Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer und Alex (SPD) vom 05.12.2017 betreffend digitale Technologien für ein selbstbestimmtes Leben im Alter und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Im Bericht "Strategie Digitales Hessen" des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung heißt es, dass Hessen auch digitale Technologien für ein selbstbestimmtes Leben im Alter fördern wolle. Altersgerechte Assistenzsysteme/Aktiviertes Assistiertes Leben (AAL) und Dienste könnten zu einem modernen, digital vernetzten Wohnumfeld beitragen und somit die Lebensqualität insbesondere in ländlichen Regionen erhalten und steigern. Ziel sei, smarte Plattformen als Standard in hessischen Wohnungen und Häusern einzurichten. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister für Wissenschaft und Kunst wie folgt: Frage 1. Inwiefern unterstützt die Landesregierung die Entwicklung von AAL- und Smart Home- Technologien in Hessen? a) Welche AAL- und Smart Home-Technologien gibt es bereits? b) Welche AAL- und Smart Home-Technologien befinden sich in der Entwicklung? c) Welche Unterstützung erhalten Privatpersonen bzw. Einrichtungen bei der Anschaffung von AAL- und Smart Home-Technologien? Zu Frage 1 a: Der Begriff "AAL" (Ambient Assisted Living bzw. Aktives Assistiertes Leben) bezeichnet insbesondere digitale Ansätze und Systeme, Produkte und Dienstleistungen zur Unterstützung des Alltags von älteren und benachteiligten Menschen, während der Begriff "Smart Home" digitale bzw. intelligente Wohnumgebungen allgemein und in ihrer Gesamtheit umfasst (Haus- und Heimvernetzung). Entsprechend sind Smart Home-Anwendungen und - Märkte sehr vielfältig und Smart Home-Technologien sehr heterogen. Die Anwendungsbereiche können in die Domänen Energiemanagement, Entertainment und Kommunikation, Hausautomation und Komfort, Gebäude-/Wohnungssicherheit und Gesundheit/AAL unterteilt werden. Mit Hilfe von Assistenzsystemen können Wohnumgebungen so gestaltet werden, dass auch ältere Menschen mit Einschränkungen selbstständig zu Hause wohnen können. Sowohl die Steigerung der Lebensqualität als auch die Teilnahme an der Gesellschaft wird älteren Menschen durch das Nutzen von AAL-Systemen erleichtert. Die Bandbreite dieser Systeme reicht von der Unterstützung bei alltäglichen Dingen bis zu komplexen Gebäudemanagementsystemen. Als Beispiele lassen sich Erinnerungssysteme zur Medikamenteneinnahme anführen oder klassische Hausnotruf-Systeme, die mittlerweile von einigen Herstellern und Betreibern auch mit mobilem Endgerät angeboten werden. Komplexe Systeme beziehen mehrere Parameter ein, um die Lebenssituation eines Nutzers - zum Beispiel einen Notfall - zu erkennen und entsprechend zu reagieren (z.B. über Bewegungs-, Bett-, Rauch- und/oder Sturzsensoren im Boden). Zu Frage 1 b: Perspektivisch bildet das "Smart Home" bzw. "Smart Building" einen Ansatz, der Wohngebäude zunehmend mit der Außenwelt vernetzt. Auf diese Weise sollen zukunftsgerichtete Konzepte auch zur Entwicklung städtischer und ländlicher Räume und zur Gestaltung von gesellschaftlichen Herausforderungen etwa im Energie-, Mobilitäts-, Gesundheits- und Pflegebereich realisierbar werden. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei Aspekten der Interoperabilität, der technischen Vernetzung bzw. Vernetzbarkeit der Smart Home-Komponenten und der Sicherheit zu. Eingegangen am 14. Februar 2018 · Bearbeitet am 15. Februar 2018 · Ausgegeben am 19. Februar 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5741 14. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5741 Zu Frage 1 c: Die Geschäftsstelle Digitales Hessen, angesiedelt bei der hessischen Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH, unterstützt im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung die Umsetzung der Strategie Digitales Hessen im operativen Bereich. Sie steht im Themenbereich Smart Home und Smart Living zur Beratung, Information und Vernetzung von Unternehmen und Institutionen zur Verfügung. Unterstützung und Beratung zu Fragen bezüglich barrierefreiem Wohnen und AAL-Systemen erhalten Privatpersonen auch bei speziell qualifizierten, ehren- und hauptamtlichen Wohnberaterinnen und Wohnberatern in den Kommunen. Die vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration geförderte Hessische Fachstelle für Wohnberatung (HFW) hat die Aufgabe eines Kompetenzzentrums "Wohnen im Alter" und bildet hessenweit Wohnberaterinnen und Wohnberater aus. Diese beraten Privatpersonen in ihrer jeweiligen Kommune zu Fragen des Wohnens im Alter, wie beispielsweise Wohnungsanpassung (auch zu AAL) und verschiedenen Wohnformen . Frage 2. Welche Fördermöglichkeiten gibt es hinsichtlich des digital unterstützten Wohnens und Lebens in Hessen? Hierzu wird auch auf die Beantwortung zu Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus können innovative Digitalisierungsvorhaben durch die Digitalisierungsförderung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung sowie mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung unterstützt werden. Diese Fördermaßnahmen werden ebenso wie weitere Innovationsfördermöglichkeiten, die in diesem Bereich nutzbar sind, durch die WIBank Hessen umgesetzt. Im Bereich des altersgerechten Umbauens können Förderungen auch bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragt werden. Frage 3. Welche Best-Practice-Beispiele hinsichtlich des interdisziplinären hessischen Ansatzes "Future Living", der zukunftsfähige Wohn- und Lebensformen sowie die digitale Dienste-Integration unterstützt, werden über welche Plattformen veröffentlicht? Die Geschäftsstelle Digitales Hessen unterstützt im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums die Wahrnehmbarkeit von Best-Practice-Beispielen im Bereich Smart Home und Smart Living im Rahmen von Veranstaltungen, Publikationen und ihrer Homepage (www.digitalstrategie -hessen.de). Am 22. Februar 2018 veranstaltet die Geschäftsstelle Digitales Hessen in Kooperation mit der Technischen Hochschule Mittelhessen die ganztägige Informationsveranstaltung "Wohnen, Leben und Arbeiten in der Digitalen Welt. Smart Home & Smart Living in Hessen". Frage 4. Welche interdisziplinären Studiengänge zu AAL- und/oder Smart Home-Technologien an hessischen Hochschulen werden von wie vielen Studierenden belegt (bitte aufgeschlüsselt nach Studiengängen an den jeweiligen Hochschulen)? Die folgenden Studiengänge an den staatlichen Hochschulen des Landes Hessen beschäftigen sich mit den genannten Themen oder haben einen signifikanten Teil an Studieninhalten, die sich mit den Themen beschäftigen. Angegeben ist jeweils die Anzahl der Studierenden im Wintersemester 2017/2018: Hochschule Studiengang Anzahl Hochschule Darmstadt Bachelor-Studiengang Gebäudesystemtechnik: Energieeffiziente Wohn- und Gebäudetechnologie 60 Hochschule Fulda Bachelor-Studiengang Oecotrophologie: Verpflegungs- und Versorgungsmanagement Bachelor-Studiengang Gesundheitstechnik 102 62 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5741 3 Hochschule RheinMain Master-Studiengang "Informatik - Smarte Systeme für Mensch und Technik" Master-Studiengang Informatik, Studienschwerpunkt "Smart & Interactive Systems" 11 70 Frankfurt University of Applied Science Master-Studiengang Barrierefreie Systeme 124 Darüber hinaus gibt es relevante Schwerpunkte im Rahmen von allgemeineren Studiengängen. Hierfür kann die jeweilige Zahl der teilnehmenden Studierenden nicht angegeben werden. So bietet die Technische Hochschule Mittelhessen im Rahmen des Studienganges "Allgemeine Elektrotechnik" den Schwerpunkt "Gebäudeautomation". Im Fachbereich "Gesundheit" existieren zwei Module AAL 1 und AAL 2, die von Studierenden der "Medizinischen Informatik", des "Medizinischen Managements" und des dualen Studiengangs "Organisationsmanagement in der Medizin" belegt werden können. Darüber hinaus entwickelt die Hochschule einen neuen interdisziplinären Studiengang "Technische Gebäudeausrüstung", in dem die Themen AAL und Smart Home Berücksichtigung finden sollen. An der Universität Kassel sind beide Themenbereiche AAL- und Smart-Home-Technologien im Fachbereich Maschinenbau (Fachgebiet Mensch-Maschine-Systemtechnik) im Fachbereich Elektrotechnik /Informatik (Fachgebiet Kommunikationstechnik) und in dem Wissenschaftlichen Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung vertreten. Lehrangebote dieser Themenfelder sind als Wahlpflichtbereich in den Bachelor- und Masterstudiengängen Maschinenbau, Mechatronik, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsinformatik, Informatik und Elektrotechnik vorgesehen. Frage 5. Inwiefern setzt sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür ein, dass AAL- und/oder Smart Home Technologien sowie das benötigte interdisziplinäre Wissen stärker in die Aus- und Weiterbildung von Fachplanerinnen und Fachplanern integriert werden? Die Ausbildung bzw. Weiterbildung zum Fachplaner ist nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern kann als Fortbildungsregelung von den Kammern erlassen werden. In Hessen gibt es beispielsweise den Fachplaner für AAL /Smart Home als Weiterbildung bei verschiedenen Bildungsanbietern (siehe z.B. HWK Kassel, http://www.igt-institut.de/Weiterbildung/) sowie Firmenschulungen von Anbietern der Smart-Home-Technologien (z.B. hager) sowie den Fachplaner für barrierefreies Bauen und Wohnen (siehe z.B. HWK Kassel). Das Land Hessen setzt sich darüber hinaus bei der Neuregelung von bundesweit gültigen Ausbildungsordnungen dafür ein, dass neue Technologien Berücksichtigung finden. Wiesbaden, 4. Februar 2018 Stefan Grüttner