Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 22.08.2017 betreffend hochschulweite Gesamtstrategien für den Ausbau des Wissens- und Technologietransfers und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragestellerin: Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien heißt es, dass sich die Zukunft Hessens maßgeblich an der Entwicklung von Forschung, Technologie und Innovation entscheide. Im Rahmen der 84. Plenarsitzung am 11. Oktober 2016 verwies Wissenschaftsminister Rhein auf den neuen Hochschulpakt für den Zeitraum 2016 bis 2020 zwischen den Hochschulen und der Landesregierung, im Rahmen dessen der weitere Ausbau des Wissens- und Technologietransfers vereinbart und hierfür auch hochschulweite Gesamtstrategien entwickelt wurden und künftig werden. Zudem befürwortete er die Bund-Länder-Initiative "Innovative Hochschule", deren Ziel eine Stärkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft und der damit verbundene Transfer von Wissen und Technologie sei. Die Förderinitiative nimmt neben Forschung und Lehre "Transfer und Innovation" in den Blick und richtet sich insbesondere an kleine und mittlere Universitäten sowie an Fachhochschulen. Dieser Bereich wird ebenfalls von der Landesregierung mit der dritten Förderlinie von LOEWE gefördert. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Die hessische Landesregierung investiert nachhaltig in Wissenschaft und Forschung und sichert damit langfristig die Leistungsfähigkeit unseres Hochschul- und Forschungssystems. Sie schafft damit auch die Voraussetzungen für die zukünftige Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft und für gesellschaftlichen Fortschritt. Die hessische Landesregierung handelt hierbei in Anerkennung eines klaren positiven Zusammenhangs zwischen Synergien von Wissenschaft und Wirtschaft, der Entstehung von Innovationen und technologischem, gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Fortschritt. Die hessische Landesregierung schließt sich dabei der Auffassung des Wissenschaftsrats an, gemäß derer wissenschaftliche Forschung und der Wissens- und Technologietransfer von Hochschulen und Forschungseinrichtungen für die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und die wissenschaftsbasierte Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen werden und wird daher die Rolle der Hochschulen als Innovationspole weiter stärken. Die zukünftige Fähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, einen nachhaltigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft sowie zur Sicherung und zum Ausbau von Beschäftigung und Wachstum leisten, hängt dabei auch davon ab, wie der Wissens- und Technologietransfer im Wissenschaftssystem und an den jeweiligen wissenschaftlichen Einrichtungen organisiert wird und inwieweit dort Verantwortung für die (regionale) Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft übernommen wird. Daher hat die hessische Landesregierung mit den hessischen Hochschulen im Rahmen des Hochschulpakts 2016 bis 2020 vereinbart, dass diese hochschulweite Gesamtstrategien für den Wissens- und Technologietransfer, die den Schutz geistigen Eigentums und die Verwertung von Forschungsergebnissen einschließen, erarbeiten. Da sich zunehmend der Begriff "Third Mission " für die Wissens- und Technologietransferaktivitäten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchsetzt, wird dabei teils auch von "Third-Mission-Strategien" gesprochen. Zu den im Rahmen von solchen Strategien zu beantwortenden Fragen ausgehend von den jeweiligen Forschungsprofilen, Entwicklungsplanungen und regionalen Kontextbedingungen gehören z.B., welchen Stellenwert der Transfer in einer Hochschule oder Forschungseinrichtung hat, wie Forschungsergebnisse verwertet werden können, wo Schwerpunkte im Forschungstransfer Eingegangen am 18. Oktober 2017 · Bearbeitet am 18. Oktober 2017 · Ausgegeben am 20. Oktober 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5178 18. 10. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5178 gesetzt werden, in welchem Umfang Kooperationen mit geeigneten Partnern außerhalb des Wissenschaftssystems eingegangen werden sollen und welche Anreize gesetzt werden, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlicher zu motivieren, sich im Transfer zu engagieren. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Ziele werden mit dem Ausbau des Wissens- und Technologietransfers an den Hochschulen in Hessen verbunden? Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. Die Hochschulpolitik der hessischen Landesregierung zielt grundsätzlich darauf ab, eine Steigerung des Wissenspotenzials in unserem Innovationssystem durch exzellente Forschung und eine qualitativ hochwertige Ausbildung der Studierenden an den Hochschulen zu kombinieren mit einem Ausbau des Wissens- und Technologietransfers. Darüber hinaus will sie einen Beitrag dazu leisten, dass die auf dieser Basis erlangten und möglich werdenden neuen Forschungsergebnisse und innovativen Ideen gewinnbringend für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden können. Zur Erreichung dieses Ziels kommt dem wechselseitigen Austausch zwischen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eine zentrale Bedeutung zu. Die Hessische Landesregierung