Kleine Anfrage der Abg. Schmitt, Decker, Hofmeyer, Kummer, Löber, Warnecke und Weiß (SPD) vom 18.06.2014 betreffend Personalveränderungen in der Steuerverwaltung und Antwort des Ministers der Finanzen Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren, gehobenen und des höheren Dienstes sowie Tarifbeschäftigte der Steuerverwaltung werden bereits heute erkennbar 2015, 2016, 2017 und 2018 aus dem Dienst ausscheiden? Die Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. hat auf Basis des Personalverwaltungssystems SAP HCM die angefragten Daten ermittelt. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei den genannten Zahlen ausnahmslos um Vollzeitäquivalente (VZÄ) handelt. In den Jahren 2015 bis 2018 werden bereits heute erkennbar die Personen aus der Steuerverwaltung ausscheiden, die entweder bereits einen Antrag formuliert haben oder die gesetzliche Altersgrenze erreichen werden. Es ergeben sich zusammengefasst folgende Personalabgänge: Abgänge 2015 2016 2017 2018 mD 22,85 16,80 12,52 25,62 gD 36,21 63,50 47,21 67,38 hD 11,00 1,00 8,78 11,63 Tarif vgl. mD 56,65 19,02 20,11 41,60 Tarif vgl. gD 35,98 9,50 12,28 20,16 Tarif vgl. hD 1,00 1,00 0,00 2,00 Gesamt 163,69 110,82 100,90 168,39 Frage 2. Welche Einstellungszahlen sind für die einzelnen Laufbahnen und den Tarifbereich der Steuer- verwaltung für diese Jahre vorgesehen? Neben den oben zu Frage 1 aufgeführten Alters- bzw. Antragsabgängen gilt es für die Bestimmung der Einstellungszahlen alle voraussichtlichen weiteren Veränderungen zu berücksichtigen. Dies sind - auch auf Grundlage der Erfahrungswerte der vergangenen Jahre - zu erwartende Abgänge durch vorzeitigen Ruhestand, Versetzungen an andere Verwaltungen, Kündigungen, Abgänge während der Ausbildung und sonstige Abgänge, also deutlich höhere Werte als in der o.g. Tabelle beschrieben. Die Einstellungszahlen in den Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes orientieren sich an dem so ermittelten voraussichtlichen Ersatzbedarf, den verfügbaren Haushaltsstellen und an der Aufgabenentwicklung der Steuerverwaltung. Der Ersatzbedarf ergibt sich aus den jeweils zur Verfügung stehenden Haushaltsstellen und den voraussichtlich zu erwartenden personellen Zu- und Abgängen. Ein Beispiel für die Berücksichtigung der Aufgabenentwicklung ist das 5-Punkte-Programm der Hessischen Landesregierung zur verstärkten Bekämpfung der Steuer- und Wirtschaftskriminalität im Jahr 2013. Mit diesem Programm werden 105 zusätzliche Dienstposten in den Steuerfahndungs- und Betriebsprüfungsstellen der hessischen Finanzämter eingerichtet. Zur Besetzung dieser Stellen wurden bzw. werden die Einstellungszahlen der Jahre 2013, 2014 und 2015 im gehobenen Dienst um jeweils 35 erhöht. Unter Berücksichtigung dieser Erhöhung ergibt sich für das Jahr 2015 eine Einstellungsquote für den g.D. der Steuerverwaltung von 185, für den m.D. sollen - wie in den Vorjahren - wie- Eingegangen am 8. September 2014 · Ausgegeben am 12. September 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/531 08. 09. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/531 derum 50 Anwärter eingestellt werden. Aus Gründen der Aktualität erfolgen die finalen Einstellungsplanungen erst im jeweiligen Vorjahr auf der Grundlage der dann vorliegenden Daten (Haushaltsstellen/Ersatzbedarf), sodass die Einstellungszahlen für die Jahre 2016 bis 2018 noch nicht festgelegt sind. Im höheren Dienst liegt der Ersatzbedarf in 2015 bei ca. 10 Einstellungen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für die Laufbahnen des mittleren und gehobenen Dienstes Schulabgänger eingestellt werden, die zunächst ausgebildet werden müssen. Die Einstellungszahlen orientieren sich daher nicht an dem Ersatzbedarf des Einstellungsjahres, sondern am Ersatzbedarf des Jahres, in dem die Ausbildung (also plus 2 Jahre im m.D. und plus 3 Jahre im g.D.) abgeschlossen wird. Der Ersatzbedarf und die Einstellungszahlen für ein Kalenderjahr sind daher nicht identisch. Für den Bereich des Tarifpersonals werden in der Steuerverwaltung derzeit, bedingt durch Einsparvorgaben , die für eine Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs unbedingt notwendigen Ersatzeinstellungen vorgenommen. In der Regel handelt es sich derzeit um Einzelfallentscheidungen. Frage 3. Wie viele Bewerbungen für die einzelnen Laufbahnen und den Tarifbereich der Steuerverwaltung lagen bzw. liegen der Landesregierung von 2010 bis gegenwärtig vor? Für die Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes der Steuerverwaltung wurden folgende Bewerbungszahlen verzeichnet: Jahr höherer Dienst gehobener Dienst mittlerer Dienst 2010 104 1.812 1.448 2011 80 2.144 1.086 2012 84 1.822 584 2013 74 2.090 727 2014 bisher 20 1.881 627 Im Tarifbereich werden momentan keine landesweiten Bewerberansprachen bzw. Werbemaßnahmen vorgenommen und dementsprechend wird auch keine zentrale Erhebung zur Bewerberlage durchgeführt. Frage 4. Wie verteilen sich die in den Fragen 2 und 3 erfragten Zahlen auf die Dienststellen der Steuer- verwaltung im städtischen und ländlichen Raum? Die Einstellungsquoten für den mittleren und gehobenen Dienst der Steuerverwaltung in den Jahren 2010 bis 2014 verteilten sich nach Mitteilung der OFD durchschnittlich zu ca. 60 % auf die Städte Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden sowie zu 40 % auf die übrigen Finanzämter. Die Zahl der Bewerbungen entspricht diesem Verhältnis im gleichen Maße. Die Steuerverwaltung war somit stets in der Lage, die frei werdenden Stellen mit ausreichend Bewerbungen zu sichern. Zurzeit sind Anhaltspunkte für eine veränderte Ausgangslage nicht erkennbar . Hinsichtlich des Tarifbereiches verweise ich auf die Antwort zu Frage 3. Frage 5. a) Sieht die Landesregierung angesichts der zu erwartenden demografischen Entwicklung und des zunehmenden nationalen und internationalen Datentransfers die Notwendigkeit einer Aufgaben -/Altersanalyse der Steuerverwaltung? b) Falls ja, wann wird sie diese vornehmen? c) Falls nein, weshalb sieht sie nicht diese Notwendigkeit? Diese Notwendigkeit besteht ganz ohne Zweifel. Die Aufgaben der Steuerverwaltung haben sich in den letzten Jahren aufgrund zunehmender Internationalisierung des Steuerrechts wie auch der genannten nationalen und internationalen massenhaften Datentransfers erheblich verändert. Adäquate IT-Verfahren, an die veränderten Aufgaben angepasste Prozesse und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zwingende Voraussetzung für eine adäquate Aufgabenerledigung . Aufgabenkritik und Aufgabenanalyse sind daher bereits wichtige Daueraufgaben der Steuerverwaltung. Zur Ermittlung des für die Finanzämter notwendigen Personals wird in einem kontinuierlichen dreijährigen Turnus eine vollumfängliche Personalbemessung durchgeführt, bei der alle in den Finanzämtern wahrzunehmenden Tätigkeiten definiert und mengenmäßig erfasst werden. Es werden Aufgabenzugänge und der Wegfall von Aufgaben berücksichtigt sowie quantitativen Entwicklungen Rechnung getragen. Hierdurch werden auch demografische Entwicklungen in der Bevölkerung berücksichtigt. Dabei hat sich allerdings gezeigt, dass sich Bevölkerungsentwicklung und Fallzahlen nicht zwangsläufig proportional zueinander entwickeln. Über die Berücksichtigung der altersabhängigen Jahresarbeitszeit findet bei der Personalbemessung auch die demografische Situation in der Verwaltung ihren Niederschlag. Daraus folgt eine jährlich stattfindende finanzamtsübergreifende Dienstpostenverteilung auf die einzelnen Arbeitsbereiche der hessischen Finanzämter, die die Entwicklung der in den Finanzäm- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/531 3 tern wahrzunehmenden Aufgaben berücksichtigt. Bei nachhaltigen quantitativen Änderungen bzw. neuen oder weggefallenen Aufgaben erfolgt so auch zwischen den einzelnen PersonalbemessungsStichtagen eine entsprechende Personalbemessung für die betroffenen Arbeitsbereiche. Als Reaktion auf die geänderten Herausforderungen der Steuerverwaltung hat die Landesregierung im Jahr 2013 ein Fünf-Punkte-Programm zur verstärkten Bekämpfung von Steuer- und Wirtschaftskriminalität auf den Weg gebracht. Um die erfolgreiche Arbeit der Betriebsprüfer und