Kleine Anfrage der Abg. Wissler (DIE LINKE) vom 13.12.2018 betreffend betreffend Rekultivierung von oberflächennahen Lagerstätten im Regierungsbezirk Darmstadt und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Mit Bezug auf die Drucksache 18/5927 des Abgeordneten Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 18.09.2012 zeigt sich, dass eine Verfüllung von Sand- und Kiestagebauen zum Zwecke der Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung mangels verfügbarer Mengen und Qualitäten immer schwieriger erscheint. Dies führt dazu, dass die in den Abbaugenehmigungen vorgesehene enge Kopplung von Abbaubetrieb und Renaturierung immer öfter nicht umgesetzt wird bzw. werden kann. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Bei den betriebsbezogenen Antworten ist zu beachten, dass die Kies- und Sandtagebaue zugrunde gelegt werden, die sich räumlich im Bereich des Regionalen Flächennutzungsplans 2010 (RegFNP) befinden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die genannte "Tabelle 4 - Vorranggebiete […]", die im Textteil des Regionalplanes aufgeführt ist, sich ausschließlich auf raumordnungsrechtlich ausgewiesene Vorranggebiete bezieht. Es gibt jedoch auch Kies- und Sandtagebaue, die in der genannten Tabelle nicht erwähnt sind. Um einen vollständigen Überblick über die Situation der Kies- und Sandtagebaue im räumlichen Bereich des RegFNP darzustellen, werden die aufgeführten Fragen auch zu diesen Abbaustätten beantwortet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung die derzeitige Situation und künftige Entwicklung bzgl. der Verfügbarkeit geeigneter Bodenmaterialien zur Verfüllung von Sand- und Kiestagebauen des Regionalen Flächennutzungsplans Südhessen (RegFNP), insbesondere auch vor neuen gesetzlichen Anforderungen? Die Verfügbarkeit von mineralischen Massen richtet sich zunächst nach dem Umfang und der Lage von Baumaßnahmen. Nach wie vor besteht im Rhein-Main-Gebiet eine rege Bautätigkeit, bei der erfahrungsgemäß relativ große Aushubmengen anfallen. Bodenaushub und Bauschutt bilden den größten Anteil des Abfallaufkommens in Hessen. Diese Massen unterliegen dem Abfallrecht , die weitere Entsorgung hat danach ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die materiellen Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit bestimmen sich insbesondere nach abfallrechtlichen, bodenschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Regelungen. Da die mineralischen Abfälle, die potenziell für eine Verfüllung und Rekultivierung infrage kommen , als nicht gefährliche Abfälle eingestuft werden, deren Verwertung geboten ist, unterliegen sie nicht der behördlichen Regelüberwachung des Entsorgungsweges und als Verwertungsabfälle auch nicht der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Verfügbarkeit und Verbleib geeigneter Bodenmaterialien sind deshalb i.d.R. den Abfallbehörden nicht bzw. nur für einzelne Entsorgungsmaßnahmen bekannt. Anzumerken ist, dass es neben den Sand- und Kiestagebauen weitere Betriebsstätten im räumlichen Geltungsbereich des RegFNP gibt, die ebenfalls Fremdmassen zur Verfüllung annehmen. Hierzu zählen beispielsweise Ton- und Hartgesteinsbetriebe. Auch für die Errichtung von technischen Bauwerken werden Erdaushubmassen benötigt. Im hessischen Staatsanzeiger 10/2014 wurde die "Richtlinie für die Verwertung von Bodenmaterial , Bauschutt und Straßenaufbruch in Tagebauen und im Rahmen sonstiger Abgrabungen" Eingegangen am 8. März 2018 · Ausgegeben am 13. März 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5777 08. 03. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5777 (im Folgenden: Verfüllrichtlinie) bekannt gegeben. Sie gilt für alle "zukünftig nach Berg-, Wasser - und Immissionsschutzrecht zu genehmigenden Verwertungen […] in Tagebauen und sonstigen Abgrabungen". Mit der Einführung der Verfüllrichtlinie wurden u.a. die Anforderungen an Verwertungsmaßnahmen im grundwassergesättigten Bereich bzw. innerhalb von bestimmten Wasserschutzgebietszonen deutlich erhöht. Parallel zu diesen in jüngerer Vergangenheit in den Bescheiden vorgeschriebenen erhöhten Anforderungen bestehen ältere Zulassungen, die dem Bestandsschutz unterliegen. Der seit längerer Zeit in Vorbereitung befindlichen sog. "Mantelverordnung" (Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung; BR- Drs. 566/17 vom 17.07.2017) hat der Bundesrat bislang nicht zugestimmt. Eine Prognose zur tatsächlichen Umsetzung sowie zu möglichen Einflüssen auf die zukünftigen Verwertungsmöglichkeiten und Massenströme ist derzeit nicht möglich. Fasst man die in den nachfolgenden Antworten aufgeführten Detailinformationen zusammen, so sind aufgrund der derzeitigen Situation und der künftigen Entwicklung im Hinblick auf die Verfügbarkeit geeigneter Bodenmaterialien zur Verfüllung von Sand- und Kiestagebauen zurzeit keine grundsätzlichen Schwierigkeiten bekannt. Frage 2. Welche bestehenden und laufenden Genehmigungsverfahren gibt es im RegFNP-Gebiet, wo Verfüllungen zur Wiedernutzbarmachung vorgesehen sind? Bitte den aktuellen Sachstand zur jeweiligen Genehmigung- bzw. Vollzugsgrad und die verfüllten oder noch benötigten Mengen gemäß der einzelnen Abbaustellen "Tabelle 4 - Vorranggebiete für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten Planung" Regionalplan Südhessen 2010 - Text (Seite 141/142) angeben. Es bestehen keine gesetzlich normierten Meldepflichten gegenüber der Behörde hinsichtlich der Verfüllmengen. Teilweise - vor allem bei neueren Genehmigungen - wurden Berichtspflichten zum Fortgang der Verfüllung und Wiedernutzbarmachung in den jeweiligen Zulassungen festgelegt . Daher liegen die erbetenen Informationen nur zum Teil für die jeweiligen Tagebaue vor. Sofern keine Angaben vorhanden sind, wird dies in der Tabelle in der Anlage (siehe Hinweis am Ende) nicht nochmals gesondert erwähnt. Frage 3. Auf welchen verfüllten bzw. rekultivierten Flächen aus Sand- und Kiestagebauen im RegFNP- Gebiet kommt es zu Störungen bzw. nicht geplanten Verläufen der Vegetationsentwicklung und warum treten diese Störungen bzw. unerwarteten Entwicklungen der Vegetation auf? Für die ausschließlich naturschutzrechtlich geschuldeten Rekultivierungs- bzw. Artenschutzmaßnahmen auf verfüllten bzw. rekultivierten Flächen aus Sand- und Kiestagebauen im Reg- FNP-Gebiet sind Störungen bzw. nicht geplante Verläufe der Vegetationsentwicklung nicht bekannt . Frage 4. Auf welchen in der Renaturierung befindlichen Flächen von Sand- und Kiestagebauen im RegFNP- Gebiet wird Wald als Biotop angestrebt? Auf welchen dieser Flächen ist die Wiederaufforstung problematisch bzw. wird sich die Klimaxvegetation Wald nicht oder nur schwerlich wieder entwickeln? Betriebsstätte Wald als Folgenutzung Problematische Wiederaufforstung Kreis Groß-Gerau, Kelsterbach auf allen Flächen des Tagebaus Probleme bei der Wiederaufforstung sind nicht bekannt. Kreis Groß-Gerau, Raunheim auf Teilflächen des Tagebaus Probleme bei der Wiederaufforstung sind nicht bekannt. Main-Taunus-Kreis, Flörsheim Weilbach in kleinen Teilbereichen (ca. 0,3 ha) geplant. Der Bereich, auf dem Aufforstungen vorgesehen sind, wurde noch nicht verfüllt. Eine Aufforstung hat noch nicht stattgefunden. Kreis Offenbach, Heusenstamm Wald ist als Biotoptyp nur in Randbereichen geplant Der Bereich, auf dem Aufforstungen vorgesehen sind, wurde noch nicht verfüllt. Eine Aufforstung hat noch nicht stattgefunden. Kreis Offenbach, Langen zum großen Teil auf wieder verfüllten Flächen Entwicklung der Wiederaufforstung teilweise naturbedingt durch biotische und abiotische Kulturgefahren verzögert, Anwuchs- und Entwicklungsschwierigkeiten vmtl. aufgrund der künstlich wiederhergestellten durchwurzelbaren Bodenschicht. Kreis Offenbach, Mainhausen Zellhausen auf einem Großteil der Flächen Entwicklung der Wiederaufforstung teilweise naturbedingt durch biotische und abiotische Kulturgefahren verzögert, Anwuchs- und Entwicklungsschwierigkeiten aufgrund der künstlich wiederhergestellten durchwurzelbaren Bodenschicht. Kreis Offenbach, Rodgau Dudenhofen auf Teilflächen des Tagebaus Der Bereich auf dem die Aufforstung vorgesehen ist, wurde noch nicht verfüllt. Eine Aufforstung hat noch nicht stattgefunden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5777 3 Betriebsstätte Wald als Folgenutzung Problematische Wiederaufforstung Wetteraukreis, Bad Nauheim auf Teilflächen des Tagebaus Entwicklung der Aufforstung naturbedingt durch biotische und abiotische Kulturgefahren verzögert, in Teilen Anwuchs- und Entwicklungsschwierigkeiten aufgrund der künstlich wiederhergestellten durchwurzelbaren Bodenschicht. Wetteraukreis, Münzenberg -Gambach/ Butzbach-Griedel auf Teilflächen des Tagebaus Probleme bei der Wiederaufforstung sind nicht bekannt. Die Eignung als neuer Pflanzstandort wird über die bodenphysikalische Beschaffenheit der oberen Bodenschicht, besonders über den Wasser- und Lufthaushalt sowie die Durchwurzelbarkeit des Bodens bestimmt. Es bestehen daher besondere Anforderungen an das Bodenmaterial, an die verwendeten Maschinen und die Technik des Bodeneinbaus. Die Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes für die Herstellung der durchwurzelbaren Bodenschicht werden in § 12 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) geregelt . Die Entwicklung der Wiederaufforstung ist durch die Freiflächensituation auf den wiedernutzbar gemachten Flächen teilweise naturbedingt durch biotische und abiotische Kulturgefahren verzögert . Hierunter sind z.B. Wurzelfraß von Mäusen, Wildverbiss oder sonnen- und windbedingte Austrocknung zu verstehen. Diese Probleme treten auf relativ großen Aufforstungsflächen auf, sie bestehen z B. auch bei der Aufforstung von Windbruchflächen. Hinzu kommt, dass der aufgefüllte Boden noch nicht die optimalen Aufwuchsbedingungen bietet. Durch gezielte Baumartenwahl, Pflege- und Forstschutzmaßnahmen kann jedoch das Rekultivierungsziel "Wald" in der Regel in angemessener Zeit erreicht werden. Frage 5. Welche aktuellen Verzögerungen sind der Landesregierung im RegFNP- Gebiet bei Verfüllverpflichtungen aus bestehenden Kies- und Sandabbaugenehmigungen bekannt? (Bitte den aktuellen Sachstand zum jeweiligen Genehmigungs- bzw. Vollzugsgrad und die bereits verfüllten oder noch benötigten Mengen an Hand vorgenannter Tabelle der Abbaustätten angeben.) Frage 6. Wie begründen sich diese Verzögerungen im Einzelnen? Die Fragen 5 und 6 werden zusammen beantwortet: Betriebsstätte Verzögerung bei Verfüllverpflichtung? Begründung? Main-Taunus-Kreis, Flörsheim Weilbach Die Lagerstätte ist noch nicht erschöpft, deshalb Verlängerung beantragt (siehe oben Antwort zu Frage 2) Main-Taunus-Kreis, Hochheim Antrag zur zeitlichen Anpassung der Rekultivierungsmaßnahmen wird zeitnah erwartet, siehe auch Antwort auf Frage 2 Kreis Offenbach, Heusenstamm Verfüllung soll zeitlich verschoben, das Gesamtvorhaben aber nicht verlängert werden, Grund sind technologische Probleme, Verfahren steht kurz vor dem Abschluss Kreis Offenbach, Langen Es gibt Verzögerungen im Bereich der Westgrube (siehe Anmerkung) Bestehende Verzögerungen können unterschiedliche Ursachen haben. Zunächst einmal tritt eine zeitliche Verzögerung bei der Verfüllung dann ein, wenn die Planung der Abbautätigkeiten - z.B. aufgrund konjunkturell bedingt geringerer Rohstoffnachfrage oder aufgrund der Lagerstättenverhältnisse - nicht eingehalten werden und angepasst werden müssen. Auch die zur Verfügung stehenden Verfüllmengen sind wie oben dargelegt Schwankungen unterlegen. Zu beachten sind auch die Laufzeiten der Genehmigungen, die sich im Rohstoffgewinnungssektor i.d.R. über Jahrzehnte erstrecken. Bei diesen langen Laufzeiten sind teilweise Umplanungen erforderlich, da sich rechtliche Rahmenbedingungen, Interessenlagen und anvisierte Ziele zwischenzeitlich ändern. In Konsequenz findet teilweise eine Verfüllung zeitweise nicht statt, um zunächst das Genehmigungsverfahren für die Änderung des Rekultivierungszieles durchzuführen . Bei jüngeren Verfüllzulassungen, mit denen aufgrund der Verfüllrichtlinie höhere Anforderungen festgelegt wurden, mussten betriebliche Umstellungen erfolgen. Hierdurch kam es temporär zu einer Verringerung der angenommenen Verfüllmengen. Erfahrungen zeigen, dass sich dieser Effekt nach einer gewissen Übergangszeit reguliert hat und die betroffenen Betriebe wieder in ähnlichen Dimensionen Verfüllmassen akquirieren. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5777 Ein weiterer Grund für Verzögerungen können wirtschaftliche Schwierigkeiten einzelner Unternehmer sein. Um zukünftig Verzögerungen der Verfülltätigkeiten zu verhindern, wird bei aktuelleren Zulassungen beispielsweise der Fortgang der Abbautätigkeiten an die bereits erfolgte Wiedernutzbarmachung gekoppelt. Wiesbaden, 23. Februar 2018 Priska Hinz Die Anlage zur Drucksache kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden.