Kleine Anfrage des Abg. Eckert (SPD) vom 25.10.2017 betreffend "Building Information Modeling"/Digitalisierung im Bauwesen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die weiter fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt bietet für die Planung und Realisierung von Bauten mit hoher Komplexität große Chancen. Bereits in der frühen Phase der Entwicklung eines tragfähigen inhaltlichen und räumlichen Konzeptes, das die Effizienz, Bedarfsgerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit des Bauvorhabens sicherstellt, werden von Architekten Daten generiert. Das Building Information Modeling (BIM) unterstützt den Planer in der Kommunikation mit dem Auftraggeber. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Mit Hilfe digitaler Technologien lassen sich Bauwerke wesentlich besser und effizienter planen und realisieren. Das sogenannte Building Information Modeling (BIM; Bauwerksdatenmodellierung ) verändert aus Sicht der Landesregierung hergebrachte Prozesse grundlegend. Denn BIM verknüpft im Computermodell nicht nur die physischen Daten eines Gebäudes, sondern auch die Zeit- und Kostenplanung. Das digitale 3D-Modell wird dadurch zum 5D-Modell erweitert. Alle im Zuge von Planung und Bau ermittelten und erforderlichen Informationen und Fachbeiträge werden transparent vernetzt und stehen damit allen Beteiligten zur Verfügung. Chancen und Risiken können damit früher als bisher erkannt werden. Insgesamt verspricht sich die Landesregierung von der neuen, umfassenden BIM-Methodik durch die zwangsläufig verbesserten Kommunikationswege ein "partnerschaftliches" und optimiertes Planen und Bauen. BIM ist also nicht etwa eine einfache Software-Anwendung, sondern vielmehr ein Prozess, der ein Projekt im besten Fall über seinen gesamten Lebenszyklus begleitet und so die Wertschöpfungskette "Planen, Bauen, Betreiben und Erhalten" optimieren soll. Um den methodischen BIM Ansatz bereits jetzt zu erproben, führen das Land Hessen als Auftraggeber staatlicher Hochbauten sowie Hessen Mobil-Straßen- und Verkehrsmanagement für den Bereich der Infrastrukturplanung Pilotprojekte durch. Die Bahn will bis zum Jahr 2020 alle neuen Projekte mit dieser Methode planen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister der Finanzen und der Hessischen Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung das Building Information Modeling (BIM) für Architekten und Ingenieure einerseits und die ausführenden Unternehmen andererseits? Frage 2. Welche Veränderungen in der Wertschöpfungskette Bau bringt nach Ansicht der Landesregierung BIM mit sich und welche wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung insbesondere im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Mittelstandsförderung daraus? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Digitale Technologien, wie sie das Building Information Modeling darstellt, können zu Kostenwahrheit , Kostentransparenz, Effizienz und Termintreue entscheidend beitragen. Diese positiven Mehrwerte gelten für Architekten und Ingenieure sowie für die ausführenden Unternehmen, der meist mittelständisch geprägten Baubranche. Zusätzlich können die Auftraggeber sehr von mehr Transparenz in den meist komplexen Bau- und Planungsprozessen profitieren. Zeitpläne, Kosten und Risiken können einfacher, früher und präziser ermittelt und lückenlos kontrolliert werden. Eingegangen am 1. Februar 2018 · Bearbeitet am 1. Februar 2018 · Ausgegeben am 5. Februar 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5357 01. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5357 Somit verspricht die Anwendung der BIM-Methode nicht nur für Architekten und Ingenieure sowie ausführende Unternehmen, sondern für alle am Prozess Beteiligten eine höhere Wertschöpfung , die sich spätestens nach Abschluss der Ausrichtung auf diese neue Arbeitsweise und dem dafür erforderlichen Aufbau von Kompetenzen bei der Projektabwicklung einstellen sollte. Damit mittelständische Unternehmen an BIM-Verfahren teilnehmen können, müssen sie selbst bereits auf digitale Prozesse eingestellt sein. Hier kann in einem ersten Schritt die Nutzung einer (geförderten) Digitalisierungsberatung unterstützen, die deutlich macht, welche Lücken bei der betrieblichen digitalen Transformation noch bestehen und welche Investitionen getätigt werden sollten. Bei der digitalen Transformation können hessische Unternehmen mit den bereits bestehenden betrieblichen Finanzierungshilfen (Beteiligungskapital, Bürgschaften, Kredite, Investitionszuschüsse ), die schwerpunktmäßig auf den Mittelstand ausgerichtet sind, über verschiedene Sektoren hinweg unterstützt werden. Diese bestehenden Fördermöglichkeiten werden verstärkt auf die Themenfelder Innovation und Digitalisierung und die sich daraus ergebenden speziellen Bedarfe fokussiert. Mit dem 2016 aufgelegten "Innovationskredit Hessen" wurden beispielsweise die bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten für die innovative hessische Wirtschaft um zinsgünstige Förderkredite mit einer 70%igen Haftungsfreistellung gerade auch für Digitalisierungsvorhaben erweitert. Im Bereich der Clusterförderung besteht die Möglichkeit einer Unterstützung in drei Phasen - 25.000 € in der Vorbereitungsphase und maximal 700.000 € in der Aufbau- und Verstetigungsphase eines Clusternetzwerks. Hier wurden mit dem neu gegründeten BIM-Cluster Hessen e.V. bereits Gespräche geführt. Frage 3. Das BIM wird für eine Prozessveränderung bei den Auftraggebern führen, a) Wie stellt sich das Land diese Prozessveränderung vor? b) Inwiefern wird das BIM die kommunale Ebene unterstützen? c) Inwiefern unterstützt das Land Hessen Kommunen bei der Implementierung von BIM? Nach dem BIM-Leitfaden für Deutschland der Forschungsinitiative ZukunftBAU sollte BIM als langfristiger Optimierungsprozess sowie als Teil eines Kulturwandels in der Projektabwicklung verstanden werden. Ziel ist eine integrierte, partnerschaftliche Arbeitsweise über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken. Das Land Hessen sammelt derzeit sowohl als Auftraggeber staatlicher Hochbauten als auch im Bereich der Infrastrukturplanung anhand von Pilotprojekten Erfahrungen mit integraler Planung, um Erkenntnisse zu gewinnen, inwieweit Kosten- und Termintreue mit den Instrumentarien digitaler Methoden realisiert werden können und inwieweit sich die BIM-Methode für eine breite Anwendung eignet. Sobald diese Erkenntnisse vorliegen, kann auch die kommunale Ebene davon profitieren. Frage 4. Welche Unterschiede bestehen nach Ansicht der Landesregierung zwischen der konventionellen Planung und dem integralen Planungsansatz? Der integrale Planungsansatz fordert und fördert die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten und führt so zu einem offeneren, transparenteren Umgang mit Problemen und Schwächen. Durch die koordinierte Arbeit der einzelnen an der Planung beteiligten Disziplinen mittels digitaler Gebäude-Fachmodelle können Unstimmigkeiten bereits frühzeitig festgestellt, Fehler vermieden und somit die Qualität der Planung erhöht werden. Die qualitativ hochwertigen und konsistenten Planungsdaten ermöglichen für den Auftraggeber frühzeitige und belastbare Entscheidungsfindungen . Ein weiterer grundlegender Unterschied zur konventionellen Planung ist die Betrachtung eines Bauwerks über seinen gesamten Lebenszyklus anhand der durchgängigen systematischen Aufbereitung aller relevanten Informationen über alle Phasen (Planung, Realisierung, Betrieb, Rückbau ). Frage 5. Plant die Landesregierung Anbieter aufgrund der Komplexität und Neuartigkeit des Verfahrens zu begleiten und zu schulen oder in anderer Hinsicht zu unterstützen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Der Prozess der Digitalisierung der Bauwirtschaft und die Anwendung der BIM-Methode befinden sich noch in einer Phase, in der zunächst das Land bzw. seine Bauverwaltung selbst Erfahrungen sammelt und Kompetenzen im Umgang damit und bei der Auftragsvergabe entwickeln muss. Aktuell sind somit keine Initiativen oder Unterstützungsmaßnahmen für Anbieter (Auf- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5357 3 tragnehmer) geplant. Diese können sich bspw. auf Bundesebene über die Ergebnisse des Stufenplans des Bundes und in Dialogforen mit der Bauwirtschaft sowie im Rahmen zahlreicher weiterer Initiativen von Hochschulen und Zusammenschlüssen von Unternehmen, Verbänden etc. informieren . In Vorbereitung sind des Weiteren u.a. die Einrichtung von BIM-Exzellenzclustern durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur oder auch die Berücksichtigung der Digitalisierung und vor allem der BIM-Methode bei der Erstellung von Ausbildungsund Fortbildungsordnungen für bauaffine Berufe. Das gilt in besonderem Maße für die im Jahr 2018 startende Neuordnung der insgesamt 19 Berufe der Bauwirtschaft. Frage 6. Wie bewertet die Landesregierung die Datensicherheit bei firmenübergreifenden Arbeiten am Modell (BIG BIM)? Mit welchen Maßnahmen plant die Landesregierung sowohl die Datensicherheit als auch das Vertrauen in diese zu gewährleisten? Wie wird sich das Land Hessen als öffentlicher Auftraggeber über die Landesregierung im Bundesrat in die anstehende Umsetzung der sogenannten europäischen Know-how-Schutz-Richtlinie einbringen? Die Idee des "BIG BIM" basiert auf der "open-BIM-Methode" und meint die interdisziplinäre und durchgängige Anwendung der BIM-Methode über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks unter Nutzung einer offenen IFC (Industry Foundation Classes) - Schnittstelle. Diese wird von zahlreicher Software zum Austausch von Gebäudedaten unterstützt. Da das System erst in der Erprobungsphase ist, liegen der Landesregierung konkrete Erfahrungen zu "BIG- BIM" jedoch nicht vor. Die Landesregierung wird den Prozess beobachten und begleiten und gegebenenfalls Initiativen ergreifen. Ein konkreter Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der "Know-how-Schutz- Richtlinie" liegt noch nicht vor. Eine Bewertung kann daher noch nicht erfolgen. Wiesbaden, 20. Januar 2018 Tarek Al-Wazir