Steuerfahnder, deren Prüfungsdichte deutlich über dem Bundesschnitt liegt, auch weiterhin zu gewährleisten und noch auszubauen, wird eine weitere Verstärkung der Außendienste der hessischen Finanzämter um 105 Betriebsprüfer und Steuerfahnder erfolgen. Insgesamt werden die Außendienste der hessischen Finanzämter durch dieses Programm damit nochmals maßgeblich aufgestockt und der eingeschlagene Weg einer zielgerichteten Stärkung der hessischen Steuerverwaltung konsequent fortgesetzt. In den vergangenen über zehn Jahren ist die hessische Steuerverwaltung konsequent modernisiert worden. Die Einstellung und Ausbildung von ca. 300 Anwärterinnen und Anwärtern pro Jahr hat kontinuierlich zu einer angemessenen Personalausstattung geführt. Um weiterhin unserem Anspruch einer effizienten und gleichmäßigen Anwendung der Steuergesetze gerecht zu werden, wurden und werden in den Jahren 2013 bis 2015 die Ausbildungszahlen im gehobenen Dienst der hessischen Steuerverwaltung erhöht. Denn eine optimale Ausstattung der Außendienste ist nur dann sinnvoll möglich, wenn sie mit einer angemessenen Personalausstattung sämtlicher Arbeitsbereiche der Finanzämter in Einklang steht. Ein weiterer Baustein für eine zukunftsfeste Steuerverwaltung ist die Optimierung der Verwaltung und ihrer Arbeitsabläufe. Gerade der Einsatz IT-gestützter Analyseverfahren ermöglicht es, Personalkapazitäten effizient einzusetzen und schnell auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Um den demografischen Herausforderungen bei der Personalgewinnung für die Steuerverwaltung zu begegnen, wurde in der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main ein sog. DemografieLotse berufen. Die Berufung erfolgte auf Basis eines von der INQA (Initiative Neue Qualität der Arbeit) aufgesetzten diesbezüglichen Projekts "Demografie-Wissen kompakt: Qualifizierung zum Demografie-Lotsen". Der Demografie-Lotse übernimmt die aktivierende Beratung innerhalb der einzelnen Dienststellen, bei der spezifische Besonderheiten berücksichtigt und praxisorientierte Handlungsempfehlungen aus demografischer Perspektive erarbeitet werden sollen. Dabei wird unter anderem das Ziel verfolgt, auf absehbare Zeit eine vollständige Altersstrukturanalyse zu erhalten und für die Finanzämter ggf. regionalspezifische Handlungshilfen, z.B. in Bezug auf Personalgewinnung oder unterschiedliche Konzepte im Bereich Gesundheits- und Wissensmanagement, zu entwickeln. Für den Erfolg der hessischen Steuerverwaltung wird letztlich nicht allein die Höhe des Personalbestandes entscheidend sein. Die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Land Hessen als Arbeitgeber als Basis des Erfolgs wird von verschiedenen Faktoren abhängen. Gerade die vielfältigen Angebote des Landes im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements haben einen sehr positiven Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. So förderte eine Mitarbeiterbefragung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement in der Finanzverwaltung aus dem Jahr 2012 eine überdurchschnittliche Arbeitsplatzzufriedenheit zutage. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erachten ihre Aufgabe als wichtig und sinnvoll, zeigen also ein hohes Maß an Identifizierung mit ihrer Arbeit. Immer wichtiger für das bestehende Personal, aber auch für Bewerberinnen und Bewerber, sind die vom Land angebotenen flexiblen Arbeitszeitmodelle. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Möglichkeit, mit dem Lebensarbeitszeitkonto auch längere Auszeiten vom Beruf zu nehmen, sind mittlerweile zu wichtigen Faktoren für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz geworden . Daneben ist bei der Personalgewinnung ein Qualitätsmerkmal für das Land als Arbeitgeber , dass den Bewerberinnen und Bewerbern Möglichkeiten geboten werden, eine individuelle Work-Life-Balance zu finden. Die beschriebenen vielfältigen Maßnahmen und Angebote tragen dazu bei, dass die Steuerverwaltung auch in Zukunft den Herausforderungen gerecht werden wird, die an sie gestellt werden. Wiesbaden, 23. August 2014 In Vertretung: Dr. Bernadette Weyland