Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 17.06.2014 betreffend Grippemittel Tamiflu® und Relenza® und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie hoch waren die Kosten für die Anschaffung des Grippemittels Tamiflu® (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? In den Jahren 2005 bis 2009 wurde zur Vorbereitung auf eine mögliche Pandemie der antivirale Wirkstoff Oseltamivir in Form des Wirkstoffpulvers und des Fertigarzneimittels (Tamiflu®) beschafft. Für 931.000 Therapiedosen Oseltamivir-Wirkstoffpulver und 304.112 Therapiedosen Tamiflu® lagen die Beschaffungskosten inklusive Mehrwertsteuer bei insgesamt 13.764.763,15 €. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die in den einzelnen Jahren angefallenen Kosten: Beschaffungsjahr Beschaffungskosten in € 2005 3.313.772,00 2006 4.290.361,15 2007 6.135.640,00 2008 - 2009 24.990,00 Frage 2. Wie hoch waren die Kosten für Anschaffung des Grippemittels Relenza® (bitte nach Jahren auf- schlüsseln)? Zanamivir (Relenza®) wurde in Hessen nicht bevorratet. Frage 3. Wie hoch waren die Kosten für die Lagerung des Grippemittels Tamiflu® (bitte nach Jahren auf- schlüsseln)? Die Lagerkosten für Oseltamivir als Wirkstoffpulver und für Tamiflu® betragen seit 2006 insgesamt 132.355,10 €. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die Abrechnungszeiträume und die angefallenen Kosten: Abrechnungszeitraum Lagerkosten in € 01.2006 bis 10.2006 5.346,64 11.2006 bis 04.2007 6.093,05 05.2007 bis 10.2008 29.658,70 11.2008 bis 10.2009 19.011,94 11.2009 bis 10.2010 18.061,19 11.2010 bis 10.2011 18.061,19 11.2011 bis 10.2012 18.061,19 11.2012 bis 10.2013 18.061,19 Eingegangen am 13. August 2014 · Ausgegeben am 19. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/532 13. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/532 Frage 4. Wie hoch waren die Kosten für die Lagerung des Grippemittels Relenza® (bitte nach Jahren auf- schlüsseln)? Zanamivir (Relenza®) wurde in Hessen nicht bevorratet. Frage 5. Wann endet die Verbrauchsfrist für die angeschafften Bestände des Grippemittels Tamiflu®? Das Fertigarzneimittel Tamiflu® für Erwachsene hat das Verfalldatum im November 2011 überschritten . Zwischenzeitlich wurde jedoch die Verwendungszeit des Arzneimittels (bei Neukauf) von der Europäischen Arzneimittelagentur als Zulassungsbehörde um insgesamt fünf Jahre verlängert . Im Pandemiefall könnte eine Ausnahmeregelung in Anspruch genommen werden, die eine weitere Verwendung des Arzneimittels zuließe. Bei Nutzung der Ausnahmeregelung entspricht dies einer Haltbarkeit bis Ende 2016. Daher wurde bisher von einer Vernichtung abgesehen . Die Kinder-Tamiflu®-Kapseln haben die Verbrauchsfrist im Juli 2013 überschritten. Bezüglich der weiteren Verwendbarkeit gilt das Gleiche wie für die Erwachsenenkapseln. Das Oseltamivir-Wirkstoffpulver weist kein Verfalldatum auf. Die Qualität des Wirkstoffpulvers wurde 2005 kurz nach der Herstellung und 2010 mittels Laboruntersuchung überprüft. Ein Vergleich der Analysen ließ keinen wesentlichen Abfall der Wirkstoffkonzentration und keinen Anstieg an Begleitprodukten erkennen. Das Wirkstoffpulver erhielt ein Zertifikat der Herstellerfirma bis Ende des Jahres 2014. Den vorliegenden Daten zufolge ist von einer längeren Verwendbarkeit auszugehen. Im Bedarfsfall wird eine erneute Analyse durchgeführt. Frage 6. Wann endet die Verbrauchsfrist für die angeschafften Bestände des Grippemittels Relenza®? Zanamivir (Relenza®) wurde in Hessen nicht bevorratet. Frage 7. Wie viel der angeschafften Mengen an Tamiflu® wurden bislang verbraucht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Bisher wurde der Bedarf an antiviralen Arzneimitteln von den hessischen Apotheken über die Regelversorgung sichergestellt, auch während der H1N1-Grippe-Pandemie 2009. Von den eingelagerten Arzneimitteln wurde bisher weder Oseltamivir Wirkstoffpulver noch Tamiflu® Fertigarzneimittel verbraucht. Frage 8. Wie viel der angeschafften Mengen an Relenza wurden bislang verbraucht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Zanamivir (Relenza®) wurde in Hessen nicht bevorratet. Frage 9. Stimmt die Landesregierung mit der Einschätzung der deutschen Abteilung der Cochrane- Collaboration vom April dieses Jahres bezüglich der Wirksamkeit von Tamiflu überein? (http://www.cochrane.de/de/news/cochrane-review-tamiflu) Bitte begründen. Die Wirksamkeit von Oseltamivir musste zur Erlangung der Marktzulassung durch die zentrale Zulassungsbehörde (Europäische Arzneimittelagentur EMA) in London nachgewiesen werden und wurde auch nach Vorlage neuer Erkenntnisse nicht in Frage gestellt. Laut der behördlich legitimierten Fachinformation ist Oseltamivir prophylaktisch wirksam und führt therapeutisch eingenommen zu einer Reduzierung der Erkrankungsdauer von 5,2 auf 4,2 Tagen bei Erwachsenen und um 1,5 Tage bei gesunden Kindern, wenn es innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome eingenommen wird. Bei Hochrisikopatienten (z.B. Patienten über 65 Jahre oder mit chronischen Erkrankungen) und asthmakranken Kindern ist laut Fachinformation keine Reduzierung der Erkrankungsdauer festzustellen. Außerdem wurde die Reduzierung der Zahl bestimmter bakterieller Superinfektionen nachgewiesen (bei Erwachsenen Bronchitiden, bei Kindern Mittelohrentzündungen). Umstritten ist der Nutzen von Oseltamivir. Es fehlen insbesondere Belege, dass Oseltamivir das Risiko von Komplikationen einer Influenza, dies sind Lungenentzündungen, Krankenhausaufnahme oder Tod, bei zuvor Gesunden reduziert. Diese Einschränkungen sind für die Marktzulassung nicht ausschlaggebend, da die Wirksamkeit belegt ist, jedoch aber für die Nutzenabwägung . Insofern sollten zum Nachweis des Nutzens, insbesondere bei Einsatz im Rahmen einer größeren epidemischen Ausbreitung von Influenza, weitere Daten erhoben werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/532 3 Zur Überbrückung der ersten Phase einer Pandemie, wenn noch kein oder nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht, gibt es allerdings außer den Neuraminidasehemmern (Tamiflu® mit dem Wirkstoff Oseltamivir und Relenza® mit dem Wirkstoff Zanamivir) noch keine anderen Arzneimittel , die für die Behandlung von Infektionen mit Influenza A-Viren zugelassen sind. Zu diesem Schluss kommt die deutsche Zulassungsbehörde BfArM in einer Stellungnahme vom 16. Mai 2014 an die Länder (als Anlage beigefügt). Sie geht von einer positiven Wirkung der Arzneimittel bei breiter Inanspruchnahme aus, vor allem "angesichts des Fehlens geeigneter Alternativen und der Tatsache, dass der weitaus größte Teil der Bevölkerung die jährlich angebotenen Impfungen nicht wahrnimmt." Auch die Gesellschaft für Virologie (GfV), die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und die Paul Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) "befürworten den gezielten Einsatz von Neuraminidasehemmern zur Vorbeugung der Influenza bei Ausbruchsgeschehen , da alle Studien inklusive der letzten Publikation der Cochrane Collaboration deren Wirksamkeit belegen."1 Darüber hinaus haben die Fachgesellschaften festgehalten, dass "die Behandlung mit Neuraminidasehemmern von Influenza-Patienten mit Grunderkrankungen und/oder Risikofaktoren indiziert ist, da in Beobachtungsstudien, die nicht von der Cochrane Collaboration erfasst wurden, ein positiver Effekt auf die Verhinderung von Komplikationen in diesen Gruppen gezeigt wurde." Aus infektiologischer Sicht sollte die Bevorratung also beibehalten werden. Frage 10. Welche Entsorgungskosten der verbleibenden Bestände werden dem Land Hessen wahrschein- lich noch entstehen? Eine Entsorgung der eingelagerten Medikamente ist aktuell nicht vorgesehen. Eine Aussage zu eventuell anfallenden Entsorgungskosten kann deshalb nicht getroffen werden. Wiesbaden, 5. August 2014 Stefan Grüttner Anlagen 1 Newsletter der Gesellschaft für Virologie, Ausgabe 07/2014; http://www.g-f-v.org/sites/default/files/newsletter %2007-2014%20Neuraminidasehemmer-GfVDVVPEG.pdf Anlage zu 19/532 petry Rechteck petry Schreibmaschinentext