Kleine Anfrage des Abg. Quanz (SPD) vom 24.06.2014 betreffend Auflösung Abteilung III (Berufliche Schulen) im Hessischen Kultusministerium und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Seit Jahren findet in der Abteilung III (Berufliche Schulen) im Hessischen Kultusministerium der Abbau von Stellen statt. Eine handlungsfähige Abteilung ist aber für die Beruflichen Schulen in Hessen unabdingbar. Es geht nicht nur darum, dass auch im Kultusministerium die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung sich abbildet, sondern eine zentrale Steuerung ist gerade in diesem Bereich notwendig. Es müssen landesweit einheitliche Prinzipien z.B. für die Stellen- und Budgetzuweisungen gelten. Themen der Schulentwicklung und bildungspolitische Weichenstellungen im Bereich des beruflichen Schulwesens erfordern Kompetenzen und Zuständigkeiten im Ministerium. Gerade die zunehmende Selbstständigkeit der Beruflichen Schulen bis hin zur Erlangung der eigenen Rechtsfähigkeit erfordert eine neue Rolle der Schulaufsicht mit der Stärkung der Abteilung III im Ministerium als zentralem Organ. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Fachabteilungen für allgemeinbildende bzw. berufliche Schulen wurden mit Wirkung vom 01.07.2014 in einer schulfachlichen Abteilung zusammengeführt. Diese neue Organisation wird eine Reihe positiver Effekte im Sinne einer schülerorientierten fachlichen und pädagogischen, aber auch einer organisatorischen Synergiegewinnung zur Folge haben. Deutlich sichtbar ist, dass die strikte Trennung von allgemeiner und beruflicher Schulbildung nicht mehr zeitgemäß sein kann. Notwendig sind vielmehr umfassende Kooperationen, ein intensiver Austausch und letztlich in vielen Bereichen sogar eine deutliche Verzahnung des allgemeinbildenden und der beruflichen Bereichs. Im Schulgesetz manifestiert sich diese Forderung nach stärkerer Verzahnung zum Beispiel im Bildungsgang der Mittelstufenschule. Aber auch in anderen Bereichen wie der Organisation und Durchführung des Zentralabiturs oder den ESF-Programmen zur Förderung leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler war schon in der Vergangenheit ein sehr enger Austausch der schulfachlichen Abteilungen gegeben, der durch die Zusammenfassung zu einer organisatorischen Einheit und die damit verbundene Minimierung von Schnittstellen noch wirkungsvoller gestaltet werden kann. Zudem lässt sich feststellen, dass die Zusammenführung der beruflichen und allgemeinbildenden Referate in einer Abteilung im Bundesvergleich nicht unüblich und mehrfach bereits umgesetzt ist. Die Gleichwertigkeit des beruflichen und des allgemeinbildenden Bereich ist in der neuen schulfachlichen Abteilung auch organisatorisch verankert . Die Abteilung setzt sich aus zwei gleichermaßen bedeutsamen gleichberechtigten Großreferaten zusammen, die jeweils in einer gleichen Anzahl von Referaten die Aufgaben für die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen bündeln. Zusätzlich gibt es ein drittes Referat, in welchem die schulfachlichen Aufgaben mit europäischem und internationalem Bezug sowie das Ersatzschulwesen zusammengefasst werden. Auch in der Abteilungsspitze sind beide Schulformen repräsentiert, so dass sichergestellt ist, dass es jeweils einen primären fachkompetenten Ansprechpartner für beide Schulformen gibt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie sieht die Stellenentwicklung in den letzten 10 Jahren in der Abteilung III des Kultusministe- riums aus? (Bitte eine komplette Auflistung dazu) In der Abteilung III "Berufliche Schulen" waren in den letzten zehn Jahren (Erhebungszeitraum: 01.01.2005 bis 30.06.2014) folgende Stellen besetzt: Eingegangen am 11. August 2014 · Ausgegeben am 14. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/550 11. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/550 Jahr Anzahl Stellen Anmerkung 2005 19,12 Die jährlichen Veränderungen bei der Anzahl der besetzten Stellen ergaben sich durch Personalfluktuation und durch Umorganisationen. 2006 18,62 2007 17,75 2008 18,75 2009 14,25 2010 22,27 2011 21,75 2012 24,55 2013 28,55 2014 25,55 Frage 2. a) Welche Perspektiven sieht das Kultusministerium für die Abteilung III für die nächsten Jahre? Da die Teilhabe an der Gesellschaft in einem ganz wesentlichen Maß durch die erfolgreiche Ausübung eines Berufes bewirkt wird, kann die strikte Trennung von allgemeiner und beruflicher Schulbildung nicht mehr zeitgemäß sein. Eine schulische Biografie zergliedert sich heute nicht mehr in einen auf allgemeinbildende Abschlüsse hin ausgerichteten und einen der Berufsausbildung zuzuordnenden Teil. Diese Trennung erscheint nicht allein mit Blick auf die zunehmende Notwendigkeit des lebensbegleitenden Lernens künstlich. Längst wurde dieser Entwicklung im Bereich der Beruflichen Schulen Rechnung getragen, indem sich dort ein vielfältiges vollzeitschulisches Angebot zum Erwerb der klassischen allgemeinbildenden Abschlüsse entwickelt hat. Zugleich haben die allgemeinbildenden Schulen in ihre Arbeit zunehmend die Erkenntnis einbezogen , dass ein dort erworbener Schulabschluss keinen "Abschluss" einer Entwicklungslinie, sondern lediglich eine Phase der individuellen Bildungsbiografie darstellt, die schon frühzeitig mit umfassender Berufsorientierung und der entsprechend erfolgreichen Gestaltung des Übergangs Schule-Beruf verbunden sein muss. Eine solche (oftmals sogar) lebenslange Bildungsbiografie lässt sich heute nicht mehr in zwei strikt getrennte und zeitlich gestaffelte institutionelle Linien aufteilen. Notwendig sind vielmehr umfassende Kooperationen, ein intensiver Austausch und letztlich in vielen Bereichen sogar eine deutliche Verzahnung des allgemeinbildenden und des beruflichen Bereichs. Frage 2. b) Welche nächsten Schritte sind für die Abteilung III vorgesehen? Die im Zuge der Neuorganisation des Hessischen Kultusministeriums durchgeführte Zusammenlegung der Abteilung für die allgemeinbildenden Schulen (Abteilung II) und der bisherigen Abteilung III (berufliche Schulen) trägt den mit den o.g. Perspektiven verbundenen Zielsetzungen hinreichend Rechnung. Frage 3. a) Welche Alternativen zum Erhalt der Abteilung III sieht das Kultusministerium? Wie in der Antwort zu Frage 2b) ausgeführt, wurden die bisherige Abteilung für die allgemeinbildenden Schulen (Abteilung II) und die bisherige Abteilung III (berufliche Schulen) zusammengeführt . Insofern ist die Abteilung III als schulfachliche Abteilung erhalten geblieben. Frage 3. b) Welche Schritte zu einer alternativen Gestaltung der Schulaufsicht sind bereits gegangen worden, welche weiteren sind vorgesehen? Im Rahmen der Neuorganisation der hessischen Bildungsverwaltung/Staatlichen Schulämter und Schulaufsicht stehen die Qualitätsentwicklung, Standardisierung, Ressourcenoptimierung und Effizienzsteigerung im Mittelpunkt. Das Steuerungskonzept im Hessischen Kultusministerium wird die Weiterentwicklung der Qualität der Schulaufsicht und der damit verbundenen neuen Rollenanforderungen in verstärktem Maße durch begleitende Qualifizierung sowie vorgabenorientierte Maßnahmen und Controlling/Evaluation fokussieren. Hinsichtlich der zunehmenden Selbstständigkeit der Schulen sind bereits verschiedene Schritte eingeleitet worden; beispielsweise die Qualifizierung der hessischen Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten zur veränderten Rolle der Schulaufsicht, die in Verbindung mit kontinuierlicher Praxisreflexion/Qualifizierung und Qualitätsarbeit konsequent fortgeführt werden sollen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/550 3 Im Zuge der Neuorganisation der Bildungsverwaltung ist beabsichtigt, die bisher eher partielle Zusammenarbeit der Staatlichen Schulämter untereinander zu intensivieren. Wesentliche Ziele sind die Verknüpfung fachlicher Expertisen und die Verzahnung regional-überregionaler Perspektiven . Darüber hinaus werden derzeit verschiedene Konzepte zur inhaltlich-fachlichen Neuausrichtung erarbeitet. Frage 4. Welche weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen sind innerhalb des Kultusministeriums geplant? Weitere Umstrukturierungsmaßnahmen sind derzeit nicht geplant. Wiesbaden, 31. Juli 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz