Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 07.09.2017 betreffend Landgestüt Dillenburg und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Nach der Rücknahme der kompletten Schließung des Landgestüts in Dillenburg, weil der öffentliche Druck zu groß geworden war, hat die Landesregierung angekündigt die Hengste am Landgestüt abschaffen zu wollen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Seit wann sind der Landesregierung die angeblichen tierschutzrechtlichen Fragestellungen, die zu einer Schließung führen sollten, bekannt? Diese Landesregierung erhielt 2014, im Jahr des Regierungsantritts, Kenntnis darüber, dass der tägliche freie Auslauf der Pferde in Dillenburg nicht gewährleistet ist. Seitdem gab es in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen konkrete Überlegungen und Planungen , wie das Landgestüt angesichts der Innenstadtlage, der denkmalschützerischen Vorgaben und der beträchtlichen Anzahl an Pferden und insbesondere Hengsten sich zu einer vorbildlichen Pferdehaltung entwickeln könnte, in der allen Pferden täglicher Auslauf, möglichst mit Weidegang, gewährt würde. Bereits seit 1995 hat eine Pferdehaltung umfassend den "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" zu entsprechen. Diese wurden damals vom Bund als antizipiertes Sachverständigengutachten herausgegeben, dann 2009 grundlegend überarbeitet und dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis angepasst. Sie dienen seitdem als Grundlage der Konkretisierung des § 2 Tierschutzgesetz im Bereich Pferdehaltung. Eine der wichtigsten Neuerungen im Jahr 2009 war die Aufnahme der Notwendigkeit freier täglicher Bewegung für jedes Pferd. Dies gilt seitdem auch für Pferde, die gearbeitet werden (Reiten , Fahren), und nicht nur für Jungpferde und Zuchtstuten. Inzwischen erfuhr diese Vorgabe Deutung durch verschiedene Gerichte in verschiedenen Bundesländern. Danach ist für jedes Pferd ein täglich mehrstündiger (d. h. mindestens zwei Stunden pro Tag) freier Auslauf, zu jeder Jahreszeit, sicherzustellen. Frage 2. Welches Konzept bzw. welches Ziel verfolgte die Landesregierung mit der geplanten Schließung des Landgestüts? Mit der Schließung verfolgte die Landesregierung das Ziel, die nicht tierwohlgerechte Pferdehaltung aufzugeben. Darüber hinaus könnte die Überbetriebliche Ausbildung (ÜA) der angehenden Pferdewirtinnen und Pferdewirte - als der einzigen staatlichen Aufgabe des Landgestüts - qualitativ hochwertig und effizienter in länderübergreifender Kooperation realisiert werden; hierzu gibt es sehr gute Erfahrungen in anderen Agrarberufen (Gartenbau, Milchwirtschaft) und auch bei der Pferdewirt-Fachrichtung "klassische Reitausbildung", für die die ÜA seit Anbeginn in Warendorf stattfindet. Frage 3. Welches Konzept verfolgt die Landesregierung nun, um das Landgestüt für die Zukunft zu sichern ? Wie in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Kommune Dillenburg und dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18. August 2017 ausgeführt, Eingegangen am 18. Oktober 2017 · Bearbeitet am 18. Oktober 2017 · Ausgegeben am 20. Oktober 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5229 18. 10. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5229 soll kurzfristig mehr Auslauf für die Pferde im Landgestüt geschaffen werden für die vorhandenen Stuten und Wallache, die im Unterschied zu den Hengsten auch in Gruppen gehalten werden können. Mittel- bis langfristig soll zusätzliche Auslauffläche geschaffen werden. Mit der umfassenden Sanierung der denkmalgeschützten Immobilie hat die Landesregierung die Voraussetzungen für eine vielfältige Nutzung geschaffen. Es ist zu wünschen, dass dieses Angebot von der Stadt Dillenburg und anderen möglichen Kooperationspartnern genutzt wird, um so das Kulturgut und touristische Kleinod zu erhalten. Frage 4. Gibt es Überlegungen, die Stadt Dillenburg oder andere Interessenten ins Boot zu holen? Die Stadt war in den vergangenen Jahren regelmäßig und auch im Vorfeld der Überlegungen über eine Schließung in die Überlegungen zur Zukunft des Landgestütes eingebunden. Im gemeinsamen Gespräch im August 2017 hat die Stadt Bereitschaft signalisiert, durch zusätzliche Bemühungen ihrerseits das Gestüt als touristisches Magnet wiederzubeleben. Frage 5. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Landesregierung die Abschaffung der Hengste im Landgestüt? Durch die Reduzierung der Pferdezahl und Beschränkung auf die Haltung von Stuten und Wallachen ist es möglich, den täglichen mehrstündigen freien Auslauf und damit die tierwohlgerechte Haltung für diese Tiere zu gewährleisten. Nachdem die Nachfrage nach Dillenburger Zuchtmaterial seit vielen Jahren rückläufig ist, hat die Aufgabe der Hengsthaltung im Landgestüt keine negativen Auswirkungen auf die Pferdezucht . Frage 6. Ist ein Landgestüt ohne die Zucht überhaupt noch attraktiv aufgestellt? Die Hengsthaltung ist bereits seit vielen Jahren rückläufig und insofern offensichtlich durch die hessischen Züchterinnen und Züchter seit Langem nicht mehr ausreichend nachgefragt. Grundsätzlich verfügt aus Sicht der Landesregierung das Landgestüt auch in seiner zukünftigen Ausgestaltung über das Potenzial, ein attraktives Angebot in der Region darzustellen. Frage 7. Welches touristische Konzept verfolgt die Landesregierung mit dem Landgestüt? Mit dem Standort des Gestüts in Dillenburg hat die Stadt die idealen Voraussetzungen für ein attraktives Tourismuskonzept rund um das Gestüt. Im gemeinsamen Gespräch im August 2017 hat die Stadt zugesagt, dass sie ihre Bemühungen im Tourismus verstärken werden. Frage 8. Welche Investitionen plant die Landesregierung in den kommenden fünf Jahren am Standort Dillenburg ? Für die Sanierung von Nord- und Seitenflügel des Prinzenhauses sowie die Naturschieferfassaden - und -dachsanierung sind in den nächsten Jahren ca. 1,5 Mio. € veranschlagt, für die noch ausstehende Sanierung der Orangerie ca. 600.000 €. Dazu kommen weitere Baumaßnahmen, die jedoch sämtlich noch nicht abschließend terminiert und kalkuliert sind. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Land in den letzten Jahren 6,2 Mio. € in die denkmalgeschützte Bausubstanz investiert hat. Damit konnten sowohl das barocke Reithaus als auch das Prinzenhaus und die historischen Stallungen mit den Internatsräumen saniert werden. Je nach Anforderung an das Tierwohl können noch weitere Mittel dazu kommen. Dazu finden derzeit umfangreiche Prüfungen statt. Frage 9. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Abschaffung der Hengste nur der erste Schritt zu einer Schließung des Landgestüts ist? Die Landesregierung plant keine schrittweise Schließung des Landgestüts. Wiesbaden, 4. Oktober 2017 Priska Hinz