Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer und Löber (SPD) vom 22.08.2017 betreffend Schutz der Steilhang-Urwälder nördlich des Edersee und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Die Steilhangwälder nördlich des Edersee beherbergen letzte urwaldartige Relikte der Laubwaldzone Mitteleuropas nördlich der Alpen und genießen daher aus Naturschutzsicht sowohl eine herausragende gesamtstaatliche als auch internationale Bedeutung. Ihr derzeitiger Schutz ist nach Auffassung der Fragensteller unzureichend . Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Anfrage wie folgt: Frage 1. Welchen Flächenumfang nehmen die urwaldartigen Steilhangwälder nördlich des Edersees insgesamt ein und wie sind sie aktuell geschützt? Die Landschaftskulisse der Ederseesteilhänge deckt sich naturräumlich weitgehend mit dem Projekt -Kerngebiet des Naturschutzgroßprojekts (NGP) Kellerwald-Region, das gemäß genehmigtem Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) 1017 ha umfasst, davon sind 940 ha Waldfläche der prioritären Förderkulisse. Im Projekt-Kerngebiet liegen vier Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 101,1 ha und zwei Naturdenkmäler mit insgesamt rund vier ha Fläche. 697 ha des Projekt-Kerngebiets sind als FFH-Gebiet geschützt. Gut 343 ha Staatswaldfläche sind außerdem als Kernfläche für natürliche Waldentwicklung ausgewiesen . In Bezug auf die Waldfläche im Eigentum des Landes Hessen sind somit mehr als 85 % als Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet oder Kernfläche geschützt. Frage 2. Wie hoch ist der Flächenanteil der nicht genutzten Waldflächen im Bereich der Steilhangwälder nördlich des Edersees und wie viele nutzungsfreie Einzelflächen sind es insgesamt? Es können gesicherte Angaben nur zum Staatswald gemacht werden. Innerhalb der Staatswaldfläche von rund 442 ha sind 343,2 ha (rund 78 %) als Kernflächen für natürliche Waldentwicklung aus der Nutzung genommen. Es gibt fünf jeweils zusammenhängende Kernflächenkomplexe mit Flächengrößen von jeweils 10, 31, 34, 54 und 214 ha. Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung den derzeitigen Schutzstatus der Steilhangwälder? Hält die Landesregierung den Status mit Blick auf die herausragende, internationale Bedeutung dieser Wälder für angemessen? Wenn ja, warum? Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Steilhangwälder deshalb noch relativ urwüchsig sind, weil das überaus steile Gelände eine forstwirtschaftliche Nutzung schon immer weitgehend ausgeschlossen hat. Eine Gefährdung dieser Wälder ist daher heute noch weniger als in früheren Zeiten gegeben. Die Steilhangwälder sind weit überwiegend als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ausgewiesen, weil nach der FFH-Richtlinie die Meldung der dort vorkommenden Lebensräume und Arten erforderlich war. Mit diesem Beitrag zum europäischen Naturerbe, der als Beleg für die internationale Bedeutung gewertet werden kann, ist praktisch sichergestellt, dass künftige Verschlechterungen und Störungen untersagt sind. Eingegangen am 12. Oktober 2017 · Bearbeitet am 12. Oktober 2017 · Ausgegeben am 16. Oktober 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5179 12. 10. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5179 Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 4. Die Steilhangwälder sind Bestandteil der Förderkulisse des Naturschutz-Großprojekts "Kellerwald -Region". Die Kulisse ist nach Projektende (2018) in eine nach nationalem Naturschutzrecht verbindliche Schutzform zu überführen. Welche Schutzform kommt nach Ansicht der Landesregierung für die Steilhangwälder in Frage? Frage 5. Der im Rahmen des Naturschutz-Großprojekts erstellte Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) schlägt eine Erweiterung des bestehenden Nationalparks "Kellerwald-Edersee" im Bereich der Steilhangwälder nördlich des Edersees vor. Wird die Landesregierung diesem Vorschlag folgen? Wenn nein, warum nicht? Frage 6. Wie bewertet die Landesregierung den alternativen Vorschlag, die Steilhangwälder als "Nationales Naturmonument" auszuweisen? Die Fragen 4, 5 und 6 werden zusammen beantwortet. Nach den Bedingungen des Bundes für die Förderung von Naturschutzgroßprojekten sind die Kerngebiete, zu denen auch die Steilhangwälder gehören, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten des Landes überwiegend als Naturschutzgebiete oder - mit Zustimmung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) - durch alternative Instrumente langfristig zu sichern. Gemäß diesem Auftrag wird vor dem Projektabschluss im kommenden Jahr durch den Träger des NGP und der projektbegleitenden Arbeitsgruppe geprüft werden, inwieweit die Bedingungen durch den derzeitigen Schutzstatus bereits erfüllt sind und unter Einbindung der Region ein tragfähiges Schutzkonzept erarbeitet werden. Aussagen zum künftigen Schutzstatus können daher zu diesem Zeitpunkt nicht gemacht werden. Es gilt aber die im Zuge der Gründung des Nationalparks erfolgte Zusage des Hessischen Umweltministeriums an die Region, dass die Grenzen des Nationalparks im derzeitigen Zustand belassen werden, solange die Region keine andere Lösung wünscht. Wiesbaden, 4. Oktober 2017 Priska Hinz