Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 15.08.2017 betreffend Zeiterfassung bei den Seminarleitern und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Mit Schreiben vom 27. Juni 2017 hat der Präsident der Hessischen Lehrkräfteakademie die Leiterinnen und Leiter der Studienseminare angewiesen, ab 1. August das Zeiterfassungssystem AIDA zu nutzen, also die genauen Anwesenheitszeiten in der Dienststelle zu erfassen. Umgangssprachlich formuliert würde man sagen, dass die Leitungskräfte in Zukunft "zu stechen" hätten. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Hessische Lehrkräfteakademie hat im Jahr ihrer Gründung 2015 entschieden, das elektronische Zeiterfassungssystem AIDA einzuführen. Im ehemaligen Amt für Lehrerbildung erfolgte bis dahin die Zeiterfassung über Excel-Listen, die den Beschäftigten zur Verfügung gestellt wurden, im ehemaligen Institut für Qualitätsentwicklung wurde die Zeiterfassung mittels des Zeiterfassungssystems ZEUS durchgeführt. Eine einheitliche Handhabung der Zeiterfassung war nach Zusammenführung der beiden Dienststellen erforderlich, um für alle Beschäftigte eine einheitliche Verwaltung der Arbeitszeit zu ermöglichen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Leiterinnen und Leiter der Studienseminare ihren Aufgaben nur oder fast nur in der jeweiligen Dienststelle nachgehen (sollen)? Den Leiterinnen und Leitern der Studienseminare obliegt eine Vielzahl von Aufgaben. Zum einen sind sie für den ordnungsgemäßen Ablauf der pädagogischen Ausbildung im Studienseminar verantwortlich und organisieren in diesem Zusammenhang den Ablauf der Ausbildung, die Planung der Modulveranstaltungen und die Abnahme der Zweiten Staatsprüfung. Zum anderen üben sie über die Ausbilderinnen und Ausbilder und die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in vielen Fällen die Funktion eines Dienstvorgesetzten aus. So nehmen sie z.B. den Diensteid der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst ab, genehmigen und untersagen die Ausübung von Nebentätigkeiten der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in geringem Umfang und können Dienstbefreiungen nach der Hessischen Urlaubsverordnung (HUrlbVO) genehmigen. Darüber hinaus fördern sie die Weiterentwicklung des Studienseminars im Zusammenwirken mit allen Beteiligten , indem sie u.a. Mitarbeitergespräche führen, die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst beraten, mit Ausbildungsschulen, den Staatlichen Schulämtern, anderen Studienseminaren und den Universitäten kooperieren und an der landesweiten Gestaltung der Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte mitwirken. Diese Aufgaben können nicht ausschließlich im Studienseminar erledigt werden. Dennoch sind viele Aufgaben, insbesondere die Aufgaben im Zusammenhang mit der Organisation der pädagogischen Ausbildung und die Aufgaben im Zusammenhang mit Personalführung, regelmäßig in der Dienststelle zu erledigen. Der Anteil der Tätigkeiten, die zwingend außerhalb der Dienststelle erledigt werden müssen, ist außerhalb des Prüfungszeitraums nicht höher als bei anderen Beschäftigten der Lehrkräfteakademie. Eingegangen am 17. Oktober 2017 · Bearbeitet am 18. Oktober 2017 · Ausgegeben am 20. Oktober 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5138 17. 10. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5138 Frage 2. Hält es die Landesregierung trotz der Tatsache, dass diese Leitungspersonen vielfältige Abstimmungs - und Koordinationsgespräche mit anderen Institutionen zu führen haben, für sachdienlich, in dieser Art eine Zeiterfassung durchzuführen? Nach der Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit erfolgt in der Hessischen Lehrkräfteakademie die Zeiterfassung mittels des Zeiterfassungssystems AIDA. Diese Dienstvereinbarung gilt für alle Beschäftigten, auch für die, die ihre Aufgaben nicht ausschließlich in der Dienststelle erledigen können, sondern aufgrund der unterschiedlichen Standorte der Hessischen Lehrkräfteakademie verpflichtet sind, ihre Aufgaben, unter anderem vielfältige Abstimmungs- und Koordinierungsgespräche, an unterschiedlichen Stellen in ganz Hessen zu erledigen. Die Leiterinnen und Leiter der Studienseminare waren auch bisher nicht von der Pflicht der Zeiterfassung befreit. Da aber die Standorte weitgehend nicht mit den entsprechenden technischen Geräten, den sog. AIDA-Terminals, ausgestattet waren, erfolgte in den Studienseminaren die Zeiterfassung automatisiert am Computer. Die Arbeitszeit wurde hier durch das Hochfahren des Computers und die Anmeldung im System erfasst. Es fand in erster Linie Anwendung für die Assistenzkräfte in den Studienseminaren. Bei den Leiterinnen und Leitern wurde alternativ das sog. Streetworker-Modell für die Zeiterfassung eingesetzt. Bei diesem Modell trugen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Zeiten, zu denen sie den Dienst aufnahmen und beendeten, eigenhändig in das AIDA-System ein. Die Kommen- und Gehen-Buchung, die beim sog. "Stechen" durch die Betätigung des AIDA- Terminals erfolgt, wurde hier durch das eigenhändige Eintragen unmittelbar in das System vorgenommen . Damit wurde gewährleistet auch die Arbeitszeit zu erfassen, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwar ihre Aufgaben in der Dienststelle erledigten, den Computer jedoch nicht unmittelbar hochfahren und sich anmelden konnten. Die automatisierte Zeiterfassung am Computer, die überwiegend von den Assistenzkräften verwendet wurde, konnte örtliche Besonderheiten, wie z.B. lange Zeiten für das Hochfahren des Computers, nicht in zufriedenstellender Weise berücksichtigen, so dass die Hessische Lehrkräfteakademie entschieden hat, auch an den Standorten der Studienseminare die erforderlichen AIDA-Terminals einzurichten. Die Zeiterfassung der Leiterinnen und Leiter der Studienseminare dient u.a. der Gleichbehandlung aller Beschäftigten der Hessischen Lehrkräfteakademie. Frage 3. Hält es die Landesregierung insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache sehr stark schwankender und notwendigerweise mit Arbeit am Abend oder an Wochenenden verbundener Arbeitsbelastung etwa während der Prüfungsphasen für sachdienlich, auch die anzuerkennende Arbeitszeit für diesen Personenkreis auf zehn Arbeitsstunden pro Tag zu begrenzen? Die Arbeitszeit der Hessischen Beamtinnen und Beamten ist in der Hessischen Arbeitszeitverordnung vom 15. Dezember 2009, zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Juli 2017 (GVBl. S. 230), geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Hessische Arbeitszeitverordnung (HAZVO) beträgt die regelmäßige Arbeitszeit der hauptamtlich tätigen Beamtinnen und Beamten bei Vollzeitbeschäftigung im Durchschnitt bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres 41 Stunden pro Woche, ab Beginn des 61. Lebensjahres 40 Stunden pro Woche. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 darf die Arbeitszeit hierbei zehn Stunden am Tag und 55 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Zwar kann die oberste Dienstbehörde von der Vorgabe der zehn Stunden bei dringendem dienstlichem Bedürfnis Abweichungen zulassen; das Hessische Kultusministerium hat davon aber bislang keinen Gebrauch gemacht. Ein dringendes dienstliches Bedürfnis wird auch in diesem Fall nicht gesehen . Frage 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass etwa an Wochenenden oder abends zuhause geleistete Arbeiten nicht als solche anzuerkennen sind? Falls nein: Wie sollen diese Arbeitszeiten erfasst werden? Nach § 8 HAZVO sind die Wochenenden dienstfrei. Auch hier kann die oberste Dienstbehörde Ausnahmen zulassen, wenn die dienstlichen Verhältnisse das erfordern. Eine Notwendigkeit für eine Tätigkeit am Wochenende wird bei Leiterinnen und Leitern der Studienseminare regelmäßig nicht gesehen. Das Zeiterfassungssystem AIDA ermöglicht eine Zeiterfassung innerhalb der mit dem Personalrat im Zusammenhang mit der Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit vereinbarten Rahmenarbeitszeit. Hier ist vereinbart, dass die Arbeitszeit in der Zeit von 6:00 bis 20:00 Uhr abzuleisten ist. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass ein Rahmen von 14 Stunden ausreichend ist, um die individuelle Arbeitszeit zu erbringen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5138 3 Frage 5. Was war die sogenannte "Streetworkerfunktion" der Seminarleitungen, warum wurde diese deaktiviert und was hat dies für Folgen für die betroffenen Beamten? Wie bereits in der Antwort zu Frage 2 ausgeführt, gab es durch das Streetworker-Modell die Möglichkeit, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit eigenständig in das Zeiterfassungssystem AIDA einzugeben. Den Leiterinnen und Leitern der Studienseminare wurde dieses System eingerichtet, da die Zeiterfassung nicht durch das Hochfahren des Rechners erfolgen konnte . Mit Einrichtung der AIDA-Terminals kann die Zeiterfassung nun, wie bei allen Beschäftigten der Hessischen Lehrkräfteakademie, mittels Betätigung des Terminals erfolgen. Wird der Dienst nicht in der Dienststelle angetreten oder beendet, kann die Kommen- oder Gehen- Buchung mittels eines Korrektur-Antrages nachgetragen werden. Dies ist das für alle Beschäftigten der Hessischen Lehrkräfteakademie übliche Vorgehen. Frage 6. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Leiterinnen und Leiter der Studienseminare bisher ihren Pflichten hinsichtlich der Arbeitszeit nicht ausreichend nachgekommen sind? Frage 7. Ist sie der Auffassung, dass die Anordnung des Präsidenten der Lehrkräfteakademie ein Ausdruck der Wertschätzung und des Vertrauens in die Leitungskräfte der Studienseminare ist? Die Fragen 6 und 7 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass die Lehrkräfte ihre Verpflichtungen aufgrund der Hessischen Arbeitszeitverordnung einhalten. Dies ist auch nicht in Zweifel gezogen worden. Daher ist hier darauf zu verweisen, dass die Leiterinnen und Leiter der Studienseminare nicht erst mit der Verfügung des Präsidenten vom 27. Juni 2017 verpflichtet wurden, ihre Arbeitszeit zu erfassen; vielmehr besteht die Pflicht bereits seit geraumer Zeit. Es wurde lediglich die Art der Zeiterfassung von der Nutzung des Streetworkermodells auf die Erfassung der Arbeitszeit durch ein AIDA-Terminal umgestellt. Die Umstellung der Art der Zeiterfassung ist nicht - wie insinuiert - ein Ausdruck mangelnder Wertschätzung, sondern dient der Gleichbehandlung aller Beschäftigten der Hessischen Lehrkräfteakademie. Frage 8. Unterliegen auch sonstige Leitungspersonen in der Hessischen Schulverwaltung (z.B. Leiter der Staatlichen Schulämter, der Präsident der Hessischen Lehrkräfteakademie, Abteilungsleiter im Kultusministerium, Staatssekretär, Minister) den gleichen Regelungen zur Arbeitszeiterfassung und ggf. seit wann? Im Hessischen Kultusministerium nehmen die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter seit Einführung der elektronischen Zeiterfassung mittels AIDA an dieser gemäß der einschlägigen Dienstvereinbarung in der jeweils geltenden Fassung teil. Minister und Staatssekretär sind von der elektronischen Zeiterfassung ausgenommen. In der Hessischen Lehrkräfteakademie gelten die Bestimmungen zur Zeiterfassung für alle Beschäftigten gleichermaßen. Der Präsident der Hessischen Lehrkräfteakademie ist von der Zeiterfassung ausgeschlossen. Dies hat für den Präsidenten zur Folge, dass auch die mit der Zeiterfassung verbundenen