Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 24.07.2017 betreffend Umsetzung von "quop" in Hessen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit zu fördern und zu trainieren und Lernfortschritte zu dokumentieren sind wichtige Aufgaben des Deutschunterrichts. Vom kommenden Schuljahr an wird hierzu "quop" flächendeckend für hessische Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur sechsten Klasse angeboten. Fachverbände und Gewerkschaften äußerten Kritik an dem Programm. Zum Lösen von Problemen und zur individuellen Förderung sei "quop" nicht geeignet. Das Programm werde der Heterogenität der Kinder nicht gerecht. Überforderungen und Unterforderungen seien vorprogrammiert. Zudem werde mit "quop" die Lernentwicklung nur in einem engen Spektrum festgestellt. Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen sowie Kinder mit auditiven Wahrnehmungsstörungen seien im Nachteil. Auch seien die Kenntnisse der Kinder im Umgang mit Lernsoftware sehr unterschiedlich, so dass zumindest anfangs nicht der Lernfortschritt in Lesen und Rechnen, sondern im Umgang mit dem Computer gemessen werde. Weiterhin seien nicht an allen hessischen Grundschulen ausreichende Computer-Kapazitäten vorhanden , um für alle Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schule alle drei Wochen eine entsprechende Lernverlaufsdiagnostik zu erstellen. Anstatt noch mehr Vergleichsarbeiten und -studien zu schaffen sei es für Grundschullehrkräfte wichtig mehr Zeit für die individuelle Förderung zu bekommen. Der zeitliche Aufwand für "quop" allerdings würde in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Für seine individuelle, auf seine Bedürfnisse abgestimmte Förderung brauche das Kind den persönlichen Kontakt, den Dialog mit seiner Lehrerin oder seinem Lehrer, die die Lesefähigkeit des Kindes kennen und ihm die nötige Hilfestellung geben können. Wie andere standardisierte Programme sei "quop" allenfalls dazu geeignet, Lernfortschritte der Kinder ergänzend aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Zum Lösen von Problemen geschweige denn zur individuellen Förderung sei es ungeeignet. Vorbemerkung des Kultusministers: In § 3 Absatz 6 des Hessischen Schulgesetzes wie auch im Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 04.03.2010 ist die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler als Ziel für alle Schulformen festgeschrieben. Kernstück eines Unterrichts, der auf individuelle Förderung abzielt, ist die Ermittlung der individuellen Lernausgangslage und des individuellen Lernstandes einer jeden Schülerin und eines jeden Schülers. Auf der Grundlage einer solchen formativen Leistungsfeststellung können individuell passgenaue (adaptive) Lernangebote eröffnet werden. Für die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern ist es unerlässlich, den Lernstand jedes einzelnen immer wieder auch im Verlauf des Lernprozesses zu ermitteln und nicht nur punktuell einen Leistungsstand, z.B. am Ende des Lernprozesses, festzustellen. Beim Einsatz des Diagnoseinstrumentes "quop" geht es darum, einen individualisierten Blick auf die Lernfortschritte eines jeden Kindes der Lerngruppe zu ermöglichen, und nicht darum, weitere Vergleichsarbeiten oder -studien zu schaffen. Die Diagnose der Lernausgangslage und des individuellen Lernstandes stellt für Lehrkräfte eine große Herausforderung dar. Lehrkräfte sollen durch den Einsatz eines Diagnoseinstrumentes in möglichst geringem Maße mit Vorbereitungs- oder Auswertungsaufgaben befasst werden. Daher sind Diagnoseinstrumente wünschenswert, die für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler leicht handhabbar sind und gut in den Unterricht integriert werden können. Das Hessische Kultusministerium stellt deshalb nun die Nutzung der computergestützten und curriculumbasierten Lernverlaufsdiagnostik "quop" für die Klassen 1 bis 6 im Lesen und in Mathematik zur Unterstützung der Lehrkräfte bei der individuellen Förderung im Lesen und in Mathematik den Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe I kostenlos zur Verfügung. Der Einsatz erfolgt auf freiwilliger Basis. Zum Angebot gehören auch die Fortbildungsmaßnahmen zur Nutzung der Daten von "quop" sowie die Fortbildungsmaßnahmen zur Leseförderung aus dem hessischen Leseprojekt "Verstärkte Leseförderung an hessischen Schulen". Eingegangen am 5. September 2017 · Bearbeitet am 6. September 2017 · Ausgegeben am 8. September 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5116 05. 09. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5116 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie nimmt sie zu den in der Vorbemerkung aufgeführten Kritikpunkten jeweils Stellung? Zu den drei Kritikpunkten des Fragestellers wird nachfolgend Stellung genommen: Zur Kritik, "quop" solle zur Förderung von "Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit" angeboten werden, werde diesem Anspruch aber nicht gerecht, ist zu sagen, dass "quop" kein Förderinstrument ist und auch nicht die Intention hat, den persönlichen Kontakt, den Dialog mit der Lehrerin oder dem Lehrer zu ersetzen. "quop" ist ein Diagnoseinstrument für die differenzierte Feststellung der Teilkompetenzen im Lesen und in Mathematik. Im Lesen werden die zentralen Teilkompetenzen Leseflüssigkeit, Lesegenauigkeit und Textverständnis I und II ermittelt. Für die Leseförderung bietet das Hessische Kultusministerium ergänzend die Fortbildungsmaßnahmen zum hessischen Leseprojekt "Verstärkte Leseförderung" zur Leseflüssigkeit, -genauigkeit und zum Textverständnis an. Zum Vortrag, der Einsatz von "quop" sei "zum Lösen von Problemen und zur individuellen Förderung nicht geeignet", wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Die computergestützte curriculumbasierte Lernverlaufsdiagnostik mit "quop" ist ausdrücklich kein Förderinstrument oder -programm, sondern ein Diagnoseinstrument, das den Lehrkräften Einblick in die individuelle Lernausgangslage und in den individuellen Lernstand eines jeden Kindes gewährt, um auf dieser Grundlage über Maßnahmen für eine möglichst passgenaue Förderung entscheiden zu können. Zum Vorwurf, "quop" werde "der Heterogenität der Kinder nicht gerecht", ist schließlich zu sagen, dass durch "quop" der Heterogenität in besonderem Maße Rechnung getragen wird, da die Lernergebnisse jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers durch "quop" sichtbar werden. Frage 2. Wie viele Schulen, die "quop" im Rahmen des Modellversuchs nutzten, haben die Nutzung während des Modellversuchs eingestellt oder werden das Programm zum Schuljahr 2017/2018 nicht mehr nutzen? Für das Pilotprojekt waren 80 Schulen gemeldet. Insgesamt haben sich vier Schulen während des Modellversuchs abgemeldet. Zum Schuljahr 2017/2018 sind bislang 19 ehemalige Pilotschulen erneut für "quop" gemeldet. Insgesamt haben sich inzwischen 116 Schulen angemeldet. Zu berücksichtigen ist, dass das Anmeldeverfahren noch läuft, da es aufgrund der Terminsetzungen des europaweiten Ausschreibungsverfahrens erst kurz vor den Sommerferien starten konnte. Insofern ist die Frage zum heutigen Stand noch nicht zu beantworten. 300 Lehrkräfte haben sich bislang zur Fortbildung angemeldet. Frage 3. Wie kam der Kontakt zwischen dem Hessischen Kultusministerium und dem Anbieter von "quop" erstmalig zustande, so dass es schließlich zum Vertragsabschluss kam? Im November 2012 wurde das Konzept "Verstärkte Leseförderung" vom Kabinett verabschiedet . Darin enthalten ist der Beschluss über die "Auswahl und Festschreibung geeigneter und für die Schulen kostenloser Leselernstandserhebungen für die Klassen 2, 5 und 7". Auf der Suche nach fachlich geeigneten und für Lehrkräfte komfortablen Leselernstandserhebungen fiel der Blick zunächst auf die Lesetests der Firma CITO (unabhängiges Institut (Niederlande)). Diese sollten in einem zweijährigen Pilotprojekt in den fünften und sechsten Klassen mit vier Testungen pro Schuljahr eingesetzt werden. Mittels einer an alle Schulen der Sekundarstufe I gerichteten Ausschreibung sollten 30 Schulen für das Pilotprojekt gewonnen werden, sowohl für Lesen als auch für Mathematik. Die Firma CITO beendete allerdings im März 2014 ihre Tätigkeit in Deutschland und stand entsprechend nicht mehr zur Verfügung. Zeitgleich stellte Prof. Dr. Elmar S. im Rahmen der Jahrestagung des Deutschen Institutes für Pädagogische Forschung (DIPF) die von ihm entwickelte und auf Wirksamkeit hin erforschte computergestützte curriculumbasierte Lernverlaufsdiagnostik mit "quop" vor. Daraufhin wurde Kontakt mit Prof. Dr. S. und dem Geschäftsführer der hfp Informationssysteme GmbH, Herrn Dr. Thomas H., aufgenommen. Beide waren bereit, ihre Lernverlaufsdiagnostik mit "quop" in einem Pilotprojekt in Hessen für die Klassen 1 bis 6 im Lesen und in Mathematik anzubieten. Der endgültige Vertragsabschluss für den Einsatz von "quop" ab dem Schuljahr 2017/2018 kam nach einem von der HCC durchgeführten europaweiten Ausschreibungsverfahren zustande. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5116 3 Frage 4. Welche Laufzeit hat der mit dem Anbieter abgeschlossene Vertrag? Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Frage 5. Welche Kosten waren mit dem Modellversuch verbunden? Es sind Kosten in Höhe von 57.000 € entstanden. Frage 6. Welche Kosten sind mit der flächendeckenden Umsetzung von "quop" im Schuljahr 2017/2018 für das Land Hessen voraussichtlich verbunden? (Bitte differenzieren nach Lizenzgebühren einerseits und Materialien wie z.B. Kopfhörer anderseits sowie weitere Kosten, falls vorhanden.) Da die Teilnahme an "quop" freiwillig ist, ist eine "flächendeckende Umsetzung" von "quop" nicht vorgesehen. Es wurde davon ausgegangen, dass maximal 30.000 Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme gemeldet werden. Die dafür entstehenden Kosten im Schuljahr 2017/2018 werden mit 323.700 Euro veranschlagt. Die Kosten für "quop" umfassen gemäß europaweiter Ausschreibung: Lizenzpreis, Nutzungspreis pro Schülerin/Schüler, Preis für Betreuung und Service, Preis für technische Wartung, Preis für wissenschaftliche Begleitung, Preis für Entwicklungskosten. Frage 7. Welche Kosten entstünden dem Land pro Jahr, wenn alle Grundschülerinnen und Grundschüler das Programm nutzen würden? Eine flächendeckende Umsetzung ist nicht vorgesehen (vergleiche Antwort zu Frage 6). Die europaweite Ausschreibung hat eine Maximalzahl von 30.000 Schülerinnen und Schülern aus den Bereichen Grundschulen und Sekundarstufe I zugrunde gelegt. Frage 8. Welche Fortbildungsmodule werden mit jeweils wie vielen Plätzen den teilnehmenden Lehrkräften im Schuljahr 2017/2018 im Zusammenhang mit "quop" angeboten? Das freiwillige Angebot der kostenlosen Nutzung der Lernverlaufsdiagnostik mit "quop" wurde an alle hessischen Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe I verschickt. Zeitgleich erging das Angebot zu Teilnahmen an Fortbildungen zur Nutzung der Daten von "quop" und zur Leseförderung . Für die Fortbildung zu "quop" haben sich bislang 300 Lehrkräfte aller Schulformen aus ganz Hessen gemeldet. Die Fortbildungen werden in der Zeit zwischen den Sommer- und Herbstferien, beginnend am 31.08.2017, vom Projektbüro für förder- und kompetenzorientierten Unterricht durchgeführt. Wiesbaden, 28. August 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz