Kleine Anfrage der Abg. Hofmeyer und Degen (SPD) vom 14.09.17 betreffend Rechtmäßigkeit von "KAPOVAZ"-Verträgen an Schulen in Hessen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: Mindestens ein in Hessen aktiver privater Schulträger schließt mit seinen Lehrkräften Arbeitsverträge mit einer sogenannten "kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit" (KAPOVAZ = Arbeit auf Abruf) ab, deren Regelungen nach Auffassung von Juristen und Gewerkschaftsvertretern in mehrfacher Hinsicht rechtlich bedenklich oder sogar rechtswidrig sind. Dies gilt insbesondere bezüglich der Regelungen zur Arbeitsverpflichtung , der vereinbarten Arbeitszeit, des Urlaubs und der Bezahlung. Lehrkräfte der betreffenden Schulen empfinden ihre Beschäftigungsverhältnisse, bei denen das wirtschaftliche Risiko wegfallender Unterrichtszeiten weitestgehend auf die Beschäftigten abgewälzt und die Bezahlung zu Teil erheblich hinter der von Lehrkräften an gleichartigen Schulen liegt, als prekär und haben sich hilfesuchend an das Staatliche Schulamt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt gewandt. Die Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. An welchen Schulen in Hessen ist eine "kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit" Bestandteil von gültigen Arbeitsverträgen? (Nennung unter Angabe der Schule, des Trägers und des Schulamtsbezirks ) Es handelt sich um eine Schule in freier Trägerschaft. Aus Datenschutzgründen wird auf eine weitere Konkretisierung verzichtet. Frage 2. Wie beurteilt die Landesregierung den Abschluss von sogenannten KAPOVAZ-Verträgen in Hinblick auf Gehaltseinbußen durch stundenplanmäßigen Unterrichtsausfall aufgrund von Blockunterricht , Schulpraktika, Sporttagen oder aufgrund des vorzeiteigen Unterrichtsende bei Abschlussklassen ? Der Abschluss von sog. KAPOVAZ-Verträgen ist nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich zulässig. Nach dieser Rechtsprechung sind bestimmte Vorgaben einzuhalten, deren Nichtbeachtung in konkreten Einzelfällen zur Unwirksamkeit einzelner Vertragsklauseln führen kann. Frage 3. Sind nach Auffassung der Landesregierung solche Verträge mit § 174 HSchG in Bezug auf die regelmäßige Arbeitszeit und Höchststundenzahl vereinbar? Die Landesregierung überprüft im Rahmen der Aufsicht nach den §§ 166 ff. des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) die Einhaltung der Kriterien des § 174 Abs. 2 HSchG. Sofern dabei Anpassungsbedarf festgestellt wird, wird dieser an den betroffenen privaten Schulträger kommuniziert . So wurde beispielsweise in jüngerer Vergangenheit unter Zugrundelegung aktueller Rechtsprechung des Arbeitsgerichts Darmstadt die Anpassung der KAPOVAZ-Verträge eines privaten Schulträgers im Hinblick auf die Arbeitszeitregelung erwirkt. Frage 4. Ist der Landesregierung die Kritik der Lehrkräfte bestimmter Ersatzschulen an ihren Arbeitsbedingungen bekannt? Der Landesregierung ist Kritik bestimmter Lehrkräfte bekannt geworden. Eingegangen am 15. November 2017 · Bearbeitet am 15. November 2017 · Ausgegeben am 17. November 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5266 15. 11. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5266 Frage 5. Sind der Landesregierung Klagen von in Hessen tätigen Lehrkräften bzw. Berufungsverfahren und deren jeweiliger Ausgang in Bezug auf KAPOVAZ-Verträge bekannt? Ja. Frage 6. Reicht die derzeitige personelle Besetzung der Schulaufsichtsbehörden aus, um der in § 167 HSchG geregelten Aufsichtspflicht gegenüber Privatschulen vollumfänglich gerecht zu werden? Ja. Frage 7. Gem. § 2 ESchFG gewährt das Land für jede Schülerin und jeden Schüler einer zuschussberechtigten Ersatzschule einen festgelegten bzw. kalkulierbaren Schülersatz, der sich an den Kosten vergleichbarer, durch kommunale Schulträger bzw. öffentliche Schulen erbrachter Bildungsangebote orientiert. Hält es die Landesregierung vor diesem Hintergrund für akzeptabel, dass private Schulträger durch ihre Vertragsgestaltung das wirtschaftliche Unternehmerrisiko zu einem großen Teil auf die Beschäftigten abwälzen? Die Landesregierung prüft nach § 174 Abs. 2 HSchG laufend die Einhaltung der dort genannten Kriterien. Sollten dabei Verstöße festgestellt werden, wird auf deren Korrektur aufsichtlich hingewirkt . Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Frage 8. Gem. § 172 HSchG ist die Genehmigung von Ersatzschulen unter anderem dann zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der hilfesuchenden Lehrkräfte genügend gesichert ist? a) Falls ja, wie begründet sie ihre Auffassung? b) Falls nein, welche Maßnahmen wird sie kurzfristig ergreifen, um die Rechtmäßigkeit der Genehmigung zu überprüfen? Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen. Wiesbaden, 7. November 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz