Kleine Anfrage der Abg. Rudolph und Frankenberger vom 30.06.2017 betreffend Kostenerstattung des Schülertickets und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: Das Schülerticket wird in Hessen zum Schuljahr 2017/2018 eingeführt und ist ab dem 1. August 2017 gültig. Das Hessische Schulgesetz regelt die Schülerbeförderung sowie die Kostenerstattung. Laut Hessischem Schulgesetz § 161 Schülerbeförderung gilt: "Eine Beförderung ist notwendig, wenn die kürzeste Wegstrecke zwischen Wohnung und Schule sowie zwischen Wohnung oder Schule und einem sonstigen Ort, an dem regelmäßig lehrplanmäßiger Unterricht erteilt wird, für Schülerinnen und Schüler der Grundschule mehr als zwei Kilometer und für Schülerinnen und Schüler ab der fünften Jahrgangsstufe mehr als drei Kilometer beträgt. Unabhängig von der Entfernung kann die Beförderung als notwendig anerkannt werden, wenn der Schulweg eine besondere Gefahr für die Sicherheit und die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler bedeutet oder eine Schülerin oder ein Schüler ihn aufgrund einer Behinderung nicht ohne Benutzung öffentlicher oder privater Verkehrsmittel zurücklegen kann." Vorbemerkung des Kultusministers: Das Hessische Schulgesetz (HSchG) regelt die Kostenerstattung als eine von mehreren Formen der Sicherstellung der Schülerbeförderung, nicht allgemein und insbesondere nicht im Zusammenhang mit dem Schülerticket Hessen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Trifft es also zu, dass nur Schülerinnen und Schüler mit einem Schulweg von mehr als zwei Kilometer zur Grundschule beziehungsweise von mehr als drei Kilometern für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I bzw. Grundstufe der Berufsschule sowie für Schülerinnen und Schüler mit einem besonders gefährlichen Schulweg Kosten für den Schulweg erstattet bekommen und somit nur diese Gruppe von Schülerinnen und Schülern einen Anspruch auf Erstattung des Schülertickets haben? Die Feststellung im ersten Teil der Frage trifft im Kern annähernd zu. Zu den Schülerinnen und Schülern, deren Schulweg die Entfernungsgrenzen überschreitet, kommen, wie aus dem oben wiedergegebenen Gesetzestext ersichtlich, außer den Schülerinnen und Schülern mit einem besonders gefährlichen Schulweg noch diejenigen hinzu, die den Schulweg aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigung oder einer Behinderung nicht ohne Benutzung öffentlicher oder privater Verkehrsmittel zurücklegen können. Die Schlussfolgerung im zweiten Teil der Frage trifft nicht zu, da es generell keinen "Anspruch auf Erstattung des Schülertickets" gibt. Der Schulträger entscheidet vielmehr nach § 161 Abs. 4 HSchG unter Berücksichtigung zumutbarer Bedingungen, der Interessen des Gesamtverkehrs und des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit über die Beförderungsart. Vorrangig haben die Schülerinnen und Schüler öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ist deren Benutzung nicht möglich oder nicht zumutbar, können die Schulträger Schulbusse einsetzen oder die Kosten für die Benutzung privater Kraftfahrzeuge in Höhe der Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung nach dem Hessischen Reisekostengesetz erstatten, wenn der Einsatz eines Schulbusses wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Dies ist eine Einzelfallentscheidung. Entscheidet sich ein Schulträger dafür, vom Regelfall nicht abzuweichen, also dafür, einer bestimmten Schülerin oder einem bestimmten Schüler die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu ermöglichen, so hat sie oder er insoweit nur einen Anspruch auf Bereitstellung oder Bezahlung derjenigen Fahrkarten , die für den Schulweg benötigt werden. Dies wird in den meisten Fällen als günstiges Tarifangebot das Schülerticket Hessen sein. Eingegangen am 7. August 2017 · Bearbeitet am 8. August 2017 · Ausgegeben am 11. August 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5087 07. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5087 Frage 2. Um wie viele Schülerinnen und Schüler in Hessen handelt es sich insgesamt, die keine Kostenerstattung für den Schulweg erhalten und somit auch keine Kostenerstattung für das Schülerticket bekommen? Bitte zudem einzeln nach Gemeinden, Schulträger, kreisfreien Städten und Landkreisen sowie nach Grundstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II aufschlüsseln. Bitte ggf. den zuständigen Schulträger abfragen. Auf die Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage 19/4743 vom 14. Juni 2017 wird verwiesen. Insgesamt betrug die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Beförderungsanspruch im Schuljahr 2015/2016 danach etwa 620.000. Auf die Schulträgerbereiche verteilt sich die genannte Gesamtzahl wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Dass die Zahlen in den Schulträgerstädten und kreisfreien Städten relativ zur Einwohnerzahl höher sind als in den Landkreisen, erklärt sich daraus, dass in den Städten ein größerer Anteil der Schülerinnen und Schüler innerhalb der Entfernungsgrenzen nach § 161 Abs. 2 HSchG wohnt. Eine weitere Differenzierung nach Grundstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II sowie bis auf Gemeindeebene hinab ist ohne weitere Abfrage bei den Schulträgern nicht möglich und in einem so kurzen Zeitabstand nicht zumutbar - zudem sie mit einem unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand und einem erheblich längeren Bearbeitungszeitraum verbunden wäre. Landkreis Darmstadt-Dieburg 25.080 Stadt Darmstadt 24.654 Main-Kinzig-Kreis 20.045 Landkreis Offenbach 35.233 Landkreis Fulda 8.572 Landkreis Limburg-Weilburg 16.450 Stadt Gießen 15.809 Stadt Hanau 15.554 Stadt Marburg 9.752 Stadt Offenbach 13.389 Stadt Rüsselsheim 6.341 Stadt Fulda 11.786 Landeshauptstadt Wiesbaden 33.450 Kreis Groß-Gerau 18.098 Main-Taunus-Kreis 23.376 Odenwaldkreis 6.601 Landkreis Marburg-Biedenkopf 6.435 Rheingau-Taunus-Kreis 8.584 Stadt Frankfurt 75.635 Vogelsbergkreis 7.522 Landkreis Gießen 8.045 Wetteraukreis 23.242 Hochtaunuskreis 21.361 Lahn-Dill-Kreis 22.919 Landkreis Waldeck-Frankenberg 12.654 Schwalm-Eder-Kreis 10.892 Landkreis Hersfeld-Rotenburg 10.145 Stadt Kassel 27.293 Landkreis Kassel 14.361 Werra-Meißner-Kreis 7.626 Stadt Kelsterbach 1.151 Kreis Bergstraße 21.391 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5087 3 Frage 3. Warum ist die Landesregierung der Ansicht, dass es gerecht ist, wenn diese Schülerinnen und Schüler keine Erstattung bekommen und somit das Schülerticket nur käuflich erwerben können - im Gegensatz zu der Gruppe, die das Schülerticket erstattet bekommt? Durch die Einführung des Schülertickets Hessen werden in 84 % aller Fälle die Fahrkosten gesenkt . Die Preissenkungen können im Vergleich zum bisherigen Angebot bei langen Entfernungen (etwa im Vergleich mit der RMV-CleverCard Preisstufe 7) bis zu 1.409 € betragen. Im Vergleich mit kreisweit geltenden Angeboten sinkt der Preis um bis zu 174 € (Vergleich mit der CleverCard Wiesbaden/Mainz). Darüber hinaus wird der Nutzen des Schülertickets im Vergleich zu den bestehenden Angeboten erheblich erweitert. Selbst in den 16 % der Fälle, in denen die Ticketpreise steigen, wird daher beim Kauf eines Schülertickets das Preis-Leistungs- Verhältnis erheblich verbessert. Auch Schülerinnen und Schüler, die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung haben, profitieren daher durchweg von der Einführung des Schülertickets. Wiesbaden, 26. Juli 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz