Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 05.09.2017 betreffend Stresstests und Stromversorgungssicherheit und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Werden in regelmäßigen Abständen sogenannte Stresstests des für Hessen relevanten Stromnetzes durchgeführt? Stresstests im Sinne einer regelmäßigen Untersuchung der Versorgungssicherheit werden in Form von Simulationen, Studien und Analysen von verschiedenen Institutionen auf allen Netzebenen durchgeführt. Hierdurch kann für kritische Situationen im Vorfeld sensibilisiert werden, um so entsprechende technische oder organisatorische Problemlösungen zu veranlassen. Frage 2. Wer führt solche Stresstests mit welchen Ergebnissen durch? Durch die Netzbetreiber wird bei der Planung und dem Betrieb der Netze analytisch sowie simulatorisch die Belastbarkeit der Netze überprüft. Zusätzlich führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das in § 51 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) geforderte, regelmäßige Monitoring zur Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität durch. Ebenso werden durch die Verbände der Energiewirtschaft Studien, Hinweispapiere und Anwendungsregeln zur Aufrechterhaltung des hohen Maßes an Versorgungssicherheit erstellt. Frage 3. Welche Infrastrukturen und Einrichtungen stuft die Landesregierung als kritisch in Bezug auf eine verlässliche Stromversorgung ein? Bei der Systematisierung von Dienstleistungen, Anlagenkategorien und konkreten Anlagen in Bezug auf kritische Infrastrukturen innerhalb der Stromversorgung orientiert sich die Landesregierung an der Systematik der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-KritisV). Die Identifizierung der Infrastrukturen soll anhand eines derzeit in erstmaliger Erstellung befindlichen Leitfadens des Bundes durchgeführt werden. Frage 4. Zu welchen Ergebnissen kommt die qualitative Energiebedarfsanalyse von industriellen, gewerblichen , öffentlichen und privaten Verbrauchern in Bezug auf Hessen? Durch die Übertragungsnetzbetreiber wird in regelmäßigen Abständen ein Szenariorahmenplan erstellt, der die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen der kommenden 10 bis 15 Jahre untersucht. Dieser wird von der Bundesnetzagentur überprüft und gibt auch Aufschluss über die Erzeugungsstruktur und den Energiebedarf des Landes Hessen. Danach wird Hessen als wirtschaftsstarkes Bundesland trotz des prognostizierten weiteren dezentralen Ausbaus der Erneuerbaren Energien wie in der Vergangenheit auch zukünftig einen nennenswerten Teil seines Strombedarfs durch Stromimporte aus anderen Bundesländern decken. Eingegangen am 23. November 2017 · Bearbeitet am 23. November 2017 · Ausgegeben am 24. November 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5240 23. 11. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5240 Frage 5. Welche szenariobasierten Tests werden in Hessen durchgeführt und wie sieht das getestete Szenario konkret aus? Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) hat eine Verteilnetzstudie in Auftrag gegeben, deren Veröffentlichung voraussichtlich im Frühjahr 2018 zu erwarten ist. In dieser Studie wird speziell für das Verteilnetz in Hessen eine Betrachtung ähnlich der Verfahren der Übertragungsnetzbetreiber durchgeführt. Frage 6. Wie wirkt sich die weitere Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke auf die Versorgungsstabilität im hessischen Stromnetz aus resp. wie sollen die wegfallenden Kapazitäten konkret ersetzt werden? Die durch den Ausstieg aus der Kernenergie wegfallenden Kapazitäten werden durch einen Ausbau der Erneuerbaren Energien, bestehende konventionelle Kraftwerke und den Bau neuer, hochflexibler und emissionsarmer Gasturbinenkraftwerke sowie durch die Beseitigung bestehender Netzengpässe in Nord-Süd-Richtung kompensiert. Zudem steht mit der Netzreserveverordnung auch weiterhin ein wirksames und kosteneffizientes Instrument zur Vermeidung von Netzund Versorgungsengpässen zur Verfügung. Frage 7. Wie würde sich nach Ansicht der Landesregierung die Abschaltung aller deutschen Kohlekraftwerke bis zum Jahr 2025 auf die Versorgungsstabilität in Hessen auswirken? Frage 8. Unter welchen Umständen ist nach Ansicht der Landesregierung die Abschaltung aller deutschen Kohlekraftwerke bis 2025 realisierbar und wie müsste dann der Strombedarf und die Netzstabilität gesichert werden? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Der Landesregierung sind seriöse Abschätzungen über die Folgen der Abschaltung aller Kohlekraftwerke bis 2025 nicht bekannt. Momentan hat Deutschland den größten Stromexportüberschuss seiner Geschichte. Durch die in den nächsten Jahren geplanten Abschaltungen der letzten deutschen Atomkraftwerke und den aus Sicht des Klimaschutzes unumgänglichen Ausstieg vor allem aus der Braunkohleverstromung wird dieser Überschuss perspektivisch kleiner. Eine komplette Abschaltung aller Kohlekraftwerke bis 2025 ist allerdings nicht zu erwarten. Wiesbaden, 13. November 2017 Tarek Al-Wazir