folgt dabei einem Transferverständnis, wonach der Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft keine Einbahnstraße von der Wissenschaft in Richtung Wirtschaft darstellt, sondern Ausdruck einer Beziehung zu wechselseitigem Nutzen ist. Eine Stärkung von Innovationskraft von Wirtschaft und Gesellschaft korrespondiert mit einem an der betrieblichen und gesellschaftlichen Praxis ausgerichteten Wissensfortschritt und Erkenntnisgewinn für Forschung und Lehre an den Hochschulen. Frage 2. Welche hochschulweiten Gesamtstrategien sind für den Ausbau des Wissens- und Technologietransfers bereits vorhanden oder befinden sich in der Entwicklung? (Bitte nach Hochschulen aufgeschlüsselt ) An folgenden Hochschulen sind Transferstrategien, teils auch Strategien für die Verwertung des geistigen Eigentums und von Patenten bereits vorhanden oder befinden sich in der Entwicklung bzw. Planung. Technische Universität Darmstadt Integrierte Innovations- und Transferstrategie; Patent- und Verwertungsstrategie der TU Darmstadt Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Leitlinie der Goethe-Universität Frankfurt am Main zum Umgang mit geistigem Eigentum (IPR-Policy); In Entwicklung: Universitätsweite Transfer- bzw. Third-Mission- Strategie Justus-Liebig-Universität Gießen Patentierungs- und Verwertungsstrategie der Justus-Liebig- Universität Gießen; In Entwicklung: Hochschulweite Transferstrategie Universität Kassel Transferstrategie 2016 bis 2020; Patent- und Vermarktungsstrategie der Universität Kassel Philipps-Universität Marburg Patentierungs- und Verwertungsstrategie der Philipps- Universität Marburg; In Entwicklung: Hochschulweite Transferstrategie Hochschule Darmstadt Strategie der Hochschule Darmstadt (h_da) für den Wissensund Technologie-Transfer; Leitlinie zum Umgang mit geistigem Eigentum an der Hochschule Darmstadt; Konzeptpapier zur weiteren Optimierung der Verwertung von Erfindungen an der Hochschule Darmstadt Frankfurt University of Applied Sciences Innovations- und Transferstrategie (ITS) der Frankfurt University of Applied Sciences Hochschule Fulda Transferstrategie; Patent- und Verwertungsstrategie der Hochschule Fulda Technische Hochschule Mittelhessen Transferstrategie Hochschule RheinMain Neue Transferstrategie der Hochschule RheinMain; Patentierungs- und Verwertungsstrategie der Hochschule RheinMain Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main In Planung: Strategiepapier zur Förderung des Wissenstransfers durch Vernetzung der Hochschule im Transferbereich und Förderung des Gründerpotenzials der Studierenden Hochschule Geisenheim University Transferstrategie der Hochschule Geisenheim University; Verwertungsstrategie der Hochschule Geisenheim University - Leitlinien für den Umgang mit geistigem Eigentum Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5178 3 Aufbauend auf den bereits vorhandenen Transferstrategien und strategischen Positionierungen zum Transfer sind an der überwiegenden Mehrheit der hessischen Hochschulen weiterführende Prozesse zum Ausbau und zur Weiterentwicklung bzw. Zusammenführung der strategischen Konzepte zu hochschulweiten Gesamtstrategien für den Wissens- und Technologietransfer begonnen worden. Frage 3. In welcher Form ist die Landesregierung in die Gestaltung der hochschulweiten Gesamtstrategien eingebunden? Hessen hat in den letzten 15 Jahren durch entsprechende gesetzliche Regelungen seinen staatlichen Hochschulen ganz bewusst eine weitgehende Autonomie im Sinne eigenverantwortlichen Handelns übertragen. Diese sind unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und im Einklang mit den Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschule frei darin, ihre jeweiligen Schwerpunkte im Sinne ihrer Entwicklungsplanungen zu setzen. In dem Maße, wie sich das Land aus der Detailsteuerung der Hochschulen zurückgezogen hat, hat die Landesregierung neue strategische Steuerungsinstrumente geschaffen. Als Basis dient der Hessische Hochschulpakt. In ihm werden im Sinne einer Rahmenzielvereinbarung zwischen Land und Hochschulen die wichtigsten hochschulpolitischen Ziele vereinbart sowie die Grundlagen der Finanzierung der Hochschulen über die leistungsorientierte Mittelzuweisung vereinbart. Mit jeder einzelnen Hochschule schließt das Ministerium darüber hinaus hochschulindividuelle Zielvereinbarungen ab, in denen sich die jeweilige Hochschule zur Verwirklichung spezifischer Leistungen verpflichtet. In diesem Sinne ist die im Rahmen des Hochschulpakts 2016 bis 2020 eingegangene Verpflichtung der Hochschulen, hochschulweite Strategien für den Wissens- und Technologietransfer zu entwickeln, eine gemeinsame Vorgabe. Wie die Hochschulen im Rahmen ihrer Strategiebildungsprozesse und ausgehend von ihren Forschungsprofilen, Entwicklungsplanungen und regionalen Kontextbedingungen ihre Strategien für den Wissens- und Technologietransfer bestmöglich ausgestalten, ist Aufgabe und autonome Entscheidung der staatlichen Hochschulen, für die allerdings die Landesregierung die Voraussetzungen schafft und die Rahmenbedingungen bildet. Die Landesregierung bietet den Hochschulen ihre Unterstützung in diesem Prozess an und steht mit den Hochschulen darüber in einem sehr engen Dialog. Wiesbaden, 10. Oktober 2017 Boris Rhein