Kleine Anfrage des Abg. Eckert (SPD) vom 14.11.2017 betreffend Erfüllung der mit der Digitalen Dividende II verbundenen Versorgungsauflagen im Mobilfunknetz für Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen der Frequenzauktion für das Spektrum im 700-MHz-Bereich (Digitale Dividende II) wurden die Zuteilungsinhaber mit Versorgungsauflagen verpflichtet, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen. Die Zuteilungsinhaber müssen danach eine flächendeckende Breitbandversorgung der Bevölkerung mit mobilfunkbasierten Übertragungstechnologien sicherstellen. Die Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. a) Wie ist die aktuelle Versorgungslage im LTE Mobilfunknetz für jeden einzelnen Landkreis und kreisfreie Stadt in Hessen? b) Wie schätzt die Landesregierung die Erfüllung der Versorgungsauflagen, bis zum in der Frequenzauktion verpflichteten Stichtag, für Hessen ein? c) Auf welche Gebietsgröße sind die durchschnittlich zu erfüllenden Versorgungsauflagen festgelegt ? Das Breitbandbüro Hessen hat seit Juni 2017 auf seiner Startseite unter www.breitband-inhessen .de (https://www.breitband-in-hessen.de/frontend/breitbandVersorgung/index.cfm) die LTE-Mobilfunkversorgung aller hessischen Landkreise und kreisfreien Städte veröffentlicht. Basis der Auswertung sind die Daten des BMVI/TÜV Rheinland (Bundesbreitbandatlas). In der Gesamtbetrachtung ergibt sich damit ausweislich dieser Informationen für Hessen mit Stand September 2017 eine LTE-Versorgungsquote von ca. 88,9 %, die bei Betrachtung über die Kreise im Einzelnen variiert. Die Versorgungsauflagen aus der Versteigerung der Frequenzen im Jahr 2015 müssen ab dem 1. Januar 2020 erfüllt sein. Jeder der drei Mobilfunknetzbetreiber muss eine flächendeckende Breitbandversorgung der Bevölkerung bundesweit mit Übertragungsraten von 50 Megabit pro Sekunde je Antennensektor sicherstellen und dabei eine Abdeckung von mindestens 98 % der Haushalte, in jedem Bundesland aber mindestens 97 %, erreichen. Für die Hauptverkehrswege (Bundesautobahnen und ICE-Strecken) ist eine vollständige Versorgung sicherzustellen, soweit dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (Präsidentenkammerentscheidung der Bundesnetzagentur vom 28.01.2015, BK 1-11/003). Zur Erreichung dieses Ziels kann der Mobilfunknetzbetreiber seine gesamte Frequenzausstattung einsetzen und muss dies nicht nur mit den 700-Megahertz-Frequenzen (Digitale Dividende II) erreichen. Hierbei sind die 700-Megahertz-Frequenzen, die aufgrund noch bestehender Rundfunknutzungen erst im Jahr 2019 bundesweit zur Verfügung stehen, wegen ihrer physikalischen Eigenschaften jedoch besonders geeignet, die ländlichen Räume zu versorgen. In Anbetracht der bereits erreichten Versorgungsquote geht die Landesregierung von einer positiven Erfüllung der Versorgungsauflagen aus. Die Versorgungsauflagen gelten einerseits für das Bundesgebiet, andererseits für die Bundesländer . Eingegangen am 20. Dezember 2017 · Bearbeitet am 20. Dezember 2017 · Ausgegeben am 22. Dezember 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5415 20. 12. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5415 Frage 2. Sofern die Versorgungsauflagen nicht auf die einzelnen Gemeinden herunter gebrochen werden, wie schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, dass insbesondere durch eine prozentual höhere LTE Versorgung über den auferlegten Versorgungszielen in den Städten die ländlichen Gebiete unterversorgt bleiben? Frage 3. Mit welchen Maßnahmen möchte die Landesregierung einer drohenden Spaltung zwischen den Städten und den ländlichen Gebieten bei der flächendeckenden LTE Versorgung in Hessen begegnen ? Die Fragen 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Landesregierung teilt die Einschätzung der Bundesnetzagentur, dass der Anteil der unterversorgten Haushalte unter 3 % liegen wird; wenn jeder der drei Mobilfunknetzbetreiber seine Versorgungsverpflichtung von mindestens 97 % in jedem Bundesland erfüllt hat und man davon ausgehen kann, dass die drei Netze nicht genau deckungsgleich sind, beläuft sich der Teil der mit mobilem Breitband unter- bzw. unversorgten Haushalte auf weniger als 3 %. Es ist nicht auszuschließen, dass sich ein wesentlicher Bestandteil dieser - auf Basis der Versorgungsauflagen der Digitalen Dividende II ggf. unterversorgten - Haushalte im ländlichen Raum befinden wird. Allerdings kann derzeit nicht vorhergesagt werden, wie hoch die Anzahl der tatsächlich unterversorgten Haushalte zu Beginn des Jahres 2020 sein wird, denn der Ausbau der Mobilfunknetze erfolgt kontinuierlich und marktgetrieben. Eine Spaltung zwischen den Städten und ländlichen Gebieten bei der flächendeckenden LTE- Versorgung in Hessen ist nicht zu erwarten. Der Ausbau der Mobilfunk-Netze erfolgt kontinuierlich und marktgetrieben. Hierbei stehen die Mobilfunknetzbetreiber im Wettbewerb untereinander . Die Verfügbarkeit eines ausreichenden Frequenzspektrums ist dabei eine notwendige Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Netzabdeckung. Bereits 2018 ist die Vergabe weiterer Frequenzspektrumsbereiche durch die Bundesnetzagentur geplant. Die Landesregierung wird sich weiterhin für gute Rahmenbedingungen für den Ausbau und die Weiterentwicklung der Mobilfunknetze in Hessen einsetzen. Dazu gehören sowohl das Einbringen hessischer Interessen in den entsprechenden Gremien (z.B. in den Beirat bei der Bundesnetzagentur ), als auch der kontinuierliche Austausch mit den Mobilfunknetzbetreibern. Die Landesregierung wird darüber hinaus bis zum nächsten Breitbandgipfel am 06.06.2018 eine Gigabit-Strategie erstellen. Diese Gigabit-Strategie wird den Weg Hessens in die Gigabit- Gesellschaft skizzieren. In der hessischen Gigabit-Strategie wird neben einer bedarfsgerechten Versorgung auf Glasfaserbasis unter anderem auch das Thema Mobilfunkversorgung behandelt. Frage 4. Welche gesetzgeberischen Möglichkeiten sieht die Landesregierung auf Landes- oder Bundesebene die Zuteilungsinhaber zu einer flächendeckenden LTE Versorgung für jede einzelne Gemeinde in Hessen zu verpflichten? Das Telekommunikationsrecht fällt nach Art. 87f Grundgesetz (GG) in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (nicht der Länder). Der Bund hat hierzu das Telekommunikationsgesetz (TKG) erlassen. Hiernach gewährleistet der Bund für die Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. Die Erbringung der Dienstleistungen selbst ist nach Art. 87f Abs. 2 GG privaten Anbietern überlassen. Angesichts dessen besteht für den Bund bzw. die zur Überprüfung der Versorgungsauflagen eingesetzte Bundesnetzagentur keine Rechtsgrundlage, um die Netzbetreiber anzuweisen, eine konkrete Gemeinde zu versorgen. Frage 5. Welche Stelle überprüft die Einhaltung der Versorgungsauflagen und welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es seitens des Landes oder des Bundes? Die Überprüfung der Versorgungsauflagen erfolgt durch die Bundesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur führt dazu aus, dass sie den Ausbau der Mobilfunknetze kontinuierlich begleitet. Die Mobilfunknetzbetreiber haben hierzu jährlich aktuelle Versorgungskarten vorzulegen. Die Versorgung wird vom Prüf- und Messdienst der Bundesnetzagentur mittels Stichprobenmessungen hin überprüft. Damit erhält die Bundesnetzagentur frühzeitig die notwendigen Informationen über den tatsächlichen Ausbaustand sowie den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze. Die Bundesnetzagentur weist darauf hin, dass mit Blick auf die beschriebene Begleitung des Netzausbaus die Versorgungsauflagen in den bisherigen Verfahren stets erfüllt wurden. Ein repressives Eingreifen der Bundesnetzagentur sei daher nicht erforderlich. Als potenzielle Sanktionsmöglichkeit sieht das TKG grundsätzlich den Widerruf einer Frequenzzuteilung vor, wenn einer Verpflichtung aus der Zuteilung nicht nachgekommen wird (§ 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TKG). Diese Sanktion ist aus Sicht der Bundesnetzagentur jedoch zugleich ultima ratio: Zum einen dürfte ein Widerruf nur dann verhältnismäßig sein, wenn das Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5415 3 Unternehmen den Ausbau völlig oder weitestgehend verweigert. Denn Folge eines Widerrufs wäre der Entzug der Zuteilung ohne eine Kompensation für etwaige geleistete Zahlungen in Millionenhöhe. Zum anderen würde auch der Entzug der Zuteilung keinen kurzfristigen Netzausbau fördern, da die Frequenzen hierfür zunächst erneut bereitgestellt werden müssten. Dies setzt jedoch ein aufwendiges Verfahren voraus, das in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Mit Blick hierauf begleitet die Bundesnetzagentur nach eigenen Aussagen den Netzaufbau konstruktiv, um erforderlichenfalls einzugreifen und präventiv auf die Umsetzung der Verpflichtung hinzuwirken. Neben dem Widerruf käme grundsätzlich auch eine Ordnungswidrigkeit in Betracht (§ 149 Abs. 1 Nr. 12, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 i. V. m. § 60 Abs. 2 S. 1, § 55 Abs. 5 TKG). Der Rahmen eines Bußgeldes läge im Regelfall bei bis zu 100.000 €. Ein Bußgeld stünde daher nach Ansicht der Bundesnetzagentur nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert einer durch Auktion erworbenen Frequenzzuteilung sowie den Kosten der Erfüllung einer Versorgungsauflage . Wiesbaden, 11. Dezember 2017 Tarek Al-Wazir