Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 28.06.2017 betreffend ambulante Gesundheitsversorgung in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Im Gesundheitspakt 2.0 hat die Landesregierung das Vorhaben festgeschrieben, die regionalen Gesundheitsreporte gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. und dem Hessischen Apothekerverband e.V. zu regionalen Versorgungsatlanten weiter zu entwickeln. Im Jahr 2016 hat nun die Kassenärztliche Vereinigung mit dem "Fokus: Gesundheit" eine eigene Analyse zur ambulanten medizinischen Versorgung herausgegeben. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Die Partner des Hessischen Gesundheitspaktes 2.0 beabsichtigten, gemeinsam regionale Versorgungsatlanten zu entwickeln, um neben den bisherigen Prognosen zur Entwicklung der Versorgungsstrukturen auch qualitative Aspekte zum Leistungsgeschehen analysieren zu können. In einem Pilotprojekt des Landkreises Gießen wurde anhand des Krankheitsbildes "Demenz" die Entwicklung eines solchen Versorgungsatlasses erprobt. Die hierbei erhobenen Forschungsdaten zeigten auf, dass eine umfängliche Abbildung und Bewertung von Versorgungsprozessen trotz eines hohen Aufwands der Datenanalyse nicht erfolgen kann. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wissenschaft und Kunst wie folgt: Frage 1. Wann plant die Landesregierung die geplanten hessischen Versorgungsatlanten zu veröffentlichen ? Das im Hessischen Gesundheitspakt 2.0 vereinbarte Vorhaben, regionale Versorgungsatlanten zu entwickeln, wurde exemplarisch über ein Pilotprojekt mit dem Landkreis Gießen, dem Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt und der pmv-Forschungsgruppe der Universität Köln anhand des Krankheitsbildes "Demenz" erprobt. Es wurde ein Indikatorenset Demenz entwickelt und anhand dessen für den Landkreis Routinedaten der BARMER und der AOK Hessen sowie eine fragebogenbasierte Primärdatenerhebung bei allen im Landkreis niedergelassenen Hausärzten ausgewertet. Diese wurden ergänzt durch öffentlich zugängliche soziodemographische Bevölkerungsdaten. Vorgehensweise und Auswertungsstrategien, Diskussion der Ergebnisse und Ableitung von Planungsmaßnahmen erfolgten in enger Abstimmung mit einer Expertengruppe aus dem Landkreis, an der die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) und die Hessische Krankenhausgesellschaft beteiligt wurden. Die Forschungsergebnisse ergaben, dass trotz eines hohen Aufwands der Datenanalyse eine umfängliche Abbildung und Bewertung von Versorgungsprozessen nicht erfolgen kann. Das Vorhaben , auf diese Weise regionale Versorgungsatlanten zu erstellen, wurde daraufhin einvernehmlich aufgegeben. Frage 2. Weshalb hat die Kassenärztliche Vereinigung 2016 den "Fokus: Gesundheit" ohne die Landesregierung als Herausgeberin veröffentlicht? Da die KVH fortlaufend Anfragen von Landkreisen und Kommunen zu regionalen Versorgungsanalysen zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erhält, hat sie den "Fokus Gesundheit " erarbeitet. Ziel der Publikation ist eine kompakte und regionenspezifische Darstellung der Versorgungssituation, die fortlaufend aktualisiert werden kann. Eingegangen am 28. September 2017 · Bearbeitet am 28. September 2017 · Ausgegeben am 4. Oktober 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5077 28. 09. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5077 Der "Fokus Gesundheit" kann insoweit als ein Teil eines Versorgungsatlanten angesehen werden , in dem die vertragsärztliche Versorgung im Hinblick auf die einzelnen Regionen Hessens genauer beleuchtet wird. Frage 3. Wie stellen sich in Hessen die Versorgungsgrade der hausärztlichen Mittelbereiche bezüglich der Anzahl und räumlichen Verteilung der Arztsitze, der Altersstruktur der Ärzteschaft, der Erreichbarkeit von Arztpraxen dar? Die KVH erläutert in ihrem Schreiben vom 04.08.2017 hierzu, dass das zentrale Steuerungsinstrument der Bedarfsplanung die allgemeinen Verhältniszahlen sind, die das Soll- Versorgungsniveau für die jeweilige Arztgruppe beschreiben. Auf Grundlage der Verhältniszahlen kann zwischen Soll- und Ist-Niveau der Versorgung unterschieden werden, um darauf basierend den Versorgungsgrad zu ermitteln. Der Versorgungsgrad bildet dann den zentralen Anhaltspunkt für die Öffnung oder Sperrung eines Planungsbereichs sowie beispielsweise die Feststellung von (drohender) Unterversorgung durch den Landesausschuss. In der Anlage 1 sind die Versorgungsgrade der hausärztlichen Planungsbereiche zum Stand Beschluss des Landesausschusses vom 04.05.2017 basierend auf dem Arztstand 01.03.2017 dargestellt. Der Anlage 2 kann die Verteilung der Arztsitze und der Anlage 1 das Durchschnittsalter der hausärztlichen Versorgungsebene entnommen werden. Frage 4. Wie sieht die Entwicklung im Hinblick auf das Jahr 2023 aus? Nach Auskunft der KVH mit Schreiben vom 04.08.2017 wurde innerhalb der hausärztlichen Versorgungsebene für Hessen eine durchschnittliche Nachbesetzungsquote von 75 % ermittelt. Die Quote basiert auf den Beendigungen und Nachbesetzungen der Jahre 2014 bis 2016. Betrachtet man zusätzlich die Entwicklung der Bevölkerung für das Jahr 2023 (basierend auf den Bevölkerungsveränderungen der Jahre 2013 bis 2015), so ergeben sich - unter der Annahme der derzeit gültigen Regelungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie sowie einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren - die in der Anlage 3 dargestellten prognostizierten Versorgungsgrade. Bezüglich der Planungsbereiche Allendorf (Eder)/Battenberg und Rüdesheim/Geisenheim weist die Kassenärztliche Vereinigung darauf hin, dass in diesen Bereichen innerhalb der Jahre 2014 bis 2016 keine Versorgungsaufträge beendet wurden, so dass hinsichtlich des Versorgungsgrades keine Veränderungen festgestellt werden konnten. Im Planungsbereich Heringen (Werra) steigt der Versorgungsgrad gemäß der Prognose um 4,94 % an. Diese Erhöhung in dem genannten Planungsbereich basiert auf einer Nachbesetzungsquote von 100 % in den vergangenen Jahren, einer prognostizierten Verringerung der Einwohnerzahlen um 4,8 % sowie der überproportionalen Verringerung der prognostizierten Einwohner ab 65 Jahren im Verhältnis zu den Einwohnern bis 65 Jahren. Frage 5. Wie stellen sich in Hessen die Versorgungsgrade der fachärztlichen Planungsbereiche bezüglich der Anzahl und räumlichen Verteilung der Arztsitze, der Altersstruktur der Ärzteschaft, der Erreichbarkeit von Arztpraxen dar? In der Anlage 4 sind die Versorgungsgrade der allgemeinen fachärztlichen Planungsbereiche zum Stand Beschluss des Landesausschusses vom 04.05.2017 basierend auf dem Arztstand 01.03.2017 dargestellt. Des Weiteren können der Anlage 4 die Verteilung der Arztsitze und das Durchschnittsalter der allgemeinen fachärztlichen Versorgungsebene entnommen werden. Frage 6. Wie sieht die Entwicklung im Hinblick auf das Jahr 2023 aus? Nach Auskunft der KVH mit Schreiben vom 04.08.2017 konnten innerhalb der allgemeinen fachärztlichen Versorgung - basierend auf den Beendigungen und Nachbesetzungen der Jahre 2014 bis 2016 sowie einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren - die in der Anlage 5 dargestellten durchschnittlichen Nachbesetzungsquoten ermittelt werden. Betrachtet man ebenfalls innerhalb dieser Versorgungsebene die Entwicklung der Bevölkerung für das Jahr 2023 (basierend auf den Bevölkerungsveränderungen der Jahre 2013 bis 2015), so ergeben sich - unter der Annahme der derzeit gültigen Regelungen der Bedarfsplanungs- Richtlinie sowie einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren - die in der Anlage 5 aufgeführten prognostizierten Versorgungsgrade. Positive Veränderungsraten sind auf eine zurückgehende Bevölkerung bzw. eine sich verändernde Bevölkerungsstruktur zurückzuführen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5077 3 Frage 7. Mit wie vielen Praxisabgaben (bitte nach allgemeinärztlichen und fachärztlichen Richtungen aufschlüsseln ) wird bis zum Jahr 2023 gerechnet? Anlage 6 beschäftigt sich mit dem Nachfolgebedarf je Fachgruppe (Haus- und allgemeine fachärztliche Versorgungsebene) in Hessen bis zum Jahr 2023. Ausgehend von einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren werden nach Aussage der KVH mit Schreiben vom 04.08.2017 bis zum Jahr 2023 voraussichtlich 37,25 % der Hausärzte ausscheiden, deren Stellen wiederbesetzt werden müssen. Bei den Fachärzten, z.B. Hautärzte, werden bis zum Jahr 2023 17,83 % ausscheiden , deren Stellen wiederbesetzt werden müssen. Für die weiteren Facharztgruppen wird auf die Anlage 6 verwiesen. Frage 8. In welchen Bereichen gibt es bereits Versorgungslücken und in welchen Bereichen wird mit weiteren Versorgungslücken gerechnet? Bezüglich bestehender Versorgungslücken verweist die KVH mit Schreiben vom 04.08.2017 auf den Beschluss des Landesausschusses vom 04.05.2017 basierend auf dem Arztstand 01.03.2017 (Anlage 7). Frage 9. Wie stellt sich die Schaffung von Studienkapazitäten in der Allgemeinmedizin/Kinderheilkunde für die Nachwuchsplanung dar? Frage 10. Wie können die Kapazitäten auch hinsichtlich der praktischen Ausbildung erhöht werden? Die Fragen 9 und 10 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Davon ausgehend, dass Studienplatzkapazitäten gemeint sind, ist zu bemerken, dass sich diese nicht nach einzelnen Teildisziplinen eines Studienfaches bemessen, sondern am Studienfach als solchem. Bezogen auf die Humanmedizin ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein weiterer Ausbau der Kapazitäten geplant, da das Land Hessen im bundesweiten Vergleich bereits im überdurchschnittlichen Maße ausbildet. Gleiches gilt im Übrigen für die Zahnmedizin. Daher ist auch keine Kapazitätserhöhung in der praktischen Ausbildung zwangsläufig erforderlich respektive zwingend. Entscheidend ist aus Sicht der Landesregierung vielmehr, dass eine den individuellen Begabungen und Interessen entsprechende Fokussierung auf die jeweiligen Fachrichtungen erfolgen kann, die es ermöglicht, die gesamte medizinische Bandbreite abzudecken, wodurch der Bedarf langfristig sichergestellt zu werden vermag. Die vielfältigen Bemühungen der medizinischen Fakultäten sind in diesem Kontext zu würdigen. Wiesbaden,13. September 2017 Stefan Grüttner Anlage(n): Die komplette Drucksache inklusive der Anlage kann im Landtagsinformationssystem abgerufen werden www.Hessischer-Landtag.de Anlage 1 3a) Wie stellen sich in Hessen die Versorgungsgrade der hausärztlichen Planungsbereiche dar? KA 19/5077 Petry Rechteck KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 Anlage 2 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 A nl ag e 3 KA 19/5077 A nl ag e 4 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 Anlage 5 KA 19/5077 KA 19/5077 A nl ag e 6 KA 19/5077 KA 19/5077 KA 19/5077 A nl ag e 7 KA 19/5077 KA 19/5077 5077_Anlagen.pdf KLA_5077_Anlage1 KLA_5077_Anlage2 KLA_5077_Anlage3 KLA_5077_Anlage4 KLA_5077_Anlage5 KLA_5077_Anlage6 KLA_5077_Anlage7