Kleine Anfrage der Abg. Eckert und Frankenberger (SPD) vom 18.07.2017 betreffend Genehmigungspraxis Schwerlastverkehre in Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Für Schwerlastverkehre auf öffentlichen Straßen bedarf es einer Erlaubnis durch die zuständigen Behörden. Lange Bearbeitungszeiten zur Erteilung der Erlaubnis sind für den Logistikstandort Hessen nicht zuträglich. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Zahl der täglich eingehenden Anhörungen von Genehmigungs- und Erlaubnisanträge für die Durchführung von Schwertransporten steigt seit Jahresbeginn 2017 kontinuierlich an. Gegenüber den Zahlen aus dem Jahr 2016 liegt die Steigerungsrate in diesem Jahr pro Monat bei durchschnittlich 20 %. Ursächlich für diesen Anstieg der Anhörungen ist zum einen die inzwischen gängige Praxis des Transportgewerbes, Mehrfachanträge für Schwertransporte zu stellen. Hierbei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Zum einen stellen mehrere Unternehmer für einen bestimmten Transport und bereits vor der Vergabe des Transportauftrages Genehmigungsanträge . Nur ein Unternehmer erhält den Auftrag. Die geprüften und genehmigten Anträge der anderen Unternehmer sind wertlos. Zum anderen hat ein Transportunternehmer einen Transportauftrag, verfügt aber über unterschiedliche Fahrzeugkombinationen (Zugfahrzeug und Transport- oder Sattelanhänger) unterschiedlichster Bauart. Er beantragt und erhält für alle möglichen Kombinationen Genehmigungen. Am eigentlichen Transporttag wird nur eine Genehmigung für eine Kombination benötigt. Eine weitere Ursache des Anstiegs der Antragszahlen ist darin begründet, dass die Vielzahl der lastbeschränkten Brücken zu wiederkehrenden Anträgen aufgrund von ablehnenden Stellungnahmen und der Suche nach alternativen Fahrtwegen führen. Ferner ist festzustellen, dass durch ablehnende Stellungnahmen in anderen Bundesländern die Unternehmer Umwege durch Hessen in Kauf nehmen, um die Transporte durchführen zu können. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Nach welchen rechtlichen Regelungen bedarf es einer Erlaubnis zur Durchführung von Schwerlastverkehren auf öffentlichen Straßen? Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen, die aufgrund ihrer Ladung zu breit oder zu hoch sind oder die Vorschriften über die Abmessungen (§ 18 Abs. 2, § 22 Abs. 2 bis 4 Straßenverkehrs- Ordnung - StVO) nur deshalb nicht einhalten, weil die Ladung nach vorn oder nach hinten zu weit herausragt, bedürfen einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO. Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen, die die in §§ 32 und 34 Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) zulässigen Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmasse überschreiten, bedürfen einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO und einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO. Die nähere Ausgestaltung, wann und unter welchen Bedingungen eine Ausnahmegenehmigung bzw. eine Erlaubnis erteilt werden kann, ist in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (VwV) zu § 29 Abs. 3 bzw. § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO geregelt. Darüber hinaus finden sich weitere Regelungen zum Ablauf des Genehmigungsverfahrens in den bundesweit geltenden Richtlinien für Großraum- und Schwertransport (RGST 2013). Eingegangen am 25. August 2017 · Bearbeitet am 28. August 2017 · Ausgegeben am 1. September 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5110 25. 08. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5110 Frage 2. Wie ist der Verfahrensablauf innerhalb der zuständigen Behörde zwischen Antragseingang und Entscheidung? Sollte die Bearbeitung nach Antragseingang erfolgen: Wie wird gewährleistet, dass dringende, kurzfristige Genehmigungserforderlichkeiten angemessen Berücksichtigung finden können? Eine Genehmigung zur Durchführung eines Schwertransportes nach § 29 Abs. 3 StVO bzw. § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO ist bei der zuständigen Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde (EGB) zu beantragen. Die Zuständigkeit einer EGB richtet sich in der Regel nach dem Sitz des Speditionsunternehmens . Die EGB prüft den Antrag auf Vollständigkeit und ob es sich um einen anhörungsfreien oder um einen anhörungspflichtigen Antrag handelt. Wann eine Anhörung durchzuführen ist bzw. wann ein anhörungsfreier Großraum- und Schwertransport gegeben ist, regelt sich nach den Vorgaben der VwV zu § 29 Abs. 3 bzw. § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO. Bei einem anhörungsfreien Großraum- und Schwertransport, das heißt, wenn beispielsweise keine weiteren Behörden innerhalb bzw. außerhalb Hessens angehört werden müssen, entscheidet die EGB zeitnah und innerhalb kurzer Zeit über den Antrag. Bei einem anhörungspflichtigen Antrag, der vorliegt, weil beispielsweise die Maße und die Gewichte des Transports die Anhörungsfreigrenze überschreiten, leitet die EGB den Antrag an die Anhörungsbehörde weiter. In Hessen ist Hessen Mobil die zentrale Anhörungsbehörde. In Abhängigkeit von Fahrtweg und Breite leitet Hessen Mobil die Unterlagen dann zur notwendigen Unteranhörung beispielsweise an andere Bundesländer, Landkreise, Polizei weiter. Bei Transporten , die die Autobahn nicht verlassen und die eine Transportbreite von 5,50 m nicht überschreiten , werden in der Regel keine Unteranhörungen durchgeführt. Die Anhörungen werden bei Hessen Mobil in der Regel nach Eingangsreihenfolge bearbeitet. Für kurzfristig notwendige Stellungnahmen oder Rückfragen ist bei Hessen Mobil eine Service-Hotline eingerichtet. In dringenden Fällen kann der Antragsteller parallel per E-Mail auf die Dringlichkeit des Transports hinweisen. Sobald die Rückmeldungen aus den Unteranhörungen vorliegen, wird der beantragte Fahrtweg von Hessen Mobil in seiner Funktion als Straßenbaulastträger hinsichtlich der Abmessungen und des Transportgewichts geprüft. Je nach Transportgewicht und dessen Verteilung werden von Hessen Mobil statische Überschlagsrechnungen zur Befahrbarkeit von Brückenbauwerken durchgeführt. Die Stellungnahmen der von Hessen Mobil angehörten Stellen sowie die Stellungnahme von Hessen Mobil als Straßenbaulastträger werden dann an die EGB zurückgesandt. Die EGB hat die eingehenden Unterlagen zu prüfen und darüber zu entscheiden, unter welchen Bedingungen und Auflagen die beantragte Genehmigung bzw. Erlaubnis erteilt werden kann. Die EGB fertigt den Erlaubnis- bzw. den Genehmigungsbescheid und stellt diesen dem Antragsteller zu. Der Antragsteller hat in jedem Stadium des Genehmigungsprozesses die Möglichkeit, auf die Dringlichkeit des Transports entweder telefonisch oder per E-Mail hinzuweisen. Frage 3. Wie viele Anträge wurden in den vergangenen drei Jahren jeweils in Hessen gestellt? Zentral erfasst werden lediglich die in Hessen über VEMAGS® gestellten Anträge. Danach wurden in Hessen in den vergangenen drei Jahren folgende Anträge auf Durchführung eines Großraum-und Schwertransportes gestellt: 2014: 5380 2015: 5218 2016: 5392 2017: 2859 (Stichtag: 30.06.2017) Die zuvor genannten Zahlen betreffen allein die in Hessen gestellten Genehmigungsanträge. Zu diesen Anträgen kommen noch die Anhörungen aus den anderen Bundesländern hinzu, die jedoch nicht gesondert erfasst werden. Frage 4. Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Antrages auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von Schwerlastverkehren? Welche Vergleichszahlen aus Nachbarländern wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen zum gleichen Sachverhalt liegen vor? Die anhörungsfreien Anträge werden in der Regel zeitnah und innerhalb von kurzer Zeit bearbeitet . Die durchschnittliche Bearbeitungszeit liegt zwischen zwei und drei Tagen. Bei anhörungspflichtigen Anträgen dauert die Bearbeitungszeit wesentlich länger. Dies ist davon abhängig, ob es sich um einen komplexen Transport handelt oder ob Überschlagsrechnungen Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5110 3 zur Befahrbarkeit von Brücken durchgeführt werden müssen. Maßgeblich entscheidend ist auch, welche und wie viele Behörden angehört werden müssen und wie schnell diese ihre Stellungnahme abgeben. Haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens einzelne Behörden einen hohen Rückstand an Anträgen, so wird damit maßgeblich die Genehmigungszeit der betroffenen Anträge beeinflusst. Die Bearbeitungsdauer für einen Antrag kann dann zwischen sechs und acht Wochen liegen. Angaben zur durchschnittlichen Bearbeitungsdauer eines Antrages auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von Schwerlastverkehren aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder eines anderen Bundeslandes liegen nicht vor. Frage 5. Gibt es eine formale Begründung im Fall der Versagung der Genehmigung? Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen es nicht zwingend erfordern und deswegen verzichtet wird, warum wird nicht im Sinne einer serviceorientierten Verwaltung die Begründung trotzdem erläutert? Weil es sich bei der Genehmigung bzw. der Erlaubnis eines Großraum- und Schwertransportes um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) handelt , ist die Versagung der Genehmigung/ Erlaubnis in jedem Fall zu begründen. Der am häufigsten auftretende Ablehnungsgrund ist die Nichtbefahrbarkeit des beantragten Fahrweges aufgrund von Baustellen, lastbeschränkten Brücken oder sonstiger mangelnder Eignung der Fahrstrecke. Bevor jedoch Anträge abgelehnt werden, werden diese zur Klärung des Sachverhalts mit dem Antragsteller besprochen. Das Problem wird meist durch Änderung des Fahrweges gelöst. Auch in den Fällen, dass andere Verwaltungsbehörden ihre Zustimmung verweigern, wird dies zunächst mit dem Antragsteller besprochen und nach einer Lösung gesucht. Insgesamt werden Anträge sehr selten abgelehnt. Wenn dies einmal der Fall ist, dann wird die Versagung auch begründet. Frage 6. Ist die Landesregierung mit uns der Auffassung, dass lange Bearbeitungszeiträume ohne Zwischennachricht und Ähnliches mehr dem Logistikstandort Hessen abträglich sind? Wenn ja, welche Veränderungsnotwendigkeiten in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich sieht sie, um dem hiesigen Wirtschaftsstandort nicht weiter zu schaden? Die Erteilung von gesonderten Zwischennachrichten und Ähnliches ist im Rahmen des Genehmigungs - bzw. Erlaubnisverfahren im Zusammenhang mit Großraum- und Schwertransporten nicht notwendig. Die Antragsteller, die EGBen sowie Hessen Mobil bedienen sich des VEMAGS®-Verfahrensmoduls. Hier wird immer der aktuelle Verfahrensstand abgebildet, d.h. der Antragsteller kann sich stets über den aktuellen Verfahrensstand informieren. Nach § 10 HVwVfG sind Verwaltungsverfahren, hierzu zählen die Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren nach §§ 29 Abs.3, 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO, zügig durchzuführen. Dies bedeutet, dass über die Anträge in einer angemessenen Frist zu entscheiden ist. Die Angemessenheit der Frist hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die zentrale Anhörungsbehörde in Hessen achtet darauf, dass die Bearbeitung der Verfahren zügig und transparent durchgeführt wird. Insoweit werden regelmäßig auf der Homepage von Hessen Mobil die aktuellen Bearbeitungszeiten sowie die aktuellen Angaben zu Baustellen von längerer Dauer auf Autobahnen sowie die Positivkarten bekannt gegeben. Der Antragsteller hat unter Berücksichtigung seiner Mitwirkungspflicht und unter Beachtung dieser Informationen genügend Zeit, die Genehmigung bzw. Erlaubnis rechtzeitig zu beantragen. Selbstverständlich werden - bei Nachweis der Dringlichkeit - eilbedürftige Angelegenheiten vorgezogen und unverzüglich bearbeitet. Auf die langen Bearbeitungszeiten hat Hessen Mobil inzwischen mit Sofortmaßnahmen und mit Erweiterung der Bearbeitungskapazitäten reagiert. Außerdem wurde das Schwertransportgewerbe aufgefordert, nicht durch unnötige Mehrfachanträge die Bearbeitungssituation weiter zu verschärfen. Wiesbaden, 11. August 2017 Tarek Al-Wazir