Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 04.10.2017 betreffend Zugang zu Presse durch Strafgefangene und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Ministerin der Justiz: Über die Aushändigung von Zeitungen und Zeitschriften entscheidet die jeweilige Anstaltsleitung im Einzelfall (vgl. § 30 Abs. 2 HStVollzG und die entsprechenden Vorschriften in den übrigen Vollzugsgesetzen). Die Beantwortung der Kleinen Anfrage erfolgt daher auf der Grundlage der Berichterstattung aller Anstaltsleitungen zu den in der Kleinen Anfrage enthaltenen Fragen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Gefangenen ablehnende Entscheidungen der Anstaltsleitungen gerichtlich überprüfen lassen können. Seit dem in der Frage 1 genannten Bezugsdatum (1. Januar 2015) sind keine gerichtlichen Entscheidungen bekannt geworden, mit der eine Entscheidung einer Anstaltsleitung über die Nichtaushändigung einer Zeitung oder einer Zeitschrift aufgehoben worden wäre. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Ausgaben welcher Zeitschriften/Zeitungen wurden Gefangenen seit dem 01.01.2015 vorenthalten ? Für alle im Handel erhältlichen, periodisch erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften gilt grundsätzlich, dass einzelne Ausgaben oder Teile nur dann vorenthalten werden, wenn durch die Aushändigung das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erheblich gefährdet würde (vgl. § 30 Abs. 2 S. 5 HStVollzG). Welche einzelnen Ausgaben welcher Zeitungen und Zeitschriften seit dem 1. Januar 2015 von den Anstaltsleitungen nicht ausgehändigt wurden, kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. JVA Name der Zeitschrift/Zeitung Ausgaben (Zeitschrift-/Zeitungs-Nr.), die seit 01.01.2015 nicht ausgehändigt wurden Butzbach "Rote Hilfe" Ausgabe 02/2016, in einem weiteren Fall ist die Nr. der vorenthaltenen Ausgabe nicht mehr feststellbar Butzbach "Gefangenen Info" Ausgaben 399 bis 405 und 409 Butzbach "Kurdistan Report" Ausgaben 10/2015, 06/2016, 10/2016 Butzbach "KONKRET" Ausgabe 06/2016, in einem weiteren Fall ist die Nr. der vorenthaltenen Ausgabe nicht mehr feststellbar Hünfeld "KONKRET" Ausgabe 07/2016 Kassel I "Rote Hilfe" Ausgabe 05/2016 Kassel I "Kurdistan Report" Ausgabe 01/2016 Eingegangen am 14. November 2017 · Bearbeitet am 14. November 2017 · Ausgegeben am 17. November 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5319 14. 11. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5319 Frage 2. Werden bestimmte Zeitungen/Zeitschriften grundsätzlich vorenthalten? Wenn ja, welche und aus welchem Grund? Welche Zeitungen und Zeitschriften seit dem 1. Januar 2015 von den Anstaltsleitungen grundsätzlich nicht ausgehändigt wurden, ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. JVA Name der Zeitschrift/Zeitung Grund für das generelle Aushändigungsverbot Butzbach "Rote Hilfe" Die Organisation sowie die Zeitschrift werden seit Jahren vom Verfassungsschutz des Bundes und der Länder beobachtet und als "linksextremistisch" bewertet . Frankfurt am Main I Kassel I Yeni Özgür Politika (YÖP) Die Zeitschrift fällt zwar nicht unter das Betätigungsverbot der PKK in Deutschland (Verbotsverfügung des Bundesinnenministers vom 22.11.1993), sie gilt aber als Sprachrohr der PKK-Sympathisanten und der PKK nahestehenden Vereine in Deutschland . Die Zeitung betreibt Werbung bzw. Propaganda im Sinne der PKK. Vor dem Hintergrund der insbesondere nach dem Putschversuch in der Türkei angespannten Lage kann diese Zeitung von türkischen Gefangenen als Provokation angesehen werden. Sie wird daher aus Gründen der Sicherheit und Ordnung nicht ausgehändigt. Butzbach Hünfeld "KONKRET" Die Zeitschrift wird vom Verfassungsschutz (Bund und Länder) als "linksextremistisch" eingestuft. Die Weitergabe der Zeitschrift birgt die Gefahr, dass die Leser zu linksextremistischen Zwecken instrumentalisiert werden könnten. Einer unkontrollierten Weitergabe der Zeitschrift zwischen Gefangenen untereinander während der Freistunde, Freizeit oder am Arbeitsplatz kann mit vollzuglichen Maßnahmen nicht begegnet werden. Kassel I "Milli Gazete" (seit März 2016 keine Lieferung mehr) Gemäß Verfassungsschutzbericht 2016 ist die "Milli Gazete" das "Sprachrohr der "Milli Görüs- Bewegung" (Islamistische Organisation). Sie wirkt durch ihre Berichterstattung als Bindeglied zwischen der IGMG ("Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.") und der "Milli Görüs" in der Türkei. Gemäß Verfassungsschutzbericht finden sich in der Zeitung regelmäßig antisemitische Aussagen. Es wird das islamistische und antiwestliche Weltbild der "Milli Görüs" vertreten. Die "Milli Gazete" vermittelt ein doktrinäres Islamverständnis. Frage 3. Werden bestimmte Zeitungen/Zeitschriften einer Inhaltskontrolle unterzogen, bevor sie den Gefangenen übergeben werden? Wenn ja, welche und aus welchem Grund? Die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Publikationen werden nach den Berichten der Anstaltsleitungen vor Aushändigung einer inhaltlichen Prüfung unterzogen: JVA Name der Zeitschrift/Zeitung Grund für die inhaltliche Prüfung Hünfeld und Kassel I "Biker-News" Die Biker-News ist eine Zeitschrift, die in der Rocker -Szene weit verbreitet ist. Im Jahre 2012 hat der rechtsextreme Gefangene T. am 20.04. (dem Geburtstag Hitlers) über die Biker- News versucht, einen rechtsradikalen Gefangenen- Hilfsverein namens "AD Jail Crew" zu gründen. Seitdem wird die Zeitung vor Aushändigung einer inhaltlichen Prüfung unterzogen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5319 3 Hünfeld und Kassel I "Der Lichtblick" Da es sich um eine unzensierte Gefangenenzeitschrift handelt (JVA Berlin-Tegel), die sich tendenziös mit vollzuglichen Themen auseinandersetzt, wird diese Zeitung vor Aushändigung einer inhaltlichen Prüfung unterzogen. Kassel I "Jungle World" (zur Zeit keine Lieferung) Es handelt sich um eine öffentliche Zeitung, die zwar nicht auf dem Index steht, in der aber teilweise radikale Positionen vertreten werden, weshalb die Zeitung vor Aushändigung einer inhaltlichen Prüfung unterzogen wird. Wiesbaden, 7. November 2017 Eva Kühne-Hörmann