Kleine Anfrage der Abg. Alex (SPD) vom 15.12.2017 betreffend Alkoholmissbrauch im Alter in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Der aktuelle Suchtbericht des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) weist auf das seit Jahren eher verborgene Problem der Alkoholsucht im Alter hin. Darauf offensiv und öffentlich aufmerksam zu machen, ist in der Vergangenheit gelungen. Jetzt ist es erforderlich, die theoretische Diskussion in praktisches Handeln zu überführen. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Nach dem Landessuchtbericht des HMSI wurde das Thema "Sucht im Alter" von "verschiedenen Akteuren angegangen". Welche konkreten Maßnahmen sind seit 2015 erfolgt? Zielstellung der vom Land Hessen geförderten Projekte und Maßnahmen im ambulanten Bereich ist die Fortbildung von Mitarbeitenden in der Altenpflege sowie die Vernetzung zwischen Altenund Suchthilfestrukturen voranzutreiben. 1. Weiterentwicklung des Netzwerkes "Suchthilfe-Altenhilfe im Lahn-Dill-Kreis" Durch das vom HMSI in den Jahren 2014 und 2015 geförderte Modellprojekt "Aufbau eines Netzwerks Suchthilfe-Altenhilfe im Lahn-Dill-Kreis" wurden die Voraussetzungen geschaffen, um in den Jahren 2016 und 2017 das ebenfalls vom HMSI geförderte Modellprojekt "Implementierung eines kooperativen Suchthilfe-Altenhilfesystems im Lahn- Dill-Kreis" erfolgreich zu realisieren. Mit Hilfe der finanziellen Förderung des Landes ist inzwischen ein gut funktionierendes Netzwerk von Institutionen aus den Bereichen Suchthilfe und der Altenhilfe im Lahn- Dill-Kreis entstanden, welches die Versorgung von Menschen mit Problemen im Umgang mit Suchtmitteln gezielt verbessert. Projektziel ist die dauerhafte Implementierung der Thematik "Sucht im Alter" vor allem in den Einrichtungen der Altenhilfe und damit verbunden die regelhafte Fortbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus den Einrichtungen, die als Informationsvermittler und Unterstützer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Institution tätig werden können. Ausführliche Informationen zu dem Netzwerk bietet die Homepage: www.suchthilfealtenhilfe -ldk.de 2. Projekt "Sucht im Alter" des Evangelischen Vereins für Innere Mission Frankfurt Das Angebot versteht sich als ortsnahe und niederschwellige Beratungshilfe. Es richtet sich an alle betroffene Seniorinnen und Senioren aus Frankfurt. In der Beratungsstelle kooperieren Vertreter der Stiftung Waldmühle (Einrichtung der Suchthilfe) und des Hufeland -Hauses (Einrichtung der Altenhilfe) - beides Einrichtungen des Evangelischen Vereins für Innere Mission Frankfurt. Durch diese Zusammenarbeit wird eine Beratung möglich, die den Erfordernissen von betroffenen Seniorinnen und Senioren gerecht wird. Das Beratungsangebot "Sucht im Alter" hat sich zum Ziel gesetzt, den Betroffenen zu mehr Lebensfreude und Lebensqualität zu verhelfen, die soziale Teilhabe zu verbessern, Eingegangen am 19. Februar 2018 · Bearbeitet am 19. Februar 2018 · Ausgegeben am 22. Februar 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5787 19. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5787 Angehörige zu entlasten und mittelfristig ein tragfähiges Hilfesystem zu installieren. Die Finanzierung durch das HMSI erfolgt für die Jahre 2017 und 2018. Weiterführende Informationen zu dem Projekt sind hier abrufbar: http://www.hufelandhaus .de/angebote/beratungsstelle-sucht-im-alter/ 3. Hessischer Gesundheitspakt 2.0 - Stärkung der Zusammenarbeit von Alten- und Suchthilfe Kapitel 1 Buchstabe g) des Hessischen Gesundheitspaktes 2.0 befasst sich mit der Kooperation von Alten- und Suchthilfe. Suchterkrankungen im Alter konfrontieren die Praxis sowohl der Suchthilfe als auch der Altenarbeit und Pflege zunehmend mit deutlichen Problemlagen. Vor diesem Hintergrund vereinbarten die Partner des Hessischen Gesundheitspaktes 2.0 die Frage der Förderung einer strukturierten Zusammenarbeit zwischen Alten- und Suchthilfe vertiefend zu erörtern. In einer vom HMSI eingerichteten Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Verbände und Krankenkassen wurden erste mögliche Maßnahmen erörtert, die regionale Netzwerkbildungen befördern könnten. Bevor dies in einem entsprechenden Konzept konkretisiert wird, wurden die Gesundheitsämter als auch die kommunalen Altenhilfeplaner angeschrieben, um ihre Einschätzung abzufragen, wie sie die derzeitige Zusammenarbeit von Alten- und Suchthilfe einschätzen und wo sie Möglichkeiten für ergänzende Unterstützungsleistungen sehen. Die aus der Umfrage zu ziehenden Schlüsse und mögliche Umsetzungsmaßnahmen werden im Rahmen der aktuellen Sitzungen der Arbeitsgruppe erörtert. Frage 2. Wie hoch waren die Kosten dafür insgesamt? Die Gesamtkosten der beiden unter Frage 1 vorgestellten Projekte betrugen insgesamt 318.860 €. Frage 3. Welchen Anteil daran hat das Land Hessen übernommen? Der Anteil des Landes Hessen an den unter Frage 2 genannten Gesamtkosten betrug 235.025 €. Frage 4. In welcher Höhe haben sich Bund und/oder Kommunen bzw. weitere Akteure beteiligt? An den Projektkosten der beiden unter Frage 1 vorgestellten Projekte haben sich laut den Projektanträgen weder der Bund noch Kommunen beteiligt. Die Projektträger haben Eigenmittel eingebracht. Frage 5. Welche Maßnahmen waren befristet? Die beiden in Frage 1 vorgestellten Projekte sind zeitlich befristet. Frage 6. Welche Maßnahmen zur Bekämpfung von Sucht im Alter, zur Prävention und zum Umgang mit älteren Alkoholsüchtigen wurden dauerhaft implementiert? Auf der Grundlage der vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen "Systematisierten Pflegehandlungsempfehlungen für die Mitarbeitenden von Altenpflegeeinrichtungen zum Umgang mit und zur Reduzierung des Konsums von legalen Suchtmitteln" sowie entsprechender Beratungsempfehlungen zur Konzeptionsentwicklung ist es auch in Hessen Ziel, die Mitarbeitenden weiter zu qualifizieren und entsprechende Vernetzungsstrukturen zu schaffen. In diesem Zusammenhang arbeitet die Betreuungs- und Pflegeaufsicht Hessen (BPAH) eng mit der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) zusammen. Entsprechende bundesweite Informationen zu dem Thema sind unter http://www.alter-sucht-pflege.de/ zusammengefasst. Die vom Land geförderten Suchtberatungsstellen sind in den letzten Jahren für das Thema sensibilisiert worden. Im Rahmen der örtlichen Präventions- und Beratungsaktivitäten wird das Thema "Sucht im Alter" in ganz unterschiedlicher Weise sowohl auf der individuellen als auch auf der strukturellen Ebene aufgegriffen. So werden in vielen Regionen Vorträge, Workshops oder Schulungen der örtlichen Suchthilfeträger für Mitarbeitende aus der Altenhilfe angeboten. Weiterhin gibt es Angebote für Betroffene, in Frankfurt z.B. präventive Hausbesuche als auch eine spezielle Seniorengruppe im Bereich der ambulanten Rehabilitation, die entsprechend den Bedürfnissen der Zielgruppe am späten Vormittag stattfindet. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5787 3 Auch auf der strukturellen Ebene gibt es positive Entwicklungen. In der Stadt Offenbach konnte seitens des Suchthilfeträgers z.B. das Thema bei der Fortschreibung des Altenplans eingebracht werden. Im Kreis Offenbach gibt es eine Zusammenarbeit des örtlichen Suchthilfeträgers mit der "Leitstelle Älterwerden". Die Stadt Frankfurt hat u.a. eine Lenkungsgruppe "Sucht im Alter" aus Drogenreferat und Jugend - und Sozialamt sowie eines Beirats, dem Träger der Alten- und Drogenhilfe angehören, eingerichtet. Ziel ist es, die unterschiedlichen Hilfesysteme besser miteinander zu vernetzen und die Angebote der Suchthilfe für die Altenhilfe zugänglich zu machen. Frage 7. Wie viele Plätze in Seniorenheimen sind speziell für Alkoholabhängige vorhanden? Seitens der Betreuungs- und Pflegeaufsicht (BPAH) werden landesweit keine Plätze in Altenpflegeheimen erfasst, die speziell für die Pflege und Betreuung von alkoholabhängigen Menschen ausgewiesen sind. Der Landesregierung ist ein Pflegeheim mit einer speziellen Station für Menschen mit Suchterkrankungen bekannt, das Bürgermeister Gräf Haus in Frankfurt (http://www.quartierszentrum -bürgermeister-gräf.de/haus-eduard-graef.html). Chronisch suchtmittelabhängige Menschen haben einen Eingliederungshilfebedarf, wenn ihre Abhängigkeit zu körperlichen und/oder psychischen Schäden geführt hat. Die BPAH hat derzeit 36 Einrichtungen mit 605 Plätzen für Suchtmittelabhängige erfasst. Einzelne Einrichtungen bieten auch Wohnangebote für ältere suchtmittelabhängige Menschen an. Für pflegebedürftige Suchtmittelabhängige hat die BPAH gemeinsam mit dem Hessischen Landkreistag, dem Hessischen Städtetag, dem Landeswohlfahrtsverband Hessen, den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Hessen das "Rahmenkonzept zur vollstationären Versorgung von pflegebedürftigen Menschen mit psychischer Erkrankung und/oder seelischer Behinderung und/oder Abhängigkeitserkrankung in Verbindung mit Komorbidität (Konzept KoComo)" entwickelt. Das Konzept hat das Ziel mithilfe von drei landesweiten Clearingstellen zu prüfen, ob bei Menschen mit Suchterkrankungen die Leistungen der Eingliederungshilfe noch ausreichen oder bereits ein Pflegebedarf besteht. Damit sollen Fehlplatzierungen verhindert werden. Wiesbaden, 8. Februar 2018 Stefan Grüttner