Möglichkeiten des Ausgleichs von Mehrarbeit für ihn nicht gelten. Er kann daher auch keine sog. Gleittage nehmen. In den Staatlichen Schulämtern ist zu unterschiedlichen Zeitpunkten die sog. gleitende Arbeitszeit eingeführt worden, an der auch die Leiterinnen und Leiter der Dienststellen teilnehmen. Neben der Erfassung der Arbeitszeit beim Betreten und beim Verlassen des Dienstgebäudes kommen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Arbeitszeitmodell z.B. bei dienstlichen Abwesenheiten ausnahmsweise auch händisch vorzunehmende Buchungen in Betracht. Frage 9. An welchen Standorten sind trotz der gemeinsamen Nutzung von Liegenschaften durch die Kultusverwaltung (z.B. Hess. Lehrkräfteakademie/Staatliches Schulamt) welche verschiedenen Arbeitszeiterfassungssysteme installiert worden und warum? Die Hessische Lehrkräfteakademie hat sich im Jahr 2015 für die Einführung des Zeiterfassungssystems AIDA entschieden. Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, ist innerhalb einer Dienststelle ein Zeiterfassungssystem zu verwenden, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten und eine einheitliche Verwaltung der Arbeitszeiterfassung zu ermöglichen. Da die Staatlichen Schulämter im Jahr 2015 bereits unterschiedliche Zeiterfassungssysteme eingeführt hatten , war es nicht zu vermeiden, dass trotz gemeinsam genutzter Liegenschaft unterschiedliche Zeiterfassungssysteme Anwendung finden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch bei einer gemeinsamen Nutzung von Liegenschaften und der Verwendung des gleichen Zeiterfassungssystems aus technischen Gründen eine gemeinsame Nutzung der Terminals nicht erfolgen kann. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5138 Aktuell sind von Dienststellen geplante Beschaffungen zurückgestellt, da für das Kultusressort eine einheitliche Lösung angestrebt wird, die sowohl in der Beschaffung wie auch im laufenden Betrieb kostengünstiger als der Erwerb und die Unterhaltung durch jede Dienststelle sein wird. Bei der Beschaffung von Zeiterfassungssystemen haben die Staatlichen Schulämter die jeweils geltenden Regelungen des Beschaffungs- und Vergabewesens zu beachten. Unter Berücksichtigung dieser Richtlinien sind in den Staatlichen Schulämtern verschiedene Zeiterfassungssysteme (z.B. AIDA, ZEUS oder BETA-Time) zu unterschiedlichen Zeitpunkten installiert worden. Dabei waren ggf. weitere Vorgaben zu berücksichtigen, z.B. dass ein neues Zeiterfassungssystem über eine Schnittstelle zu SAP HCM verfügen muss. Frage 10. Welche Kosten sind mit der Einführung der verschiedenen Arbeitszeiterfassungssysteme in der Hessischen Schulverwaltung verbunden (bitte getrennt für die jeweiligen Systeme)? Im Hessischen Kultusministerium betrugen die ursprünglichen Anschaffungskosten 11.674,05 €. Die Kosten der Erweiterungen für die Anmietung der Räumlichkeiten in der Kirchgasse und für die erforderlichen Updates betrugen 12.985,88 €. Im Jahr 2017 wurden ältere Geräte ausgetauscht . Die Kosten dafür beliefen sich auf 15.190,94 €. Die Kosten für die Anschaffung der Zeiterfassungsgeräte, die dazugehörige Software und die Installation der Terminals in der Hessischen Lehrkräfteakademie beliefen sich insgesamt auf 46.423,53 €. Die Anschaffungskosten in den Staatlichen Schulämtern sind u.a. abhängig vom Zeitpunkt und vom Umfang der Beschaffung und variieren von rd. 4.900 € bis 22.000 €. Hinzu kommen in einigen Fällen erforderliche Erweiterungen und Updates, deren Kosten von rd. 190 € für neue Zugangschips, über 2.500 € für ein zusätzliches Terminal bis 4.000 € für ein Update mit Schulung inklusive des Umzugs in eine andere Serverumgebung liegen. Die jährlichen Kosten für Service-Verträge belaufen sich auf 515 € bis 1650 €. Wiesbaden, 6. Oktober 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz