausbehandlungen wie z.B. Infektionen und der Personalausstattung in den Kliniken, insb. im Pflegedienst? Die Hessische Landesregierung war durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration maßgeblich beteiligt an den Beratungen der Expertenkommission Pflege, die von Herrn Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe im Frühjahr 2016 einberufen wurde, um die Pflege im Krankenhaus zu stärken. Die Kommission hat sich, auch aufgrund von dort erstellten Gutachten von Frau Prof. Meyer und Herrn Prof. Schreyögg, beide Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit, sehr intensiv mit dem Zusammenhang zwischen der Anzahl des Pflegepersonals und der Qualität der Versorgung beschäftigt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es Bereiche gibt, in denen die Zahl unerwünschter Ereignisse steigt, wenn eine bestimmte Personalgröße unterschritten wird. Aufbauend auf den Ergebnissen der Expertenkommission wurde unter maßgeblicher Mitwirkung Hessens der Gesetzentwurf der Bundesregierung für Personaluntergrenzen im Krankenhausbereich erstellt, der vom Bundestag am 01.06.2017 verabschiedet wurde und dem der Bundesrat am 07.07.2017 zugestimmt wurde. Die Selbstverwaltung hat nun bis zum 30.06.2018 Zeit, Pflege sensible Bereiche festzulegen, in denen Personaluntergrenzen notwendig sind, sowie die entsprechenden Personalvorgaben. Frage 2. Wie hat sich die Anzahl des Pflegepersonals (Vollzeitäquivalente) in hessischen Krankenhäusern seit dem Jahr 2000 bis heute im Vergleich zu ärztlichem und sonstigem Personal entwickelt (bitte nach Krankenhäusern und Berufsabschlüssen aufschlüsseln)? Die Zahl der in hessischen Krankenhäusern beschäftigten Pflegekräfte - umgerechnet in Vollzeitäquivalente (VZÄ) - hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2015 um 1,8 % erhöht. Dabei ist die Zahl der Pflegekräfte zwischen 2000 und 2008 um ca. 10 % gesunken. In den Folgejahren kam es zur Trendumkehr und die Zahl der Pflegekräfte ist kontinuierlich angestiegen, seit 2008 um insgesamt 12,8 %. Im Vergleich zum Pflegepersonal ist das ärztliche Personal (VZÄ) in hessischen Krankenhäusern zwischen den Jahren 2000 und 2015 wesentlich stärker um insgesamt 48,1 % gestiegen. Das sonstige Personal - zu dem u.a. der medizinisch-technische Dienst, der Funktionsdienst und auch der Verwaltungsdienst zählt - ist im gleichen Zeitraum um 1,9 % gesunken. Die Entwicklung des Personals (VZÄ) in hessischen Krankenhäusern nach Berufsgruppen in den Jahren 2000, 2005, 2010 und 2015 ist der beigefügten Anlage 1 zu entnehmen. Eingegangen am 9. August 2017 · Bearbeitet am 9. August 2017 · Ausgegeben am 11. August 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5076 09. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5076 Eine Auswertung nach Berufsabschlüssen ist nicht möglich. Prinzipiell unterscheidet die Krankenhausstatistik zwar die Berufsgruppen Gesundheits- und Krankenpflege, Krankenpflegehilfe, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie sonstige Pflegepersonen, jedoch ist die Zahl der Pflegekräfte umgerechnet in VZÄ nur für den Pflegedienst insgesamt verfügbar. Ebenfalls ist eine Differenzierung nach Krankenhäusern nicht möglich, da das Hessische Statistische Landesamt aus Datenschutzgründen keine Auswertungen auf Ebene einzelner Krankenhäuser vornimmt . Frage 3. Wie hat sich die Anzahl des beschäftigten Pflegepersonals in hessischen Krankenhäusern seit dem Jahr 2000 bis heute im Verhältnis zur Bettenzahl und zu den Belegungstagen entwickelt (aufgeschlüsselt nach Krankenhäusern und Berufsabschlüssen)? Im Zeitraum zwischen 2000 und 2015 hat sich die Zahl der Berechnungs- und Belegungstage von 11,5 Mio. auf 10,2 Mio. reduziert. Das entspricht einem Rückgang von -10,8 %. Die Zahl der aufgestellten Betten war mit -9,5 % in ähnlicher Weise rückläufig. Die Zahl der aufgestellten Betten hat sich von rund 40.000 auf 36.000 reduziert. Werden sowohl die Berechnungs- und Belegungstage als auch die Zahl der aufgestellten Betten mit dem Pflegepersonal (VZÄ) in Beziehung gesetzt, dann zeigen sich rückläufige Tendenzen. Die Zahl der Berechnungs- und Belegungstage je Pflegekraft ist von 496,0 im Jahr 2000 auf 434,8 im Jahr 2015 zurückgegangen (-12,3 %). Die Zahl der aufgestellten Betten je Pflegekraft ist von 1,72 im Jahr 2000 auf 1,53 im Jahr 2015 gesunken (-11,1 %). Das Verhältnis der Berechnungs- und Belegungstage sowie der aufgestellten Betten je Pflegekraft (VZÄ) in den Jahren 2000, 2005, 2010 und 2015 ist der beigefügten Anlage 2 zu entnehmen . Frage 4. Wie hoch ist die Anzahl der Pflegekräfte, die voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren in Ruhestand gehen wird? Im Jahr 2015 lag das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei Renten wegen Alters bei rund 64 Jahren. Unter der Annahme eines konstant bleibenden durchschnittlichen Rentenzugangsalters erreichen in den kommenden fünf Jahren die heute 59- bis 64-Jährigen das Rentenalter. Um die Anzahl der Pflegekräfte abzuschätzen, die in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich in Rente geht, wird die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Pflegebereich und mit Arbeitsort in Hessen betrachtet. In der beigefügten Anlage 3 ist die Anzahl der Personen im Alter von 59 Jahren und älter nach Tätigkeitsfeldern dargestellt. Bei der Gesundheits- und Krankenpflege insgesamt liegt die Zahl der Personen im Alter von 59 Jahren und älter bei rund 5.000. In der Altenpflege erreicht diese Personengruppe eine Anzahl von rund 3.100. Zu beachten ist jedoch, dass nicht alle Personen mit 64 Jahren in Rente gehen. Ein Teil der Pflegepersonen arbeitet auch über das durchschnittliche Rentenzugangsalter hinaus. Des Weiteren ist zu beachten , dass Aufsichts- und Führungskräfte in der Gesundheits- und Krankenpflege nicht enthalten sind, weil diese in der Statistik nicht separat ausgewiesen werden. Frage 5. Inwiefern wird das von der Bertelsmann-Stiftung empfohlene Betreuungsverhältnis von mindestens einer Pflegekraft auf 7,5 Krankenhauspatientinnen im Tagdienst in Hessischen Krankenhäusern erreicht? Frage 6. Falls Nein, wie viel Pflegepersonal müsste in den hessischen Krankenhäusern schätzungsweise eingestellt werden, um einen zufriedenstellenden Betreuungsschlüssel zu erzielen? Die Fragen 5 und 6 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Zunächst ist festzuhalten, dass für die Hessische Landesregierung weniger die Studie der Bertelsmann -Stiftung, sondern die Ergebnisse der Expertenkommission Pflege (siehe Antwort zur Frage 1) maßgebend sind. Eine amtliche Statistik zu der Zahl der Pflegekräfte im Tagdienst ist nicht verfügbar. Dazu müssten stations- und dienstzeitenspezifische Kennziffern vorliegen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Alternativ kann jedoch die Personenbelastungszahl (PBZ) bezogen auf belegte Betten dargestellt werden. Laut Statistischem Bundesamt beschreibt die PBZ bezogen auf belegte Betten die Zahl der Betten, die eine Vollkraft pro Arbeitstag durchschnittlich zu versorgen hat. Da eine Vollkraft über 8 Stunden Regelarbeitszeit am Tag verfügt und durchschnittlich 220 Arbeitstage im Jahr anwesend ist, wird dies bei der Berechnung der PBZ entsprechend berücksichtigt. In der beigefügten Anlage 4 ist die PBZ bezogen auf belegte Betten für das Pflegepersonal dargestellt . So hatte eine Pflegekraft im Jahr 2000 am Tag durchschnittlich 6,8 Betten zu versorgen. Die Belastung des Pflegepersonals ist statistisch gesehen bis zum Jahr 2015 zurückgegangen. Im Jahr 2015 musste eine Pflegekraft durchschnittlich nur noch 5,9 Betten am Tag versorgen. Das entspricht einem Rückgang in Höhe von 12,3 %. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5076 3 Frage 7. Wie viele Auszubildende sind in den verschiedenen Ausbildungsjahrgängen in der Krankenpflege und der Krankenpflegehilfe in Hessen eingeschrieben? In der unter Anlage 5 beigefügten Tabelle vom Hessischen Statistischen Landesamt sind die Ausbildungsberufe in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie der Krankenpflegehilfe nach den Ausbildungsjahrgängen aufgeführt. Derzeit sind in Hessen 51 Schulen, 186 Klassen und 3.830 Schüler in den genannten Berufen gemeldet. Allerdings besteht lediglich für die Altenpflegeschulen eine gesetzliche Pflicht, die Daten dem Hessischen Statistischen Landesamt zu übermitteln. Die Aufstellung umfasst nicht alle Schulen in Hessen, da alle anderen Schulen Ihre Daten auf freiwilliger Basis melden. Für die Krankenpflegehilfe ist nur das erste Ausbildungsjahr aufgeführt, da es sich in Hessen um eine einjährige Krankenpflegehilfeausbildung handelt. Frage 8. Was unternimmt die Landesregierung, um die Qualität in der Krankenhauspflege durch Qualifizierungsmaßnahmen des Pflegepersonals sicher zu stellen? Um die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten und die Pflegefachkräfte künftig besser auf die sich ausweitenden Herausforderungen im Pflegealltag vorzubereiten, hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats vor Kurzem das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz - PflBRefG) beschlossen. Dieses Gesetz führt zu einer Verzahnung der bislang getrennten drei Pflegeberufe Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Altenpflege. Durch die höheren Anforderungen an die Lehrkräfte der Pflegeschulen (Masterabschluss), wird noch einmal unterstrichen, dass sehr viel Wert auf die Qualität der Pflegeausbildung gelegt wird. Die zugehörige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ist noch nicht fertig gestellt. Sie wird nach Fertigstellung dem Bundestag zur Befassung zugeleitet. Erst wenn die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung beschlossen ist, kann die Hessische Weiterbildungs- und Prüfungsordnung angegangen werden. In dieser Verordnung werden die Weiterbildungsmöglichkeiten und dergleichen geregelt sein. Auch der Rahmenlehrplan für Hessen kann erst auf Basis der Ausbildungs - und Prüfungsverordnung erarbeitet werden. Durch das Pflegeberufereformgesetz muss auch die Ausbildung in der Krankenpflegehilfe und Altenpflegehilfe neu durchdacht werden. Somit wird sich das Hessische Krankenpflegehilfegesetz und die Hessische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Krankenpflegehilfe zu gegebener Zeit ändern. Hierbei ist zu überlegen, ob die in Hessen praktizierte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe von einem Jahr auf zwei Jahre ausgeweitet werden kann. Dies würde sicherlich zu einer besseren Qualifizierung und zu einer höheren Attraktivität der Krankenpflegehilfe führen. Abschließend ist zu sagen, dass die Qualität in der Krankenpflege durch die erwähnten Gesetzesänderungen und Maßnahmen deutlich gesteigert werden kann. Wiesbaden, 30. Juli 2017 Stefan Grüttner Anlagen Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/5076 Entwicklung des Personals (Vollzeitäquivalente) in hessischen Krankenhäusern nach Berufsgruppen 2000-2015 Berufsgruppe 2000 2005 2010 2015 Veränderung 2000-2015 absolut relativ Pflegepersonal 23.149 21.537 21.705 23.562 +413 +1,8% Ärztliches Personal1 7.106 8.007 8.963 10.526 +3.420 +48,1% Sonstiges Personal2 28.096 26.394 25.761 27.565 -531 -1,9% Anmerkung: Ab 2010 inklusive Personal ohne direktes Beschäftigungsverhältnis. 1 Nur hauptamtliche Ärzte, Belegärzte sind nicht erfasst. 2 darunter u.a. medizinisch-technischer Dienst, Funktionsdienst, Verwaltungsdienst, klinisches Hauspersonal, technischer Dienst. Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur. Anlage 2 zur Kleinen Anfrage 19/5076 Verhältnis der Berechnungs- und Belegungstage sowie der aufgestellten Betten je Pflegekraft (Vollzeitäquivalent) 2000-2015 2000 2005 2010 2015 Veränderung 2000-2015 absolut relativ Pflegepersonal 23.149 21.537 21.705 23.562 +413 +1,8% Berechnungs-/Belegungstage 11.481.722 9.918.866 10.016.466 10.244.386 -1.237.336 -10,8% Aufgestellte Betten 39.915 37.104 35.844 36.130 -3.785 -9,5% Berechnungs-/Belegungstage je Pflegekraft 496,0 460,6 461,5 434,8 -61,2 -12,3% Aufgestellte Betten je Pflegekraft 1,72 1,72 1,65 1,53 -0,19 -11,1% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur. Anlage 3 zur Kleinen Anfrage 19/5076 Anzahl der Pflegekräfte mit Arbeitsort in Hessen im Alter von 59 Jahren und älter zum 30.06.2016 Tätigkeit Anzahl Gesundheits- und Krankenpflege insgesamt 4.982 Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege (ohne Spezialisierung) 4.632 Berufe in der Fachkrankenpflege 322 Berufe in der Fachkinderkrankenpflege 7 Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege (sonstige spezifische Tätigkeitsangabe) 21 Altenpflege 3.090 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Berechnungen der Hessen Agentur. Anlage 4 zur Kleinen Anfrage 19/5076 Personenbelastungszahl in der Pflege bezogen auf belegte Betten in hessischen Krankenhäusern 2000 2005 2010 2015 Veränderung 2000- 2015 absolut relativ PBZ belegte Betten 6,8 6,3 6,3 5,9 -0,8 -12,3% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt, Berechnungen der Hessen Agentur. Anlage 5 zur Kleinen Anfrage 19/5076 Schulen, Klassen, Schülerinnen und Schüler an Schulen des Gesundheitswesens nach ausgewählten Ausbildungsberufen und Ausbildungsjahren am Stichtag 1.10.2016 Ausbildungsberufe Schulen 1) Klassen Schüler/innen insgesamt 2) weiblich davon im 1. Ausbildungsjahr 2. Ausbildungsjahr 3. Ausbildungsjahr Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in 7 18 302 295 118 95 89 Gesundheits- und Krankenpfleger/-in 35 160 3 421 2 742 1 273 1 016 1 132 Krankenpflegehilfe/gehilfin 9 8 107 85 107 — — ________ 1) Sofern die Schulen mehrere Ausbildungsberufe führen sind sie mehrfach gezählt. Zu den Schulen des Gesundheitswesens besteht keine gesetzliche Auskunftspflicht, daher kein vollständiger Nachweis. Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt 5075_Anlagen.pdf 2017_07_20_Anlage_1_KLA5075 2017_07_20_Anlage_2_KLA_5075 5076_Anlagen.pdf KLA_5076_Anlage1 KLA_5076_Anlage2 KLA_5076_Anlage3 KLA_5076_Anlage4 KLA_5076_Anlage5