Kleine Anfrage der Abg. Hofmann, Grumbach, Kummer, Özgüven, Waschke, Weiß (SPD) vom 08.11.2017 betreffend Personalentwicklung in Justiz und Justizvollzug und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragesteller: Eine gut funktionierende Justiz, dazu gehört auch der Justizvollzug, ist tragende Säule unseres demokratischen Staates. Darum ist eine vorausschauende Personalpolitik, die die rechtzeitige Ausbildung und Qualifizierung des Personals einschließt, elementar. Diese Vorbemerkungen der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie ermittelt die Landesregierung den erforderlichen Personalbedarf in Justiz und Justizvollzug kurz-, mittel- und langfristig? (Hierbei ist auf den Zeitraum aktuell bis in fünf Jahren, bis in zehn Jahren und bis in 15 Jahren abzustellen). Die Entwicklung des Personalbestands und der erforderliche Personalbedarf für alle Dienstzweige mit eigener Ausbildung in der Justiz werden im Rahmen der jährlichen Entscheidung über die Zulassung von Nachwuchskräften prognostiziert. Bei dieser Prognose werden die in den nächsten Jahren zu erwartenden Personalzugänge und -abgänge ermittelt und gegenübergestellt . Außerdem wird die Entwicklung der mit dem Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y ermittelten landesweiten Belastungsquote berücksichtigt. Soweit sich in einem Bereich abzeichnet, dass durch neue Projekte oder Gesetzesänderungen neue Aufgaben auf die Bediensteten zukommen, wird auch ein eventueller zusätzlicher Personalbedarf prognostiziert und berücksichtigt . Damit soll frühzeitig sichergestellt werden, dass in jedem Jahr die erforderliche Zahl von ausgebildeten Nachwuchskräften in der Justiz zur Verfügung steht, um die Abgänge zu ersetzen und auf alle absehbaren sonstigen personalbedarfsrelevanten Faktoren in dem vom Haushaltsgesetzgeber vorgegebenen Rahmen reagieren zu können. Längerfristig betrachtet wird sicherlich von Bedeutung sein, in welchem Maß der demografische Wandel für die Justiz zu einem Stellenmehrbedarf führt oder ob künftige Entwicklungen wie zum Beispiel die zunehmende Technisierung der Arbeitsplätze zu einem veränderten Personalbedarf führen. Verlässliche Prognosen für einen Zeitraum von zehn oder sogar 15 Jahren, auf welche sich bereits jetzt konkrete Maßnahmen zur Personalplanung stützen ließen, sind insoweit aber nicht möglich. Die Personalbemessung im Justizvollzug umfasst zehn Laufbahnen bzw. Laufbahnzweige, die jeweils einer individuellen Betrachtung bedürfen. Die Ermittlung des Personalbedarfs orientiert sich grundsätzlich an der Belegungsfähigkeit, der Zweckbestimmung und der Bauweise der jeweiligen Justizvollzugsanstalt. So wird gewährleistet, dass alle Justizvollzugsbehörden über die jeweils erforderliche Stellenzahl zur Erledigung sämtlicher Aufgaben in der erforderlichen Qualität verfügen. Im Rahmen der Prognosen zur Personalbedarfsermittlung werden auch im Justizvollzug die altersbedingten Abgänge, soweit möglich auch die nicht im Einzelnen absehbaren Abgänge (wie z.B. vorzeitige Versetzungen in den Ruhestand) und absehbare neue Aufgabenzuweisungen berücksichtigt. Eine verlässliche Prognose hinsichtlich des Personalbedarfs für einen Zeitraum von zehn oder gar 15 Jahren ist aber auch im Justizvollzug vor dem Hintergrund nicht absehbarer Faktoren (wie beispielsweise veränderte Belegungsfähigkeiten, neue Aufgaben durch Gesetzesänderungen, eventueller Neubau/Wegfall von Einrichtungen, geänderte Zweckbestimmung von Behörden, veränderte Sicherheitsstufen, neue/erweiterte technische Sicherheitsanlagen usw.) nicht möglich. Eingegangen am 8. Januar 2018 · Bearbeitet am 9. Januar 2018 · Ausgegeben am 12. Januar 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5389 08. 01. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5389 Frage 2. Wie stellt sich der aktuelle Altersdurchschnitt der Beschäftigten und Beamtinnen und Beamten in Justiz und Justizvollzug, getrennt nach mittlerem, gehobenem und höherem Dienst, zurzeit dar? Der aktuelle Altersdurchschnitt in Jahren beträgt: bei Beamtinnen und Beamten bei Tarifbeschäftigten mittlerer Dienst gehobener Dienst höherer Dienst vergleichbar mittlerer Dienst vergleichbar gehobener Dienst vergleichbar höherer Dienst in der Justiz 46,6 44,0 47,3 45,1 45,0 51,0 im Justizvollzug 45,0 46,1 48,8 39,5 52,7 42,3 Frage 3. Wie viele Beschäftigte und Beamtinnen und Beamte scheiden innerhalb der nächsten fünf, zehn oder 15 Jahre voraussichtlich aus Justiz und Justizvollzug aus und welche Gründe (bspw. altersbedingt , krankheitsbedingt oder durch einen Tätigkeitswechsel bedingt) legt die Landesregierung dem zu Grunde? Die Zahl der Bediensteten, die in den genannten Zeiträumen voraussichtlich das gesetzliche Pensionsalter bzw. das gesetzliche Renteneintrittsalter erreichen werden, ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Jedoch ist die Anzahl der Bediensteten, die innerhalb eines Zeitraums von bis zu 15 Jahren tatsächlich aus dem Dienst ausscheiden werden, nicht verlässlich zu prognostizieren . Für die Justiz: Jahre Anzahl der Beamtinnen und Beamten, die die gesetzliche Pensionsaltersgrenze erreichen Anzahl der Tarifbeschäftigten, die das gesetzliche Rentenalter erreichen 2018 bis 2022 322 279 2023 bis 2027 462 503 2028 bis 2032 586 534 Für den Justizvollzug: Jahre Anzahl der Beamtinnen und Beamten, die die gesetzliche Pensionsaltersgrenze erreichen Anzahl der Tarifbeschäftigten, die das gesetzliche Rentenalter erreichen 2018 bis 2022 351 14 2023 bis 2027 388 26 2028 bis 2032 410 29 Für die tatsächliche Anzahl der Bediensteten, die in den genannten Zeiträumen aus dem Dienst ausscheiden werden, sind diese Zahlen erfahrungsgemäß kein ausreichender Indikator, da eine weitaus größere Zahl von Bediensteten aus anderen Gründen als dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze aus dem Dienst ausscheiden, sei es durch eine vorzeitige Ruhestandsversetzung auf Antrag oder wegen Dienstunfähigkeit, durch einen Wechsel zu einem anderen Dienstherrn oder in ein anderes Ressort, durch einen Antrag auf Entlassung bzw. Kündigung/ Vertragsaufhebung oder durch Tod. Insoweit kann lediglich auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit zur Anzahl der in früheren Jahren ausgeschiedenen Bediensteten zurückgegriffen werden. Auch im Justizvollzug sind entsprechende Zahlen aus den vorgenannten Gründen nicht verlässlich prognostizierbar. Im Übrigen tritt im Vollzug auch die Besonderheit hinzu, dass bei den Beamtinnen und Beamten, die regelmäßig Schichtdienst geleistet haben, das Datum der Regelpensionierung je nach der Anzahl der Jahre, in denen Schichtdienst geleistet wurde, nach vorn verlegt wird (vgl. §§ 112, 114 HBG). Da zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht für alle Bediensteten vorhergesehen werden kann, wie viele Jahre im Schichtdienst bis zum Ruhestand tatsächlich absolviert werden, können sich Verschiebungen bei der Zahl der Personalabgänge ergeben. Die Planung der Lehrgänge für die Vorbereitungsdienste erfolgt daher maximal drei bis vier Jahre vor dem geplanten Übernahmetermin der Anwärterinnen und Anwärter in das Beamtenverhältnis auf Probe. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5389 3 Frage 4. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen unter Berücksichtigung der sich aus Frage 3 ergebenden Zahlen innerhalb der nächsten fünf, zehn oder 15 Jahre neu eingestellt und ausgebildet werden? Eine verlässliche Prognose für einen Zeitraum von fünf Jahren und mehr ist nicht möglich. Auf die entsprechenden Erläuterungen in den Antworten zu den Fragen 1 und 3 wird Bezug genommen . Frage 5. Ist das Land von seinen Ausbildungskapazitäten her in der Lage, die sich aus Frage 4 ergebenden Einzustellenden auszubilden? Abgesehen von dem bereits erläuterten Umstand, dass eine verlässliche Prognose für einen Zeitraum von fünf Jahren und mehr nicht möglich ist, muss hinsichtlich der bestehenden Ausbildungskapazitäten für die einzelnen Dienstzweige in der Justiz differenziert werden. Zum Teil bildet die hessische Justiz allein aus (etwa im Studienzentrum der Finanzverwaltung und der Justiz in Rotenburg an der Fulda), teilweise erfolgt die Ausbildung im Verbund mit anderen Bundesländern, beispielsweise im Gerichtsvollzieher- oder im Amtsanwaltsdienst. In keinem Dienstzweig gibt es derzeit Anhaltspunkte für eine dauerhaft zu niedrige Ausbildungskapazität . Für den Bereich des Justizvollzugs wird von einem tendenziell steigenden Ausbildungsbedarf ausgegangen. Die notwendige Infrastruktur (wie zum Beispiel Lehrkräfte oder Seminarräume im H.B. Wagnitz-Seminar) wird kontinuierlich an den Bedarf angepasst. Frage 6. Falls die sich aus Frage 5 ergebende Antwort fehlende Kapazitäten ergeben sollte, welche Planungen gibt es seitens der Landesregierung, sowohl die gebäudlichen als auch die personellen Erfordernisse den Notwendigkeiten in Justiz und Justizvollzug rechtzeitig anzupassen? Soweit eine Prognose des zukünftigen Personalbedarfs möglich ist, reichen die bestehenden Ausbildungskapazitäten aus bzw. werden bedarfsgerecht angepasst. Auf die Antworten zu den Fragen 1, 3 und 4 wird insoweit Bezug genommen. Frage 7. Wie hoch war die Ist-Zahl für die Stellenbesetzungen von Beschäftigten und Beamtinnen und Beamten in Justiz und Justizvollzug jeweils zum 31.12.2016 und zum 30.06.2017? (Bitte die Angaben jeweils nach mittlerem, gehobenem und höherem Dienst aufschlüsseln). Die Anzahl der besetzten Stellen zu den genannten Stichtagen ergeben sich aus den nachfolgenden Tabellen. In der Justiz: Beamte Tarifbeschäftigte mittlerer Dienst gehobener Dienst höherer Dienst vergleichbar mittlerer Dienst vergleichbar gehobener Dienst vergleichbar höherer Dienst 31.12.16 1742,70 1443,10 429,50 2796,40 127,20 3,0 30.06.17 1776,50 1471,50 425,70 2800,40 131,00 3,0 Im Justizvollzug: Beamte Tarifbeschäftigte mittlerer Dienst gehobener Dienst höherer Dienst vergleichbar mittlerer Dienst vergleichbar gehobener Dienst vergleichbar höherer Dienst 31.12.16 2102,80 408,50 110,50 119,20 27,00 12,40 30.06.17 2118,00 413,00 116,10 117,30 25,00 12,40 Wiesbaden, 19. Dezember 2017 Eva Kühne-Hörmann